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Kolumne NachbarnErklärt mir bitte, was Integration ist!

Natürlich wusste ich schon vor meiner Ankunft in Deutschland, dass ich Deutsch lernen muss. Aber dann kam mir die Integration dazwischen.

Mein Deutsch scheiterte am „Integrationsdilemma“: Ich hatte Arbeit, aber fehlte im Sprachkurs Foto: dpa

W enige Wochen nach meiner Ankunft in Deutschland benötigte ich eine Bescheinigung von einer deutschen Behörde, weshalb ich mich an eine Sachbearbeiterin der besagten Behörde wandte. Ich ging in ihr Büro, begrüßte sie, entschuldigte mich dafür, dass ich noch nicht Deutsch sprach, und schilderte ihr mein Anliegen höflich auf Englisch. Ich gab ihr einen Zettel, auf dem in deutscher Sprache stand, was ich brauchte, und zeigte ihr meinen vorläufigen Flüchtlingsausweis.

Sie musterte mich prüfend von oben bis unten und sagte dann schnippisch, während sie mir die Bescheinigung hinschob: „Wir sprechen in Deutschland Deutsch. Und wenn du Englisch sprechen willst, geh dorthin, wo man Englisch spricht.“

Ich war schockiert, nahm das Dokument, ging hinaus und weinte. Ich dachte nicht im Entferntesten daran, mich über sie zu beschweren, und behielt das Vorgefallene für mich. Denn im Grunde schämte ich mich meines Flüchtlingseins. Mir wurde bewusst, dass der Alltag nicht ganz einfach sein würde.

Natürlich wusste ich schon vor meiner Ankunft in Deutschland, dass ich Deutsch lernen sollte. Es liegt ja auf der Hand: Wer in einem fremden Land leben will, soll dessen Sprache sprechen. Das sollte selbstverständlich sein. Also suchte ich eine Sprachschule, um einen Sprachkurs zu absolvieren. Doch kurz darauf sah ich mich mit dem „Integrationsdilemma“ konfrontiert. Am Deutschlernen scheiterte ich später. Gleichwohl lernte ich viel über die deutsche Kultur und Geschichte und wurde in den Arbeitsmarkt integriert. Dadurch fehlte ich erst recht sehr häufig in der Sprachschule, da ich viel arbeitete.

Du lebst seit vier Jahren in Deutschland und besuchst immer noch die Stufe B1?

Trotzdem werde ich immer noch öfter mit der Frage konfrontiert: Du bist schon so lange in Deutschland und hast immer noch nicht Deutsch gelernt? Du lebst seit vier Jahren in Deutschland und besuchst immer noch die Stufe B1? Um diese Frage nicht mehr hören zu müssen, begann ich vor einigen Monaten schließlich wieder, den Sprachkurs zu besuchen.

In meinem Kurs bin ich die einzige Araberin. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus europäischen oder amerikanischen Ländern, leben schon länger in Deutschland als ich. Wir haben alle mehr oder weniger das gleiche Sprachniveau. Als ich von meinen Erfahrungen erzählte, waren die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstaunt, da sie nie mit solchen Fragen konfrontiert wurden. Hat es damit zu tun, dass ich eine Geflüchtete bin? Aus einer bestimmten Region komme? Oder gibt es andere Gründe?

Ich möchte zum Schluss gerne wissen: Sind wirklich alle Deutschen integriert? Was bedeutet Integration eigentlich? Kann mir das jemand bitte so erklären, dass ich auch mitmachen kann?

Aus dem Arabischen von Mustafa Al-Slaiman

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Kefah Ali Deeb
Kefah Ali Deeb wurde 1982 in Latakia, Syrien, geboren und ist 2014 nach Berlin geflohen. Sie ist bildende Künstlerin, Aktivistin und Kinderbuchautorin, außerdem Mitglied des National Coordination Committee for Democratic Change in Syrien.  
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44 Kommentare

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  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Lektürehinweis zur Migrationsgeschichte in Berlin:

    Tobias Allers: "Neuberliner". Vielleicht tröstlich zu lesen, denn es war durch die Jahrhunderte offenbar nie leicht für Zuzügler, von den Berlinern akzeptiert zu werden.

  • Die Zum Schluss Frage wollte ich auch mal wissen, als alleine völlig angedüdelt in die Diskothek wollte und nicht reingelassen wurde: sind alle in der Diskothek wirklich nüchtern?

    Die besten Antworten kann ihnen wahrscheinlich die mit SW nicht ausgestorbene „aufstehen“ Fraktion (LoL „Bewegung“) mit ihrem Gatstrecht Verwirkt Gedöns liefen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Zu ihrer bekannten Obsession:

      Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen hörte ich das Gerücht, dass Ihr Zielobjekt sich - vorzugsweise am Wochenende - in saarländischen Nobel-Diskotheken aufhalten soll und dort hemmungslos groovt. Man munkelt (ich zitiere), sie habe sich zuvor eine ansehnliche Dröhnung verschafft.

      Gewähr kann nicht übernommen werden. Meine parapsychologischen Fähigkeiten lassen im Alter stark nach.

  • "Was bedeutet Integration eigentlich? Kann mir das jemand bitte so erklären, dass ich auch mitmachen kann?"

    Gegenfrage: Wann gilt man in Ihrem Land als intergriert?



    Vielleicht gibt es da Parallelen?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    In einer 'Kolumne Nachbarn' möchte ich etwas über Integration lesen. Und stoße auf den Terminus 'Stufe B1'. Asche über mein schütteres Haupt: habe ich (Armutsrentner, auf dem platten Land lebend) nie gehört.

    Wendet sich der Text nur an Menschen, die die verwandten Begriffe kennen? Ich habe Nachbarn. Afghanische. Wir mögen uns, auch wenn die Verständigung uns immer wieder an unser aller Grenzen bringt. Wir lächeln uns an. (Erlebe ich unter Eingeborenen höchst selten.)

    Integration ... it's a long way ...

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Lektürehinweis zur Migrationsgeschichte in Berlin:



      Tobias Allers: "Neuberliner". Vielleicht tröstlich zu lesen, denn es war durch die Jahrhunderte offenbar nie leicht für Zuzügler, von den Berlinern akzeptiert zu werden.

      • 9G
        90946 (Profil gelöscht)
        @90946 (Profil gelöscht):

        Kommetar falsch platziert, war nicht als Antwort auf WL gedacht

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      B1: das bezieht sich auf den gemeinsamen euröpäischen Referenzrahmen und bezeichnet eine Kompetenz-/Niveaustufe beim Spracherwerb.



      Die Geflüchteten, die einen Sprachkurs besuchen dürfen oder müssen, durchlaufen idealerweise A1.1, A1.2, A2.1, A2.2 und erreichen dann das B-Niveau (B1, B2) das auch als Voraussetzung für ein selbständiges Leben hierzulande gilt.

      Da Sie afghanische Nachbarn haben: viele dieser Geflüchteten beginnen zunächst mit der Alphabetisierung, dem Erlernen des lateinischen Alphabets, und oft dauert es seine Zeit, da manche kriegsbedingt (oder weil sie Frauen sind) nie die Schule besucht haben.



      Auch nach meiner Erfahrung sind das ungewöhnlich freundliche und gewissenhafte Leute, die gerne lernen wollen und viel Ausdauer beweisen.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @90946 (Profil gelöscht):

        Danke für Ihre ebenso freundlichen wie anschaulichen Ausführungen.

        Gerne bekenne ich, dass ich mich nicht über jeden Neuankömmling hier in Deutschland gefreut habe. Gruppen marodierender junger Männer sind mir nach wie vor suspekt - und da schaue ich aus der Halbdistanz genauer hin.

        Bei meinen Nachbarn ist dies anders. Mit den Kindern (Kindergartenalter) ist es leicht, in Kontakt zu kommen. Die Kleene spricht eine Handvoll deutscher Worte. Zu mir sagt sie "Opa". Und wenn wir im Bus beisammen sitzen, streichelt sie mir den Unterarm. Eine kleine Geste, die mich mächtig stolz macht.

        Integration im Kleinen.

    • 7G
      70023 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Ich lese gerne ihre Beiträge und Sie haben mein Respekt.

  • Was Integration ist zu erklären, ist nicht einfach.



    Was aber Diskriminierung ist, kann ich erklären.



    Etwa, wenn überall im taz- Online- Auftritt eine Kommentarfunktion vorgehalten wird, nicht aber unter der Rubrik "Leichte Sprache".

  • Ähm, da die betroffene Araberin ist, sollte in Erwägung gezogen werden, dass es sich hier nicht um (übliche) Ämterschikane handelt (was bereits schlimm genug wäre) sondern um Rassismus.

    • @Uranus:

      Und wenn die Autorin keine Araberin wäre, würden Sie Rassismus ausschließen?

      • @rero:

        Wenn sie eine weiße wäre, ist Rassismus nicht anzunehmen, ja.

    • @Uranus:

      @URANUS - Auch gegen Rassissmus sollte die Möglichkeit genutzt werden, sich angemessen zu wehren. Wenn das in der Landessprache geschieht, sollte das vorteilhaft sein. Sprachniveau B1 sollte auch dafür ausreichend sein!



      Wer sich nicht wehrt, lebt besonders in Deutschland verkehrt!



      Sollte vielleicht die erste Lektion in einem deutschen Integrationskurs werden.

      • @Frederik Andersen:

        Auf was erwidern Sie? Gegen das Lernen einer Sprache, äußerte ich mich nicht.

  • Also mit Sprachniveau B1 können Sie sich auch bereits gegen Schikane von Behörden wehren. Integriert sind Sie, wenn Sie sich in der Landessprache gegen Behörden wehren können! Da sind Sie also schon angekommen! Herzlichen Glückwunsch zur Integration! Gegen Behörden müssen und mussten sich wohl schon fast alle mal wehren, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund!

  • Sie sind an eine ignorante und leicht bis mittelschwer gehässige Beamtin und zwischen die Fronten der Bürokratie zwischen Arbeit und Anmeldung/Organisatorisches geraten. Gibt es in Deutschland in mehreren Varianten, auch für "Biodeutsche" und EU-Ausländer. Bitte nehmen Sie die Beamtin nicht persönlich. Sie ist frustriert und auf jede Gelegenheit, jemanden zurechtzuweisen, angewiesen. Und zwar völlig unabhängig davon, ob das sachlich richtig ist oder nicht. Auch dies gibt es in verschiedenen Varianten für die verschiedenen Personengruppen.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @aujau:

      Das trifft den Punkt!

      Somit könnte man sagen, Frau Ali Deeb, Sie sind in Deutschland angekommen.

  • Das Problem mit der Idee einer Integration ist ja, dass sie in ihrem Kern immer irgendwie heimatlich tümelt. Es herrscht der Gedanke vor, dass alle Menschen außerhalb des eigenen Kulturkreises irgendwie gefährlich wären. Im übertragenen Sinne sind das dann auch diejenigen, welche sich subkulturell orientieren und aus dem Mainstream heraus bewegen. Diese werden dann ganz schnell Volksschädlinge. Es gibt einen kleinen gemeinsamen Nenner, wie eine freie Gesellschaft funktionieren kann. Leider ist die "deutsche Leitkultur" weit von diesem entfernt und dröselt den Menschen unsinnige Details auf, wie sie sich Verhalten sollen.

  • Kernmerkmal von I. ist die Bildung einer Gruppe / Gemeinschaft anhand von Gemeinsamkeiten wie z.B. Verhalten, Werten, Status (wozu wiederum Habitus oder Statussymbole (Haus, Auto, Garten, …) gehören) oder auch Sprache. Wenn durch eine Mehrheit (-sgesellschaft – quantitativ gemeint) diese Merkmale schon vorhanden sind, dann ist I. v.a. die Anpassung an diese Merkmale. Integriert ist man dann, wenn die vorhandene Gesellschaft einen als ihr Mitglied anerkannt. Diese Anerkennung kann verschiedene Gründe haben (weitere sind möglich): 1. Ist hier geboren = gehört dazu. 2. Ist für einen bestimmten Zweck hier und erfüllt diesen. 3. hat sich angepasst und den I.-prozess erfolgreich durchlaufen.



    Eine ähnliche Situation, die ich von I. trennen würde, ist die „Anerkennung“, die m.E.n. an eine Funktion geknüpft ist (insb. Punkt 2 fällt darunter).

    Welche Form der Integration / Anpassung zur Anerkennung von Ihnen gefordert wird, hängt sehr von ihrem – zugesprochenen – Status ab:



    1.Wenn Sie (Bio-)Deutsche sind, hier aufgewachsen, Eltern seit Generationen hier, deutsche Vor- und Nachnamen, seit Generationen im Dorf wohnen, dann beweisen Sie Ihre Zugehörigkeit dadurch. Aber auch hier gilt: Sie müssen das tun, was Deutsche tun müssen: ordentlich sein, arbeiten, Haus, Garten und Auto (bzw. das Pendant in der Stadt) haben, Samstag den Bürgersteig kehren …. Sonst sind Sie zwar „immer noch einer von uns“, aber „einer, der Probleme macht“. Wurde von mir verlangt, da meine Mutter (Geschäftsfrau auf dem Dorf) abweichendes Verhalten als geschäftsschädigend empfand.



    2. Wenn Sie z.B. japanische Gastarbeiterin sind – also schon mit einem Job und wegen des Jobs herkommen – dann wird verlangt, dass Sie ihren Job machen und nicht weiter stören. Wenn sie sich dann noch auf ihre Kosten Schulen, Kindergärten, Restaurants, … organisieren und nicht weiter auffallen, dann haben Sie alle Anforderungen zur Anerkennung erfüllt. (siehe Sven Günther vom 15.04.19). Aber integriert sind Sie damit noch nicht

    • @Eokdipl:

      … wenn der Job wegfällt, will man (im Durchschnitt / Normalfall), dass Sie wieder gehen.



      3.Wenn Sie Geld mitbringen (z.B. deutsche Rentner auf Mallorca) und ggfs. für alle Dienstleistungen (inkl. Übersetzung deutsch – castellano) bezahlen, sind Sie auch „angesehen“ – aber oft noch nicht integriert: wenn es zu viele Deutsche werden oder Sie kein Geld mehr haben, sind Sie plötzlich gar nicht mehr erwünscht (ein Merkmal ist dann, dass Beamte plötzlich catalan mit Ihnen sprechen – ein regionaler Dialekt, den auch viel Spanier (sprechen castellano) nicht verstehen.



      4.Wenn Sie hingegen als armer Mensch aus einem armen Land kommen und ihr – wie gesagt zugesprochener Status, nicht unbedingt tatsächlicher! – ganz unten angesiedelt ist, dann wird von Ihnen Anpassung in höchstem Maße verlangt: dann sollen sie alles tun, um den Eindruck (!) zu erwecken (was anderes können die Menschen auf der Oberfläche nicht beurteilen), dass sie ein echter Teil der Gesellschaft werden möchten: Deutsch reden, arbeiten, sich unterordnen, es hilft auch, hier verbreiteten Hobbys nachzugehen: Sportverein, Kleingarten, Feuerwehr oder andere Ehrenämter.



      Suchen Sie sich deutsche Freunde, z.B. bei den genannten Hobbys.



      Gehen Sie keiner Religion nach, die in Deutschland ungern gesehen wird. Betonen Sie, dass Sie Werte, die Vertreter unerwünschter Religion propagieren (wie z.B. die tatsächliche Unterordnung unter einen Gott oder die der Frau unter den Mann), ablehnen. Üben Sie eine erwünschte Religion aus oder gar keine.



      Bedenken Sie aber: Deutschland ist ein Stressland (Burn-Out-Rate steigt seit Schröders Regierung massiv), auch den Deutschen fällt es sehr schwer, die gewünschten Anforderungen zu erfüllen, viele scheitern daran! Andererseits ist es ein sehr beliebtes Land, heißt: anderswo ist es nicht besser. Kaum jemand teilt gerne seinen Reichtum, kaum jemand mag armen Menschen aus fremden Ländern mit ihm unbekannter Kultur. Überlegen Sie sich also gut, ob Sie hier überhaupt leben wollen.

      • @Eokdipl:

        Liebe Frau Kefah Ali Deeb,



        mein Text ist der Versuch einer Beschreibung (möglichst ohne Bewertung), um Ihnen (und anderen) eine Integration leichter zu machen und den Blick (gerade auch für links denkende Menschen) auf vorhandene Gegebenheiten zu schärfen.



        Wenn Sie tiefergehendes Interesse an einer Diskussion haben, schreiben Sie gerne etwas dazu unter meine Texte.



        Mit freundlichen Grüßen



        E.

        • 8G
          86970 (Profil gelöscht)
          @Eokdipl:

          ich habe Ihren Text gelesen und dabei ständig zustimmend genickt. Alles genau richtig getroffen.



          Danke.

  • Integration meint eigentlich, das man Strukturen nach den Bedürfnissen Seggregierter ausrichtet, um ihre Fertigkeiten, Neigungen und Eigenheiten zum Wohle der Gesellschaft nutzbar zu machen.



    Mittlerweile meint der Volksmund damit ein freiwilliges Streben nach Assimilation.

  • Englisch ist in der EU eine Standardsprache, trotz Brexit. Ich nehme an, die Sachbearbeiterin war schlecht qualifiziert. Sie wollte sich Ihnen gegenüber überlegen fühlen, weil Sie ja schließlich der Neuankömmling waren, und konnte das nicht.

    Viele Deutsche sprechen schlecht Englisch, verglichen mit Dänemark oder Schweden, obwohl Englisch hier Schulfach ist. Denn in Deutschland wird im Fernsehen alles synchronisiert, während man anderswo die Filme in Englisch mit Untertiteln sendet. Die Deutschen erwarten offenbar alles in Deutsch...

    Integration soll bedeuten, daß Sie sich ein bißchen Mühe geben, Deutsch zu lernen, daß Sie ein bißchen arbeiten gehen und keine Bomben basteln. Auch das Grundgesetz sollten Sie einmal gelesen haben.

    Mehr bedeutet das eigentlich nicht. Sie müssen nicht Ihre Religion oder Kultur wechseln. Denn in Deutschland gelten Gesetze, die Ihnen erlauben, sich frei zu entfalten solange Sie nicht anderen schaden. Mehr kann man nicht verlangen, außer man ist Rassist oder Nationalist. Auf die müssen Sie nicht hören.

    Nein, viele Deutsche erfüllen selbst nicht die Ansprüche, die sie an Neuankömmlinge stellen. Das haben Sie richtig erkannt.

    Lassen Sie sich nicht einschüchtern.

    • @kditd:

      Viele Deutsche sprechen gut Englisch, verglichen mit Franzosen, Spaniern oder Italienern...was soll das eigentlich, wieso müssen viele (gebildete?) Deutsche immer über die vermeintlich mangelhaften Englischkenntnisse ihrer Landsleute herziehen? Die Weltsprache Nr.1 ist ja sowieso schlechtes Englisch...

    • 9G
      93649 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Amtssprache ist Deutsch. Mein Tipp: Jemanden mitnehmen, der übersetzen kann.



      Sachbearbeiter in den Amtsstuben haben in der Regel nicht studiert und gehören nicht zum Bildungsbürgertum wie taz-Leser.

      • @93649 (Profil gelöscht):

        Leute, die jeden Tag beruflich mit Menschen zu tun haben, die teilweise kein Deutsch können, müssen in der Lage sein sich auf Englisch, mehr erwarte ich nicht, mit dem Gegenüber zu unterhalten und sein Anliegen zu klären.

        Wir sind nicht mehr im Kaiserreich, die Leute sind bei Behörden keine Bittsteller.

        Wenn ich kein Englisch kann oder nicht sprechen will, bin ich eben bei der Ausländerbehörde falsch.

      • @93649 (Profil gelöscht):

        um englisch zu sprechen, muss man nicht studieren, englischunterricht erhalten in deutschland alle kinder durchgehend ab der 5. klasse. verwaltungsangestellte haben mind. einen mittleren schulabschluss, es gibt also keinen grund, kein englisch zu koennen. in auslaenderbehoerden arbeiten aber meist die strafversetzten, leute, die in anderen oeffentlichen einrichtungen im publikumsverkehr nicht zumutbar sind. denen mangelt es nicht nur an englischkenntnissen.

  • ja, das frage ich mich auch immer, was denn überhaupt mit Integration gemeint ist.



    Wir leben auf einer Welt - so ist das einfach. Wir sind keine Pflanzen, sondern können unseren Ort wechseln, wie die Vögel. Sind die Vögel hier eigentlich richtig integriert? Und die Bienen?

  • Ja, das hat leider mit der Herkunft zu tun.



    Der Mann einer guten Freundin ist Engländer und lebt seit 14 Jahren hier. Gut, er ist Musiker. Aber: in diesen 14 Jahren hat er knapp das Grundvokabular wie “Guten Tag”, “Bitte”, “Danke”, “auf Wiedersehen” tec. gelernt. Also knapp die erste Hälfte von A1.



    Wie kommts? Weil alle Menschen völlig beglückt mit ihm Englisch reden. Inklusive seiner, nun gut, ohnehin vielsprachigen (fünf Sprachen) Frau, deren Englisch aber mittlerweile so klingt als wäre sie in Bristol aufgewachsen.



    Und er ist nicht der Einzige, weil sich auch viele andere englischsprachigen hier gerne in “Parallelgesellschaften” bewegen.

  • Es tut mir aufrichtig leid, was Ihnen entgegenschlägt. Aus meiner Erfahrung sind die Leute, die so auf englischsprachige Kommunikationsversuche reagieren, meistens zutiefst verunsichert, weil sie nicht besonders gut englisch sprechen. Oder sogar richtig schlecht.



    Ich glaube, das hilft Ihnen jetzt nicht wirklich, solange solche Leute in Behörden sitzen und mit ihren Komplexen andere schlecht behandeln können. Gut integriert sind die aber nur unter Arschlöchern.

  • Das ist ganz klar eine rassistische Reaktion, eine sehr dumme. Sie kommen aus dem (schon immer) bösen nahen Osten, da kamen schon immer die Gefahren her.

    Gegenüber einem Amerikaner oder Engländer wäre diese Bemerkung bezüglich der Sprache ja mehr als lächerlich, obwohl es um den gleichen Sachverhalt geht.

    Solche Staatsbedienstete sind für MEIN Land eine Schande und ich bekomme die Wut, wenn ich daran denke, dass ich deren Gehalt mitbezahle.

  • "Hat es damit zu tun, dass ich eine Geflüchtete bin? Aus einer bestimmten Region komme? Oder gibt es andere Gründe?"

    Zu Frage 1, vielleicht ist das bei manchen Deutschen ein Punkt, dürfte aber nicht flächendeckend verbreitet sein. Zu. 2 ganz sicher. In Frankfurt leben und arbeiten z.B. ein paar Tausend Japaner. Es gibt in Hausen einen japanischen Kindergarten und eine Schule, es gibt japanische Supermärkte, Ärzte und Restaurants. Auf der Arbeit spricht man japanisch oder englisch, auch ohne deutsche Sprachkenntnisse können die hier gut leben und darüber regt sich auch keiner auf.

    Bei Menschen aus der Türkei, dem arabischen Nahen Osten oder praktisch allen Teilen Afrikas, sieht die Sache ganz anders aus. Wehe der Bäcker hat Schilder auf türkisch aufgehängt, Untergang des Abendlandes unmittelbar bevorstehend, bei den Aussagen einiger Kollegen oder Nachbarn.

    Zu 3, da ist auch ein Teil Abwehrreflex dabei, da diese Leute in der Regel selbst nur Deutsch können, mit solchen Aussagen kaschiert man das aggressiv.

    • @Sven Günther:

      "Die japanischen Familien, deren Kinder unsere Vorschule besuchen, werden in den meisten Fällen von ihren jeweiligen Firmen für eine begrenzte Zeit nach Deutschland entsandt. Der Lebensmittelpunkt dieser Familien liegt also in Japan. Es ist deshalb notwendig, dass die Kinder in ihrer Muttersprache und Kultur erzogen werden, um ihnen nach ihrer Rückkehr einen nahtlosen Übergang in den dortigen Kindergarten bzw. Grundschule und eine leichte Wiedereingliederung in die japanische Gesellschaft zu ermöglichen.*

      • @Gunnar Roth:

        Das wird zwar immer wieder gerne gesagt, stimmt aber nur teilweise.

        Die meisten Japaner aus dem Bekanntenkreis meines Vaters, damals bei Sumitomo, sind nie wieder nach Japan zurück.

        Warum auch, nach dem Zusammenbruch der Bubble Economy in Japan hat sich die Wirtschaft dort nie richtig erholt und in Deutschland gibt es sehr viele Geschäftsbeziehungen mit dem Kaiserreich, gut ausgebildete Japaner werden gerne eingestellt.

        Bei mir in der Firma gibt es auch ein paar, von den 5 oder 6 spricht nur eine Frau auf B2 Niveau Deutsch. Ist auch unnötig, außer ab und zu an der Kaffeemaschine und wenn sich die Deutschen über die Bundesliga unterhalten, wird bei uns Deutsch gesprochen.

        • @Sven Günther:

          * wird bei uns kein Deutsch gesprochen.

  • Integration ist, wenn du deiner Tochter erlaubst, zu einem Jungen zum Spielen oder auf Geburtstag zu gehen.

    B1 ist gar nicht so schlecht, die meisten Deutschen sind nur B2...

  • Wünschen Sie sich lieber nicht, werte Kefah Ali Deeb, dass ich Ihnen erkläre, was manch ein*e Deutsche*r versteht unter Integration. Wenn Sie das nämlich erst einmal verstanden haben, werden Sie sich vielleicht nicht mehr integrieren wollen. Und das könnten gewisse Leute Ihnen sehr verübeln. Leute, die durchaus die Macht haben, Ihnen zu schaden.

    Mir jedenfalls geht es genau so. Und nein, es hilft mir gar nicht, dass ich die Landessprache halbwegs beherrsche. Im Gegenteil. Je genauer ich zuhöre, je öfter ich nachfrage, um so geringer wird meine Bereitschaft, Teil dieser Gesellschaft sein zu wollen. Und wenn ich nicht annehmen müsste, dass meine Probleme überall auf dieser Welt die selben wären, wäre ich vielleicht auch schon geflüchtet. Aber weglaufen ergibt keinen Sinn in meinem speziellen Fall. Ich wäre überall das, was ich in Deutschland auch bin: nicht integrierbar in „die Struktur“, die man mir zumutet.

    • @mowgli:

      Können Sie beschreiben, was so schlimm an unserem Land und unseren Menschen ist? Was schätzen Sie denn an diesem Land?

      • @JM83:

        Sie hat doch geschrieben, dass es an ihr liegt, und nicht an der Gesellschaft.



        Und das es überall auf der Welt so wäre.



        Von daher liegt ja wohl nicht an Deutschland.

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @JM83:

        Ja, was ist nur so schlimm in einem Land, in dem die AfD in allen Parlamenten sitzt und offenbar 15-20% der Wähler das völlig in Ordnung finden, ja genau so wollten? Wo Pegida marschiert und "Wo, wo, wo wart ihr Silvester?" gebrüllt wird. Wo Anwältinnen samt Familie von Polizeicomputern aus mit dem Tode bedroht werden?



        Ich weiß es nicht, sagen Sie es mir doch bitte!

        • @970 (Profil gelöscht):

          Das, was Sie beschreiben, nennt man Demokratie. Da kommen auch die zu Wort, die man nicht mag.