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CDU-Baupolitiker zur Mietenregulierung„Ich bin kein Freund von Enteignung“

Die SPD hat Vorschläge für niedrige Mieten vorgestellt, die Union ist nicht überzeugt. Jan-Marco Luczak warnt, Vermietern das Leben unnötig zu erschweren.

Immer teuer: Wohnraum Foto: Unsplash/Danny Feng
Interview von Martin Reeh

taz: Herr Luczak, in der vergangenen Woche hat der Bundestag eine verschärfte Mietpreisbremse beschlossen. Die SPD wollte das schon in der letzten Legislaturperiode. Warum haben Sie jetzt erst zugestimmt?

Jan-Marco Luczak: Ich freue mich, dass wir am vergangenen Donnerstag einen gewaltigen Schritt in Richtung mehr Mieterschutz getan haben. Schon ab Januar gilt, dass Mieten nach Modernisierungen nicht mehr so stark steigen dürfen, wodurch Mieter aus ihren Wohnungen verdrängt würden. Gerade mit Blick auf Berlin war mir das besonders wichtig. Mit dem Mieterschutzgesetz verschärfen wir auch die Mietpreisbremse und sorgen für mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt. Vermieter müssen dann über die Vormiete Auskunft geben und Mieter können einfacher rügen und damit ihre Rechte durchsetzen. Dafür habe ich mich persönlich schon in der letzten Wahlperiode eingesetzt.

Ich habe manchmal den Eindruck, die Union überlässt die Mietenfrage SPD, Grünen und Linkspartei. Obwohl die CDU in den Großstädten ein Problem hat, Wähler zu mobilisieren. Nimmt die CDU das Thema nicht ernst genug?

Leider entsteht manchmal in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass wir als Union nicht auf der Seite der Mieter stehen. Aber der Eindruck ist falsch. Uns ist sehr wichtig, dass Menschen, insbesondere junge Familien, nicht aus ihren angestammten Kiezen verdrängt werden. Deshalb haben wir beim Mieterschutzgesetz etwa durchgesetzt, dass schwarze Schafe unter den Vermietern zukünftig mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht bestraft werden können. Wir dulden nicht, wenn durch Modernisierungsmaßnahmen Mieter bewusst und zielgerichtet aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden sollen. Dafür gibt es zukünftig ein Bußgeld.

Sie sprechen öfter von „schwarzen Schafen“ unter den Vermietern. Das erweckt den Eindruck, als ginge es nur um ein paar wenige Ausnahmen. Aber viele Mieter haben inzwischen den Eindruck, als wären es ganze Konzerne, die gezielt Modernisierungen nutzen, um die Mieten nach oben zu schrauben.

Die öffentliche Debatte ist sehr stark von Fällen krasser Modernisierungsmieterhöhungen geprägt. Wir reagieren mit dem neuen Mietrechtspaket darauf. Grundsätzlich sind Modernisierungen aber wichtig. Die Bundesregierung hat sehr ehrgeizige Ziele, was den Klimaschutz anbelangt. Dafür brauchen wir energetische Modernisierungen, weil gerade im Gebäudebestand bezüglich CO2-Einsparungen ein riesiges Potenzial liegt. Die Sanierungsquote liegt momentan etwas über einem Prozentpunkt. Wir brauchen aber drei Prozent, um das Ziel zu erreichen. Außerdem brauchen wir den altersgerechten Umbau von Wohnungen.

Im Interview: Jan-Marco Luczak

43, ist Mitglied im Fraktionsvorstand der Union im Bundestag.

Das heißt konkret?

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden. 2030 sind über 6 Millionen Menschen in unserem Land über 80 Jahre alt. Und die benötigen dann etwa einen Fahrstuhl. Wir müssen also bezahlbares Wohnen auf der einen und energetische und altersgerechte Modernisierungen auf der anderen Seite in diese wichtigen gesamtgesellschaftlichen Ziele zusammenbringen. Der Ausgleich ist nicht immer leicht.

Die SPD hat kurz vor den Wahlen in Hessen und Bayern ein 12-Punkte-Papier mit sehr weitgehenden Forderungen zur Wohnungspolitik vorgelegt. Hat Sie das überrascht?

Nein. Das war ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver. Es hat am Ende nicht gefruchtet. Ich habe mich darüber geärgert, weil Union und SPD nur zwei Tage vorher das neue Mietrechtspaket durchs Kabinett gebracht haben. Das ist ein guter und ausgewogener Kompromiss zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern. Und wenn die SPD dann zwei Tage später aus parteipolitischen Gründen etwas ganz anderes, viel weitergehendes fordert, trägt das natürlich neuen Streit in ein solches Gesetzgebungsverfahren, sodass zwischenzeitlich im Raum stand, ob wir es überhaupt schaffen, das Ganze zum 1. Januar 2019 in Kraft treten zu lassen.

Redet die SPD mit Ihnen über die neuen Vorschläge?

Wir sind in Gesprächen.

Was sagen Sie zu den einzelnen Forderungen? Etwa zum Mietenstopp, mit dem Mieten in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt fünf Jahre lang nur in Höhe der Inflationsrate steigen dürften.

Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem Investitionsstopp. Mir ist wichtig, dass wir den Menschen keinen Sand in die Augen streuen. Schon bei der Mietpreisbremse wurden unglaublich hohe Erwartungen geweckt, die nur enttäuscht werden konnten. So etwas führt häufig dazu, dass Protest gewählt wird. Deswegen bin ich für Realismus. Wir werden das Problem von steigenden Mieten dauerhaft nur in den Griff bekommen, wenn wir mehr, schneller und kostengünstiger bauen. Daher müssen wir aufpassen, dass wir bei den Regelungen im Mietrecht nicht überziehen, also nicht die Investitionsbedingungen so verschlechtern, dass am Ende niemand mehr Wohnungen bauen will.

Die SPD will es auch erschweren, Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln. Unterstützen Sie das?

Bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gibt es schon eine ganze Reihe von Schutzvorschriften. In Berlin haben wir eine zehnjährige Kündigungsschutzfrist, wenn Wohnungen umgewandelt werden. Trotzdem wird relativ viel umgewandelt. Ein Grund dafür ist auch die Komplexität des Mietrechts – für Miet­wohnungen gibt es ein sehr enges Geflecht an Vorschriften, die ein Vermieter einhalten muss. ­Deswegen ist es manchmal für Vermieter einfacher zu sagen, ich wandle in Eigentum um. Deshalb müssen wir genau darauf achten, dass wir nicht die vielen privaten Kleinvermieter aus dem Vermietermarkt ­drängen, weil wir das Mietrecht für diese zu kompliziert machen. Sie sind für den sozialen Ausgleich enorm ­wichtig.

Die SPD möchte auch Eigenbedarfskündigungen erschweren.

Die Rechtsprechung ist bei diesem Punkt bereits jetzt relativ streng. Der Bundesgerichtshof hat eine sehr ausgefeilte Kasuistik entfaltet, unter welchen Bedingungen Eigenbedarfskündigungen zulässig sind. Gerade in der letzten Zeit gab es eine ganze Reihe von Urteilen, die deutlich gemacht haben, dass etwa vorgetäuschter Eigenbedarf Schadenersatzansprüche auslöst und sogar als Betrug strafbar sein kann. Deswegen tun wir als Politik auch an dieser Stelle gut daran, unsere Politik nicht allein von extremen Missbrauchsfällen abzuleiten.

Also keine Veränderung der jetzigen Rechtslage?

Die bestehenden Regelungen sind sehr streng, und das ist auch gut so. Auf der anderen Seite müssen wir auch die berechtigten Interessen von Eigentümern sehen, die vielleicht möchten, dass ihre Kinder in dieser Wohnung wohnen, oder die sich die Wohnung einmal für das Alter zugelegt haben und jetzt in Ruhestand gehen. Das muss auch zukünftig noch möglich sein. Wenn wir die Regeln zu scharf machen, besteht die Gefahr, dass die vielen privaten Kleinvermieter aus dem Markt gedrängt werden und nicht mehr in Eigentum investieren. Dann haben wir am Ende noch viel weniger neue Wohnungen.

In Berlin hat sich ein Bündnis gegründet, das inzwischen von Grünen und Linkspartei unterstützt wird und den umstrittenen Immobilienkonzern Deutsche Wohnen enteignen will. Beziehungsweise, um genau zu sein: jedes Unternehmen, das mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin hat. Das finden Sie vermutlich nicht gut?

Ich bin kein Freund von Enteignungen. Wir als Union nehmen Mieterinteressen sehr ernst. Deswegen verändern wir jetzt das Mietrecht und geben den Menschen mehr Rechte. Aber die Probleme auf dem Wohnungsmarkt über die Enteignung von Privaten zu lösen, wird nicht gelingen. Im Gegenteil: Wir brauchen den Schulterschluss mit den Privaten, weil wir mehr und günstigere Wohnungen bauen müssen. Wenn wir den Privaten sagen, wir enteignen euch, oder wenn wir verkünden, Hausbesetzungen seien ein legitimes Mittel, wie es die Grünen und die Linke tun, senden wir die falschen Signale bezüglich Planungssicherheit an Investoren. Das ist das Gegenteil von dem, was wir tun sollten.

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9 Kommentare

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  • Wenn es um „Enteignung“geht, sind die Herrschaften der „Union“ bei HartzIV-Empfängern und Sparern doch immer sofort ganz vorne mit dabei.



    Nur der Vermieter, der ja in den Ballungszentren nicht selten eine international agierende Immobiliengesellschaft ist, wird wie eine heilige Kuh behandelt.

  • Jan Marco Luszak ist allein gut im Nebelkerzen zünden. Er ist einer der Blockierer jedweder Veränderungen des Mietrechts zugunsten der Mieter. Die "ausgefeilte Kasuistik" des BGH ist Teil des Problems, das Herr Luszak audrücklich nicht angehen will.



    Zur grässlichen BGH-Rechtsprechung bei Zahlungsverzugskündigungen, die schon diverse Landesregierungen per Bundesratinitiative adressiert haben, fragt die Taz leider nicht einmal nach ...

  • "Ich bin kein Freund von Enteignung" - aber ein Freund von eskalierender Wohnungsnot?



    Wenn man das Interview so liest, hat man den Eindruck, dass der Mann auf einem anderen Stern lebt.



    Da haben wir eines der größten Probleme unserer Zeit, bei dem das Nichtstun der Regierung, bzw. die Begünstigung von Vermietern und Kapitalinteressen das Problem befeuert und der Mann redet wie eine Schlaftablette.

  • "Deshalb haben wir beim Mieterschutzgesetz etwa durchgesetzt..."

    Die CDU hat diese Dinge also "durchgesetzt"..., die SPD war also "dagegen" oder wie soll ich das verstehen?



    Schade, dass er mit so einer schwachsinnigen Aussage im Interview davonkommt.

  • wenn ihm das mietrecht zu komplex scheint: mieterschutz lässt sich auch mit einfachen regeln erreichen. die tausend ausnahmen und schlupflöcher sind doch auf bestrebung der vermieterlobby entstanden.



    einfacher ginge auch ohne enteignungen: keine weiteren mieterhöhungen oberhalb der inflationsrate und keine mietsteigerungen bei mieterwechsel.



    zum beispiel.



    übrigens zum thema weitere regeln vertreiben investoren:



    in wien ist es seit kurzem pflicht, zwei drittel der wohnungsneubauten für 5e/m² zu vermieten.



    und überhaupt lässt sich die gern wiederholte behauptung eines mindestpreises für finanzierbare neubauten nur errechnen, wenn für kredite eine höchstlaufzeit und ein mindestzinssatz festgelegt wird. wenn man investoren längere laufzeiten und kleinere rendite zumutet, wandelt sich das bild erheblich. daher müssen diese nebenbedingungen mit angegeben werden, sonst sind damit verbundene argumentationen augenwischerei.

  • "Leider entsteht manchmal in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass wir als Union nicht auf der Seite der Mieter stehen."

    Tatsächlich. War auch übrigens mein Eindruck... zum Glück bemüht sich Herr Luczak danach redlich darum zu erklären, wie dieser Eindruck entsteht:

    "Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem Investitionsstopp"

    Klartext: "wir müssen den Eigentümern ihre Rendite sichern"

    "Wir werden das Problem von steigenden Mieten dauerhaft nur in den Griff bekommen, wenn wir mehr, schneller und kostengünstiger bauen"

    Klartext: "überall sonst muss gespart werden: bei der Qualität, bei den ArbeiterInnen... nur nicht bei der Kapitalrendite"

    Und so weiter und so fort. Jetzt, Herr Luczak, weiss ich, auf welcher Seite Sie stehen. Vorher musste ich mich lediglich auf ein "Eindruck" verlassen.

  • In den vergangenen Jahren wurde der Art 14 Grundgesetz auf den ersten Satz seines Absatz 1 verkürzt, ohne dass irgendwer Einspruch erhoben hätte. Das Eigentum und das Erbrecht wurden gewährleistet durch den Staat. Und zwar unabhängig davon, ob die Besitzer auch ihren Verpflichtungen nachgekommen sind.

    In Art 14 Absatz 2 GG allerdings steht (noch): „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Diese zwei Sätze wurden vollständig ignoriert. Mit der albernen Begründung, das Kapital würde gewiss ins Ausland abwandern, wenn man es gängeln würde. Es sei schließlich ein „scheues Reh“.

    Probleme wachsen, wenn sie nicht behoben werden. So lange, bis sie richtig gefährlich sind. Im Ergebnis bleibt dann wieder nichts anderes übrig, als die „Instrumente“ zu zeigen und großer Angst mit noch größeren Angst zu begegnen. Absatz 3 des Art. 14 GG gestattet deshalb die Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit, nachdem eine „gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“ erfolgt ist. Bleibt nur die Frage: Was ist gerecht?

    Gerecht ist lt. Gesetz, wenn Enteignungen nur bei Missbrauch des Besitzes und nur gegen eine angemessene Entschädigung erfolgen. Könnte sich die Öffentlichkeit nun darauf verlassen, dass der Staat seiner Verpflichtung nachkommt, dem Allgemeinwohl zu dienen, müssten einzelne Fraktionen gar keinen so großen „Druck“ machen. Sie müssten etwa keine (weitgehend uninformierte und denkfaule) Öffentlichkeit oder „die Medien“ mobilisieren (die häufig auch nicht besser sind als ihre Konsumenten). Leider ist "der Staat" faul/feige.

    Aber auch auf dem Wohnungsmarkt sind marktverzerrende Eigentumsverhältnisse ein Problem. Und zwar schon deswegen, weil eine Enteignung an der Höhe der zu zahlenden Entschädigung scheitern kann, wenn Großeigentümer ihre Pflichten ignorieren. Und wenn man nur die kleinen Ganoven hängt, weil man den Großen nichts mehr kann vor lauter Eigentum, ist das doch ziemlich ungerecht, oder?

  • "Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem Investitionsstopp. "

    Das ist eine Aussage ohne faktischen Hintergrund.



    Es wird NICHT mehr investiert, wenn Wohnungsbau unrentabel wäre, es keine finanz- und vermögenspolitischen Vorteile hätte, die Mieten auf niedrigem Niveau wären und die Nachfrage nach teuren Neubau- und Sanierungswohnungen nachlassen würde. Die momentane Räuberstimmung auf dem Immobilienmarkt ist ja auch Folge eines raubtierhaften globalen Spekulantentums, das Teil der Finanzmärkte ist, die jenseits der realen ökonomischen Verhältnisse und der Einkommens- und Kaufkraftverhältnisse ungezügelt ihr Unwesen treiben können. Da ist ein CDU-Fraktionsvorstandsmitglied ja gerade der rechte Ansprechpartner.

  • Hat die Deutsche Wohnen eigentlich je in größerem Umfang günstige Wohnungen gebaut? Die haben doch vor allem Altbestände aufgekauft und dann verteuert