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Recht auf IndividualitätLernt, unsere Namen auszusprechen

Wer Migrant*innen ihre Namen aberkennt, erkennt ihnen einen Teil ihrer Identität ab. Ist es wirklich so schwer, die richtige Aussprache zu lernen?

Wenn ihr Daenerys Targaryen aussprechen könnt, könnt ihr auch unsere Namen richtig aussprechen Foto: Felix Jason/imago

F rüher habe ich Menschen nicht korrigiert, wenn sie „Melisa“ wie Lisa ausgesprochen haben, obwohl es schrecklich klingt. No offense an jene, die Melisa wie Lisa heißen, wobei ich nicht glaube, dass irgendjemand wirklich so heißt, habe zumindest noch nie davon gehört, was es noch komischer macht, dass Österreicher*innen mich ständig Melisa wie Lisa nennen.

Sie erfinden lieber einen Namen, der nicht existiert, als meinen einfach richtig auszusprechen. Kommt mir jetzt nicht mit einer grammatikalischen Ausrede, bei Philipp schafft ihr es doch auch, ihn immer gleich auszusprechen, egal ob er Phillip, Philip oder Philipp geschrieben wird.

Heute korrigiere ich alle schon beim leisesten Anflug eines Rose-„s“. Melisa ist wohl der leichteste „ausländische“ Name, den es gibt, trotzdem fällt es den Menschen, auch nach mehrmaliger Korrektur schwer, ihn wie Melissa auszusprechen.

Migrant*innen und ihre Namen – ein sensibles Thema. Jedes Mal, wenn ich darüber spreche oder schreibe, erhalte ich so viel Rückmeldung wie zu kaum einem anderen Thema. Die Geschichten, die mir die Menschen dann erzählen, überwältigen mich immer wieder aufs Neue.

Entwurzelt und entmenschlicht

Von Raife, einer Austro-Türkin, deren österreichische Freundinnen beschlossen haben, sie Ayşe zu nennen. Von Edin, einem gebürtigen Bosnier, der auf der Arbeit in Edith, einen deutschen Frauennamen, umgetauft wurde. Von Parya, mit iranischen Wurzeln, die Maria genannt wird. Hrvoje, der zu Rudi wurde, Zlatko zu Karli, Farhad zu Toni, Cvijeta zu Susi – indem man Migrant*innen ihre Namen aberkennt, erkennt man ihnen einen Teil ihrer Identität ab.

Man entwurzelt und entmenschlicht sie – wenn Raife zu Ayşe wird, weil Ayşe zu einem abwertend gemeintem Synonym für türkische Frauen geworden ist, ist das zutiefst rassistisch. Indem man Migrant*innen auf klassisch deutsche Namen wie „Susi“ umtauft, zwangsassimiliert man sie nicht nur, man macht sie zu einem Kollektiv, nimmt uns unsere Individualität.

Unsere Eltern haben sich etwas dabei gedacht, als sie uns unsere Namen gegeben haben. Oft steckt dahinter eine Geschichte, eine tiefere Bedeutung. In meinem migrantischen Freundeskreis wählen werdende Eltern die Namen ihrer Kinder aber immer öfter nicht mehr nach Geschichte, Bedeutung oder danach aus, welcher ihnen gefällt, sondern ob Österreicher*innen ihn aussprechen können.

Ich kann sie irgendwo verstehen, ich habe als Lehrerin oft genug Kolleg*innen bei der Aussprache der Schüler*innen-Namen korrigiert. Die Schüler*innen selber haben sich oft nicht getraut – wie ich damals. „Bei uns hat die Lehrerin alle Schüler mit Migrationshintergrund A-met, B-met, C-met gerufen“, erzählt mir jemand – nein, an solche Geschichten werde ich mich niemals gewöhnen.

Um es mit den Worten einer klugen Person aus dem Internet zu sagen: Wenn ihr Daenerys Targayren aussprechen könnt, könnt ihr auch unsere Namen richtig aussprechen.

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Melisa Erkurt
Autorin "Generation haram", Journalistin, ehemalige Lehrerin, lebt in Wien
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60 Kommentare

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  • Es heißt übrigens "Daenerys Targaryen". Ich geh davon aus, dass der Fehler unbeabsichtigt war. Ist eben schwer mit Namen in fremden Sprachen. Und nicht unbedingt böse gemeint.



    Ansonsten denke ich auch, dass absichtliches falsch aussprechen oder verballhornen respektlos ist. Beim ersten oder auch noch zweiten Mal ist es eher ein Versehen.

  • Wie krass dieses Problem ausgeprägt ist sieht man am "vorauseilenden Gehorsam" wenn sich die Betroffenen von sich aus bei der Vorstellung umbenennen. Mein Kollege Vasil möchte Vasko genannt werden, weil er glaubt das sei einfacher für uns Deutsche. In Asien ist das extrem verbreitet; da heißt es z.B. "Hallo, ich bin John Wang" oder so weil er davon ausgeht, dass wir an etwas wie Wang Chongwei scheitern oder es nichteinmal versuchen werden. Spätestens seit "Bruce Lee" (Lee Jun-fan) erwarten wir das im Westen...

  • Ein richtiger und wichtiger Artikel!

    Ich habe viel ueber das Verhaeltnis der Autorin zur sie umgebenden Gesellschaft erfahren koennen.

  • Wer genug über Sprachen weiß und selbst mehrere sprechen kann, wird oft es leichter haben, den Ansprüchen der Autorin zu folgen. Alle Sprachen der Welt beherrscht aber niemand und auch theoretisches Wissen über die Aussprache aller Sprachen der Welt hat niemand.

    Dann muss man ja auch noch bedenken, dass viele Menschen nur zwei oder drei Sprachen beherrschen. Wer Deutsch, Englisch und ein paar Brocken Latein kann, wird an der Aussprache eines irokesischen Namens vermutlich scheitern.

    Vielleicht muss man das einfach lockerer sehen. In mehrsprachigen Gesellschaften war es immer schon üblich, dass Namen übersetzt wurden. Im Saterland ist es ganz normal, dass jemand, der von seiner saterfriesischsprachigen Familie "Hinnerk", "Oalerk" oder "Wülm" genannt wird, im (natürlich deutschsprachigen) Personalausweis "Heinrich", "Ahlrich" oder "Wilhelm" stehen hat und auf Deutsch entsprechend angeredet wird. Und wen stört es heutzutage noch, dass die Franzosen vor langer Zeit aus dem Namen "Heinrich" "Henri" gemacht haben, was die Engländer dann wiederum zum "Henry" verballhornten? Das ist heute ein ganz normaler französischer bzw. englischer Name. Und auch heute gibt es alteinesessene Familien, die ihre Töchter "Jaqueline" nennen und das dann "Tschackeline" aussprechen, weil sie's nicht besser wissen.

    Wie man sieht, ist die Fehlaussprache also nicht immer durch Respektlosigkeit bedingt, sondern oftmals schlicht und einfach eine Begleiterscheinung der Tatsache, dass die fremdsprachlichen Fähigkeiten von uns allen irgendwo Grenzen haben - mal weitere und mal engere. Vielleicht entstehen aus diesen Unzulänglichkeiten ja auch neue Namen.

  • Melisa in diversen Aussprachen: de.forvo.com/search/Melisa/en/

  • "Umtaufen", und dann womöglich noch auf eher negativ/lächerlich behaftete Namen, ist vermutlich in den meisten Fällen durchaus als Rassismus einzustufen, wobei ich schon zu Bedenken gebe, dass "Spitznamen" durchaus öfter verächtlich machend sind. Mir fallen da einige Prominente Beispiele ein, aber auch aus der Schulzeit (und am eigenen Leib) kenne ich genügend solcher Fälle.

    Die falsche Aussprache des Namens ist meines Erachtens aber differenziert zu betrachten. Es ist schon ein Unterschied, ob Freunde/Kollegen/Lehrer/Vorgesetzte konsequent und trotz Aufklärung den Namen absichtlich falsch aussprechen oder ob bei neuen, flüchtigen Kontakten oder einfach aufgrund ganz anderer Phonetik Namen falsch ausgesprochen werden.

    Zudem - wie einige Vorschreiber schon bemerkten - dieses Sprachproblem besteht weltweit

  • Und wer ist Denis Tagarien?

    • @Rudolf Fissner:

      Jedenfalls zum Glück nicht von Colour, sonst gäbs jetzt richtig Zoff.



      Ist der entsprechende *ismus schon auf englisch namhaft gemacht?

  • Das wir - ihr-Denken ist hier fraglich. Ich erlebe nicht nur, dass Menschen ohne Migrationshintergrund die Namen von Menschen mit Migrationhintergrund falsch aussprechen, sondern auch das Umgekehrte. Selbstverständlich kann ein solches Verhalten Zeichen von Rassismus und Machtposition sein, gerade auch, wenn es trotz Verbesserungen immer wieder passiert und wenn im Kontext deutlich wird "Ich hab einfach keinen Bock deinen doofen Namen richtig auszusprechen". Aber das ist eben nicht nur in einer Richtung möglich. Zudem habe ich auch mitbekommen, dass es Menschen, die wenige andere Sprachen gelernt haben sehr schwer fällt, sich an die anderen Klänge und ggf. Buchstaben bzw. deren Aussprache zu wagen. Da spielt dann manchmal eine gewissen Scham eine Rolle. Das kenne ich von meiner Großmutter, die nie eine Fremdsprache gelernt hat und die schon englische Namen von guten Freund*innen meiner Familie nie richtig auszusprechen gelernt hat, die Personen aber sehr gerne mochte. Manchmal kann man auch auf Grund der eigenen Muttersprache bestimmte Vokale oder Konsonanten so gut wie gar nicht formen. Z.B. wenn man einen Nachnamen mit Ö hat und die arabischstämmigen Schüler*innen daraus immer ein "o" machen, weil sie aus dem Arabischen kein "Ö" kennen (das ist mir früher immer passiert, als ich noch meinen Mädchennamen trug). Ich hatte umgekehrt immer Probleme mit dem arabischen "´Ayn", für das wir im Deutschen keine Entsprechung haben und trotz sieben Jahren Arabisch an der Uni und Aufenthalten in arabischen Ländern dürfte mein "´Ayn" sich für Muttersprachler*innen immer noch seltsam anhören. Abschließend habe ich sogar erlebt, dass Jugendliche, deren Eltern zugewandert waren, die aber selbst in der BRD aufgewachsen waren "Bernhard" für einen Frauennamen hielten.

  • Korrekte Sprache wird überbewertet. Und die "Lern erstmal richtig Deutsch,, Türkisch, Hindi, Englisch or Whatever" Fans sind doch alles nur Nationalisten.

    • @Rudolf Fissner:

      Eine enge Freundin von Melissa Eterittge

      • @Joba:

        Gehört zu der obigen Frage

  • Also Daenerys Targaryen kann ich nach dem ich es etwa 2000 mal vorgesagt bekommen habe richtig aussprechen. Bilde ich mir zumindest ein.



    Die weiter unten genannte Daenerys Targayren dagegen kann ich aus dem Stehgreif nicht fehlerfrei aussprechen. Naja, vielleicht doch, ich weiss es einfach nicht.



    Das ist menschlich.



    Selbst mein deutscher Nachname, der keine Stangenware ist wird oft nicht meinen Wünschen entsprechend ausgesprochen.



    Wer sich einen ganzen Artikel über verhunzte Namen echauffiert und unterschwellig Rassismus unterstellt, sollte dann wenigstens im eigenen Artikel das schöne Beispiel Daenerys Targayren richtig schre oder nochmal darüber nachdenken.

  • Eigentlich erwartet die Autorin eher, dass man sich mit fremdsprachiger Rechtschreibung auskennt. Der Name Melissa ist dank Stars wie Melissa Etheridge längst in Deutschland eingebürgert. Wenn er mit nur einem S geschrieben wird, denke ich ganz naiv, dass sich das auf die Aussprache auswirkt. Der angeprangerte Fehler unterläuft mir nicht aus Ignoranz oder Böswilligkeit, sondern schlicht aus Unkenntnis fremder Schreibweisen. Wäre die Hinzufügung eines weiteren Buchstabens für die Autorin wirklich ein Identitätsverlust? Ich kenne eine Frau, die die ungarische Schreibweise ihres Vornamens Szilvia einfach ohne darunter zu leiden in Sylvia abgeändert hat, weil sie die falsche Aussprache hierzulande satt hatte.

  • Einerseits ist es richtig, was in dem Artikel geschrieben ist: es hat mit Rassismus zu tun, wie mit den Namen umgegangen wir.

    Andererseits ist es auch ein praktisches Problem. Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, können meinen Vornamen oft nicht aussprechen. Bei "Ulrich" brechen die sich fast die Zunge. Das ist kein böser Wille. Wenn ich z.B. in Portugal leben würde - ich weiß nicht, ob ich meinen Mitmenschen dort meinen Namen zumuten würde.

    • @Ulrich Stähle:

      welche der drei Aussprachen von Ulrich im Link de.forvo.com/word/ulrich/ ist denn die richtige? :-) Wird das auf Ul oder auf Rich betont?

    • @Ulrich Stähle:

      Kenne das Problem. Sagen Sie mal "Joachim" auf Französisch!

  • 9G
    93232 (Profil gelöscht)

    Gute Frage. Ist als Zitat angebracht, also kann sich die Autorin gut rausreden.



    "Um es mit den Worten einer klugen Person aus dem Internet zu sagen: Wenn ihr Daenerys Targayren aussprechen könnt, könnt ihr auch unsere Namen richtig aussprechen."



    Vermutung : Wir = BPoC, Ihr = Kartoffeln

    • @93232 (Profil gelöscht):

      Daenerys Targayren



      Weil ich mich nicht für das entsprechende Genre interessiere, habe ich auch keine Ahnung, wie dieser Name ausgesprochen wird. Kann jemand bitte eine möglichst nahekommende deutsche (meinetwegen auch englische) Umschrift anbieten?

      • 9G
        93232 (Profil gelöscht)
        @Joba:

        de.wikipedia.org/wiki/Valyrisch



        "Folglich wird Daenerys Targaryens Vorname von den Darstellern in Game of Thrones allgemein [dǝ.ˈnɛː.rɪs] ausgesprochen."

        • 9G
          93232 (Profil gelöscht)
          @93232 (Profil gelöscht):

          de.wikipedia.org/w...netisches_Alphabet



          ... das sind dann 3 Silben ( "." ist das Silbentrennzeichen, die mittlere ist betont ( "'" ist das vorangestellte Betonungszeichen ), die Vokale sind ein kurzes unbetones e ( wie der Artikel "a" im englischen ), ein langes e und ein kurzes i. Soweit ich das theoretisch erschliessen kann jedenfalls :D geschrieben in deutsch also vielleicht "Deneris" mit kurzer unbetonter erster und betonter zweiter Silbe.

      • @Joba:

        Das geht nicht. Die aus dem Fernsehen heisst Targaryen.



        Keinen Schimmer wie man Targayren ausspricht.



        Da müssen Sie die Autorin fragen.

    • 9G
      93232 (Profil gelöscht)
      @93232 (Profil gelöscht):

      Nachtrag: das war eine Antwort auf @RRUNKEL

  • Wer ist "Ihr" und wer ist "Wir"?

  • Ja, es ist nicht so einfach, einem fremde Namen zu erlernen bzw. wenigstens richtig auszusprechen.



    Das zeigt schon die Tatsache, dass etliche Rundfunkmoderatoren, selbst der regionalen Sender, dreißig Jahre nach der Deutschen Einheit, es immer noch nicht vermögen, Städte- und Ortsnamen Ostdeutschlands korrekt wiederzugeben.



    Markante Beispiele: Magdeburg, Lehnin, Groß Kreutz.

  • Ok. …a weng für Jim Hawkins Vertell:

    Bin mit einem plattdütschen - ursprünglich keltischen Nachnamen gesegnet. Den allerdings ein Holländer mühelos aussprechen kann.



    Ansonsten aber - ob Sachsen-Anhalt Balin oder Rheinland - Gröööll.



    &



    Als ich mal Grüßaugust beie bundesweiten Richterfortbildung war - Sprach der kluge Vorträger ( & u.a. auch Sprach/Sprech-Erzieher) - meinen Namen derart feinsinnig korrekt aus.



    Daß selbst ich drob lachen mußte & die Kollegen - bis auf die Nordlichter - durch die Bank - Sich stutzend kurz fragten - Wer? - Ach er - Ach der …….🥳

    kurz - Ich freu mich schmunzelnd bis heute über jede neue Variante.



    &



    Da ist kein Mangel. Bestell ich doch tel. meine Wurzelstange tonn Wochenend vör & das Bäckererfachverkäuferinnen Personal wechselt schon mal.



    & Däh!



    Morgens in der Bäckerei - 😱 -



    m.youtube.com/watch?v=CLXe1tzD4o4

    unterm——-



    Grüße gehen natürlich auf Wolke 9 an Harry Rowchet.

  • 9G
    93232 (Profil gelöscht)

    "was es noch komischer macht, dass Österreicher*innen mich ständig Melisa wie Lisa nennen. [...] Sie erfinden lieber einen Namen, der nicht existiert, als meinen einfach richtig auszusprechen."



    Vielleicht liegt das ja daran, dass die Österreicher*innen der Autorin den Gefallen tun wollen, den Namen richtig auszusprechen. Sie können ja erstmal nicht wissen, dass es sich nicht um einen ihnen unbekannten Namen "Melisa mit Rose-S" handelt.

    • 9G
      93232 (Profil gelöscht)
      @93232 (Profil gelöscht):

      Nachtrag : ich verstehe den Unmut der Autorin darüber, ständig falsch benamst zu werden. Aber gerade die Sache mit dem "Melisa mir Rose-S" passt irgendwie nicht zu der von Ihr weiter ausgeführten Identitätsanerkennungsverweigerung



      "Indem man Migrant*innen auf klassisch deutsche Namen wie „Susi“ umtauft [...]"



      Gerade dass ein ungewohntes Schriftbild nicht sogleich zwangsassimiliert wird, könnte man ja auch positiv als Versuch werten, die Identität der so Benamsten zu würdigen.

  • Als " Migrant " möchte ich eins klarstellen. Sie sprechen nicht für uns alle! Natürlich erwarte ich dass jemand meinen Namen, den weder deutscher noch türken sprechen kann, zumindest versucht richtig auszusprechen. Aber wo in meiner polnischen Familie und in meinem migrantischen Umfeld, so viele kaum deutsch sprecgen obwohl sie seit jahrzehnten hier leben, verlange ich nicht dass die deutschen abends noch unsere Namen lernen! Wie peinlich wäre es?

  • Lösungsvorschlag für Schriftliches: in den USA habe ich gesehen, dass unbekannte Namen in Klammern in einer Art Lautschrift in Grossbuchstaben geschrieben wurden, z.B. Elisha (EE-LY-SHA). Ins Deutsche übertragen: Melisa (MELL-ISSA). Viel Glück!

    • @Katrina:

      In vielen slawischen Sprachen, vor allem denen, die kyrillisch nutzen, wird die "korrekte" Rechtschreibung von Namen komplett ignoriert und sie den heimischen Regeln unterworfen. Der im Balkankrieg von den Serben gefangengenommene US-Soldat Steve Creek hieß in Serbien einfach "Stif Krik".

  • Und wieder dürfen die Meiers, Müllers und Schulzes (und überhaupt die alten weißen Männer) sich schlecht fühlen, diesmal weil sie Schwierigkeiten mit der Aussprache der Namen von Menschen mit Migrationshintergrund haben. Haben Sie einmal beobachtet, wie wenig man sich ausgerechnet im größten Einwanderungsland der Welt, den USA, um die ursprünglichen Aussprachen der Einwanderernamen schert? Trotzdem waren die meisten stolz, dort angekommen zu sein.

    • @Haggi:

      Es geht nicht um Schwierigkeiten mit der Aussprache (wer z.B. das "R" nicht rollen kann, kann es halt nicht), sondern um Desinteresse, verbunden mit Chauvinismus (das ist es nämlich spätestens dann, wenn deutschsprachige Kolleg*innen und "Freund*innen" Klischeenamen oder deutsche Namen vergeben).

  • Die Moderation: Kommentar gelöscht, bitte bleiben Sie sachlich.

  • Stefan Matysiak , Autor*in ,

    Die Kolumne vermischt zwei Themen, nämlich 1. das Umbenennen und 2. die falsche Aussprache. Ersteres finde ich ja auch skandalös. Die falsche Aussprache werfe ich selbst keinem vor. Als polnischer Migrant in vierter Generation ist mein Name längst eingedeutscht. Statt polnisch "tischack" werden zwei meiner Namenssilben längst "tüsiak" ausgesprochen. So ist eben die deutsche Aussprache, und ich kann da gut mit leben.







    Und wenn mir jemand eine falsche bzw. unerwünschte Aussprache korrigiert, dann merke ich mir das.

    Mich allerdings anzumotzen, weil ich ohne Hilfe nicht weiß, wie ein fremdsprachiger Name ausgesprochen wird, halte ich für eine Unverschämtheit.

  • Ich befinde mich oft in der Situation, dass ich Namen nicht richtig aussprechen kann. Der Umstand, dass ich meinem Gegenüber dadurch auch ein Stück Identität abspreche, macht mir schon lange zu schaffen. Ein Nachfragen ist oft zu umständich und unbeholfene Namenssprechübungen bestimmen in meiner Erwartung wahrscheinlich auch dem Alltag der Personen.

    Das Problem habe ich beim Lesen der unbekannten Namen und aber auch beim Hören eines neuen Namens in mir unbekanntem Dialekt.

    Kennt jemand gute Quellen wo man die verschiedenen Aussprachen lernen kann?

    • @Mehl:

      Ich denke, es ist gar nicht so schlimm, nachzufragen. Gerade damit zeigt man doch Interesse am Gegenüber.

      • @DaW:

        Nee, das geht nicht, weil man damit wieder zeigt, dass irgendwas anders ist. Sprich, diskriminiert.

  • Also ich komme ja nun aus einem Dialektgebiet, das stimmhaftes und stimmloses s praktisch nicht unterscheidet und umgebungsabhängig als Allophone behandelt. Deswegen habe ich Melisa bestimmt schon oft falsch ausgesprochen. Aber dass ich jemandem damit seine Identität geraubt hätte? Sorry, bestimmt keine Absicht! Weltweit gibt es, vorsichtig geschätzt, um die 100 distinkte Konsonanten. Hut ab vor jedem, der die alle drauf hat!

    • @th60:

      TH60: ich musste zwar nachschauen, was ein Allophon ist, aber deswegen und trotzdem hat Ihr kurzer Kommentar mir wirklich Freude bereitet. Und dabei bin ich bemüht, habe einmal vergeblich versucht, Llamtés zu lernen, die Sprache der Wichi in Nordargentinien... Sind wir Deutschen großzügiger, weil wir uns immerzu bemühen, richtig auszusprechen? Andere Völker juckt das weniger, sind sie jetzt respektloser Zugezogenen gegenüber?

  • "Ist es wirklich so schwer, die richtige Aussprache zu lernen?"



    Ja, ist es. Ich ich lasse mir Namen so lange vorsagen und wiederhole sie, bis ich es richtig mache. Das kann manchmal etwas dauern. Aber ich finde es besser, das direkt zu Beginn einer Bekanntschaft zu machen. Ich finde wichtig, dass ich Personen nicht mit einem falschem Namen anspreche...wäre mir ziemlich peinlich, weil es immer ein Zeichen von Desinteresse ist (genauso wie den Namen zu vergessen). Zudem ist es schwerer einmal Gelerntes zu überarbeiten.

    Zu dem Text der folgte: Wenn jemand einen beleidigenden/abwertenden Spitznamen bekommt, ist das sehr traurig und verletzend. Ich verzichte ganz auf Spitznamen, denn:



    1. Spitznamen sind eine Gradwanderung (wie man auch an den Bsp. im Text gut sehen konnte).



    2. Ich selbst möchte auch nicht mit einem Spitznamen angesprochen werden.



    3. "Unsere Eltern haben sich etwas dabei gedacht, als sie uns unsere Namen gegeben haben. Oft steckt dahinter eine Geschichte, eine tiefere Bedeutung."

  • Meine Mutter schaut gern "Die Küchenschlacht" und weil ich sie pflege, schaue ich die Sendung auch gelegentlich.

    In dem Format kochen Hobbyköche, angeleitet von einem Spitzenkoch gegeneinander und am Ende bewertet ein anderer Spitzenkoch die Ergebnisse.

    In einer Sendung war Alfons Schuhbeck der Moderator, Ali Güngörmüş der Juror. Als es ans bewerten geht, begrüßt Schuhbeck Ali Güngörmüş korrekt, worauf dieser sagt:

    Mensch Alfons, das hat jetzt nur sieben Jahre gedauert, bis Du meinen Namen richtig auszusprechen gelernt hast.

    Schuhbeck brummelt irgendwas und schaut belämmert.

    • @Jim Hawkins:

      Ich bin kein grosser Schuhbeck-Fan. Die Reaktion, so wie geschildert, von Ali Güngörmüş finde ich dennoch schade, man hätte hier auch eine Brücke schlagen können.

    • @Jim Hawkins:

      Ich bin kein grosser Schuhbeck-Fan. Die Reaktion, so wie geschildert, von Ali Güngörmüş finde ich dennoch schade, man hätte hier auch eine Brücke schlagen können.

      • @GCG:

        Jetzt fällt mir der Punkt erst ein.

        Nachdem Schuhbeck ihm sieben Jahre lang den Respekt verweigert hat, soll Ali Güngörmüş ihm eine Brücke bauen?

        Ich denke mal, das kann es nicht sein.

        • @Jim Hawkins:

          Wie gesagt, bin kein großer Schuhbeck-Fan und finde ihn auch oft peinlich. Aber das ist eine Annahme, dass er keinen Respekt bekommen hat. Ich war nicht dabei und kann das nicht beurteilen. Das wurde sicher auch nicht im Fernsehen ausgetragen. Grundsätzlich finde ich es dennoch schade, wenn man Menschen vorführt, die (ausnahmsweise) mal was richtig machen.

      • @GCG:

        Sie meinen, er hätte verschweigen sollen, dass Schuhbeck seinen Namen jahrelang falsch ausgesprochen hat?

        Um so etwas zu tun, muss man doch entweder gehässig sein oder gleichgültig oder beides.

        Ich meine, Güngörmüş ist jetzt ja nicht der Zungenbrecher vor dem Herrn.

        Und ich finde es eigentlich gut, dass Ali Güngörmüş diese Problematik in ein Format hineingetragen hat, in dem diese ansonsten nicht stattfindet.

        Das ist eine kleine Grenzüberschreitung und diese können ganz fruchtbar sein.

        • @Jim Hawkins:

          Wissen Sie, wie man Schuhbeck richig ausspricht? Die Frage ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Aber im Hochdeutschen spricht man das total anders aus als im Bayerischen. Es gibt im Bayerischen keine Umlaute, vielleicht daher tatsächlich schwierig für Alfons (Fonsi Schuabegg). Auch das kann ich von der Ferne nicht beurteilen. Das ist mir zu viel Interpretation.

          • @GCG:

            Zu viele Interpretationen also.

            Dabei dürfte es in diesem Rahmen kaum einen vergleichbaren Fall geben, der derart offensichtlich ist.

            Ein zutiefst deutscher und bayerischer Spitzenkoch spricht notorisch den Namen eines türkisch-stämmigen Spitzenkochs falsch aus.

            Und nicht andersherum.

            Honi soit qui mal y pense.

  • Grundsätzlich finde ich es schlimm, wenn man Menschen gegen ihren Willen umtauft und jede Person weltweit kann sich bemühen, Namen landestypisch auszusprechen. Da ich viel international unterwegs bin, ist aber auch ein vermeindlich einfach auszusprechender (deutscher) Name wie Gabriele (Gabi), Andrea (Andi), Angelika (Geli) oder Martin ebenfalls ein Problem. Die ersten beiden sind in Italien Männername, damit geht es schon los. Martin, deutsch ausgesprochen, ist in Frankreich eine Frau... und und und. Es gibt Tausend und ein Beispiel. Meinen Sie ein Amerikaner/Engländer spricht Andi oder Florian richtig aus? Ich kenne keinen. Den Namen Gabriele z. B., spricht man lediglich in Deutschland richtig aus, in spanisch sprechenden Ländern wird das zu Gabriella. In Österreich/Bayern zu Gaberl und Martin zu Martl, Babette zu Betty. Eine Aloisia wird zur Luzi, Thomas wird zu Dammei, da muss man sich auch überlegen, ob man sein Kind so nennen mag. Dann doch vielleicht lieber Salaheddine? Gabi, Andi & Co. werden im frankophonen Afrika zu Gabiii, Andiiiii & Co. C'est la vie. Solange es dabei nicht diskriminierend und abfällig wird, sehe ich darin auch kein großes Problem.

  • Das ist z.B. bei Journalisten schon dann anscheinend zu viel verlangt, wenn der portugiesische Minister Centeno so ausgesprochen wird als wäre er Italiener. Nicht einmal diese kleine Mühe macht man sich, wie dann erst bei deutlich "anderen" Namen als unsere.

    • @joaquim:

      Lech Wałęsa ist/war (zu seinen politisch aktiveren Zeiten) auch so ein Beispiel. Da spielt dann noch mit rein, dass er schriftlich erst zu "Walesa" germanisiert und dann entsprechend ausgesprochen wurde.

      Die Sonderzeichen sind eh ein Thema für sich, die in einem Großteil der Medien schlicht weggespart werden. Und ich habe den Eindruck, dass man da slawischen Sprachen gegenüber nachlässiger ist als mit romanischen (also als westlich wahrgenommenen) Sprachen.

  • Nachvollziehbares schwieriges Thema, aber, das ist zumindest meine Sicht, im Artikel schlecht angepackt.

  • 0G
    09139 (Profil gelöscht)

    Recht haste!



    Manche wollens einfach nicht oder sagen die Namen mit Absicht falsch, weil es ja sooo schwer ist etwas korrekt auszusprechen und soooo lustig, einen anderen Namen zu verwenden.



    Das sind dann auch die, die unheimlich Probleme haben, das N-Wort nicht mehr zu benutzen. Denn: das war doch schon immer so und die Rapper machen's doch auch usw usf.



    Einfach extrem dumm , arrogant , unempathischund und beschränkt von diesen Leuten.



    Die wollens dann auch nicht ändern, selbst wenn man sie aufklärt und erklärt, wie der Name korrekt ausgesprochen wird. Ich verachte solche Leute.

    • @09139 (Profil gelöscht):

      Was ist ein N-Wort?

      • 9G
        93232 (Profil gelöscht)
        @Saber Baser:

        Die Moderation: Ihre Hilfsbereitschaft in allen Ehren, aber Kommentar entfernt. Es gibt ja einen Grund, es eben nicht auszuschreiben.