SPD wählt Esken und Walter-Borjans: Die Anti-Groko-Spitze
Beim SPD-Mitgliederentscheid gewinnt überraschend das linke Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Sie liegen deutlich vor Scholz und Geywitz.
Scholz und Geywitz haben den neuen Parteichefs ihre Unterstützung zugesagt. Die SPD habe mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nun eine neue Parteiführung und hinter dieser müssten sich alle versammeln, sagte beide nach der Verkündung des Ergebnisses im Willy-Brandt-Haus. Ziel bleibe, die SPD wieder stark zu machen, das sei gemeinsame Sache.
Olaf Scholz will trotz der Niederlage beim Mitgliederentscheid um den SPD-Vorsitz Bundesfinanzminister bleiben. Er werde nicht zurücktreten, erfuhr die Deutschen Presse-Agentur aus Parteikreisen.
Die Wahlbeteiligung lag bei rund 54 Prozent. Offiziell gewählt ist die neue Doppelspitze damit aber noch nicht. Der Parteitag in der kommenden Woche muss sie noch bestätigen, was allerdings als sicher gilt.
Für die Sozialdemokraten endet eine halbjährige Suche nach einer neuen Führung. Im Sommer war die bisherige Parteichefin Andrea Nahles nach internen Machtkämpfen zurückgetreten. Doch bei der Suche nach ihren Nachfolgern ging es um mehr als nur eine Personalie: Das Mitgliedervotum gilt auch als Vorentscheid für die Zukunft der großen Koalition.
In einer Woche will die SPD auf einem Parteitag entscheiden, ob sie das Bündnis mit CDU und CSU verlässt – die neuen Parteichefs werden bei dieser Entscheidung ein gewichtiges Wort mitreden.
Koalitionsvertrag steht zur Debatte
Walter-Borjans und Esken wollen zwar keinen überstürzten Ausstieg aus der großen Koalition. Sie wollen aber den Koalitionsvertrag neu verhandeln. Es ist zu erwarten, dass sie den Delegierten auf dem Parteitag eine Reihe von Bedingungen vorschlagen, auf die CDU und CSU in neuen Verhandlungen eingehen sollen. Sie fordern weitere Milliardeninvestitionen in Klima und Infrastruktur sowie einen Mindestlohn von 12 Euro.
Zieht die Union nicht mit, wie Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer bereits angedeutet hat, wollen sie der Partei den Ausstieg aus dem Bündnis empfehlen. Dann könnte es im kommenden Jahr Neuwahlen geben oder – zumindest für eine Zeit – eine Minderheitsregierung der Union unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel.
In den vergangenen Wochen hatten sich Anhänger beider Lager – der GroKo-Kritiker Walter-Borjans und Esken sowie der GroKo-Befürworter Scholz und Geywitz – vor allem in sozialen Medien eine harte Auseinandersetzung geliefert. Parteiprominenz wie die Interims-Vorsitzende Malu Dreyer, Familienminister Franziska Giffey und Außenminister Heiko Maas forderte die Mitglieder deshalb auf, nach der Wahl wieder enger zusammenzustehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“