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Im Internet gilt das ganz normale Strafrecht mit der Abgrenzung zur Meinungsfreiheit als Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Diese Abgrenzung sollte man sich klarmachen. Natürlich sind Bedrohungen, Aufforderungen zu Straftaten, Beleidigungen, Volksverhetzung u.v.m. strafbar. Richtig ist, man muss sie wirksam verfolgen. Es braucht aber nicht neue Versuche, das Recht schon wieder mit irgend einer heißen Nadel der Betroffenheit im so sensiblen Bereich der Meinungsfreiheit wieder einmal zu ändern zu versuchen, es muss nur richtig angewandt und umgesetzt werden.
Viele Aussagen von Rechten über ihre Gegner sind rhetorisch geschulte Aufrufe zur Gewalt, sie sparen sich zur Zeit nur den abschließenden Satz, in dem die logische Konsequenz der Aussage noch einmal explizit ausformuliert wird. Dass eine Gesellschaft sich das so lange bieten lässt, kann ich mir nur durch die hohe Wahrscheinlichkeit erklären, dass ein ebenso rechter Richter jedes diesen Umstand würdigende gefällte Urteil wieder aufhebt, da der Aufruf zum Mord ja nicht "zweifelsfrei" feststellbar ist. Der persönliche politische Kontext wird bei rechtsextremen allzu gerne ausgeblendet.
@Volker Maerz Eine kurze Nachfrage in Sachen begrifflicher Genauigkeit: eingangs schreiben Sie von "Rechten", am Ende von "Rechtsextremen".
Davon ausgehend, dass dies für Sie keine Synonyme sind und Sie eine Debatte möchten:
wen rechnen Sie welcher Gruppe zu?
"Andererseits darf über einen politischen Mord nicht über zwei Wochen betretenes Schweigen gelegt werden, aus Angst, man könnte die Falschen beschuldigen."
Ich würde den/die Autor*in hier an dieser Stelle gerne fragen ob er/sie entweder zur Zeitreise fähig oder vielleicht auch einfach nur dumm ist. Dass es ein politischer Mord war, oder gewesen sein könnte, wissen wir erst seit wenigen Tagen, bzw. wissen es mit Sicherheit überhaupt noch nicht. Vorzeitig irgendwelche Anschulsigungen ist schlicht und einfach verantwortungslos und grob schadhaft. Und ich weiß ganz ehrlich nicht, wie eine solche Position in einer Zeitung wie der taz überhaupt eine Plattform bekommen kann.
Um zu begreifen wie einseitig und heuchlerisch die öffentliche Empörung in Sachen Terrorismus ist, muß man sich nur vorstellen, der Täter wäre Muslim oder ein Linker gewesen. Rechter Terror tötet auch in diesem Land mehr Menschen als jeder andere. Selobst wenn man die ganzen angeblich unpolitischen Fälle von sogenannten geistig Verwirrten, Betrunkenen oder aggressiven Jugendlichen abzieht. Eine Schande für das ganze Land. Aber wo eine Partei Ursula Haverbeck als Spitzenkandidatin für die EU_Wahl aufstellt sollte auch das nicht wundern. Den Holoklaus hats selbstverständlich nie gegeben und der Führer wollte im Unterschied zu den Juden nichts anderes als Frieden
"Nicht zu Lebzeiten eines Menschen. Und erst Recht nicht nach ihrem Tod."
Korrekt: "nach seinem Tod."
Die schriftliche Kommunikation in sozialen Netzwerken reduziert sich häufig auf die Definition eines entsprechenden Emoticons.
Was für ein absurder Kommentar!
Es galt abzuwarten, wer Herr Lübcke ermordet hat.
Ein politisches Motiv lag nicht von Anfang an nahe.
Es war zu vermuten, es war aber nicht sicher.
Wie hätte Ihr Kommentar gelautet, wenn der Mord privater Natur gewesen wäre, und es zuvor Spekulationen und Beschuldigungen gegen Unschuldige gegeben hätte?
Herr Lübcke wurde in einer würdigen Zeremonie beigesetzt.
In einem Punkt stimme ich Ihnen zu:
Es muss dringend etwas gegen diesen braunen Mob unternommen werden.
Da wird die Behörden und die Politiker sehr oft mit Scheuklappen versehen.
Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass solche Dinge (Morddrohungen, Todeslisten und tatsächliche Morde) nicht ohne Wirkung bleiben. Das ist insgesamt nichts weniger als Terror und sollte auch so behandelt werden, z.B. durch Verurteilungen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Und da ist die Politik und Justiz gefragt. Wenn irgendwo Todeslisten gefunden werden und das noch nicht einmal für irgendeine Anklage oder gar Verurteilung reicht, dann ist das ja geradezu eine Aufforderung zum Terrorismus.
Für ihre verschärften Grenzkontrollen bekommt die Ampel Applaus von Europas Rechten. Bei so viel Wahlhilfe kann die AfD sich entspannt zurücklehnen.
Kommentar Mord an Kasseler Politiker: Trauern um Walter Lübcke
Im Netz heißt es Hassrede, wo es um Mordfantasien geht. Die Demokratie kann sich Toleranz gegenüber dieser Form von Hetze nicht mehr leisten.
Es muss möglich sein, um einen ermordeten Politiker tu trauern. Ohne Angst vor Instrumentalisierung Foto: imago/ Peter Hartenfelser
Für den Tod Walter Lübcke fehlen die Worte. Sie fehlen schon viel zu lange. Am 2. Juni wurde er vor seinem Wohnhaus erschossen. Sicher, die Hinterbliebenen müssen vor Spekulationen und Hysterie geschützt werden. Niemand sollte und darf eine solche Tat für seine Agenda missbrauchen. Andererseits darf über einen politischen Mord nicht über zwei Wochen betretenes Schweigen gelegt werden, aus Angst, man könnte die Falschen beschuldigen.
Es ist der Tod eines Menschen, der sich ins politische Leben und in diese Gesellschaft eingebracht hat. Es ist der Tod eines Mannes, der für die Werte des Grundgesetzes einstand, ein Spitzenbeamter, der in schwierigen Zeiten von allen Rückgrat verlangte. Es wäre wichtig gewesen, Lübcke zu würdigen und seinem Tod Platz einzuräumen – trotz der offenen Fragen.
Man kann bei einem politischen Mord (und allem Anschein nach war es ein politischer Mord) nicht zwei Wochen für die öffentliche Trauer auf Stand by schalten, nur um keine falschen Debatten auszulösen. Vor allem wenn die Ursache für die falschen Debatten schon an sich untragbar ist: Drohungen, die Menschen über sich ergehen lassen müssen, wenn sie sich in diesem Land für Nächstenliebe und die Umsetzung des geltenden Asylrechts starkmachen.
Die „Schonfrist“ für die öffentliche Aufarbeitung gilt meist insbesondere dann, wenn rechtsextreme Milieus nicht vorschnell beschuldigt werden sollen. Angeblich um die Spaltung der Gesellschaft nicht voranzutreiben. Demokratie kann sich Geduld dieser Art nicht leisten. Jeder politische Mord erfordert umgehend Parteinahme und Schutz, ganz gleich welche Motive noch zu ergründen sind. Als am 16. Juni 2016 die britische Politikerin Jo Cox ermordet wurde, gestattete sich Großbritannien zu trauern, auch wenn die Hintergründe noch offen waren. Ihr Mörder galt zunächst lediglich als psychisch gestört. Im Nachhinein wurden Verbindungen in die Neonaziszene bekannt.
Im Netz härter durchgreifen
Der Mord an einem Politiker muss die Möglichkeit, zu trauern, umgehend anbieten. Stattdessen blieb tagelang Raum für Spekulationen. Rechtsradikale konnten in aller Ruhe darüber entscheiden, ob sie nun mögliche Spuren verwischen, vergangene Hass-Posts löschen – oder in Anbetracht des Todes noch ihren Zynismus in die Öffentlichkeit tragen wollen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte das Treiben in den sozialen Netzwerken als Erster: „zynisch, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig.“ Er wünsche sich mehr öffentliche Diskussion und Empörung. Man könnte sich auch ein härteres Durchgreifen der Sicherheitsbehörden wünschen, die ihre Rechte, private Gespräche zu belauschen, immer weiter ausbauen, zugleich aber bei öffentlichen Foren kaum Durchsetzungskraft zeigen.
Das Internet ist keine Parallelwelt, in der andere Gesetze gelten. Im Internet spricht man von Hassrede, als gäbe es keine Straftaten, sondern nur Gefühle, die geäußert werden. Über solche Hassreden soll sich die Öffentlichkeit korrektiv empören. Dabei handelte es sich bei einigen der Kommentare um die Verunglimpfung des Andenkens Toter, auf die bis zwei Jahre Haftstrafe drohen.
Das postmortale Persönlichkeitsrecht wurde zutiefst verletzt, nachdem schon zu Lebzeiten die Persönlichkeitsrechte Lübckes angegriffen wurden. Der Schutz von Persönlichkeiten, die im öffentlichen Leben stehen, muss in Zeiten der Digitalisierung neu gedacht werden. Einzelne Zitate werden aus dem Kontext herausgerissen und online verbreitet, mit dem einzigen Ziel, Feindbilder zu kreieren, gegen die Rechstradikale sich als Opfer inszenieren können. Auch von Lübcke war ein Video im Umlauf, das Rechtsradikale online stets so deuteten und kontextualisierten, dass Lübcke scheinbar zu jenen zählte, die eher das eigene Volk auslöschen würden, als die Grenzen zu schließen. Wer sich künftig in Bürgerforen den hitzigen Debatten vor Ort stellt, wird diese Ereignisse im Hinterkopf haben.
Im Internet spricht man von Hassreden, wo es um Mordfantasien geht. Im Internet spricht man von Zynismus, wo einem christdemokratischen Politiker – nachdem er das Christentum und die Grundwerte auch auf Flüchtlinge angewandt wissen wollte – mit dem Tod gedroht wird. Durch das Internet finden solch krude Thesen über Menschen in gewaltbereite Netzwerke. Eine Demokratie, die immer auch vom Einsatz der Demokratinnen und Demokraten lebt, kann sich Toleranz gegenüber dieser Form von Hetzte nicht mehr leisten. Nicht zu Lebzeiten eines Menschen. Und erst Recht nicht nach ihrem Tod.
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Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
Kommentar von
Jagoda Marinić
Autor*in
Themen
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Rechter Terror in Deutschland
Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.
■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.
■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.
■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.
■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.
■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.
■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.
■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.
■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.