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Braunkohlekraftwerk Tagebau GarzweilerMoratorium für Dörfer-Abriss!

Gastkommentar von Oliver Krischer und Mona Neubaur

Trotz Kohleausstieg sollen fünf Siedlungen dem Tagebau weichen. Bagger dürfen keine weiteren Fakten schaffen.

Die Landstraße hat RWE schon abgerissen: Gottesdienst zwischen Keyenberg und Luetzerath Foto: Bernd Lauter/imago

W irtschaftsminister Peter Altmaier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet haben eine historische Chance verspielt: Sie haben das Ergebnis der Kohlekommission nicht wie angekündigt 1:1 umgesetzt, sondern es einseitig zulasten des Klimaschutzes gerupft. So kommt keine Ruhe in den jahrzehntelangen Konflikt um die Kohle im Rheinland.

Nach Altmaiers sogenanntem Kohleausstiegsgesetz will jetzt auch Laschet festschreiben, dass am Tagebau Garzweiler fünf Dörfer abgebaggert werden. Nur: Wenn Deutschland die Pariser Klimaziele erfüllen will, darf sie die Kohle unter den Dörfern nicht fördern – die Dörfer müssten bleiben.

Aber warum sollen Menschen vertrieben und enteignet werden? Es bleibt nur eine Erklärung: Bundes- und Landesregierung sind die Profite der RWE wichtiger als Klimaschutz und gesellschaftlicher Frieden. Gottesdienste, Mahnwachen, Proteste – um jeden Quadratmeter der bedrohten Dörfer kämpfen deren Einwohner. Dieses Wochenende gibt es eine Großdemo am Tagebau.

Mona Neubaur

ist seit 2014 Landes­vorsitzende der Grünen in NRW.

Jetzt reichen Anwohner Klagen ein; sie wollen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, um ihre Heimat vor den Baggern zu retten. Sie wollen geklärt wissen, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, trotz Kohleausstieg und Paris Menschen das Eigentum und die Heimat zu rauben. Dass RWE sich von den Gerichtsverfahren nicht beeindrucken lässt, war zu erwarten. Der Konzern versucht zum wiederholten Mal, Fakten zu schaffen, ehe ein Urteil ihn stoppt.

Oliver Krischer

ist stell­vertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion und Koordinator des Arbeitskreises Umwelt und Energie.

Ein verantwortungsvoller Ministerpräsident hätte aus seinen Fehlern beim Hambacher Wald gelernt; er würde versuchen zu befrieden. Aber vergebens: Es war Armin Laschet, der auf Drängen der RWE ein Novum für Garzweiler durchsetzte: Erstmals wurde in einem Bundesgesetz ein Tagebau explizit erwähnt und für energiepolitisch notwendig erklärt. Eine Begründung dafür sucht man vergebens.

Bis zur Entscheidung der Gerichte braucht es jetzt ein Moratorium für die bedrohten Dörfer. Es dürfen keine weiteren Fakten per Bagger geschaffen werden.

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14 Kommentare

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  • Ich war immer gegen die menschenrechtswidrige Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat. Aber was die Umweltschützer hier machen ist einfach nur zynisch und widerlich:

    Von den 5 Orte in Garzweiler II waren 3 - Holzweiler, Immerath und Lützerath durch den Rot-Grünen Kohle-Kompromiss 2013 der damaligen Landesregierung eigentlich schon gerettet.

    Der "neue" Kohlekompromiss der Bundesreg. macht diese Absprache mit RWE wieder zur Makulatur:

    Weil egoistische Baum-Umarmer sich mehr fűr ihr "Gefühl für Bäume" interessieren als für andere Menschen, sollen diese jetzt als proxy-Klimaschützer weiter um ihre Dörfer kämpfen müssen.



    Denn in Habach ist eines von zwei Dörfern bereits umgesiedelt und auf die Umsiedlung des zweiten, Manheim, könnte problemlos verzichtet werden wenn man Hambach etwas verkleinert hätte, - was angesichts der Verkürzung der Gesamt-Förtmderdauer auch keine Probleme machen sollte.

    Der Punkt ist aber: Eben besagte "hardcore"



    Klimaschützer sind an gar keinem Kompromiss interessiert.



    Sie haben leider, und das ist hier das Zynische, bewusst darauf spekuliert, dass die Einwohner besagter Garzweiler Orte natürlich nicht freiwillig auf ihre Dörfer verzichen werden.



    Man nutzt also das Leid der Anlieger bewusst aus um seine ganz persönliche Maximal-Lösung, die Einstellung beider Tagebaue durchzupreschen. (!!)

    Dabei sollte jedem klar sein, dass es in der Natur eines solchen Kompromisses liegt, dass genau das nie zur Debatte stand:



    Entweder ein mickriges Sück Restwald in Hambach, was kleiner ist zwei benachbarte Wälder in der Umgebung und bereit jetzt zur Hälfte aus einer Kiesgrube und einer rel. jungen Neu-Anpflanzung besteht (s. akt. Sat.-Bilder) oder Menschen in Garzweiler...

    Die Camper in Hambach waren nur leider lauter als die dauerhaften Bewohner in Garzweiler... (traurig)

  • Armin Laschet hat im Hambi vor allem eines gelernt, die öffentliche Aufmerksamkeit für seine Zwecke zu nutzen. Der größte Polizeieinsatz in der Geschichte NRWs der 40 Millionen gekostet haben soll, hat ihm bei den Verhandlungen um den "Kohleausstieg" unglaublich den Rücken gestärkt und so wurden aus Millionen Milliarden. Das es sich dabei um eine Inszenierung handelte, zeigte sich darin daß die Landesregierung in Absprache mit RWE die Brandschutzverordnung als Gesetz verabschiedete, auf dessen Grundlage anschließend geräumt wurde.

  • Überschrift:



    "Moratorium für Dörfer-Abriss"



    Im letzten Absatz:



    "Moratorium für die bedrohten Dörfer"

    Was denn nu?

  • Das kommt eben raus bei einer unkoordinierten Energiepolitik. Da will man den Atomausstieg und Kohleausstieg und Elektromobilität und Klimaneutralität und und und ... jeweils einzeln als gut klingendes grünes Thema an die Wähler verkaufen, ohne ehrlich zu sagen dass die Rechnung so nicht aufgeht.

    • @Descartes:

      Nein.

      Das kommt dabei raus wenn man nicht richtig anpackt.

      Mal heir wurschtelt, mal da wurschtelt, damit man später sagen kann, mann hatts versucht.

      Alle werden mit Samthandschuhen angefasst. Die Industrie, die Anwohnerr die keine Starkstromleitung oder Windräder wollen, der Autofahrer sowieso, bloß niemandem Wehtuhn, könnte Wählerstimmen kosten.

      Es gibt viele Baustellen. Nur leider sehen die alle aus wie der Ber nur das nichtmal die Absicht fest steht den Bau zu beenden, geschweige denn wie.

  • Es ist unfassbar, wie ignorant, korrupt und gewinngeil diese Regierung ist. Man kann nur hoffen, dass die bei den nächsten Wahlen kräftige Breitseiten bekommen - dann gibt es wieder sinnloses, lächerliches Gejammer.

    • @Mitch Miller:

      Wovon träumen Sie nachts?



      Die bundesdeutschen Regierungen sind schon lange ganz offen korrupt, gewinngeil und ignorant. Können sie auch sein, denn die Wähler sind leider zu dumm, um intelligent zu wählen.



      Entweder sie wählen weiter wie gehabt oder den braunen Sumpf. Dass es da auch intelligente Lösungen bei den nicht radikalen Kleinparteien gibt, bleibt leider ungehört - da die Medien, inklusive TAZ, leider nicht über sie berichten. Entweder ich schreie radikal oder mache sonst dummen Radau - dann komme ich in die Medien. Ernsthafte Politikansätze aus Kleinparteien haben da keine Chance.



      Machen Sie es anders: informieren Sie sich selbst und wählen sie intelligent!

      • @Mainzerin:

        Für welche nichtradikale Kleinpartei Sie auch werben, ÖDP vielleicht, die Lösung für die Probleme der Welt muss radikal aussehen. Das Wirtschaftssystem, das auf grenzenlosem Wachstum basiert, muss abgeschafft werden, sonst geht die Menschheit zusammen mit vielen anderen Spezies zugrunde.



        Die Wähler und Wählerinnen pauschal zu beleidigen, hilft nicht. In Bundes-, Landes- und Städteregierung finden Sie keine Personen, die ein Interesse an einer humanen Lösung der Probleme haben. Alle denken nur an ihre Wiederwahl. Politiker könnten auch nichts bewirken, wenn sie wollten, denn in diesem Stadium der Entrechtung der Armen und der Umweltzerstörung muss die Lösung global sein. Wen wir wählen, ist also unerheblich. Gegen den braunen Sumpf hege ich allerdings auch eine ganz besondere Abneigung.



        Ohne Radau und Schreie wird niemand gehört. Denken Sie nur an FFF. Seit Corona die Gruppe ausgebremst hat, schwindet die Bedeutung der Klimakatastrophe in der politischen Diskussion.

  • Im Abschlussbericht der Kohlekommission gibt es keine Empfehlung, dass die Dörfer zu erhalten sind.

    • @DiMa:

      Das ist genau das Problem: Weil in Hambach für einen kleinen Restwald lauter geschriehen wurde, wurde der rot-grüne Landes-Kompromiss der Gar

      • @Ruhrpott-ler:

        Das ist genau das Problem:



        Weil in Hambach für einen kleinen Restwald (kucken Sie sich den mal auf akt. Satellitenbildern an!)



        lauter geschriehen wurde, wurde der rot-grüne Landes-Kompromiss der Garzweiler um 3 der fünf Dörfer verkleinern sollte und in etwa die selbe Einsparung gebracht hätte, wieder aufgehoben und überlagert.

        • @Ruhrpott-ler:

          Da ist oben wohl etwas durcheinander geraten^^ ... ;-)

  • Danke Herr Krischer, das bringt es auf den Punkt. Wann wird man endlich den Rücktritt von Herrn Altmaier forden?

    • @Jörg Kahl:

      Den Dank natürlich genauso an Frau Neubauer, hatte ich übersehen, dass da eine zweite Autorin war.