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Pro und Contra WiderspruchslösungOrganspende als Standard?

Wolfgang Löhr
Kommentar von Wolfgang Löhr und Ariane Lemme

Der Bundestag stimmt in dieser Woche über die künftige Regelung der Organspende ab. Wie sollte sie aussehen? Ein Pro und Contra.

Ein Herz wird nur entnommen, wenn der Spender hirntot ist. Das ist extrem selten Foto: Imagezoo/getty images

JA,

d enn die Chance, als potenzieller Spender tatsächlich zum Spender zu werden, ist schon gering genug. Nur wer am Ende seines Lebens die Diagnose „hirntot“ erfährt, kommt als Spender infrage. Das ist extrem selten. Wenn also mehr Menschen potenzielle Spender wären, würde sich der Pool derer vergrößern, die tatsächlich Spender werden – und Menschenleben retten können. Ein simples Solidaritätsprinzip, das man als Mensch mit Mitgefühl nur gut finden kann.

Oder muss man es strikt ablehnen, wenn man es mit Artikel 1 des Grundgesetzes ernst meint? „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Der Satz ist so ziemlich das Beste an der Bundesrepublik, weil er sagt: Der Staat hat niemals Zugriffsrecht auf das Individuum. Das größere Gut darf er nicht über die Unversehrtheit des Einzelnen stellen.

Über die Frage, ob die jetzt zur Debatte stehende Widerspruchslösung schlicht nicht verfassungskonform ist, sollten Verfassungsrechtler streiten. Man sollte allerdings auch fragen, ob eine Widerspruchslösung tatsächlich schon ein Zugriff ist – oder lediglich ein Anstupsen des mündigen Bürgers, sich mit etwas zu beschäftigen, womit er sich nicht beschäftigen will. Oder ist das Nachdenken darüber etwa schon mehr an Solidarität, als wir uns als Gesellschaft abverlangen wollen?

Auch die Widerspruchslösung zwingt niemanden, seine Würde preiszugeben. Aber, das stimmt, mit ihr zwingt einen der Staat, sich mit dem eigenen Sterben zu beschäftigen. Verletzt das schon die Würde? Nein. Das Sterben gehört zum Leben dazu und es ist nicht Aufgabe des Staates, seine Bürger vor unangenehmen Wahrheiten zu schützen.

Richtig ist auch, dass die Diagnose „hirntot“ nicht gleichbedeutend ist mit „tot“. Verständlich ist also die Angst vor falschen Diagnosen oder vor Willkür. Aber die Gefahr besteht immer, wenn transplantiert wird. Wie bei allen medizinischen Fragen muss man auch hier beste Vorsorge vor Missbrauch leisten – durch gute Ausstattung der Entnahmekrankenhäuser etwa.

Und am Ende sollte niemand ­vergessen, dass er oder sie sehr viel wahrscheinlicher zum Empfänger als zum Spender wird.

Ariane Lemme

NEIN,

denn es ist mit unseren demokratischen Grundregeln nicht vereinbar, wenn der Staat seine Bürger nötigt, für Organspenden zur Verfügung zu stehen. Längst geht es bei der Debatte nur noch um Zahlen: Wie können wir erreichen, dass mehr Organe zur Verfügung stehen? Das scheint die absolute Prämisse zu sein. Kritik an den jetzt im Bundestag vorliegenden Anträgen ist nur noch zulässig, wenn sie sich diesem Ziel unterordnet.

Geht es nach dem Gesundheitsminister, sollen wir alle als potenzielle Organspender eingestuft werden, wenn wir nicht zuvor widersprochen haben. Die Angehörigen können im Falle einer bevorstehenden Organentnahme auch widersprechen, aber nur, wenn der potenzielle Spender sich zu Lebzeiten dazu geäußert hat. Man muss jetzt schon befürchten, dass diese Zusatzfrage eines Tages aus dem Gesetz gestrichen wird. Dann bleibt die reine Widerspruchslösung so, wie sie sich viele Transplantationsmediziner heute schon wünschen.

Die Frage, ob es mit Demokratie und Selbstbestimmung grundsätzlich vereinbar ist, einen Hirntoten zum Organspender zu machen, ohne dass er selbst zuvor eingewilligt hat, wird in den Hintergrund gedrängt. Auch die besondere Problematik des Hirntodkonzepts – ist der Mensch schon tot oder ist er noch im Sterbeprozess? – wird außen vor gelassen.

Die Stimmung im Lande ist mittlerweile so, dass jeder als unsolidarisch angesehen wird, der sich gegen eine Organspende ausspricht. Das Recht darauf, Nein zu sagen, darf jedoch nicht infrage gestellt werden. Und begründungspflichtig darf das persönliche Nein niemals werden.

Bezüglich des Organspende-Registers wird häufig kolportiert, Menschen hätten Angst, sich dort eintragen zu lassen, weil sie befürchten, nach einem schweren Unfall nicht alle medizinische Hilfe zu bekommen: weil die Ärzte dringend einen Organspender brauchen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: So wie die Debatte geführt wird, muss man Angst haben, weniger gut behandelt zu werden, wenn der Arzt in der Patientenakte sieht, dass bei Organspende Nein angekreuzt ist.

Wolfgang Löhr

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Wolfgang Löhr
Redakteur
Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.
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52 Kommentare

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  • "Nein aber ich bin sicher Sie finden auch andere Mittel, sich für verantwortungsvolle Positionen zu disqualifizieren."

    Können Sie auch argumentieren, oder werden Sie grundsätzlich beleidigend, wenn Ihnen nichts mehr einfällt?

    Es hat nichts mit Disqualifikation zu tun, wenn sich jemand in einer Sache unsicher ist.

    Das ist allemal besser, als vorzugaukeln, ein Experte zu sein, obwohl man für alle sichtbar null Ahnung hat.

  • Ich war schon für die Widerspruchslösung als das noch ein progressives Projekt war - und ja: ich bin dafür dass man sich mit dem Thema rechtzeitig und ernsthaft auseinandersetzt. Dafür hat der Staat zur Not zu sorgen, das gehört zu seinen Fürsorgepflichten. Und wer dann für sich zu dem Ergebnis kommt dass er mit Organspende nix zu tun haben will, dessen Willen hat definitiv respektiert zu werden: Er kommt weder als Spender noch als Empfänger in Betracht.

    • @tom-pex:

      Wie halten Sie es mit Menschen die nicht als Spender geeignet sind? Die müssten dann ja auch rausfallen - das dürfte die Nachfrage dann auch ordentlich senken. Und wie ist es mit Blutspenden, kann dann nicht auch ein Blutspender der kein Organspender ist erwarten dass Blut nur an diejenigen ausgegeben wird, die selbst bereits Blut gespendet haben?



      Zu guter Letzt müsste noch gefragt werden ob man in diesem geschlossenen Spender-Empfänger-"Club" tatsächlich Gelder der Krankenkassen nutzen darf, oder ob die Transplantation und Vor- und Nachsorge aus eigener Tasche beglichen werden müssten.



      So schmissig diese "Nur wer gibt bekommt auch"-Version klingt, sie birgt doch viele Fallstricke.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wenn man tot ist, ist eine Erbschaftssteuer fällig. So kann man die Organspende betrachten.



    Wer das aus religiösen Gründen nicht möchte, kann widersprechen.



    Damit hat es sich.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Glücklicherweise hat der menschliche Körper auch in totem Zustand einen deutlich anderen Stellenwert als Geld, und genießt demzufolge auch einen besonderen Schutz. Den können Sie nicht ignorieren, von daher greift die Erbschaftssteuer hier nicht. Zumal die Erbschaftsteuer als Besteuerung eines Einkommens der Erben gerechtfertigt wird - auch hier sehe ich keine Parallele

  • Ein wirklich heikles Thema. Unterm Strich dennoch: Wenn jemand kein Organspendeausweis bei sich oder keine sonstige Zustimmung gegeben hat, dass er/sie "ausgenommen" werden darf, dann steht der betreffende Mensch, ob "nur" hirntot oder richtig tot, nicht als Organspender/in zur Verfügung.

    • @Jossi Blum:

      Oder eben doch. Genau das soll ja diskutiert werden. Apodiktische Festlegungen helfen da nicht weiter.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Was ist eigentlich vorgesehen, wenn ich mich nicht entscheiden möchte, weil ich mir nicht sicher bin? Werde ich dann als



    Nicht entscheidungsfreudig klassifiziert? Für den Staatsdienst oder Führungspositionen ungeeignet? Wo werde ich gespeichert? Wie wird mit meiner Unsicherheit umgegangen?

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Nein, aber die Wahrscheinlichkeit, als selbstbestimmt wahrgenommen zu werden leidet etwas. Bestimmen, ohne eine Wahl zu treffen geht nicht.

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Wenn sie sich nicht entscheiden können oder wollen, sind sie dann Organspender und dürfen ausgenommen werden. Genau deswegen soll es die neue Regelung, die hoffentlich gleich von Verfassungsgericht einkassiert wird, ja geben.



      Es sind zuwenig Menschen die sich für JA entscheiden und so kann man aus der breiten Masse Zwangsspender generieren.

      Meine Empfehlung:Erstmal widersprechen, dann ist man sicher, bis man dann eventuell eine andere Entscheidung trifft

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Nein aber ich bin sicher Sie finden auch andere Mittel, sich für verantwortungsvolle Positionen zu disqualifizieren.

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @jhwh:

        Als alter weißer Mann mit 72 wohl kaum , denn ich bin ja schon disqualifiziert und bald im Ofen. Aber ich will nicht klagen, ich musste nicht hungern und das bisschen Strahlentherapie, Chemotherapie und Operationen habe ich als Prüfung angesehen nicht als Kampf. Was ist eigentlich eine verantwortungsvolle Position? Bundeskanzler— Lokführer— Hochschullehrer— Krankenschwester?



        Gibt es obdachlose Organspender, und wenn ja, auch Obdachlose Empfänger?

  • Dass es Herrn Spahn nicht darum geht, Menschen ein längeres Leben zu ermöglichen, liegt auf der Hand. Noch nie kam von ihm die Forderung, Menschen aus Armut und Existenzangst zu befreien. Das aber würde das Leben von viel mehr Menschen um viele Jahre verlängern.

    • @Margit Englert:

      Die Menschen auf der Warteliste werden Das anders sehen.

  • "Was ist denn eigentlich mit den Spanierinnen und Spaniern los?

    Wenn man hier so im Forum liest, müssen die ethisch ja völlig auf den Hund gekommen sein."

    Vielleicht sind sie einfach nur schlecht informiert.



    Immerhin wird in Deutschland ja auch schwer daran gearbeitet, die Bevölkerung zu verdummen.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Aframus:

      Nö, in Spanien ist man tot wenn das Herz nicht mehr schlägt, in Deutschland wenn man keine Hirnströme mehr messen kann. Anders ausgedrückt, es gibt zu wenig Hirntote

      • @97287 (Profil gelöscht):

        Sie verbreiten Unsinn, Herr Rohm.



        Der Hirntod ist auch in Spanien das hinreichende Kriterium für eine Organentnahme. In Spanien, in England und in weiteren Ländern dürfen aber zusätzlich (!) auch unmittelbar nach dem Herzstillstand Organe entnommen werden. Das ist in Deutschland nicht erlaubt, weil man meint, eine sichere Todesdiagnose könne unmittelbar nach dem Herzstillstand nicht gestellt werden.

        • 9G
          97287 (Profil gelöscht)
          @jhwh:

          Dann dürfte kein Arzt mehr am Totenbett zu Hause den Leichenschauschein ausfüllen, da eine sichere Todesdiagnose unmittelbar nach dem Herzstillstand ja nicht gestellt werden kann. Umgekehrt in Spanien , England oder anderen Ländern dann sicher auch ein paar Nichttote unter das Skalpell der Transplanteure geraten.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Aframus:

      Na klar, die Bevölkerung wird verdummt, sie ist offensichtlich nicht in der Lage eigenständig zu denken.

      Außer Ihnen natürlich. Sie wissen Bescheid. Wie die das alles drehen.

      Weil, wir werden ja alle beschissen.

      Und das war es dann auch schon, Ihr übersichtliches Weltbild.

  • "Auch die besondere Problematik des Hirntodkonzepts – ist der Mensch schon tot oder ist er noch im Sterbeprozess? –"



    Die Frage ist falsch gestellt. Richtig würde sie lauten: Ist der Mensch tot oder zumindest im Sterbeprozess oder liegt er in einem tiefen Koma, aus dem er ins Leben zurückkehren kann? Es gibt etliche Berichte über Fälle, in denen Ärzte darüber nicht eindeutig entscheiden können oder wollen. Wenn der Mensch durch Gabe von Medikamenten, die die begehrten Organe schützen, möglichst schnell auf die Entnahme vorbereitet werden soll, wird ihm ohnehin keine Zeit gelassen dafür, dass sich sein Gehirn evt. wieder erholt.

    Was ist mit den Menschen, die die Organentnahme ablehnen, weil sie genau diese Befürchtung haben: dass ein tiefes Koma fälschlich als "Hirntod" diagnostiziert wird?



    Wenn der Hirntod als Todeskriterium anerkannt wird, gibt es vorgeblich keinen Grund, diese Menschen weiter zu pflegen. Man lässt sie sterben.

    Das heißt, zu befürchten ist, dass es bei der Diskussion um den unwahrscheinlichen Fall der Organentnahme um viel mehr geht: Die billige Entsorgung schwerstkranker Pflegebedürftiger mittels eines "vereinfachten" Todeskriteriums.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Was ist denn eigentlich mit den Spanierinnen und Spaniern los?

    Wenn man hier so im Forum liest, müssen die ethisch ja völlig auf den Hund gekommen sein.

    Oder sie sind total gleichgültig.

    Der ordentliche Deutsche will am Stück ins Jenseits, ungeimpft und ohne Einfluss des Geräte-Medizin-Terrors.

    Und natürlich, es verdient jemand an der ganzen Sauerei.

    Ganz anders als der Bäcker, der Schneider, die Autowerkstatt und der Schreiner.

    Die machen das alle umsonst.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Die Menschen stören sich nicht daran, dass die Entnahmeklinik der Transplantationsklinik eine Rechnung über Material und Personalkosten stellt, sondern den Extrapunkt für das Organ. Dieses Organ ist eine Spende und damit eigentlich Null Euro wert.



      Mit der Gesetzesnovelle könnte dieses Problem geschlossen worden sein.

  • Die niedrige Spendenquote in Deutschland (11,6) im Gegensatz zu der in Spanien (48,3) kommt woher? Ist es wirklich der Mangel an Spendenbereitschaft oder geringe Lukrativität der Entnahmekliniken?



    Die Quoten: taz.de/Organspende...ganspende+spanien/



    Die Lukrativität: taz.de/Hamburger-S...e-Gesetz/!5479829/

    • @Arne M:

      Es ist beides. Und es gibt mindestens noch einen dritten Grund: In Spanien sind auch Organentnahmen nach dem Herztod erlaubt.



      Gegen die Unterfinanzierung der Entnahmen wurde Anfang letzten Jahres schon ein Gesetz erlassen. Es hat offensichtlich Wirkung gezeigt, weil die Anzahl der Meldungen von potentiellen Organspendern sich in den letzten Monaten um 30% erhöht hat. Das reicht aber noch nicht um die Wartelisten leerzubekommen. Wir müssen die Lücke zwischen den 80%, die die Organspende befürworten und den 30%, die einen Spenderausweis haben, schließen.

  • 1+ für den Schlusssatz von Frau Lemme.



    Lediglich die Folgen von Passivität, Trägheit und Verdrängung werden bei einer Widerspruchslösung positiv für das Gesundheitssystem und das Befinden Vieler auf den Wartelisten.

    In gewisser Weise ist die Widerspruchslösung sicher eine Bevormundung. Da sie aber durch ein Kreuzchen und eine Unterschrift abgewendet werden kann, darf sie als verhältnismäßig einzustufen sein.

  • Wie wäre es damit: jeder darf bei einer Organspende live zusehen und erst dann entscheiden. Anders kann man nur anhand von Informationen aus bestenfalls zweiter Hand (Menschen, die es beruflich bedingt erleben oder erlebt haben) oder auf Grund von Werbung für Verwertung und gute Geschäfte entscheiden. Ach ja, und auf Grund von Appellen an die Nächstenliebe.

    • @bärin:

      Kann man sich bereits ansehen. Ich würde deinen Vorschlag um jede Operation erweitern, bevor man operiert werden darf. Bärenstark sowas.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @bärin:

      Ja und?

      Von mir aus kann man es live streamen, wie mir Organe entnommen werden.

      Das sieht wahrscheinlich so aus, wie bei manchen anderen Operationen, die Sie ohne zu zögern an sich vornehmen lassen würden.

      Haben Sie mal einen Gedanken daran verschwendet, auf welchem Niveau sich unser Gesundheitssystem befindet, etwa im Vergleich zu dem von Uganda oder Bangladesch?

      Abgesehen von der Elite wird da in solchen Fällen einfach gestorben. Aus die Maus.

      Und bei uns macht man ein Fass auf, als wäre Frankenstein der Chefarzt.

    • @bärin:

      Naja, zu so einem "Anschauungsunterricht" müsste dann wohl auch die Sterbebegleitung einer/s Nieren- oder Herzinsuffizienten gehören, die/der durch eine Organspende hätte gerettet werden können.



      Es scheint tatsächlich so, daß man früher glaubte, Details einer Organentnahme könnten potentielle Spender abschrecken. Das hat sich aber geändert. Wenn Sie z.B. beim "Stern" recherchieren, finden Sie ein Dossier zum Thema Organspende, in dem die Beschreibung und Bebilderung einer Entnahme eigentlich keine Wünsche mehr offen lässt. Daß der Vorgang nicht komplett gefilmt und ins Netz gestellt wird, hat wohl etwas mit Rücksichtnahme auf die Angehörigen der Spender zu tun.



      Gerüchte, daß man in Deutschland mit Organtransplantationen den Reibach machen kann, sind hartnäckig aber falsch. Transplantationszentren sind in öffentlicher Hand, 90 % der Transplantierten sind Kassenpatienten und die Medikamente für die Immunsuppression gibt es mittlerweile als Generika.

      • @jhwh:

        Schon dabei gewesen - es soll Leute geben, die anderer Menschen Organe einfach nicht wollen, ihrer eigenen Würde und der anderer zuliebe.



        Will allerdings jemand sterben, wird es schwierig. Gibt es noch Organe zu verwerten, sieht das schon ganz anders aus, dafür darf dann getötet werden.



        Ist ja toll, dass alle sozusagen umsonst arbeiten - freut mich, das zu lesen, glauben muss ich es nicht.

        • @bärin:

          Wie auch immer: Bei solchen taffen Worten heißt es dann, wenn die Stunde schlagen sollte, auf jeddn Fall konsequent bleiben und ohne Inanspruchnahme des korrupten Gesundheitssystems sterben.

  • ein klares nein.



    ich möchte unausgenommen abtreten.



    das gönne ich so auch jedem anderen.



    wenigstens normal sterben, wenn normal leben schon nicht geht.

  • Ein paar Kommentare zum "Nein":

    "Längst geht es bei der Debatte nur noch um Zahlen: Wie können wir erreichen, dass mehr Organe zur Verfügung stehen?"

    Nur Zahlen? Hinter jeder Zahl steht ein(e) Hoffende(r), der/die ein lebenswichtiges Organ braucht.

    "Das Recht darauf, Nein zu sagen, darf jedoch nicht infrage gestellt werden."

    Das tut doch niemand. Gerade die Widerspruchslösung ermöglicht doch ein "Nein".

    • @Haggi:

      "Nur Zahlen? Hinter jeder Zahl steht ein(e) Hoffende(r), der/die ein lebenswichtiges Organ braucht."

      Hinter jedem Organempfänger steht ein Spender, der nach der Explantation definitiv tot ist. Vorher jedoch nicht.

      "Das tut doch niemand. Gerade die Widerspruchslösung ermöglicht doch ein "Nein"."

      Um eine Entscheidung zu treffen, bedarf es einer gründlichen Information. Die Informationen selbst der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind völlig einseitig.



      Wie vielen ist klar, daß ein Organspender lediglich hirntot, aber nicht tot ist?



      Wer weiß schon, daß es beim Einschnitt in den Körper des Spenders zu Blutdruckanstieg und Abwehrreaktionen kommen kann?



      In der Schweiz ist daher eine Vollnarkose bei der Entnahme vorgeschrieben, da ein Schmerzempfinden nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann.



      Selbst die DSO empfiehlt 0,1-0,3 mg Fentanyl / 70kg Körpergewicht "zur Optimierung des chirurgischen Eingriffs"



      (DSO Kompaktinformation Hirntod und Hirntoddiagnostik; "Optimierung des chirurg. Eingriffs"; Neu-Isenburg 2003; Punkt 7; 7.2.1).



      Grundlegend ist, daß der Spender vor der Hirntoddiagnose frei von Schmerz- und Beruhigungsmittel sein muß, da diese die Diagnose verfälschen können.



      Das bedeutet im Umkehrschluß, daß der potentielle Spender, wenn der Hirntod nicht festgestellt werden konnte, u.U. allein zur Diagnostik massive Schmerzen haben kann.



      Fentanyl ist eines der stärksten Schmerzmittel. Auch darüber müssen Spender zu Lebzeiten aufgeklärt werden. Nur so können sie eine rechtlich verbindliche Entscheidung treffen!



      Ohne die Zustimmung des wahrheitsgemäß!!! aufgeklärten Spenders dürfen keine Organe entnommen werden.



      Die Realität allerdings spottet jeder Beschreibung!

    • @Haggi:

      Damit wird jeder ab 16 Jahren genötigt such jetzt augenblicklich zu entscheiden, entweder zu spenden oder sofort zum Amt zu rennen und zu widersprechen. So ist keine fundierte Entscheidung und Abwägung möglich sowas braucht Zeit.

      • @Mutter03:

        Es spricht nichts dagegen, zu widersprechen, solange man noch unentschieden ist. Das ist jedem/r selbst überlassen

  • Ich bin der Meinung, dass die Organe immer verwendet werden sollten. Wer widerspricht, sollte allerdings keinen Anspruch mehr auf fremde Organe haben.



    Es leiden Tag für Tag so viele Menschen grundlos. Wir sollten dem ein Ende setzen!

    • @Campai:

      "Es leiden Tag für Tag so viele Menschen grundlos. Wir sollten dem ein Ende setzen!"

      Es gibt unendliche viele Möglichkeiten, das Leiden von Menschen jeden Tag zu verringern.



      Das kann man - tatsächlich! - sogar schon zu Lebzeiten.



      Man muß nicht erst dafür sterben.

  • Was ist mit der Würde derer, die auf ein Organ teils jahrelang warten und während dieser Phase abhängig von Maschinen und Medikamenten sind.



    Und ununterbrochen gezwungen werden werden sich mit ihrem eigenen Tod auseinanderzusetzen.

    Ist es da von den Gesunden wirklich zuviel verlangt sich einmal mit Ihrer Meinung zu diesem Thema zu beschäftigen?

    • @Hynce:

      Wie gehen Sie denn mit dem Leiden derer um, die zwar kein neues Organ benötigen, aber nicht einmal sauberes Trinkwasser oder genug Nahrung haben oder ein menschenwürdiges Einkommen?

      Ist es da von den Gesunden und Wohlhabenden, zu denen wir hier zählen, zuviel verlangt, sich damit auseinanderzusetzen?



      Kaufen Sie Fair-Produkte? Verzichten Sie auf Schokolade, weil Kakaobohnen überwiegend durch ausbeuterische Arbeitsbedingungen geerntet werden?

      Es ist leicht und billig, die Augen vor dem Leid der Mitmenschen zu verschließen, um dann, wenn man glaubt, tot zu sein (und das Leid nicht mehr aktiv lindern muß), angeblich eine große Tat zu vollbringen.

      • @Aframus:

        Ob sies glauben oder nich aber ich denke in der Tat über die Dinge nach, die ich tue und die möglichen Kopnsequenzen, die daraus erwachsen könnten. Ob ich dann immer danach und/oder richtig handle ist eine andere Sache.

        Aber zu argumentieren es würde die Würde des Menschen angreifen wenn man sich mit unangenehmen Fragen auseinander setzen muss erschliesst sich mir nicht.

        Das ist aber - und hier haben sie vollkommen recht - leider ein Phänomen unserer Gesellschaft. Lieber die Augen und Ohren vor der Realität verschliessen bevor man evtl. schlechte Laune bekommen könnte.

  • Der letzte Satz des Herrn Löhr ist eine raunende Unterstellung, dass Ärzte den hippokratischen Eid mutwillig verletzen würden.



    Solche Unsachlichkeiten bestärken mich eher noch, für die Widerspruchslösung zu sein.

    • @Linksman:

      "Der letzte Satz des Herrn Löhr ist eine raunende Unterstellung, dass Ärzte den hippokratischen Eid mutwillig verletzen würden. "

      Keineswegs!



      Es ist eine durchaus berechtigte Befürchtung.



      Ärzte sind keine Götter in weiß, sondern normale, fehlbare Menschen.



      Das hat der Organspendeskandal 2012 hinreichend bewiesen.

  • Wenn Widerspruchslösung, dann richtig. Wer widerspricht, kommt eben dann als letzter auf die Liste, wenn er selbst mal ein Spenderorgan braucht.

    • @Suryo:

      Sie wissen vielleicht, daß es ein ähnliches Verfahren schon in Israel gibt : rp-online.de/polit...ender_aid-46030631 . Dort werden Bonuspunkte für Spender und mehr noch für deren Familienangehörige vergeben, die einen dann im Bedarfsfall auf der Warteliste weiter nach oben befördern.



      Ich hoffe aber, daß sich in Deutschland stattdessen Solidarität und gesunder Menschenverstand durchsetzen. Warten wir den Donnerstag ab.

    • @Suryo:

      Klingt konsequent, ist aber nicht solidarisch und möglicherweise auch nicht mit der Menschenwürde zu vereinbaren: Solidarität sollte gerade kein "quid pro quo" sein, und einem Menschen eine lebensrettende Behandlung zu verweigern, weil er ethisch nicht dafür qualifiziert sein soll, setzt eben doch wieder das gesellschaftliche Urteil über den Wert des einzelnen Menschen.

    • @Suryo:

      Anwenden sollte man Das aus ethischen Gründen natürlich nicht. Als Gerücht gestreut wäre es durchaus vertretbar, die Reaktion der Nichtspender hoch spannend.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      Genau, wer nicht arbeitet bekommt auch nichts zu essen, er trägt ja auch nichts zur Arbeitslosenversicherung bei.



      Warum eigentlich Hartz, schließlich verhalten die sich ja unsolidarisch gegenüber der Gesellschaft die arbeitet.



      Aber vermutlich kapier ich die Logik nicht.

      • @97287 (Profil gelöscht):

        Mein Vorschlag bezieht sich auf die, die ausdrücklich widersprechen. Es würde diejenigen treffen, die eben ganz aktiv ihren Unwillen bezeugen. Warum sollte das keine Konsequenzen haben?

    • @Suryo:

      Ja, so sehe ich das auch. Aber umgekehrt. Positiv Organspender registrieren. Wer nicht registriert ist, bekommt ein Organ nur, wenn es kein Organspender benötigt. Zudem eine Regelung, dass man mindestens ein Jahr registriert sein muss, bevor man bei Krankheit in den Genuss eines Organs kommt.

    • 8G
      83421 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      Dem stimme ich voll zu!