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Kemmerich und ein anderes SturmtiefExtreme indoor nazivergleiching

Das Desaster in Thüringen lässt sich auf viele Arten lesen – kaum eine davon ist uneingeschränkt positiv. Und auch sonst ist es eher windig.

Man würde ihr eine Duldung von R2G zutrauen Foto: ap

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Sabine.

Und was wird besser in dieser?

Sabine.

Die AfD-gestützte Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten von Thüringen vergangene Woche war ein Eklat, der weit über Erfurt hinaus für Schockwellen gesorgt hat. Was wird uns davon über die Woche hinaus erhalten bleiben?

Eine Demarkationslinie. Keine demokratische Partei kann sich eine Mehrheit aus Stimmen der AfD basteln. Zwei Lesarten: 1. „Damit das mal klar ist“ und leider 2. „Daran wird ab sofort gefräst“. Am Tag der Schande schäumte sogleich die deutsche Lieblingssportart auf – extreme indoor nazivergleiching. Vor Ramelow postete der Liberale Guy Verhofstadt (16.24 Uhr) das Höcke-Locke-Hitler-Foto, vor ihm Jürgen Kuttner (15.07 Uhr).

Merkels Pragmatismus wäre zuzutrauen, R2G in Thüringen hinzunehmen. Doch das ist Spekulation

Die Vergleiche mögen humpeln, das tat Goebbels auch, doch jedenfalls laden sie ein, auch zu Ende zu vergleichen: 1930 in Thüringen wie 1933 in Berlin gab es keine Empörungswelle, die den Spuk binnen 24 Stunden beendete. Die Vorsitzenden von Union und FDP nahmen weidlich Gelegenheit, sich öffentlich zu demolieren. Künftig steht unter jedem Lindner-Foto in Zaubertinte der Schokoriegelspruch „Kann Rückstände von Nüssen enthalten“. Aber wirklich nur ganz wenig. Und AKK weiß nun, dass ihr Thron auf zwei Merkelfüßen steht.

Einem dritten „mir doch egal“ und dem vierten „mit der AfD geht’s auch“. Unterm Strich: sehr dumm, das Wirken der Havarie-Systeme nun zuzupflastern mit todessehnsüchtiger Verliebtheit in Höcke, wie es etwa der neue Spiegel-Titel tut. Es mag unschicklich sein, doch: Diese Woche hat der Konsens der Demokraten in Deutschland funktioniert und gewirkt. Man muss es leise sagen, denn siehe 2. Daran wird ab sofort gefräst.

Angela Merkel setzt den Ostbeauftragten Christian Hirte vor die Tür. Er hatte Thomas Kemmerich öffentlich zu dessen Wahl gratuliert. Ist der Rauswurf mehr als eine freundliche Geste in Richtung des Koalitionspartners SPD?

Nachfolgerin AKK hatte versprochen, dieses Jahr keine Büttenrede zu halten. Doch was war das dann? Die Vorsitzende der CDU (21 Mandate in Thüringen) fordert SPD und Grüne (13 Mandate in Thüringen) auf, einen neuen MP-Kandidaten zu liefern. Wahlweise sagt AKK damit „Bei uns gibt’s halt nur Pfeifen“ oder „Ich weiß auch nicht so genau, wessen Vorsitzende ich gerade bin“. Ausgangspunkt des Desasters war, dass Mohring und seine Erfurter Gang zweimal versuchten, die Bundes-CDU in die Duldungsstarre gen links zu tanzen.

Nirgends ist die Linke zumutbarer als unter dem christlichen Westgewerkschafter Ramelow, nirgends die AfD ekliger. Mag sein, dass Ostfrau Merkel weniger Illusionen hat über die Blockflöten bei CDU und FDP (ehedem CDU, Bauernpartei, LDPD, NDPD). Warum sollte sich die Linke nicht eben so weit von der SED entfernt haben in 30 Jahren? Merkels Pragmatismus wäre zuzutrauen, R2G in Thüringen hinzunehmen. Doch das ist Spekulation. Der Rauswurf Hirtes hingegen darf neben der notorischen Cleverness – eine plausible Forderung der SPD weniger – auch als Teil eines Merkel-Vermächtnisses gelesen werden. Wie auch das Zauberwort, das sie aus Afrika zurief und das dann wording des Koalitionsausschusses wurde: „unverzeihlich“.

Bei einem Fußballspiel gegen Schalke 04 wurde Hertha-Spieler Jordan Torunarigha rassistisch beleidigt. Weil er wütend reagierte, kassierte er eine rote Karte. Was war da los?

Der Schiri war der Meinung, „nichts gehört zu haben“, als er von Torunarighas Sportchef Preetz auf „rassistische Rufe und Laute“ hingewiesen wurde. Oder er dachte, es sei nur wieder der Schalker Präsident.

Der Schweizer Pharmahersteller Novartis verlost 100 Behandlungen mit Zolgensma, einem Mittel gegen eine tödliche Muskelkrankheit bei Säuglingen und Kleinkindern. Eine einzige Dosis soll mehr als zwei Millionen Dollar kosten. Ist das nun großzügig oder unethisch?

Geiselnahme. Das Medikament ist nicht zugelassen, und es gibt ein wirkungsähnliches älteres, das die Betroffenen allerdings öfter bekommen müssen. Novartis will den Markt an sich reißen und die bei nicht zugelassenen Medikamenten übliche Härtefallregelung überspringen. Da müssten sie es auch billiger abgeben, wenn ein Arzt die Gabe auf seine Kappe nimmt. Doch offenbar will der Pharmakonzern vor allem den absurd hohen Preis durchsetzen. Der wird mit „Entwicklungskosten“ begründet, und hey, wenn ich für jeden Film die Entwicklungskosten dem Kunden, also Sender, reindrücken könnte, wäre ich Krösus und ein paar Sender pleite. Vor alledem warnte ein Verbund aus Kassen und Kliniken bereits im November Gesundheitsminister Spahn – der sich anschloss und von Novartis eine Gratis-Vergabe forderte. Das hat er nun davon.

Am 13. Februar ist der von der Unesco ausgerufene World Radio Day. Was hören Sie gerne im Radio?

Wie der große Helmut Lehnert sagt: „Die Zukunft des Radios liegt in seiner Vergangenheit.“ Also überall, wo nicht die achtzigsten der neunziger, der richtige Verkehrshinweis-Mix und stattdessen originelle Musik und leidenschaftliche Wortbeiträge laufen.

Und was machen die Borussen?

Ich kann dieses Gewechsel und haltlose Kaderwürfeln nicht mehr sehen. Könnte der Trainer mal elf Spieler drei Spiele durchspielen lassen?

Fragen: hdl, lme

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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9 Kommentare

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  • Zu dem Medikament: ja, der Preis ist lächerlich, jedoch: wenn wir Pharmafirmen zwingen Medikamente zu verschenken, werden sie wenig Lust auf Forschung verspüren.

  • "wenn ich für jeden Film die Entwicklungskosten dem Kunden, also Sender, reindrücken könnte, wäre ich Krösus und ein paar Sender pleite"-



    Herr Küppersbusch, das kapier ich jetzt grad nicht. Wer hat denn dann die Entwicklungskosten Ihrer Filme gezahlt, wenn nicht der Auftraggeber? Produktplatzierung? George Soros? Sie selber und schreiben deshalb aus purer Pleite diese Kolumne?

  • Da Her Küpperbusch ein alte "Infotainment" Hase ist, der ehrlicherweise das POLITSATIREFORMAT offen hier betreibt und die ARROGNARZ der SPD "InformationsPERSONAlpolitikMACHTam eigenen Sndungsabsetzleib erfahren hat, das "orgnal" Schmankerl zu die INTEKTUELLEN und die Macht mit Geoebbels.



    Lezr dir "Mephisto" von Klaus Man gelesen odr die Verfilmung gesehen haben sind da im Vorteil!

    Das ultrtadummdreiste "Zerstoren der Vernunft" mit MILTARSIERUMNG ALLRE KONFLIKTE und trotzdem Wahlerfolge feiern der Nazi ein sauber Widerlegung der ZÄHLDEMOKRTIE als System, hat Goebbels wie immer DEMÜTIGEND den "geschmäcklirisch "Buh"! rufenden UIntekruellen demonsteiet.

    Hitler ist von München, der Hauptadt d Bewgung München nach Berliun umgezogen ,wo er DEN DIKTATOR GIBT!

    Kann schon sein dass die Überstzung zu"Der große Diktator" des Chaplin Films als Racheansatz damit zusammenhängt.

  • Der ganze AfD-Thüringen-Scheiß geschenkt. Ich bin jedenfalls am 28. März im Kleinod des ost-ostwestfälischen Höxters (Nahe dem durch die AfD mittlerweile missbräuchlich verschmutzten Weltkulturerbes Kloster Corvey) dabei, wenn es gegen Bernd 8^) Höcke im AfD-Wahlkampfauftakt geht!

    Allerdings GROSSER Widerspruch bzgl. des Borussen-Absatzes am Ende! Immerhin gibt es ZWEI Vereine in der BuLi, die den preußischen Vornamen tragen. Ok, manche mögen von Ost-Holland schwadronieren, aber >meine< „Borussia Verein für Leibesübungen 1900 e.V.“ (eingeweihte sprechen auch einfach von „Gladbach“...) haben nachvollziehbare Kaderaufstellungen – und seit 1999 mit DEM Präsidium finanziell alles in einer Hand (Stadion, Bratwurst & Bier ;-) ).

    Im Gegensatz zu den Jungspunden (Gründung 1909...) von Dortmund (die 2004/2005 ÜBERAUS knapp einer Insolvenz entgangen waren - Anm.: Am 8.10.2004 stand ein MINUS von 118,8 Mio. Euronen in den Büchern...), die seit ein paar Jahren auf kurzfristige teure und z.T. wunderliche Wunderknaben setzen („Auba“, Alcácer, Haaland (?)). Also: watch out!

    • @DerGermane:

      Neu hier.^¿* - Tacitus & Co - Vade retro -



      &



      Nix gegen Fohlen auf Grünflächen am Niederrhein - des verborgenen Wortes. Aber - Küppi is aus DO - 😱 -



      Get it? Fein. 🍺 - Wollnichwoll.

  • Jajaja. Was macht Ramelow eigentlich, wenn CDU und FDP ihn nicht, aber die AfD ihn wählt? Ist er dann auch mit „Hilfe der Faschisten“ ins Amt gekommen?

    • @TazTiz:

      Ramelow stellt sich doch nur zu Wahl, wenn er Garantien aus der "Mitte" bekommt.



      vier oder fünf CDU-Abgeordnete könnten aus der Fraktion austreten und Ramelow wählen. So hätte er seine Stimmen, die CDU ihren Unvereinbarkeitsbeschluss gewahrt. Haben sich die Wogen geglättet, könnten die "Abtrünnigen" wieder aufgenommen werden. Trickserei, ja. Aber wie will man sonst den Spielchen der AfD begegnen?

    • @TazTiz:

      Ich vermute mal, dass ER die Wahl dann nicht annehmen wird?!

      • @DerGermane:

        Wird die Wahl nicht annehmen, wenn es nicht auch ohne die Stimmen der "AfD" gereicht hätte.