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AfD nach Landtagswahl-SchlappeUnd wieder gibt es Streit

Nach den Verlusten bei den Landtagswahlen bricht in der AfD wieder Streit aus. Der Partei steht ein unruhiges Wahljahr bevor.

Was? Wer schießt da in der Partei wieder gegen mich? AfD-Chef Jörg Meuthen Foto: Annegret Hilse/reuters

BERLIN taz | Jörg Meuthen redet sich die Sache schön. Man habe bei den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz „nicht ganz so toll abgeschnitten“, gesteht der AfD-Parteichef auf einer Pressekonferenz in Berlin ein. Aber so schlecht seien die Ergebnisse auch nicht. Man habe den Wiedereinzug in zwei Landtage geschafft, die Partei sei nach einem „kometenhaften Aufstieg“ nun in einer „Konsolidierungsphase“. Das sei „völlig normal“.

Das sehen in der Rechtsaußen-Partei nicht alle so. Denn die AfD gehört zu den klaren Verlierern der Wahlen vom Sonntag. Mehr als alle anderen Parteien verlor die AfD, sackte in Baden-Württemberg von 15,1 auf 9,7 Prozent, in Rheinland-Pfalz von 12,6 auf 8,3 Prozent. In beiden Ländern wanderten je gut ein Drittel ihrer Wäh­le­r:in­nen ab, die meisten gen CDU, viel mehr aber noch ins Nichtwählerspektrum. Die Fraktionen schrumpfen, in Baden-Württemberg sind auch die beiden bisherigen Direktmandate futsch, sie gehen ausgerechnet an die Grünen.

Meuthen schiebt die Misserfolge auf äußere Umstände. Ein bürgernaher Wahlkampf sei nicht möglich gewesen, AfD-Wahlkämpfer seien von der Antifa angegriffen worden. Auch der Verfassungsschutz habe mit seiner zwischenzeitlichen Einstufung der Partei als rechtsextremen Verdachtsfall „ganz gewaltig geschadet“.

Michael Frisch, Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz, beklagt, die Coronapolitik habe alles überlagert. Sein Pendant in Baden-Württemberg, Bernd Gögel, räumt immerhin ein, dass auch das Bild seiner eigenen Fraktion, die in der vergangenen Legislatur gleich mehrere Abgänge zu verzeichnen hatte, nicht hilfreich war.

Die Partei-Radikalen schießen gegen Meuthen

Klar ist aber auch: Der Versuch der AfD, sich als Fundamentalopposition gegen die Coronapolitik zu inszenieren, zahlt sich vorerst nicht aus. Zudem bleibt die Partei tief gespalten. Prompt richtet sich am Montag offene Kritik auch an Meuthen. Es sei wohl nicht klug gewesen, dass dieser auf dem jüngsten Bundesparteitag in Kalkar Teile der eigenen Partei „beschimpfte und zerlegte“, wettert der Thüringer Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl. „Der Wähler ist ob der Anbiederung an die Altparteien enttäuscht.“ Meuthen hatte auf dem Parteitag die Radikalen um den früheren „Flügel“ zur Mäßigung aufgerufen – was diese als Spaltungsversuch werten.

Tino Chrupalla, Co-Chef der AfD und auch kein Freund Meuthens, drückt es zurückhaltender aus – umarmt aber ebenfalls die Radikalen. Die Wahlergebnisse bräuchten „Analyse und Auswertung“, erklärt Chrupalla. Und die Partei benötige nun Geschlossenheit. „Es gibt nur eine AfD.“

Ganz ähnlich äußert sich Alice Weidel, AfD-Chefin in Baden-Württemberg und Fraktionschefin im Bundestag. „Die Ergebnisse hätten besser sein können.“ Es gelte nun „die richtigen Schlüsse zu ziehen“. Ihr Appell an die Partei: „Lasst uns an einem Strick ziehen, gemeinsam werden wir wieder stark sein.“

Meuthen sieht Mehrheit hinter sich

Meuthen hält am Montag dagegen. „Ich weiß, dass ich eine Mehrheit hinter mir habe“, erklärt er in Berlin. Und die wolle eine „bürgerlich-freiheitliche-konservative“ Partei. Die Kritik an seiner Person halte er aus. Meuthen selbst kritisiert wiederum Weidel. Dass die Landeschefin just in der Woche vor der Wahl nach Russland reiste statt zu wahlkämpfen, habe „Irritationen“ ausgelöst. Dies werde man parteiintern aufarbeiten.

Weidel würde dem Vernehmen nach gern Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl werden. Wann darüber entschieden wird, ist in der Partei aber ebenfalls strittig. All dies – inklusive der Wahlschlappen vom Sonntag – dürfte nun hochkochen, wenn sich die AfD Anfang April in Dresden zum Bundesparteitag trifft.

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14 Kommentare

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  • 0G
    01022 (Profil gelöscht)

    Fakt ist, die AfD ist erfolgreicher als Republikaner und die NPD zusammen, denn sie ziehen (voraussichtlich) wieder in den Bundestag und die Landtage ein.

    Trauen Sie nicht dieser Fata Morgana - sie bleibt!

  • Nicht der Verfassungsschutz trägt die Schuld, daß die AFD überwacht wird. Das liegt am menschenverachtenden Verhalten der Mitglieder.

  • "Mehr als alle anderen Parteien verlor die AfD, sackte in Baden-Württemberg von 15,1 auf 9,7 Prozent, in Rheinland-Pfalz von 12,6 auf 8,3 Prozent. In beiden Ländern wanderten je gut ein Drittel ihrer Wäh­le­r:in­nen ab"

    Die Tendenz war die letzen Jahre schon erkennbar. In Württemberg rocken die Grünen... Ich schätze, das mit dem Rechtsruck der Gesellschaft ist damit entgültig gegessen.

  • Es ist mir eine große Freude, dass die AfD abgestraft wurde und die Linke es nicht ins Parlament geschafft hat. Wir brauchen weder extrem Linke noch extrem Rechte in der Regierung. Noch schöner wäre es gewesen, wenn die AfD unter die 5% Hürde käme, was aber bei der miserablen Politik von CDU und SPD nicht der Fall sein wird.

    • @Rudi Hamm:

      100% Zustimmung.

    • @Rudi Hamm:

      Wo ist die Linke extrem Links?

      • @Andreas J:

        Die wird in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet, will Reiche erschießen, "Staatsknete abgreifen", sabotiert gezielt Polizei und Bundeswehr und will offen einen "Systemwandel". Sprich, Verfassung und Grundgesetz weg und das alles nicht zwingend auf demokratischem Weg. Die G20 Randale mit hunderten Verletzten fand sie super (siehe Stellungnahme).

        Hier sticht sie Bundeswehrgeheimnisse an militante Gruppen durch amp-focus-de.cdn.a...-1_id_3569407.html



        Sie stellt über 2k kleine parlamentarische Anfragen pro Jahr. Meist, um Kräfte bei der Polizei zu binden.

        • @Wonneproppen:

          "Sie stellt über 2k kleine parlamentarische Anfragen pro Jahr. Meist, um Kräfte bei der Polizei zu binden" Selten etwas dämlicheres gelesen. Wie bindet denn eine Anfrage Polizeikräfte?

        • @Wonneproppen:

          Die Linke will Reiche erschießen. Ja klar, träum weiter. Für die Behauptung vom Focus gibt es keine Beweise. Währe des Bewiesen, hatte man in anderen Zeitungen darüber gelesen. Bildzeitung für Akademiker.

          • @Andreas J:

            Man hat in so ziemlich jeder bedeutenden Zeitung davon gelesen. Der Linke-Chef hat sich öffentlich entschuldigt und von der Aussage distanziert. Das kann man als gesichert ansehen.

            Und auf dem Treffen hat das unter den Genossen auch keine große Empörung ausgelöst. Statt dessen wurde gewitzelt, man braucht sie doch noch zum Arbeiten. Ich bezweifle auch, dass die Dame aus der Partei ausgeschlossen wurde, wie es einfach nur angemessen und anständig wäre.

            • @Wonneproppen:

              Wieso habe ich dann im Netz kaum was darüber gefunden, außer beim Focus wenn es doch so ein großer Skandal war? Wahrscheinlich war es mehr ein Aufreger in rechten Foren. Ihre Gesinnung wird in ihren Kommentaren mehr als deutlich.

    • @Rudi Hamm:

      Sehe ich ähnlich. Immerhin: Je mehr die AfD mit sich selbst beschäftigt ist, umso weniger Schaden kann sie nach außen anrichten.



      Und was die Linkspartei betrifft: Ihre langen Diskussionen zum Thema „Regierungsbeteiligung – Ja/Nein“ waren unnütz und reine Zeitverschwendung und haben sich mit den beiden Wahlergebnissen erledigt.

      • @Pfanni:

        Das glaube ich auch, die LINKE schafft sich selbst ab. Die neuen Vorsitzenden sind da nur noch der allerletzte Sargnagel. Spätestens im Wahlkampf wird immer wieder die Frage nach von der UN legitimierten Auslandseinsätzen der Bundeswehr aufkommen. Da diese von der LINKEN komplett abgelehnt werden und diese Ablehnung auch noch mit Beschlüssen untermauert wird, hat sich eine Koalition von alleine erledigt. Das muss einem nicht gefallen, ist aber Tatsache. Dazu kommt die mangelnde Wirtschaftskompetenz, in dieser Zeit mit Coronaauswirkungen eine Vollkatastrophe für die Partei.

        • @Gregor von Niebelschütz:

          Stimme da gar nicht zu. Was wir nicht brauchen sind konservative Parteien wie CDU und SPD die sich nur um ihren eigenen Machterhalt kümmern und die Gesellschaft kein Stück voran bringen. Dass der Kapitalismus keine Zukunft hat und irgendwann der große Crash kommt ist keine Frage des Ob sondern eine Frage des Wann und wie. Und die LINKE ist die einzige Partei, die es wagt davor nicht die Augen zu verschließen. Extrem ist daran gar nichts, es ist einfach vernünftig und dringend notwendig.