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SPD-Spitzenkandidat Olaf ScholzEine Chance für Rot-Rot-Grün

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Die Nominierung von Olaf Scholz bietet die einzige Möglichkeit für ein linkes Bündnis nach der Wahl. Sie ist ein Steilpass für die Grünen.

Die schwarze Null hat er beerdigt: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz Foto: Fabrizio Bensch/reuters

O laf Scholz wird also Kanzlerkandidat der SPD. Und das ist – trotz aller Unkenrufe – die wohl beste Nachricht der noch kurzen Woche. Zumindest für alle, die noch auf eine Chance für linke Politik im Bund, also auf einen echten Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr hoffen. Nicht auf einen weiteren Partnerwechsel der Union, sondern auf Rot-Rot-Grün. Oder Rot-Grün-Rot. Oder ganz präzise: auf Grün-Rot-Rot.

Und davon gibt es offenbar noch eine Menge. Da ist zunächst einmal Katja Kipping. Die Co-Chefin der Linkspartei hatte am Samstag erklärt, dass sie bereit sei, in eine Bundesregierung einzutreten. Das klang ein wenig pathetisch nach nationaler Verantwortung. Aber sei's drum. Viel wichtiger ist die Nachricht vom Sonntagabend: Da schloss SPD-Co-Chefin Saskia Esken nicht aus, auch in ein Regierungsbündnis unter einer grünen Kanzlerschaft einzutreten. Und das wohlgemerkt in dem Wissen, dass sie nicht einmal einen Tag später Olaf Scholz als Kandidat der Sozialdemokraten ins Rennen schicken wird.

Wie das zusammenpasst? Bestens. Zum einen hat die SPD klar gesagt, dass Scholz tatsächlich gewinnen will. Nun kann man das für das übliche Wahlkampfgetöse halten. Aber nimmt man sie beim Wort, heißt das: die SPD setzt auf eine rot-rot-grüne Perspektive. Denn dass sie bis Herbst 2021 noch die Union überholen wird, daran glaubt wohl niemand.

Denn – das darf man nicht vergessen – Rot-Rot-Gün insgesamt geht es nicht gut. In aktuellen Umfragen kommen die drei irgendwie linken Parteien zusammen auf kaum mehr Stimmen als CDU/CSU allein. Aber auch genau deshalb ist Olaf Scholz der beste Kandidat. Denn er holt die Menschen in der Mitte ab. Der Mann strahlt nicht nur den Odeur ausgeprägter Langeweile aus, den viele als ruhige, ja geradzu verlässliche Gelassenheit lesen. Er hat zudem in Corona-Zeiten gezeigt, dass er Krise und dabei sogar über seinen Schatten springen kann.

Geradezu bezaubernd gegen Laschet, Söder, Merz

Olaf „die schwarze Null“ Scholz haut ein paar Milliarden raus, wenn es drauf ankommt. Das klingt richtig sozialdemokratisch. Gegen eine Merkel kommt er damit nicht an. Aber gegen Laschet, Söder, Merz wirkt das geradezu bezaubernd.

Außerdem: wen hätte die SPD denn sonst gehabt? Kevin Kühnert? Klar, der hätte Schwung in die Bude gebracht. Aber vor allem hätte er im linken Lager gepunktet. Und alle anderen verschreckt. Zulasten von Rot-Rot-Grün.

Letztlich ist die Nominierung von Olaf Scholz ein Steilpass für die Grünen. Die SPD überlässt ihnen im Wahlkampf komplett das weite Feld für eine Kandidatin, einen Kandidaten mit Esprit, für einen Menschen, der Menschen begeistern kann. Man könnte das fast schon als ausgefeilte Taktik werten. Denn wenn die Grünen am Ende klar vor der SPD liegen und tatsächlich die Chance bekämen die KanzlerIn zu stellen, würden sie sich schwerer tun, als Buddy in einer unionsgeführten Regierung unterzuschlüpfen.

Und dass diese Gefahr durchaus besteht, weiß niemand besser als die SPD. Sie hat schließlich 2013 die bisher einmalige Chance für ein breites linkes Bündnis ausgeschlagen. Aber offenbar hat sie aus ihrem Fehlern gelernt. Sie tut alles dafür, dass er sich nicht wiederholt – und schickt sogar Olaf Scholz ins Rennen.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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23 Kommentare

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  • So wenig ich persönlich dem Herrn Scholz abgewinnen kann (noch eher seiner trockenen Art als seinen politischen Positionenen):



    Vielleicht ist er tatsächlich der beste Kandidat der SPD, um die Summe der roto-rot-grünen Stimmen maximal auszuschöpfen. Am besten stellt die Union jetzt noch einen möglichst rechten Kandidaten auf.

    Die SPD greift mit Scholz all jene ehemaligen Merkel-WählerInnen ab, die wegen ihrer mittigen und ausgleichenden Position die CDU gewählt haben, aber das unter dem neuen Unionskandidaten nicht mehr können oder wollen.

    Die Grünen greifen die Stimmen der modernen, urbanen und weltoffenen, aber bürgerlichen Mitte ab, die nie oder jedenfalls nicht ohne Merkel auf die Idee kämen, CDU zu wählen, und für die die SPD ebenfalls zu altbacken ist.

    Die Linken stellen ein/-e Kandidat/-in auf, die gesellschaftspolitisch klar links ist, aber nicht den muffigen Geruch des sozialistischen Kaders hat.

    Die CDU sorgt mit ihrem rechten Kandidaten dafür, dass die AfD zusammenschrumpft und am besten aus dem Bundestag fliegt.

    Gleichzeitig scharen sich alle Wirtschaftsliberalen hinter dem CDU-Kandidaten in der Angst vor einer Sozialistischen Wende und marginalisieren so die FDP zurück in die Geschichtsbücher über das 20. Jahrhundert (wo sie hingehört).

    So,wahrscheinlich nur so, könnte es klappen mit der Mehrheit links der Union.

    • @kritikderkritikderkritik:

      ...ich bitte die Tippfehler zu entschuldigen ;-)

    • @kritikderkritikderkritik:

      ...ich bitte die Tippfehler zu entschuldigen ;-)

  • "Letztlich ist die Nominierung von Olaf Scholz ein Steilpass für die Grünen. Die SPD überlässt ihnen im Wahlkampf komplett das weite Feld für eine Kandidatin, einen Kandidaten mit Esprit ..."

    Für RRG braucht es nicht einen Kandidaten. Das wäre zu wenig. Deshalb ist Scholz wichtig.

    Und natürlich auch die LP die mit linkspopo. Sprüchen alles vergeigen kann. Ramelow sollte daher die Parteiführung übernehmen. Mund halten ist das beste was die LP machen kann :-)

  • Falsche Person !



    Die SPD macht seit Jahren immer die gleichen Fehler.



    Keine klare Richtung wo es hingehen soll, was sie vertritt! Sorry,



    Schmidt und Schröder waren ne Aussnahme (ironisch gemeint)



    Schmidt ? Klärt mich jemand auf was er tolles geleistet hat !



    Schröder 》Hartz 4 oder 1 ?



    Tolle Verbesserung für die Arbeitslosen in dieser Zeit !



    Ich glaube Frau Gesine Schwan wäre die Richtige.

    • @Doma69 :

      Richtig! Scholz ist das Böse!

      Nach hoher Arbeitslosigkeit vor H4 nun fast Vollbeschäftigung (vor Corona), Mindestlohn, usw. usw. Alle diese Erfolge haben wir doch nur der CDU/CSU zu verdanken.

  • Die Nominierung von Olaf Scholz ist vor allem ein Steilpass für Markus Söder.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Letztlich ist die Nominierung von Olaf Scholz ein Steilpass für die Grünen.""



    ==



    Nicht nur. Es ist auch ein Steilpass für die Linke - wenn sie tragfähige und überzeugende Konzepte auf den Tisch packt - hinsichtlich ALG II, Finanzaufsicht, Europäische Finanzaufsicht, Besteuerung von Internetriesen, Höhere Steuern für Amazon, Erhöhung auf den alten SpitzenSteuersatz von 42,0% mindestens in die Nähe von 53,0%, Abbau von Leiharbeit und Einführung von Sozialversicherung für Geringverdienende und Weiterführung von Rentenzahlungen bei Harz4 ---. usw. usw. etc. pp.

    Die Linke sollte sich noch einmal in das Jahr 2016 zurück versetzen - wo die Jagd der Linken gegen Hillary Clinton mit dazu geführt hat, dass heute ein Gurkenheini eine Gurkentruppe der Republikaner anführt - die derzeit gnadenlos das Land gegen die Wand fahren.

    Kann mir nicht und will mir nicht vorstellen das die Linke in einem Anfall von Selbstzerfleischung tatkräftig mithilft, einen Kandidaten von Blackrock oder eine bayrische Lederhose ins Amt zu hieven.

    Ein Blick nach Grossbritannien sollte auch helfen was Jeremy Corbyn dort angerichtet hat : Durch reichlich ""Starrsinn"" (altersbeding?) hat Corbyn 2019 --7 % verloren und hat seine Chance leichtfertig verspielt - trotz Mehrheitswahlrecht hätte ein Bündnis aus Libdems, SNP, Greens und Labour (über 50 %) das heutige englische Chaos am Rande des Abgrunds verhindert.

    Und siehe Thüringen - völlig egal mit welchen wahrlich verbesserungswürdigen Prozentzahlen SPD und Grüne dort auftreten - ohne die Sozialdemokraten und Grüne



    wäre Ramelow verloren gewesen. Auch Ramelow, der 2021 wieder gewählt werden möchte, braucht Rückendeckung - die bekommt er wenn sich die Linke nicht selbst zerfleischt und Perspektiven hinsichtlich RGG für den Bund aufzeigt.

    Die Bundesrepublik ist keine Insel - das dürfte mindestens seit 2014 klar geworden sein.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Corbyn hatte Labour erst wieder Leben eingehaucht - selbst das Ergebnis von 2019 lag noch über denen seiner Vorgänger Miliband und Brown. Eigentlich war er zu erfolgreich, sodass eine billige Kampagne gegen ihn herhalten musste: www.jungewelt.de/a...-gegen-corbyn.html



      Die SPD kann von beiden Corbyn-Ergebnissen nur träumen.

      • @Linksman:

        So billig kann die Kampagne nicht gewesen, wenn sie angeblich so erfolgreich war.

        Billig ist es allerdings, die Schuld für Scheitern bei wem auch immer zu suchen, nur nicht bei sich selbst.

        Ekelhaft wird es, wenn man "angeblichen Antisemitismus" attestiert. Antisemitismus-Vorwürfe wurden maßgeblich von jüdischen Mitgliedern der Partei erhoben.

        Kurz und gut: Die Juden waren schuld.

        • @Jim Hawkins:

          Gegen Corbyn wurde eine parteiinterne Kampagne gefahren. Es war nicht der "Antisemitismus" der die Gegener Corbyns hat aufschrecken lassen sondern seine Sozialpolitik.

          www.neues-deutschl...-gegen-corbyn.html

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @Linksman:

        Wenn ein Labour PM/Vorsitzender erfolgreich war - dann Blair neben Brown oder Callaghan.







        Das ist die Masseinheit mit der Sie Corbyn messen sollten.

        2. Corbyn entschuldigte sich im April 2018 für die Verletzung der jüdischen Gemeinde durch Probleme im Disziplinarverfahren und wies darauf hin, dass nur 0,1% der Mitglieder wegen antisemitischer Kommentare untersucht werden.

        Das nun ausgerechnet die junge Welt abstreitet, das die Linke ein Antisemitismusproblem hat ist mehr als bedenklich.

        Besser kann diese Zeitung den Antisemitismus Vorwurf gegen Corbynistas eigentlich nicht bekräftigen.

        Wenn Corbyn selbst die Vorwürfe eingestanden hat - aber die junge Welt sich im Abstreitmodus befindet - was ist dann von dieser Zeitung zu halten?

        3. Corbyn ist mit seinen ideologischen Grundsätzen gescheitert - das ist das Thema - an seiner Unfähigkeit, Kompromisse mit anderen politischen Strömungen einzugehen.

        Sektierertum nennt sich diese in jeder Hinsicht spalterische Tendenz - das war die tiefere Ursache für Corbyns Scheitern.

  • Warum in aller welt stellt die SPD Scholz auf?



    Einen lupenreinen wirtschaftshörigen erfüllungsgehilfen des großkapitals (CumEx, Wirecard) der auch vor gewalt nicht zurückschreckt (G20 HH).

    Die SPD macht sich mit dieser entscheidung vollkommen unwählbar. Zumal das szenario Scholz mit den grünlackierten gentrifizierungsfanatikern Habeck / Baerbock im raum steht.

    Eine koaltion der bürgerlichen snobs mit der Linken als feigenblatt.

    RRG ist nur eine echte alternative wenn eine radikal links-oekologische, sozialistische und antirassisitsch-anti patriarchalisch politik das handeln bestimmt.

    Dies ist mit Scholz und den grünen trojanischen pferden des liberalismus unvorstellbar.

    • @El Indignado:

      @EL INDIGNADO Solange solche Überzeugungen auch Teil der Linken sind werden wir CDU-Regierungen haben.

    • 0G
      06360 (Profil gelöscht)
      @El Indignado:

      Er ist eine kompromissfähige Notlösung, so geht Demokratie.

      Oder mach einfach einen besseren Vorschlag!

    • @El Indignado:

      Damit hast du ja fast jedes Vorurteil über die drei Parteien ausgepackt, das du finden konntest. Mit den Inhalten hat das leider nicht viel zu tun.

    • RS
      Ria Sauter
      @El Indignado:

      Genau so isses, leider!

  • "Zum einen hat die SPD klar gesagt, dass Scholz tatsächlich gewinnen will."

    Das ist ja der Wahnsinn. Die stellen einen Kandidaten auf und der will tatsächlich gewinnen?

    Wenn dem nicht die Herzen zufliegen, dann weiß ich auch nicht.

  • Die Schwatten werden ja früher oder später ihren Kandidaten präsentieren müssen. Und klar ist (IMHO) jedenfalls, dass die aktuellen Zahlen in den Umfragen Merkel-Werte sind. Merz und Laschet würden diese Zahlen wohl kaum erreichen. Was Söder angeht, ich würde den Mann nicht unterschätzen. Die CSU stand bei 35%, als er "übernommen" hat. Aktuell erreicht sie in Umfragen 47 - 49 % ...

    • @Kaboom:

      Stimmt. Ich denke Merkel ist schon das große Zugpferd für die CDU. Söder macht alles, was ihn persönlich gut dastehen lässt. Das macht ihn nicht nur wegen der Wählerstimmen gefährlich für die anderen Parteien, sondern leider auch fürs Land, sollte er Kanzler werden. Die besonnen Art Merkels wäre damit dahin und der Herr "erst machen, dann denken" destabilisiert unsere Politik. Zugegeben, im Vergleich zu man anderen Regierungschefs wäre das vermutlich noch harmlos, aber ich wöllte es nicht haben. Eine anständige Klima-, Sozial- und Bildungspolitik ist mir ihm leider nicht zu machen.

    • @Kaboom:

      Was wäre, wenn Angela Merkel doch weitermacht?

      • @J_CGN:

        Gegenfrage: Was wäre, wenn uns morgen der Himmel auf den Kopf fällt? Ist ähnlich wahrscheinlich.

      • 0G
        05838 (Profil gelöscht)
        @J_CGN:

        Auch Kevin würde sie zur Kanzlerin machen.