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Tödlicher Schuss auf Walter LübckeDas Fanal

Jetzt ermittelt Karlsruhe im Fall Lübcke. Der Verdächtige war bereits als rechter Gewalttäter bekannt – und hatte der AfD Geld gespendet.

Tatort Wolfhagen-Istha: Walter Lübcke wurde in seinem Haus in dem hessischen Dorf erschossen Foto: reuters

Wiesbaden/Berlin taz | Am Montag sitzt Stephan E. weiter in U-Haft, in der JVA Kassel I. In der Nacht zu Samstag war der 45-Jährige unter „dringendem Tatverdacht“ von Spezialeinheiten der Polizei in Kassel festgenommen worden. Er soll es gewesen sein, der vor zwei Wochen Walter Lübcke erschossen hat, den Regierungspräsidenten von Kassel, einen CDU-Mann. Und er ist es, der dem Fall nun eine neue Wendung gibt.

Denn Stephan E. hat eine einschlägige Vita: Schon 1993 verübte er nach taz-Informationen einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim im hessischen Hohenstein-Steckenroth. In einem Auto hatte er eine Rohrbombe versteckt, den Pkw vor der Unterkunft in Brand gesetzt. Bewohner konnten den Brand rechtzeitig löschen.

E. blieb der rechtsextremen Szene und der Gewalt treu: Noch am 1. Mai 2009 war er an einem Angriff von gut 300 Neonazis auf eine Dortmunder DGB-Kundgebung beteiligt. Mit Steinen und Holzstangen gingen sie auf die Gewerkschafter los.

Nun soll Stephan E. der Mörder von Walter Lübcke sein. Der Todesfall bekommt damit eine neue Dimension. Denn nun muss über ein rechtsextremes Attentat an einem Politiker gesprochen werden.

Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni vor seinem Haus in Wolfhagen-Istha erschossen worden. Der Kopfschuss aus nächster Nähe kam einer Hinrichtung gleich. Die Polizei hatte zunächst einen Bekannten der Familie festgenommen, einen Sanitäter, der am Tatort geholfen hatte – und den Mann mangels Tatverdacht wieder freigelassen.

Beamte ermitteln zum Umfeld des mutmaßlichen Täters

Dann folgte die Festnahme von Stephan E. Offenbar wurde der 45-Jährige über einen DNA-Treffer auf der Kleidung von Lübcke überführt. In der Wohnung beschlagnahmten die Ermittler umfangreiches Datenmaterial, auch Waffen sollen sie gefunden haben. Hatten bis dahin das Landeskriminalamt Hessen und die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt, übernahm am Montagvormittag nun die Bundesanwaltschaft den Fall.

Am Nachmittag bekräftigte ein Sprecher, dass seine Behörde von einem „rechtsextremistischen Hintergrund der Tat“ ausgehe. Dafür spreche das Vorleben von Stephan E. und dessen zuletzt wiedergegebenen Meinungen. Hinweise auf Mittäter oder eine rechtsterroristische Vereinigung gebe es bisher nicht, so der Sprecher.

Stephan E. selbst schweigt bisher zu den Vorwürfen. Die Ermittler klären das finale Tatmotiv deshalb derzeit noch ab – und auch das Umfeld von Stephan E. Was war der konkrete Grund für den Schuss auf Lübcke? Gab es Mitwisser?

Lübcke war bereits 2015 in den Fokus von Rassistinnen und Rassisten geraten. Auf einer Bürgerversammlung hatte der CDU-Mann offensiv für die Aufnahme von Geflüchteten geworben. Wer mit dieser Hilfsbereitschaft nicht einverstanden sei, könne das Land ja verlassen, sagte der CDU-Mann. Ein Video des Auftritts machte die Runde, die rechte Szene bedrohte Lübcke danach über Monate, auch die frühere CDU-Abgeordnete Erika Steinbach mischte mit. Ein Blog veröffentlichte die Wohnadresse des 65-Jährigen.

Bisher hatte das LKA Hessen erklärt, hierzu keinen Zusammenhang zu sehen. Mit der Festnahme von Stephan E. ist nun alles anders. Noch am Montag beantragte die Opposition im Bundestag eine Sondersitzung des Innenausschusses. Der Grüne Konstantin von Notz erklärte, nun müsse alles zu dem Fall „auf den Tisch“. FDP-Mann Konstantin Kuhle forderte: „Schluss mit dem bürgerlichen Appeasement gegen Rechtsextreme.“

An der rechtsextremen Vergangenheit von Stephan E. haben die Ermittler keinen Zweifel. Die Sicherheitsbehörden listeten den 45-Jährigen als militanten Rechtsextremisten, dort wird er als extrem gewaltbereit, impulsiv und NPD-nah beschrieben.

Offenbar wurde E. in der rechtsextremen Szene der neunziger Jahre politisiert – einer Zeit, in der die Szene offen zu Gewalt neigte und auch das spätere NSU-Trio sich radikalisierte. Als der NSU 2006 in Kassel seinen neunten Mord an dem Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat verübte, war E. in der Kassler Neonazi-Szene aktiv.

Dazu passt, dass Stephan E. nach taz-Informationen mit dem Kasseler Neonazi Stanley R. bekannt ist. Der gilt als prägende Figur des hessischen „Combat 18“-Ablegers. Das militante Netzwerk machte zuletzt Schlagzeilen, weil Mitglieder, auch aus Hessen, zu Schießübungen nach Tschechien ausrückten. Der hessische Verfassungsschutz attestiert der Gruppe eine grundsätzliche „Waffenaffinität und Gewaltbereitschaft“.

Noch kürzlich soll Stephan E. in einem YouTube-Video gedroht haben, wenn die Regierung nicht bald handele, werde es Tote geben. Und 2016 spendete er nach taz-Informationen 150 Euro an die AfD Thüringen. Betreff: „Gott segne euch“.

Hunderte Angriffe gegen Politiker bereits im ersten Quartal

In Hessen reagierte die Politik mit Entsetzen. Dort war Stephan E. bereits Thema im NSU-Ausschuss gewesen. Die Linken-Fraktionschefin Janine Wissler sprach von einer „NSU-Nachahmungstat, wenn sich die Berichte bestätigen“. Die Gefahr des Rechtsextremismus sei in Hessen „konsequent unterschätzt“ worden.

Der Verfassungsschutz dort habe nach ihrer Kenntnis schon lange von der hohen Gewaltbereitschaft von Stephan E. gewusst. Auch SPD-Innenexpertin Nancy Fae­ser forderte die Behörden auf, „endlich mit der nötigen Härte“ gegen die Neonazi-Szene vorzugehen. Es sei „mindestens irritierend“, dass diese ungeachtet der vielen Drohungen gegen Lübcke „immer wieder verlautbart haben, sie ermittelten im persönlichen Umfeld des Opfers – um dann anhand einer DNA-Spur doch auf einen behördenbekannten Neonazi als möglichen Täter zu stoßen“.

Das weckt Erinnerungen an den Fall Henriette Reker. Im Oktober 2015 hatte der Rechtsextremist und arbeitslose Malergeselle Frank R. der Kölner Oberbürgermeisterkandidatin ein Messer in den Hals gerammt. Reker überlebte. Der 45-Jährige hatte seine Tat als Zeichen gegen die „irre“ Flüchtlingspolitik erklärt – und er war schon in den Neunzigern in der rechtsextremen Szene aktiv bei der Neonazi-Partei FAP.

Bis zuletzt waren Politiker Angriffen ausgesetzt, in AfD- und Pegida-Kreisen werden sie als „Volksverräter“ geschmäht. 217 Delikte zählten Sicherheitsbehörden allein im ersten Quartal 2019. Zuvor hatten bereits rechtsterroristische Gruppen wie die Oldschool Society, Nordkreuz oder Revolution Chemnitz Politiker zum Ziel erkoren. Die drei Gruppen wurden indes hochgenommen, bevor sie zur Tat schreiten konnten.

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43 Kommentare

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  • Und die Grünen kündigen die jetzt die Koalition in Hessen oder gehen sie jetzt ihr Lieblingsbündnis mit der CSU auf Bundesebene ein?

    • @nzuli sana:

      Und Sie? Gehen Sie jetzt ein Eis essen oder doch lieber ein Bier trinken?

  • Völlig normal. Einzelfälle sind, auch bei massenhaftem Auftreten, kein Grund zur Besorgnis.

    • @Gregor Tobias:

      Das gilt ja auch für Messerattacken in D.

  • „Hinweise auf Mittäter oder eine rechtsterroristische Vereinigung gebe es bisher nicht.“

    Nee, ist schon klar. Manchen Menschen fallen Waffen nun mal einfach so aus dem Himmel zu, ohne dass da noch irgendjemand anderes seine Finger im Spiel hatte. Und wenn so eine Waffe schon mal da ist, dann erschießt man damit eben kurzerhand einen prominenten Politiker, der sich für Flüchtlinge eingesetzt hat. Was soll einer denn auch sonst machen, wenn er ganz unvermittelt und zufällig in den Besitz einer Waffe gekommen ist? Wenn eine rechtsterroristische Vereinigung dahinterstecken würde, dann müsste den Behörden ja ein amtliches Bekennerschreiben einer rechtsterroristische Vereinigung vorliegen und das gibt es hier offenbar bislang gar nicht. Also war es wohl eindeutig die Tat eines einzelnen. Einer dieser Dumme-Jungen-Streiche, wie sie bei 45ig-jährigen Heißspornen in der Pubertät immer wieder mal vorkommen können. Voll normal - oder nicht? «(º¿º)»

    • @Rainer B.:

      Wenn Sie die Hinweise auf eine terroristische Vereinigung kennen, dann doch bitte auf den Tisch damit!

      Und als „dummer Junger“ unter dem Sie den Rechtsheini bezeichnen, wurde er bisher von wem außer Ihnen bezeichnet?

      • @Rudolf Fissner:

        LOL!

        • @Rainer B.:

          Natürlich LOL. Dass Sie auch nicht wissen, ob das was Sie an Wissen einfordern war doch klar.

          • @Rudolf Fissner:

            Wie bitte? Von Ihnen hat hier tatsächlich keiner was eingefordert - und Wissen doch schon gar nicht. LOL 2.0

      • @Rudolf Fissner:

        Stephan E hatte nachweisl. Verbindungen zu NSU , Combat18 und weiteren Rechtsradikalen Chatgruppen ... Die werden - wie die Reichsbürger - wissen wie man sich übers Darknet koordiniert & Waffen organisiert ...

        • @Mr. Fawkes:

          Um im Darknet eine Waffe zu kaufen brauchen Sie nur Geld und einen Rechner. Der Verkäufer von rechts bis links alles sein. Bis man nicht die Details des Verkaufs kennt, sollte man sich öffentlich aus dem Fenster lehnen mit Tatsachenbehauptungen.

          • @Rudolf Fissner:

            Für Sie hier noch mal zum Mitschreiben:



            Tatsache ist, dass der Mann:



            a) aus dem rechtsextremen Umfeld kommt und einschlägig vorbestraft ist



            b) ohne Erlaubnis mehrere Waffen besaß,



            c) sich nachweislich am Tatort in unmittelbarer Nähe von Walter Lübcke aufgehalten hat



            d) Walter Lübcke dann infolge eines Kopfschusses aus unmittelbarer Nähe verstorben ist.



            e) die vorstehenden Tatsachen für eine Festnahme und für Untersuchungshaft wegen Mordverdachts mehr als ausreichend sind.

            • @Rainer B.:

              Richtig! Sehr gut aufgepasst. Nur was hat das mit ihrem Komentar zum Satz "Hinweise auf Mittäter oder eine rechtsterroristische Vereinigung gebe es bisher nicht" zu tun?

              Ich sehe da in ihrer Auflistung keine solche Tatsache, was mich darin besträrkt dass Sie dabei wohl 100% mit der Aussage der Ermittlungsbehörde übereinstimmen.

              Auch teile ich ihre Schlußvolgerung nicht, dass wenn es ein rechtsextremer Einzeltäter ist, es wohl nur "Einer dieser Dumme-Jungen-Streiche" sei.

              Ebenso teile ich ihrewohl implizite Behauptung nicht, dass von Rechtsextremen keine/weniger Gefahr ausgehen würde, wenn es die tat eines Einzelnen ist. Die vielen Morde und Gewalttaten Rechtsextremer sprechen da ein anderes Bild

              • @Rudolf Fissner:

                Mr. Fawkes hat Ihre Fragen oben doch bereits hinreichend beantwortet. Gegen Begriffsstutzigkeit ist leider noch kein Kraut gewachsen.

                Mit ein bisschen Mühe, sollte es selbst Ihnen möglich sein, meinen Kommentar so zu verstehen, wie er gemeint war - nämlich auf dem jahrzehntelangen Hintergrund der bisherigen Erfahrungen im Umgang der Sicherheitsbehörden mit dem Rechtsterror in diesem Land. Es wurde bislang durchgängig verharmlosend (Einzelfall), verniedlichend (Dumme-Jungen-Streiche) und absurd verzerrend (Vernichtung von Beweismitteln, Ermittlungen in völlig falsche Richtungen) damit umgegangen. Ich hoffe gemeinsam mit sehr vielen anderen, dass sich dies nun endlich mal grundlegend ändern möge.

                Kleiner Tipp am Rande: Auf Kommentare, die Sie gar nicht verstanden haben, müssen Sie doch nicht ständig antworten und schon gar nicht mit eigenen Interpretationen dessen, was Sie gar nicht verstanden haben.

                • @Rainer B.:

                  Und? Weil irgendwelche Arschlöcher behaupten, ein Mord sei ein „dummer Jungen Streich“ soll man nun sein Gehirn abschalten und Tatsachen sehen, für die keine Beweise vorliegen? Das können Sie gerne machen, sicher aber nicht die öffentlichen Stellen.

                  Und by the way, welcher Politiker hat jemals behauptet, dass ein Mord ein „Dummer Junge Streich“ sei?

                  • @Rudolf Fissner:

                    Der Mord selber wird natürlich nicht so gesehen, aber der Rechtsterror vielfach, der so einem Mord vorausgeht und der gewissermaßen schon die ganze Planungsphase zur Tat einschließt.

  • Taz-Zitat: „(…) Die Linken-Fraktionschefin Janine Wissler sprach von einer „NSU-Nachahmungstat, wenn sich die Berichte bestätigen“. Die Gefahr des Rechtsextremismus sei in Hessen „konsequent unterschätzt“ worden. (...)“



    Hessen hat ein rechtsextremes Problem!



    Im April 2006 wurde in Kassel der Internet-Caffe-Besitzer Halit Yozgat erschossen. Nachdem zunächst das engste Umfeld als Täter in Verdacht geriet wurde später ermittelt, dass der NSU (Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos) für den Mord an Yozgat verantwortlich war. Der Ex-Verfassungsschützer (LfV Hessen), Andreas Temme (Spitzname: “klein Adolf“), der sich zur Tatzeit in Yozgat's Internet-Caffe aufhielt – und zunächst des Mordes an Yozgat verdächtigt wurde - will von der Tötung Yozgats nichts mitbekommen haben. Temme “schreddert“ heute Akten (Datenschutz) im Regierungspräsidium (RP) Kassel.



    Die Akten zum Mord an Halit Yozgat wurden nach Beendigung des Hessischen NSU-Untersuchungsausschuss von der Hessischen Bouffier-Regierung mit einer Sperrfrist von 120(!) Jahren belegt.



    Im Dez. '18 wurde bekannt, dass die türkischstämmige Anwältin Seda Basay-Yildiz Morddrohungen (insges. vier gegen ihre Familie) per Fax erhalten hatte - gezeichnet mit "NSU 2.0". Frau Basay-Yildiz war im Münchner NSU-Prozess als Opferanwältin aufgetreten. Die geheimen Adressdaten der Frankfurter Anwältin wurden von einem Dienst-PC des 1. Frankfurter Polizeireviers abgefragt – fünf Polizeibeamt*innen wurden suspendiert. Laut FAZ war die rechte Gesinnung dieser Gruppe auf der Dienststelle bekannt; inzwischen wurde und wird gegen 38 Hessische Polizeibeamt*innen wegen rechter und rechtsextremer Gesinnung ermittelt. Ein weiterer ehem. Hessischer Polizeibeamter (heute Polizei Niedersachsen) soll laut taz Adressdaten an die rechtsextreme Gruppierung “Aryans“ weitergegeben haben.



    Der des Mordes (Juni '19) an RP Walter Lübcke dringend Tatverdächtige 45 jährige aus Kassel soll Kontakte zur rechtsextremen Szene ("Combat 18") sowie zur NPD unterhalten haben.

    • @Thomas Brunst:

      Dass es auch in Nord-Hessen eine starke und tradierte Nähe von Polizei und Neonazis gab und gibt, weiß in Kassel jedes Kind.



      Kasseler Polizeibeamte waren seit spätestens den 1980er Jahren zu einem hohen Anteil rechts, wählten damals die DVU und die Republikaner (d.h. "rechtspopulistische" Parteien nahe an der NPD, quasi Vorläufer der heutigen AfD).



      In und vor allem um Kassel existierte schon lange vorher eine aktive Nazi-Szene, bis zur Mordserie des NSU und bis heute.

      Wie wir dann in den Anfang 1990ern erfuhren, waren die Neonazis mit der "Gladio" oder Stay behind-Strategie (Daniele Ganser u.a. auch linke Autoren wie Pätzold/Weißbecker) seit den 1950er Jahren die Ziehkinder der NATO und der (militärischen) Geheimdienste (MAD/BND). Wieviel der Verfassungsschutz (VS) daran beteiligt war, ist bis heute weitgehend unbekannt, wäre aber wichtig zu erforschen! Besonders, da sich der VS im Zusammenhang mit dem Aufbau der Nazi-Szene, der Entstehung des NSU, den NSU-Morden, bzw. bei deren Vertuschung, durch Aktenvernichtung im großen Stil und Behinderung der Untersuchungsausschüsse mehr als selbst kompromittiert hat.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Thomas Brunst:

      Ihren Ausführungen stimme ich im Wesentlichen zu.

      Die Rolle des Hessischen Ministerpräsidenten Bouffjeh hätte für meinen Geschmack deutlicher benannt werden können. Bouffjeh hat als damaliger IM und späterer MP bei der Aufklärung des Mordes an Halit Yozgat jämmerlich versagt, indem er rechtsextreme Gewalt abgewiegelt und verharmlost hat. Von dieser Szene hätte er einen Lorbeerkranz verdient. Auf die Skurrilität in der causa Temme haben Sie anschaulich hingewiesen.

      Dass es 2019 einen Parteifreund von Bouffjeh "erwischt" hat, ist bittere Ironie des Schicksals. Als Freund von Spott und Häme bleibt mir jede bissige Bemerkung im Halse stecken. Ein couragierter Mensch wie Lübcke hätte ein anderes Ende verdient gehabt.

      Wenn jetzt die ewig Gestrigen nicht aufwachen, und Walter Lübcke nur als bedauerlichen Kollateralschaden hinnehmen, gehören sie selbst in den Knast.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Vertreter der Kasseler Mordkommission beklagten sich im Mordfall Halit Yozgat öffentlich darüber, dass sie – gelinde gesagt – keine Unterstützung bei ihren Ermittlungen - und im späteren Hessischen NSU-Untersuchungsausschuss (PUA) - von der Hessischen Landesregierung (Bouffier) erfahren haben – da kann man sehr viel hineininterpretieren (im Hinterkopf immer die 120 Jahre Sperrfrist für die Hessischen NSU-PUA-Akten).

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Thomas Brunst:

          Bestimmte Fakten - wie die von Ihnen genannten - brauchen noch nicht mal eine Interpretation. Sie sind bereits selbstredend.

          Aber für den Fall gemeinsamer Auftritte machen ich gerne mit Ihnen gemeinsame Sache: Sie liefern die Fakten, ich die passende 'Begleitmusik'.

  • Tippfehler: Sie hieß: Jo Cox.

  • So wie Prepper und Verschwörungsgetriebene ticken haben sie Panik, sich in Paranoia reingesteigert:



    Der "Kalgeri-Plan" sei der Plan des Großen Austauschs, der Einheimischen und Ur-Stammler, und Merkel würde "die Befehle der Zionisten eiskalt umsetzen" die bisherige Bevölkerung zu "beseitigen" und durch "artfremde Völker ersetzen". Diese Inhalte werden auf zahlreichen Webseiten gespiegelt.



    Es gab einen Diplomaten namens



    Richard von Coudenhove-Kalergi - Wikipedia (1894 – 1972), der für ein vereintes Europa eintrat, aber dieser im zugeschriebene Plan ist reine Erfindung der Neonazis.



    Merkel habe ja einen Kalergi-Preis bekommen. (wie kürzlich in Harvard).



    Walter Lübcke als "Ranghoher Exekutator des Großen Austauschs" ist die Phantasie und dazu Apokalypse und ein impulsiver Täter.



    (ich hatte die Vermutung beim ersten lesen am 4.6.) Nein Attentate von links gibt es schon lange nicht mehr.



    Es kann sich nur um Rassismus handeln - siehe "Britain First" - und ermordet wurde Ja-Ann Cox, die Labour-MP, die sich für ein demokratisches Syrien einsetzte.



    Ja, und? Gehört Blood & Honour jetzt dem Bundesamt für Verfassungschutz oder gehört das BfV nun Blood & Honour?



    wutschnaubend!

  • Besorgniserregend ist mal wieder die Rolle des Verfassungsschutzes. Wenn man nur auf dem rechten Auge blind ist, könnte mam ja noch hoffen, dass sich das ändert. Aber wenn man den Rechtsterrorismus kaum zur Kenntnis nimmt, ihn also unsichtbar macht, wird es gefährlich für unsere Gesellschaft.



    Nur die AfD in den Vordergrund zu heben, macht wiederum die Rolle des Verfassungsschutzes unsichtbar.

  • Die AfD hat die Spende von Stephan E. längst in Champagner angelegt.

  • Hessen hat doch Bouffier und sein LfV und Beuth mit seiner Polizei.



    Das sollte doch reichen.



    Oder etwa nicht?



    Hmmm....

  • Hermann Schaus innenpolitischer Sprecher Linke Hessen fürchtet im Heute-Journal, wohl nicht zu Unrecht, dass wie im NSU Komplex hessischer Verfassungsschutz Akte Stephan E. schreddert, statt die an die Bundesanwaltschaft als Herren des Verfahrens weiterzuleiten. Zumindest wurde die lt, Medienberichten nicht frühzeitig durch hessischen Verfassungsschutz gebrieft

    Es scheint immer das gleiche "NSU" Muster, jetzt wird sozusagen statt Beate Zschäpe, Stephan E. scheinbar durch erdrückende DNA Belege überführt als Beschuldigter des Mordes vorgeführt, gleichzeitig von Amtswegen versichert, dass es keine rechtsextreme oder sonstige Mittäterschaft, noch Hintergrund Organisation gebe, um gleichzeitig einzuräumen, dass die Untersuchung beschlaghnamten Materials in Stephan E. Wohnung erst anstehe. Geht`s noch?

    Seit mutmaßlichen NSU Mord in Heilbronn/Hessen 25. Apr. 2007 an der Polizistin Kiesewetter sollte bei jedem finalen Anschlag wie im vorliegenden Fall insgeheime Zusammenarbeit bundesdeutscher "Kommandos" in Verfassungsschutz Bund, Länder, BND, MAD "On Demand" mit befreundet nichtbefreundet ausländischen Diensten anderer Länder als "exotischer" Dienstleister im besonderen Fall nicht ausgeschlossen werden.

  • "Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal betonen wie wichtig es ist, neben den Rechtsextremisten auch und gerade die Linksextremisten zu überwachen!"

    "Im Grunde meines Herzens halte ich die Linken für weitaus gefährlicher als die Rechten, ein bisschen rechts schadet nie."

    ?

    Hmhhh.

    Gedankenauszüge aus Köpfen der CDU/CSU...vlt.

    So sehr ich wie ich der Familie des Opfers mein tiefstes Mitgefühl und Beileid aussprechen möchte, so sehr hoffe ich darauf, dass vielen Menschen in DT endlich bewusst wird, wie gefährlich die neuen Rechtsnationalisten und Faschisten dieser blauen Partei sind.

    Die Hoffnung bleibt, aber glauben tue ich nicht daran

  • "Die Gefahr des Rechtsextremismus sei in Hessen „konsequent unterschätzt“ worden."

    Nur in Hessen?

  • Guter Artikel, vielen Dank, ich habe mich nur etwas gewundert, das der Name des Täters nicht nur genannt sondern dieser sogar mehrfach wiederholt wurde. Seit Christchurch ist doch eigentlich klar, dass es durchaus sinnvoll ist die Täter nicht zu benennen, damit diese nicht glorifiziert werden können etc. siehe z.B. hier www.taz.de/Rassist...stchurch/!5581194/



    Beste Grüße

    • @liss baltik:

      Eine durchaus fragliche Ansicht und Vorgehensweise, Terroristen und ihre Kontakte nicht zu benennen.

    • @liss baltik:

      Das ist doch Augenwischerei. Wer glorifiziert solche Arschlöcher? Genau, die Rechten und Nazis. Die wissen ohnehin, wer der Täter ist, namentlich.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Kriminelle müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Mit allem Instrumentarium, welches dem demokratischen Rechtsstaat dafür zur Verfügung steht.

    Den ideologischen Überbau habe ich damals der RAF nicht wirklich abgenommen, mag es heute bezüglich der Neuen Rechten auch nicht tun.

    Wobei es dennoch einen wesentlichen Unterschied zu geben scheint. Die RAF äußerte sich in diversen Statements selbst zu ihren Taten und ihrer Ideologie, waren die Medien dahingehend lediglich Multiplikatoren, durchaus sich unterschiedlich äußernde Interpretatoren.

    Heute dagegen wird mir diese hinter der Tat stehende Ideologie ausschließlich über staatliche Institutionen und eher einheitlich berichtende Medien überbracht.

    Geschichte wiederholt sich nicht, und wenn doch, dann auch schon mal als Farce.

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Bitte? Die dahinter stehende Ideologie finden Sie überall ausbuchstabiert, in unzähligen Kommentaren von Einzelnen, auf Facebook, von der AfD, überall. Das muss man noch nicht einmal suchen, das springt einem überall ins Gesicht.

      • @Mustardman:

        Das Blöde ist nur, dass die Urheber dieser Hetz-Kommentare sich, darauf angesprochen, stets flugs vom Attentat distanzieren und auf ihre "Meinungsfreiheit" pochen.



        Die RAF hat sich aber unmissverständlich zu ihren politischen Attentaten bekannt. So konnte es beispielsweise nicht vorkommen, dass wie bei den NSU-Morden, erstmal die Angehörigen der Opfer ins Visier geraten. (Ganz zu schweigen davon, dass die RAF politische und wirtschaftliche Schwergewichte aufs Korn genommen hat und nicht kleine Gewerbetreibende.

      • 9G
        90857 (Profil gelöscht)
        @Mustardman:

        Nutze keine sog. sozialen Medien wie Facebook & Co. habe nicht mal ein TV-Gerät.

        "von Einzelnen ausbuchstabiert" ist für mich noch lange kein ideologischer Überbau verglichen mit dem der RAF; und selbst in Sachen NSU wird nach meinem Eindruck von offizieller Seite eher vertuscht denn aufgeklärt.

      • @Mustardman:

        Was der Kommentator "Ebertus2" meint, ist, dass es keine Bekennerschreiben und dergleichen gibt. Das ist der Unterschied auch des NSU zur RAF. Irgendwelche anonymen Kommentare auf Facebook sind nicht vergleichbar mit den Statements z.B. des Kommandos Holger Meins, die noch während der Begehung der Anschläge geradezu die Öffentlichkeit suchten. Dagegen haben die Uwes eben still und erratisch vor sich hin gemordet.

        • 9G
          90857 (Profil gelöscht)
          @Trango:

          Ja, dass ist ein wesentlicher Unterschied. Man stelle sich vor, die RAF hätte damals die Möglichkeiten des Internet gehabt.

          Einen weitereren Unterschied (gemäß meiner Erinnerung) betrifft das Verhalten der (großen) Medien. Sie gingen damals investigativ selbst auf die Suche und von Springer auf der einen Seite bis zu den eher linken, linksliberalen Medien gab es durchaus Unterschiede in Breite und Tiefe; eben auch, was den von mir genannten ideologischen Überbau betrifft.

          Heute dagegen besteht die Rolle der Medien nach meinem Eindruck lediglich darin, die offiziellen Statements wiederzugeben; und ansonsten aus Facebook et al. zu zitieren.

          • @90857 (Profil gelöscht):

            Ich glaube, Sie mißerinnern sich da aus geschichtlichem Abstand heraus. Die Schreiben der RAF wurden praktisch nirgendwo veröffentlicht (schon gar nicht von den großen Medien), lagen sogar in der Uni-Bib im Giftschrank und die Rolle der Medien war eher, die "Baader-Meinhof-Bande" als Geisteskranke darzustellen.

            Der aktuelle rechte Terror breitet seinen ideologischen Überbau dagegen ungehindert aus bis hin zu ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten und unserem Innenminister, der mal wörtlich gesagt hat "Wir werden Einwanderung in unsere Sozialsysteme verhindern - bis zur letzten Patrone".

            Heute verbreiten Rechte Todeslisten mit Namen, Anschrift und Fotos von angeblichen "Linken", sammeln Waffen und Munition und üben Schießen und werden dafür noch nicht einmal festgenommen. Hätten Linke (oder Moslems) das gemacht, wären sie nur dafür schon sofort in den Knast gewandert.

            Diese Leute müssen nicht die Öffentlichkeit nicht erst suchen, weil sie die Öffentlichkeit schon haben. Die brauchen keine Bekennerschreiben, weil jeder schon weiß, warum sie Leute wie Walter Lübke tot sehen wollen. Das sind keine Morde aus Propagandagründen, das sind schon Morde als operatives Vorgehen.

            Und natürlich ist das Terror, wenn zigtausend Leute auf denselben Todeslisten stehen wie Walter Lübke. Damit wird das öffentliche Eintreten für demokratische und menschliche Prinzipien konkret lebensgefährlich. Was ist das anders als Terror?

  • War ja zu erwarten. Bisher stand die extreme Rechte für direkte Angriffe auf Migranten und deren Unterkünfte, siehe NSU. Kann es sein, dass sie dazugelernt hat, und sich beispielsweise an der Arbeitsweise der RAF mit den Angriffen auf Repräsentanten des verhassten Staates und Wirtschaftsführer orientiert?

    Hierbei würde es in den Augen der möglichen Täter letztendlich die wirklichen Verantwortlichen am „großen Austausch“ treffen. „Bestrafe einen, erziehe hundert“, so sagte bereits Mao Zedong

    Das wäre eine völlig neue Qualität des Terrors und in den Augen vieler Staatsbürger wahrscheinlich sogar unterstützenswert. Die RAF hatte bekanntlich auch ein sehr großes Umfeld von mehr oder weniger zivilen Unterstützern und Relativierern.

    • @Frank Erlangen:

      Bei der RAF, die zuerst auch durchaus große Unterstützung und Sympathie in der Bevölkerung hatte, ließ diese Unterstützung schlagartig nach, als sie begann, systematisch Leute zu ermorden. Bei aller Sympathie mit den Ideen waren das doch Methoden, bei denen für viele eine Grenze überschritten wurde. Der linke Widerstand speiste sich aus moralischer und menschlicher Empörung über imperialistische Kriege und Ausbeutung, da erschien den meisten Mord und Totschlag nicht als legitim.

      Beim rechten Terrorismus ist das nicht so. Die Sympathisanten sind da häufig ganz besonders fasziniert von Gewalt und Blut in jeder Form und halten moralische Bedenken jeder Art nur für Schwäche.

      • @Mustardman:

        Ja, wie kommt es, dass es Leute gibt, die es cool finden, wenn Politiker ermordet werden?



        Ich persönlich wundere mich aber direkt in meinem sozialen Umfeld, wie die Hetze schleichend zunimmt. So kam bei einer Feier das Gespräch auf Alkohol. Ich meinte, für die Integration von muslimischen Flüchtlingen im Dorf, wäre der Alkoholkunsum bei der Freiwilligen Fuerwehr ein Problem. Welche muslimische Eltern könnten ihre Kinder da locker hinschicken?



        Sofort kam zurück, bei Alkohl den Heiligen spielen, aber dann Hasch konsumieren, wäre doch sehr scheinheilig. Und ich wundere mich, warum ganz normale Menschen, nicht bereit sind sich in die Situation des anderen zu versetzen, und stattdessen lieber Misstrauen sähen und einfach Straftaten unterstellen. Wahrscheinlich einfach um ein Mitgefühl sofort im Keim zu ersticken. Kleine Hetze auf niedrigem Nieveau - aber warum wird es zum Standard? Warum werden wir schon wieder gewaltsam auseinander dividiert.

  • Na, ob die AfD sich jetzt distanziert?

    Im Übrigen hege ich den Verdacht, dass die ganze NSU-Szene nur sehr unvollständig beleuchtet worden ist - ich würde mich noch nicht einmal wundern, wenn es da mindestens Kontakte gegeben hätte, denn so groß ist diese rechte Szene auch wieder nicht. Ich hoffe mal, dass die DNA-Spuren von Stephan E. jetzt auch mit den DNA-Spuren an den NSU-Tatorten abgeglichen wird. Aber das ist wahrscheinlich schon zu viel verlangt...