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EU-Urheberrechtsreform in DeutschlandShowdown um Uploadfilter im Netz

Wenn die Bundesregierung sich nicht einigt, droht die EU-Urheberrechtsreform zu scheitern. Uploadfilter schließt der Koalitionsvertrag aus.

Sorgen sich um freie Meinungsäußerung im Netz: Demonstrierende gegen die EU-Urheberrechtsreform Foto: imago-images/Ralph Peters

Berlin taz | Kommt sie oder kommt sie nicht? Nach mehr als drei Jahren Verhandlungen zur EU-Urheberrechtsreform für den digitalen Binnenmarkt droht der Kompromiss zu scheitern. Grund dafür ist ein Streit zwischen Union und SPD zum Einsatz von Uploadfiltern. Sie sollen beim Thema Haftung von Onlineplattformen für Inhalte eingesetzt werden. Die Filter werden beim Hochladen auf Webseiten prüfen, ob die Inhalte gegen Urheberrechte verstoßen.

Die Abstimmung findet am Montagvormittag im EU-Agrarrat statt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wird für Deutschland die Stimme abgeben. Da in der Bundesregierung die Urheberrechtsreform jedoch im Justizministerium angesiedelt ist, kommt die Entscheidung von der zuständigen Ministerin Katarina Barley (SPD).

Im Koalitionsvertrag werden Uploadfilter als „unverhältnismäßig“ ausgeschlossen. Sie sind aber Teil der EU-Reform. Daher soll nun eine Protokollnotiz zur Abstimmung helfen, dieses Dilemma aufzulösen und den Einsatz von Uploadfiltern auf nationaler Ebene eindämmen. Doch genau dieser Weg sorgt für Streit zwischen Union und SPD. Bis zum Sonntagabend war von keiner Einigung auszugehen. Bleibt es dabei, muss sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten.

Die Reform soll das Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen. Kritiker*innen wenden ein, dass Plattformen wie YouTube künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Damit besteht die Gefahr, dass mehr als nötig aussortiert wird.

Ein Internet, das für Vielfalt und Meinungsfreiheit steht

Organisationen wie Digitalcourage hatten in den vergangenen Tagen über Eilappelle die Bundesregierung aufgefordert, gegen die Reform zu stimmen. „Die Folge wäre eine EU-weite technische Infrastruktur, die die Inhalte von Nutzer*innen milliardenfach automatisch prüfen und zensieren würde. Dadurch wird das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt“, heißt es in dem Appell. Die Reform bedeute eine Filterung von Kommunikation, die in der Lage sein müsste, Zitate, Kritik oder Parodie zu erkennen. Technisch sei dies schwierig.

Auch am Wochenende gab es bundesweit und in Europa Proteste gegen die EU-Urheberrechtsreform. Die Demonstrant*innen setzen sich einerseits für starke Urheberrechte ein, andererseits wollen sie ein freies Internet, das für Vielfalt und Meinungsfreiheit steht.

Die Bewegung besteht hauptsächlich aus Internetaktivist*innen und vor allem aus vielen jungen Leuten. Auf Verärgerung und Wut stoßen zudem Äußerungen von Politiker*innen, die in den vergangenen Wochen die Aktivist*innen als „Bots“ oder „gekauft“ beschimpften. Offenbar hatte vor allem die Politik nicht mit dem enormen Widerstand gegen die EU-Urheberrechtsreform gerechnet.

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10 Kommentare

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  • "Uploadfilter schließt der Koalitionsvertrag aus"

    Das ist so als ob man 365 Tage Sonnenschein per Gesetz beschließt... Schwachsinn!

  • Nach GEMA-Prinzip werden dann wahrscheinlich alle Bürger pauschal für die Internet- Urheberrechtsveletzung abkassiert werden. Kann ja jedem mal passieren und sieht nach einem lukrativen Geschäftsmodell aus. Für die GEMA und Ähnliche.

    • @Gerdi Franke:

      Ihnen ist wohl nicht klar das die GEMA das Geld für die Urheber also Musiker einsammelt. Klar es gibt einiges zu verbessern, gerade was die Verteilung bei relativ unbekannten Künstlern angeht. Aber geistiges Eigentum gibt es halt nicht gratis. Sie wollen ja auch Geld für ihre Arbeit.Ohne die Verwertungsgesellschaften wird es kulturell arm, weil dann viele Künstler b.z.w Urheber nicht mehr von ihrer Arbeit leben können. Was schwer genug ist. Der einzelne Urheber kann sich nicht darum kümmern. Der Aufwand ist für den Einzelnen nicht zu bewältigen. Dafür bekommt die GEMA ihren Anteil. Wir Kreativen sind keine gierigen Arschlöcher, sondern wollen wie jeder andere von unserer Arbeit leben!

  • Hätten wir Abgeordnete mit einem Fünkchen Verstand im EU-Parlament gehabt, dann bräuchten wir dieses absurde Gezerre im Rat über den deutschen Koalitionsvertrags jetzt nicht. Der gesammte Entwurf von Art. 13, jetzt 17 war von Anfang an technisch kaum umsetztbar und so hanebüchen schlecht geschrieben, dass niemand weiß, was er tun soll. So etwas durfte man nicht durchwinken, auch wenn man Urhebern gegen YouTube/Google helfen will. Alle Empfehlungen sind an dieser MdE-Clique vorbeigerauscht. Nie wieder CDU.

  • "Die Abstimmung findet am Montagvormittag im EU-Agrarrat statt"? Verständnisfrage: Warum im Agrarrat? Was hat das Thema mit Agrarpolitik zu tun?

  • Letzte Woche ist einer der wichtigsten Content-Lieferanten dieses Jahrhunderts in Londen in den Kerker geworfen worden, ein weiterer lebt im Exil in Russland.



    An den Inhalten, die Herr Assange mit Wikileaks und Herr Snowden geliefert haben, haben unsere Medien Millionen verdient. Jeder einzelne Verlag!



    Welchen Anteil von diesen Gewinnen hat etwa der Axel Springer - Verlag - der sich ja besonders für eine faire Vergütung aller Beteiligten an der Wertschöpfungskette einsetzt - bisher an Wikileaks und an Herrn Snowden überwiesen?

    • @Peter_:

      Wikileaks war nie Gewinnorientiert und die Unterlagen wurden erst von vielen Journalisten verschiedener internationaler Medienunternehmen ausgewertet. Wikileaks war gar nicht in der Lage dazu. Die Informationen sollten an die Öffentlichkeit und nicht verkauft werden. Sie hätten aber gerne Spenden können.

  • Ich erwarte nichts, Barley hat kein Rückrat.



    Außerdem bringt eine Sonderegelung für Deutschland wenig.



    Wie soll der Betreiber einer Webseite das umsetzen?

    • @Fallenangel85:

      Über die IP. Die Umsetzung ist technisch wirklich der zweitleichteste Teil davon. Die Umgehung der Maßnahme zb per VPN der leichteste.

      • @LeSti:

        Zumindest bis VPN auch noch beschnitten werden.



        Es gibt doch schon wieder einen Gesetzesvorschlag der VPN Systeme und TOR Browser etc. reglementieren soll. Wenn ich das richtig verstanden habe, diesmal unter dem Deckmantel der Verhinderung von Straftaten im DarkNet.