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Kommentar EU-UrheberrechtsreformDanke für nichts

Kommentar von Svenja Bergt

Der EU-Ministerrat einigt sich auf eine Lösung ohne rechtliche Konsequenzen. Alle Befürchtungen zum Uploadfilter werden beiseite gewischt.

Artikel 13 tötet die Redefreiheit: Berliner Demo Anfang März 2019 gegen Uploadfilter Foto: dpa

W äre es nicht so traurig, es wäre lustig. In den vergangenen Wochen haben SPD und Union um die EU-Urheberrechtsreform im Allgemeinen und die Frage der umstrittenen Uploadfilter im Speziellen einen Eiertanz aufgeführt. Nun haben sie sich zur Verabschiedung im EU-Rat auf eine Protokollnotiz zur dieser Richtlinie geeinigt, die sinngemäß sagt: Uploadfilter sollten vermieden werden, wenn sich das denn einrichten lässt.

Das ist lustig, weil es zeigt, dass die Union ihre Beteuerungen, zu diesen Filtern werde es schon nicht kommen, offensichtlich selbst nicht glaubt – und sie natürlich mit einer Protokollnotiz, die keine rechtlichen Konsequenzen hat, auch nicht verhindern würde. Und es ist auch lustig, weil im Netz gleich adäquate Reaktionen kommen, etwa der Vorschlag, dass man künftig doch auch einfach jedem Auto mit Verbrennungsmotor eine Protokollnotiz beilegen könne, die festhält, dass man gegen Emissionen ist.

Aber eigentlich ist es traurig. Weil so viel Unkenntnis, Unentschlossenheit und Inkonsequenz im Gesetzgebungsprozess dazu beiträgt, das ohnehin nicht überbordende Vertrauen in Politiker:innen weiter zu schwächen. Dabei hätten die Beteiligten eine ganze Reihe von Möglichkeiten gehabt, es besser zu machen, sogar im letzten Verhandlungsschritt: Die Befürchtungen von Nutzer:innen ernst zu nehmen, anstatt sie einfach beiseitezuwischen – das wäre ein Anfang gewesen.

Oder: sich von dem Gedanken zu verabschieden, dass es einen „Jetzt ist es so spät, dass wir nichts mehr ändern können“-Moment gibt, denn Änderungen sind genau so lange möglich, wie der politische Wille da ist.

Dazu kommt: Hätte Deutschland im EU-Rat anders abgestimmt – also mit einem Nein oder auch nur einer Enthaltung –, dann wäre diese Reform gar nicht erst durchgegangen. Dass also am Ende zwei Handvoll deutscher Bundespolitiker:innen darüber entscheiden konnten, ob die EU-weite Reform so kommt oder nicht, das ist wirklich alles andere als lustig.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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8 Kommentare

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  • Diese CDU/CSU Brandstifter müssen endlich vom Ruder weg. Die Steuern nicht mehr sondern drehn einfach Sinnlos daran herum.



    EU-Wahl. keine CDU /CSU verbreiten wo es nur geht !

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Zitat: 'Uploadfilter sollten vermieden werden, wenn sich das denn einrichten lässt.'.



    Das Problem für die Merkelregierung war, daß so gewichtige Leute wie Merkel, Altmaier, Braun, Klöckner, Giffey, Schulze, und der alte Seehofer durch das Uploadfilter blockiert werden. Im Zuge der noch nicht allgemein verstandenen 'Digitalisierung' hatte man Angst, daß zu großes Körpergewicht einen Upload verhindert. Alles, was über 100 kg wiegt, wird blockiert.

  • Ich begreife nicht, wie nach 100 Jahren Verarsche immer noch Leute hoffen, dass die SPD was für sie tut. Das gabs vielleicht mal kurz zu Willys Zeiten. Wie lernresistent muss man sein? VerG#Eb!

    Aber das ist egal, alle etablierten Parteien haben mitgemacht außer der Partei Die Linke.

    Bei der EU-Wahl ist Zahltag, Babe.

    • @uvw:

      Die Partei Die PARTEI hat auch nicht mitgemacht! ;-)

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Das Foto zeigt die Idiotie der heutigen Gesellschaft.

    Wer tatsächlich die freie Meinungsäußerung mit dem illegalen Kopieren von Arbeitsergebnissen von Kunst- und Kulturschaffenden verwechselt, sollte vielleicht einfach mal das "Maul halten".

    Und in die Statistik schauen:

    Selbstständige Künstler*innen verdienen in Deutschland weniger als 1.000 Euro brutto im Monat!

    Diese Schande zu beseitigen wäre der Auftrag einer aufgeklärten Gesellschaft.

    Aber mensch will besinnungslos die Rechte anderer Menschen mit Füßen treten.

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Und wenn man diese Künstler jetzt effektiv an der Verbreitung ihrer Werke hindert, verdienen sie mehr?



      Gerade für "kleine" Künstler sind doch darauf angewiesen möglichst viele Vertriebswege für Ihre Werke zu nutzen um eine möglichst großes Publikum (das idR. passiv konsumiert, also die Kunst vor die Füße getragen bekommen will) anzusprechen.



      Dieses "verhindern dass ein Künstler eine Platform hat" wird durch das LSR (Artikel 11) sehr effektiv für Zeitungs- bzw. Texterzeugnisse erreicht und durch die Uploadfilter (Artikel 13) genauso effektiv für audio-visuelle Inhalte.



      Haben Sie schon mal mit einem Künster darüber geredet? Es wirkt nämlich so, als ob Sie nur die neoliberale Propaganda der üblichen ewig gestrigen kennen würden.

      Wer eine andere Politik will, muss anders wählen!



      #NieWiederCDU #AuchNichtSPD #ErstRechtNichtFDP #UndBloßKeineAfD

  • Das von der Union nicht viel zu erwarten ist, war klar. Aber dass Barlay Artikel 16 zugestimmt ist, verstehe ich einfach nicht.

    Der Bundesgerichtshof hat aus gutem Grund 2016 geurteilt, daß die VG Wort die Einnahmen nur noch an den Urheber ausschütten darf und nicht mehr teilweise an den Verwerter, also die Verlage.

    Die Verlegerbeteiligung wird nun wieder eingeführt, nun glaube ich persönlich ja nicht, daß an der prekären Einkommenssituation vieler freier Autoren und Journalisten sich etwas grundlegendes geändert hat.

    Warum eine Partei, die sich selbst wieder als Schutzmacht der kleinen Leute positionieren will, so einen ideologischen Totalausfall mitträgt, der auch noch so klar ist, will sich mir einfach nicht erschließen.

    Hier viele Leute mit wenig Einkommen, dort Verlage mit viel Umsatz, das es einigen Verlagen ebenfalls schlecht geht, geschenkt. Das alte Modell sah eine Teilung 50:50 Urheber und Verwerter, also nimmt man den vielen Urheber jetzt wieder 50% der Einnahmen weg.

    Der neue SPD Slogan, "Less money for the many, much for the few."

    • @Sven Günther:

      "als Schutzmacht der kleinen Leute positionieren will"



      Wer sagt, dass sie sich so positionieren "will" .. sie will den Eindruck erwecken, dass sie das will, aber wollten tut sie das doch nicht ... wäre doch auch absurd davon auszugehen, wenn das eigene Einkommen von Parteispenden und pers. Zuwendungen großer Unternehmen abhängt.