piwik no script img

Polizist erschießt psychisch KrankenEskalation mit Todesfolge

In Bremen-Gröpelingen wird ein Mann bei einem Polizeieinsatz erschossen. Parteien fordern Aufklärung, die Gewerkschaft der Polizei ruft nach Tasern.

Mittlerweile abgesperrt: Ein Polizist am Ort des Geschehens in Bremen-Gröpelingen Foto: Sina Schuldt/dpa

taz | Bremen| Ein 54-jähriger Mann ist am Donnerstag in Bremen-Gröpelingen von einem Polizisten in den Oberkörper geschossen und tödlich verletzt worden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Totschlag gegen zwei Beamt*innen. Einer der Polizisten hatte zunächst Pfefferspray gegen den mit einem Messer bewaffneten Mann benutzt. Daraufhin lief dieser auf ihn zu. Zwei Schüsse der Polizist*innen trafen ihn daraufhin laut Staatsanwaltschaft in den Oberkörper; wenig später starb der Mann im Krankenhaus.

Der Einsatz fand laut Polizei gegen kurz nach 14 Uhr vermutlich aufgrund einer „psychosozialen Krise“ im Breitenbachhof in Gröpelingen statt. Die Staatsanwaltschaft wurde am Freitag konkreter: Der Marokkaner hatte demnach wenige Tage zuvor eine fristlose Kündigung für seine Wohnung erhalten; diese soll er zuvor mit Wasser mehrfach beschädigt haben.

Der Vorfall begann demnach harmlos: Nach bisherigem Wissensstand habe die Vermieterin für die Besichtigung der Schäden am Donnerstag zwei Polizist*innen als Unterstützung hinzugerufen; der Termin in der Wohnung selbst soll dann reibungslos verlaufen sein.

Zur Eskalation kam es erst danach: Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann im Anschluss an die Wohnungsbesichtigung vom sozialpsychiatrischen Dienst untersucht und dafür auf die Wache gebracht werden. Als er sich weigert, rufen die zwei Polizist*innen zwei Kolleg*innen in zivil dazu. Ein Video, das in den sozialen Netzwerken geteilt wird, zeigt, wie die Situation danach eskaliert.

Polizist*innen reden zeitgleich auf den Mann ein

Der 54-Jährige steht in dem Video mit gezücktem Messer auf einem Parkplatz, vier Polizist*innen umringen ihn mit Abstand von geschätzt fünf Metern. Die Stimmen der Polizist*innen klingen laut und aufgeregt, sie sprechen durcheinander. Der Marokkaner spricht mit den Beamt*innen; was er sagt, ist in seinem gebrochenen Deutsch schwer verständlich. „Das bringt nix“, sagt er. Seine Haltung wirkt einigermaßen entspannt, er zieht sein Hemd zurecht, krempelt seine Ärmel hoch, wechselt das Messer in die linke Hand.

Ein paar Schritte macht er auf die Polizist*innen zu, die weichen zurück; seine linke Hand hält dabei weiter das Messer, sie ist nach unten gerichtet. Die rechte, leere Hand, streckt er aus. Die Beamt*innen reden weiter gleichzeitig auf ihn ein. „Wenn du das Messer weglegst, legen wir die Waffen auch ab“, so ein Polizist. „Das Messer! Das Messer!“ ruft währenddessen eine Beamtin – und fordert einen dritten Kollegen zum Einsatz von Pfefferspray auf. Die Situation wirkt stressig.

Der Vorfall im Amateurvideo: Der später erschossene Mann (links) geht auf die Polizist*innen zu Foto: Twitter

Die Polizist*innen verteilen sich neu, der 54-Jährige hüpft ein wenig herum, in etwa wie ein Boxer; der Abstand zu den Polizist*innen beträgt erneut etwa fünf Meter. Erst als von rechts ein Polizist das Pfefferspray zückt, sprintet der Mann plötzlich in Richtung des Beamten los. Der weicht zurück; vermutlich, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, ist er es, der im Anschluss zweimal schießt und den Marokkaner zweimal in den Oberkörper trifft.

Die Pressearbeit der Polizei beschränkt sich für den Vorfall fast ausschließlich auf Twitter. „Sehr betroffen“ zeigte sich Polizeivizepräsident Dirk Fasse zeigt sich dort Polizeivizepräsident Dirk Fasse: „Meine Gedanken sind bei den Angehörigen und bei den Kolleginnen und Kollegen, die dieser belastenden Einsatzsituation ausgesetzt waren.“

Gerade auf Twitter sorgen der Vorfall und das Video auch für große Diskussionen. Die Reaktionen reichen von „Ihr Mörder“ über „das war Notwehr“ bis hin zu rassistischen Beleidigungen gegen das Opfer. Viele äußern ihr Mitgefühl vor allem gegenüber dem Polizisten, der die tödlichen Schüsse abgegeben hat; andere stellen die Frage, ob auch ein Schuss auf die Beine möglich gewesen wäre. Und viel diskutiert wird darüber, ob struktureller Rassismus ursächlich für die Eskalation sei.

Auch zwischen den Regierungskoalitionen wird ein Streit über Twitter ausgetragen: Sofia Leonidakis, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, äußerte sich dort am Donnerstag „entsetzt und fassungslos angesichts der tödlichen Polizeischüsse in Gröpelingen“. Kevin Lenkeit, innenpolitischer Sprecher des Koalitionspartners SPD, antwortete mit einem Tweet: „Es ist traurig, wie du hier auf dem Rücken eines Polizisten und eines Getöteten Stimmung machst. Ich schäme mich für deine unqualifizierten Kommentare. Willkommen in Regierungsverantwortung!“

Gewerkschaft der Polizei fordert Taser

Die Gewerkschaft der Polizei hat den Vorfall derweil zum Anlass genommen, um ihre Forderung nach Tasern zu wiederholen: Wenn man den Vorfall richtig auswerte, um das eigene Vorgehen weiter zu professionalisieren, solle man sich auch Gedanken machen, „inwieweit das Geschehene mit einem Distanzelektroimpulsgerät einen anderen Verlauf hätte nehmen können“, heißt es in einer Mitteilung. Momentan gibt es zu den Elektroschockern einen Modellversuch in Bremerhaven.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will diese Diskussion erst nach Abschluss der Ermittlungen führen. Das sieht auch Lenkeit so, weist aber doch darauf hin, dass er sich mehrfach für eine flächendeckende Ausstattung der Polizeien mit Tasern ausgesprochen habe. Ein Konflikt innerhalb der Regierungskoalition in dieser Frage deutet sich an. Die Linke betont durch ihren Sprecher Tim Ruland: „Auch Taser sind Waffen, die in der Benutzung zu Verletzungen und im schlimmsten Fall zum Tod führen können.“ Zudem bestehe die Gefahr, „dass bei einer Ausrüstung mit Tasern die Hemmschwelle zur Nutzung sinkt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

56 Kommentare

 / 
  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Der Gedanke, von solch einem Ding getroffen zu werden, ist fürchterlich. Aber der Gedanke an eine tödliche Schusswaffe ist noch viel schlimmer! Dass auch Teaser in Ausnahmefällen tödlich sein können, ist zwar beunruhigend, aber das relativiert die Abneigung gegen die Ballermänner nicht.

  • "Im echten Leben ist ein Bein schwer zu treffen, d.h. es besteht die Gefahr, dass ein Querschläger die Kollegen tötet. Nur wenn man die Polizei eh hasst ist das zu verschmerzen."

    Ich hab doch geschrieben, dass ich keine Ahnung hab, wie Beamte in so einer Situation handeln sollten.

    Was das schon wieder mit "Polizei hassen" zu tun haben soll, weiß man bestimmt besser, wenn auch auch nach ein paar Zeilen bescheid weiß, dass der "Irre" bereits mit "seinem Leben abgeschlossen hat".

  • 6G
    65940 (Profil gelöscht)

    Alle ahnungslosen Personen, die jetzt nach Tasern schreien, sollen sich bitte in voller Länge das Video von Kelly Thomas ansehen, der von US Polizisten tot geprügelt und dabei fortwährend mit dem Taser gefoltert wurde, bis er nach seinem Vater schrie.



    Menschen in extremen Stresssituationen zu tasern, verstärkt den Stress so sehr, dass sie häufig sterben.



    Warum müssen tödlich Bewaffnete mit Folterinstrumenten durch unsere friedliche Gesellschaft ziehen? Ich habe das Gefühl, hier läuft etwas ganz falsch.

    • @65940 (Profil gelöscht):

      Da schließe ich mich an und würde noch einen Schritt weitergehen und die Abschaffung von Staat und seinen Institutionen (also auch die Polizei) zur Diskussion stellen und die These aufstellen, dass mensch nur so viel Macht missbrauchen kann, wie mensch sie innehat bzw. zugesprochen wird. Was ist also mit Macht, Machtkonzentration, Herrschaft, Herrschaftsstrukturen, Gewaltmonopol ...?

  • Wenn 4 Polizisten an sich nicht deeskalierend wirken, was soll dann in einer solchen Situation wirken?

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Kunoberti:

      Auf dem Bild erkenne ich keine Polizisten, eher so etwas wie Bankräuber oderStrauchdiebe , die mir ans Leder wollen. Ich finde es zumindest ungewöhnlich von Leuten in Jeans und Turnschuhen , mit vorgehaltener Maschinenpistole und im T- Shirt , deren Sprache nicht mächtig, angegangen zu werden. Jede Wette, dass mit dem richtigen Anwalt der Staat hier Entschädigung zahlen muss. Die Beamten tun mir leid, da Karneval ja schon vorbei ist, und als Entschuldigungsgrund ausfällt.

  • Schön , dass Fasses Gedanken "bei den Angehörigen und bei den Kolleginnen und Kollegen, die dieser belastenden Einsatzsituation ausgesetzt waren.“ sind.

    Schade, aber sehr aufschlussreich, dass seine Gedanken nicht auch bei dem unschuldigen Opfer und seinen Angehörigen sind.

    Und jetzt mal so unter uns: Es ist sicher keine gute Idee, Polizisten, die jetzt schon deutlich überfordert sind, niederschwellige Waffen auszuhändigen mit den dann natürlich noch eher losgeballert wird.



    Denn im Zweifel sind diese Waffen auch tödlich.



    Anderenorts habe sich verschießbare Fangnetze bewährt - aber die haben natürlich im Vergleich zu Elektrowaffen keine abschreckende Wirkung.

    • @Bolzkopf:

      Aber die Fangnetze können herrlich demütigen.

  • Vielen Dank für diesen Kommentar. Mich gruselt allerdings (siehe oben) die ständige Verdrängung realer Defizite, "weikl das ja gar nicht immer alles so böse ist". Darum geht es nicht. Das lenkt davon ab, dass dennoch extreme Fälle entstehen, die vermeidbar wären. Hier haben es vier! Einsatzkräfte erst total verbockt, weil sie gar nicht erst auf den Gedanken gekommen sind, dass der Mann nicht mit Gewalt behandelt werden muss, bloß weil er nicht mitkommen will, und dann konnten sie die Situation nicht mehr auflösen. Sie haben ihn von vier Seiten bedroht. Die vier tun mir auch leid, und sie werden ihren Dienst hoffentlich später wieder gut versehen und ihrerseits so viel Hilfe bekommen, wie sie brauchen. Aber es wird mit anderen wieder passieren. Menschen sind schrecklich fehlbar, aber wenn bei jedem Fehler schnell auf andere Sachen, die nicht scheiße waren, hingewiesen wird, drängt sich mir der Verdacht auf, dass jemand nichts ändern will.

    • @Karl Kraus:

      Mist. Das sollte eine Antwort auf Weber, Sa, 8.44 Uhr, sein.

    • @Karl Kraus:

      Haben Sie im Artikel überlesen, dass der sozialpsychiatrische Dienst, also Fachpersonal, vor Ort war und mit dem Mann nicht klar kam?

      Die Einsatzkräfte bhaben also gar nichts verbockt. Wenn, dann müsste es wohl der psychiatrische Dienst gewesen sein.

      Woher wissen Sie, dass da überhaupt etwas verbockt wurde?

      • @rero:

        Woher weiß ich das... Moment. Ach ja! Da ist jetzt einer tot. Weil er nach einer ruhigen Wohnungsbesichtigung nicht seiner Freiheit beraubt werden wollte.

      • @rero:

        Moin, das Fachpersonal vor Ort war steht nirgendwo im Text... Nur, dass der Mann auf die Wache zur Untersuchung gebracht werden soll...



        Aber davon abgesehen, alles was ich hier lese (habe das Video nicht gesehen) deutet darauf hin, dass eklatante Fehler beim Verhalten in einer so Gefahr verheißenden Situation auf Seiten der Polizei passiert sind.



        Kein konkreter Ansprechpartner, (die anderen sichern ab), keine Ahnung, dass Pfefferspray bei psychisch kranken Menschen anders wirken kann, keine Deseskalation, sondern eher noch mehr Stress produzieren für alle Beteiligten.



        Dafür ist entweder eine fehlende Ausbildung, oder eine mangelnde persönliche Eignung verantwortlich... Oder es sollte für solcherlei "Vermittlungsarbeit" (Vermieterin mit psychisch kranken Mieter-vorher bekannt?!) speziell ausgebildete Beamte geben, die für Verhandlungen in "Extremsituationen" ausgebildet sind.



        Bei jeder Demo zu sehen... Einer von Zehn ist super darin Neun totale Scheiße... Und der eine nicht aufgrund der Ausbildung, sondern aufgrund individueller Fähigkeiten und Erfahrungen...

        • @Schusters Bernd :

          Sorry, beim erstmaligen Lesen hatte ich den Satz mit dem Vorstellen beim sozialpsychiatrischen Dienst anders interpretiert.

          Das Pfefferspray kamm ja nicht mal zum Einsatz.

          Verhandlungen mit einem Psychotiker, der gerade mit einem Messer aufgeregt auf der Straße rumläuft, wären ein eklatanter Fehler. Den nächsten Passanten erwischt es womöglich.

  • Wie ist man drauf, wenn man einen Menschen, der nichts verbrochen hat, mit Gewalt zu einer Untersuchung wegschaffen will??? Sie wussten doch, dass es ihm scheiße ging. Da ist es wieder, dieses vollkommen selbstverständlich gewalthaltige Vorgehen. Vier Leute wollten den Mann nach bisheriger Berichterstattung überwältigen, weil zwei nicht reichten, obwohl bis dahin alles komplett vernünftig verlaufen war. Ganz offensichtlich stellte der Mann bis zu dem Moment keine Bedrohung dar. Schöne Fürsorge...

    • @Karl Kraus:

      Falsch. Der Mann muss eine Bedrohung dargestellt haben, sonst hätte es den ganzen Einsatz nicht geben. Dann wäre die Vermieterin einfach in seine Wohnung gegangen, wie es Vermieter jeden Tag tun. Und das Messer hat er wohl nicht in der Hand gehabt, weil es ihm gerade scheiße ging und er sich deshalb einen Apfel schneiden wollte.

      • @rero:

        "Dann wäre die Vermieterin einfach in seine Wohnung gegangen, wie es Vermieter jeden Tag tun." Na danke Sie möchte ich nicht als Vermieter haben.

      • @rero:

        " Der Mann muss eine Bedrohung dargestellt haben, sonst hätte es den ganzen Einsatz nicht geben"



        ------------------------------------



        Haben sie irgendwelche Belege für diese Vermutung?



        Ich habe bei anderer Gelegenheit schon mal mehr als ein dutzend Fälle völlig willkürlicher /extremer/ Gewalthandlungen von Polizeibeamten aufgezählt.

  • „Polizist erschießt psychisch Kranken“

    Sowas gab's hier ja noch nie «(º¿º)»

    • @Rainer B.:

      Nein nein, sowas denken sich doch nur "Haßkommentatoren, wie der Wagenbär" aus.

      • @Wagenbär:

        Sie müssen's ja wissen (;-))

  • Die Weser-Zeitung schreibt, die Polizei sei vor Ort gewesen, weil es Anhaltspunkte gegeben habe, dass der Mann "psychisch krank" gewesen sei, und geht dabei wohl von einem selbstverständlichen Begründungszusammenhang aus.. Der Mann sollte vom Sozialpsychiatrischen Dienst untersucht werden. Zu diesem Zweck habe ihn die Polizei mit zur Wache nehmen wollen und deshalb Verstärkung angefordert.



    Tja, und dann war der Schusswaffengebrauch leider Notwehr.



    Noch Fragen?



    Es ist nicht das erste Mal, dass Sozialpsychiatrischer Dienst und Polizei auf diese Art beim Töten von Menschen zusammen wirken.

  • Puh. Schwierige Situation. Generell wirken die Beamten auf mich hektisch und wenig deeskalierend. Ich verstehe auch nicht, warum dem Mann mehrfach in den Oberkörper geschossen wird. Ich hab keine Ahnung, wie laut Ausbildung in so einem Fall zu handeln ist, aber wäre ein Beinschuss nicht auch möglich?

    Auf der anderen Seite hat der Mann ein Messer, es stehen Passanten umher und er rennt auf einmal los.

    Sehr schwer, hier ein schnelles Fazit zu ziehen. Außer, dass jeder Fall von tödlichen Schüssen einer zuviel ist und alles versucht werden muss um sowas zu verhindern.

    • @Deep South:

      Beinschuss? Ja, bei Karl May und Old Shatterhand war das immer so.



      Im echten Leben ist ein Bein schwer zu treffen, d.h. es besteht die Gefahr, dass ein Querschläger die Kollegen tötet. Nur wenn man die Polizei eh hasst ist das zu verschmerzen.



      Wenn man trifft, trifft man i.d.R. jemanden, dem das Adrenalin schon zum Anschlag steht. Der spürt den Schuß erst Minuten später. In 1-2 Sekunden hat er aber mit Messer die Distanz zum Polizisten überwunden und den mit etwas Glück abgestochen.

      Der Polizist ist nicht gehalten die Waffe wegzustecken und sich auch ein Messer zu beschaffen für einen fairen Kampf Mann gegen Mann. Er weiß auch nicht, ob der Irre auf unbeteiligte Dritte losgeht, die plötzlich auftauchen könnten, eine Geisel nimmt.

      Wer mit einem Messer bewaffnet auf 4 bewaffnete Polizisten losgeht, der hat mit seinem Leben abgeschlossen.

      Dass er psychisch krank war und vielleicht nicht wusste, was er tut, wahrscheinlich nicht anders konnte, machte ihn nicht weniger gefährlich. Das vorher Fehler gemacht wurden lässt sich hinterher eigentlich immer feststellen.



      Nur hilft es wenig, weil die Fälle immer wieder anders sind.

    • @Deep South:

      Ich habe das Video nicht gesehen, weiß nur, was im Text steht. Angeblich fing er in einer Entfernung von rund 5 m an, auf den Polizisten zuzusprinten. Da ist nichts mehr mit Ins-Knie-Schießen. Wenn Sie ihm ins Knie schießen und unwahrscheinlicherweise auch noch treffen sollten, läuft er trotzdem wegen dem Schock und der möglichen Psychose noch zwei Schritte weiter und rammt Ihnen das Messer in den Bauch.

      Man könnte diskutieren, warum die Vermieterin nicht vom sozialpsychiatrischen Dienst, sondern von der Polizei begleitet wurde. Wenn die Vermieterin ihn fristlos kündigen konnte und sich schon nicht allein in die Wohnung traute, wird er amtsgekannt sein. Und seine Wohnung mehrfach absichtlich unter Wasser setzen, das macht ja auch keiner, der voll zurechnungsfähig ist. Das wird jemand dem SpD schon mitgeteilt haben.

      Allerdings kann er ja die Leute vom sozialpsychiatrischen Dienst schon kennen und dann gerade die Wände hochgehen, wenn er sie sieht.

      Und um es deutlich zu sagen: wenn er nicht in seinen psychotischen Schüben steckt, kann er ein total liebenswerter Mensch sein.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Wenn ich mir das Bild ansehe, denke ich sofort an einen Überfall von Bewaffneten aus einen Passanten, der sich wehrt. Die Kleidung der Waffenträger erinnert mich eher an Milizionäre oder Narcos in Mittelamerika oder im nahen Osten. Ist das die Dienstkleidung der Polizei in Deutschland? T- Shirt mit Maschinenpistole ? Normalerweise sehen so Bankräuber aus.

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Zivilstreifen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie - Überraschung! - zivile Kleidung tragen. Und eine Maschinenpistole ist auch nirgends zu sehen. Weder auf dem Foto, noch in dem Video, aus dem dieses Standbild stammt.

  • 0G
    03823 (Profil gelöscht)

    Wer hier der bessere "Fussballtrainer" ist, dem wünsche ich, mal dabei zu sein, wenn ein Psychotiker (ja, es gibt tatsächlich psychische Erkrankungen!) in einem akuten Schub von Feuerwehr und Polizei abgeholt und wegen Selbst- und Fremdgefährdung (angedrohter Sprung aus dem Fenster bzw. Verletzung der Verwandten mit einem Messer) in die Psychiatrie gebracht werden muss.



    Es ist für alle Beteiligten eine emotionale Ausnahmesituation!

    • @03823 (Profil gelöscht):

      Haben sie sich mal mit den wissenschaftlich angerkannten Studien beschäftigt, die beschreiben, wie Pfefferspray auf psychisch kranke Personen in solchen Situationen wirkt?

  • Wer rassistische Bemerkungen macht sollte in den Bau verfrachtet werden. Erstens. Zweitens. Das hat mit Mord nichts zu tun, drittens ein Taser wäre die Lösung. Denn ein Messer ist auf kurzdistanz sehr gefährlich, unterhalb eines Meters gefährlicher als eine Wumme. So nah würde ich auch keinen lassen.

  • Zitat: "Die Pressearbeit der Polizei beschränkt sich für den Vorfall fast ausschließlich auf Twitter."

    Was soll eigentlich dieser Mist mit Twitter? warum werden keine Stellungnahmen an die Presse abgegeben?

    Twitter verkommt immer mehr zum Laberkanal für alle, incl. Polizei, Präsidenten.....

    Dann können wir die nächste Bundestagswahl ja gleich auf Twitter abhalten.

    • @Juhmandra:

      Medienkompetenz ist halt nicht deren Stärke. (Wie man auch an deren Inhalten merkt)

  • Da ist die taz mal wieder ganz vorne mit dabei, geht es um stereotypisierte Zuschreibungen ("psychisch krank"), die sich mit unreflektiert-rassistischen Bezeichnungen paaren ("Der Marrokaner"). Und dann noch kaum ein Wort der Kritik gegenüber unverhältnismäßiger Polizeigewalt, die wie so oft zum Tod eines Menschen führt. Schneidet die Autorin überhaupt irgendwelche Debatten und Diskurse der vergangenen Monate (zum Teil Jahre) mit? Als regelmäßiger und langjähriger taz-Leser schäme ich mich für einen solchen Artikel. Mein Mitleid gilt den Angehörigen des von der Polizei Erschossenen.

    • @Movid:

      Sie können auf dem Bild sehen und im Text lesen, dass da nichts unverhältnismäßig war. Warum sollte die Taz also Fake News verbreiten?

  • Wow. Wurde hier echt ein Video verlinkt, in dem tödliche Schüsse auf einen Menschen gezeigt werden?

    Geht es hier um den Menschen, um den Einzelfall? Oder geht es eigentlich in erster Linie darum, einen Fall zu haben, den man in das Narrativ unverhältnismäßiger Polizeigewalt einordnen kann?

    Die Polizei bittet auf Twitter explizit darum, das Video nicht zu teilen. Mag auch aus Eigennutz sein, klar. Aber mit dem Hinweis auf die Pietät hat sie recht.

    • @phalanx:

      Das war gar kein Narrativ. Das waren echte Schüsse in einer Situation, deren Eskalation von den Polizist*innen ausging. Ein Narrativ entsteht eher dadurch, dass viele ähnlich gelagerte Fälle nicht oder nur so nebenbei berichtet werden. Dass so etwas immer und immer wieder passiert, ist auch echt. Lösungen müsste man dann umso dringender und intensiver suchen, wenn man nicht damit beschäftigt wäre, "Aber sonst ist alles super!" zu schreien. Das steht in solchen Fällen erst genau dann infrage, wenn wieder keine aufrichtige Aufarbeitung und Weiterentwicklung der Polizeiarbeit passiert.

      • @Karl Kraus:

        Das von mir angesprochene Narrativ bezog sich logischerweise auch nicht auf diesen Einzelfall. ;)

        Für diesen Fall ist klar, dass die Polizei Gewalt ausgeübt hat, aber ob unverhältnismäßig oder nicht, scheint mir nicht eindeutig zu beantworten. Vollkommen unbeteiligt an einer Eskalation bin ich jedenfalls nicht, wenn ich der Polizei mit einem Messer gegenübertrete. Tragisch ist nur, wenn ich die Gefährdung auf Grund einer psychischer Erkrankung selbst nicht mehr erkennen kann, und es dann zu so einer Situation kommt.

    • @phalanx:

      Nur geht ihr die Pietät am Arsch vorbei und deshalb kann sie mit diesem vorgeschobenen Grund auch nicht recht haben.

      • @Hampelstielz:

        Geht es etwas differenzierter? ;)

        Davon ab, mich würde mal interessieren, ob sich hier jemand die Mühe gemacht hat, vorab Angehörige des Verstorbenen anzufragen wegen des Videos. Gehe ich erstmal nicht von aus, zumal es lediglich verlinkt wurde. Und dann sind wir wieder bei meiner Fragestellung, geht es hier wirklich um den Menschen, oder wird die Sache über den Menschen gestellt, in dessen Sinne sie gleichzeitig sein soll?

  • Es ist erfreulich, daß Lotta Drügemöller versucht , den Vorfall minutiös zu rekonstruieren - das ist gute journalistische Arbeit, und die zu selten ist.

    Alle Akteure, die das öffentliche Bild der Polizei zeichnen, und alle Akteure, die Migranten betreuen und die das Bild (mit)bestimmen, das Migranten von der deutschen Polizei haben, sollten eines bedenken:

    Dieses Bild selbst kann Momentum unheilvoller Dynamiken in der Interaktion Polizei-Delinquent werden.

    Wer (Migrant, Deutscher) glaubt, daß alle deutsche Polizisten gewalttätige, gefährliche Rassisten sind, wird im Falle einer Begegnung mit der Polizei, u.U. seinerseits 'hair-triggered' ÜBERreagieren, und z.B. eine Waffe ziehen.

    Und die Polizisten selbst werden, wenn ihnen pauschales Mißtrauen und dezidierte Ablehnung entgegenschlägt, von vornherein angespannter und gereizter in solchen Situationen sein.

    Und eine Zusatzinformation: In den USA ist das Phänomen des 'suicide by cops' bekannt, manche Lebensmüde wollen ihrem Leben auf diese Weise ein Ende machen - was selbstverständlich nicht heißt, daß alle Tötungen psychisch Kranker diesen Hinterfgrund haben.

    Aus jahrzehntelanger naher Beobachtung habe ich Polizisten im Einsatz wegen Konflikten in einer migrantischen Familie NIE aggressiv, sondern im Gegenteil geradezu vorbildlich sozialarbeiterisch - eine Frau war meist dabei - intervenieren gesehen. Gewiß, auch das ist anekdotisch.

    Die pauschale Verdammung der deutschen Polizei ist jedenfalls falsch - und schädlich.

    Verbesserungen der Polizeipraxis sind natürlich immer sinnvoll.

    • @Weber:

      Die Polizei wird nur in dem Punkt pauschal verurteilt, dass sie Aufklärung von Vorfällen stets und immer behindert. Es gibt so gut wie keinen Fall von Polizeigewalt, in welchem richtig ermittelt wurde.

  • Ich gehe davon aus, dass den Polizisten die Namen Peter Quast und Harald Poppe geläufig waren, zumindest deren Schicksal 1989. Und bereits damals wurde festgestellt, was heute mehr denn je gilt: "Die Uniform ist kein Schutz mehr, sondern Angriffsfläche."

  • "Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann im Anschluss an die Wohnungsbesichtigung vom sozialpsychiatrischen Dienst untersucht und dafür auf die Wache gebracht werden"



    die polizei im einsatz gegen psychisch erkrankte... das ist ja nun wirklich nicht deren aufgabe. www.zeit.de/gesell...lizei-schuss-toter



    kriegen die leute kein anti-eskalations training? aber eine tödliche waffe...unfassbar. und tim ruland ist ja wohl zuzustimmen: „ Zudem bestehe die Gefahr, „dass bei einer Ausrüstung mit Tasern die Hemmschwelle zur Nutzung sinkt.“ wir sehen das ja in internationalen polizeigewalt berichten.

    • @Nafets Etnep:

      Doch, ist die Aufgabe der Polizei. Dabei unterstützt die Polizei amtshandlungen anderer Behörden.



      Bezüglich Antieskalationstrainings: Ist Bestandteil der Ausbildung und funktioniert häufig. Bei „Messereinsätzen“ springt aber ein weiterer Trigger an. In der Polizeiausbildung sind Messer in der Gefahreneinschätzung einer Schusswaffe mindestens Gleichgesetzt (hohe gefässverletzendes Potential in Kombination mit häufiger Unterschätzung der Gefahr durch den Waffenführer). Fremd- und Eigenschutz (keiner möchte das ein psychisch labiler mit einem großen Messer durch die Nachbarschaft zieht) werden nun priorisiert. Dementsprechend wird der Raum für Deeskalation immer kleiner.

      • @Andi S:

        Jo, auch das ist Inhalt der US-Amerikanischen Cop-Culture, die drüben von vielen Menschen als fatal erkannt wurde, aber für sehr viele PolizeibeamtInnen /das/ Vorbild ist.

    • @Nafets Etnep:

      Wie kommen Sie darauf, dass die Polizei kein solches Training bekommt? Sie sollten sich vielleicht mal mit der Polizeiausbildung beschäftigen, bevor Sie kommentieren.

      Und daheim, hinter der sicheren Tastatur kann man im Nachhinein alles besser machen.

    • @Nafets Etnep:

      Das Verhältniss zwischen Vermieter und Mieter muss eine angespannte Vorgeschichte gehabt haben sonst wären die Bullen nicht vor Ort gewesen.

  • Ich würde anstatt die Anschaffung und Freigabe von potentiell tödlichen Waffen wie Tasern eher eine bessere Ausbildung vorschlagen. Da sind ja manche Türsteher besser in Deeskalation geschult, als diese vier Leute.

  • Sorry liebe tazler wenn ich so direkt frage, aber wenn ich lese:



    "Seine Haltung wirkt einigermaßen entspannt, er zieht sein Hemd zurecht, krempelt seine Ärmel hoch, wechselt das Messer in die linke Hand."



    stelle ich mir schon verwundert die Frage: Sauft ihr in der Redaktion?



    Wie kann man jemanden, der mit einem Messer auf andere Menschen zugeht, eine entspannte Grundhaltung attestieren?? Ist das euer tägliches Erleben von entspannten Mitmenschen? Was machen denn nach eurer Meinung nach Menschen, die ein wenig aufgebracht sind? Atombomben zünden?

    • @Samvim:

      Wenn Sie das Video sehen würden, dann würden Sie sehen dass der Mann entspannt ist und von ihm keinerlei Gefahr ausgeht. Er steht lediglich an einem Fleck und bewegt sich zeitweilig sogar eher ein Stück zurück. In all dieser Zeit wird er von 4 Beamten gleichzeitig angebrüllt. Die Situation eskaliert erst in dem Augenblick als ein Beamter auf ihn zu geht und ihm Pfefferspray ins Gesicht sprüht. Erst darauf geht der Mann auf den Beamten zu und wird erschossen.



      Der Beamte dürfte nicht sonderlich viel Erfahrung im Dienst haben denn die Reaktion des Mannes auf das Pfefferspray war abzusehen. Sie könnten auch einem friedlichen unbeteiligten Pfefferspray ins Gesicht sprühen und auch seine reflexartige Reaktion wäre der Gegenangriff. Anstatt deeskalierend zu wirken und das SEK anrücken zu lassen, hat man eine Situation selbst herbeigerufen bei der der Gebrauch der Schusswaffe unumgänglich wurde. Das hätte nicht sein müssen.

      • @Konrad Meyer:

        @Konrad: Da sehen Sie das Problem. Auf mich macht der spätere Verstorbene keine entspannten Eindruck. Eher Fahrig und sprunghaft. Und das ist mit einem Messer eine potentiell tödliche Situation. Jetzt stellen Sie sich die Situation vor Ort vor.



        Aber egal ob Ihre oder meine Meinung objektiv stimmt (das Video ist nicht in guter Qualität), vom Sofa aus mit einer Tüte Chips und einem Bier ist es zumindest für mich einfach rückblickend zu bewerten.

  • Hab mir das Video angesehen. Scheiß Situation. Möchte nicht darin Stecken. Da ein Messer extrem gefährlich wegen der gefäßverletzenden Wirkung ist, Mannstoppende Wirkung bei Schüssen auf die Gliedmaßen nicht sichergestellt und die Reaktionszeit extrem gering ist, scheint mir die Reaktion zumindest auf dem ersten Blick plausibel.



    In dem Fall wäre wahrscheinlich ein frühzeitiger Einsatz eines Teasers als weniger tödliche Waffe am sinnvollsten gewesen.



    Aber schön Daheim, rückblickend mit einem Video , ist es wahrscheinlich auch nur eine Schlaumeiermeinung von mir.



    Einfach nur traurig. Mein Beileid den Angehörigen.

    • @Andi S:

      Ich bin ausgebildeter Rettungssanitäter.



      Wenn ich zu einem Unfall, Arbeits- oder Verkehrsunfall komme, ist das auch /immer/ eine Scheiß Situation.



      Aber genau /dafür/ gibs doch eine umfassende Ausbildung. Um in dieser Scheiß Situation trotzdem besonnen und umsichtig zu handeln.



      Was lernen Polizeibeamte eigentlich?



      Drei Jahre lang, Schußwaffe ziehen, Menschen mit Pfefferspray einhüllen und laut brüllen? Und gibt es immer noch keine Unterichts-Einheit, in der die Wirkung von Pfefferspray auf psychisch Kranke beschrieben wird?