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Privatisierung des GesundheitswesensDas Märchen von den teuren Alten

Bernd Hontschik
Kommentar von Bernd Hontschik

Die Gesellschaft wird älter und dem Gesundheitswesen droht die Kostenexplosion. Klingt einleuchtend, ist aber falsch.

Alte Menschen sind nicht das Problem. Die Umstrukturierung von einem Gesundheitswesen in eine Gesundheitswirtschaft ist der Kern des Übels Illustration: Katja Gendikova

U nser Gesundheitswesen ist in Gefahr! Das hört man immer wieder. Die größte Gefahr gehe davon aus, dass die Gesundheit bald nicht mehr bezahlbar sein werde. Der medizinische Fortschritt mache die Medizin immer teurer, deswegen könne er nicht mehr allen zugutekommen. Man werde rationieren, prio­risieren und zuteilen müssen. Und dann ist da außerdem auch noch die immer weiter steigende Lebenserwartung, die immer größer werdende Zahl alter Menschen. Älter ist kränker ist teurer, so lautet die Schreckensformel. Aber stimmt das eigentlich alles?

Der Begriff der Kostenexplosion wurde 1974 von dem damaligen Gesundheitsminister von Rheinland-Pfalz, Heiner Geißler, in die politische Diskussion eingeführt. Mithilfe einer irreführenden Visualisierung von eigentlich recht geringen statistischen Schwankungen der Gesundheitskosten entstand der Eindruck einer steil ansteigenden Kostenkurve. Der Spiegel setzte daraufhin mit der Serie: „Krankheitskosten: Die Bombe tickt“ im Jahr 1975 das ganze Land unter Strom. Spätestens jetzt war klar: Es bestand dringender Handlungsbedarf!

Im Jahr 1998 erschien ein Taschenbuch mit dem Titel „Das Märchen von der Kostenexplosion“ und entwickelte sich schnell zu einem Bestseller. Bis dahin hatte der Begriff der Kostenexplosion aber schon enorme Bedeutung in sämtlichen Diskussionen über die Zukunft des Gesundheitswesens erlangt. Alle Welt war der Meinung, dass das Gesundheitswesen bald nicht mehr bezahlbar sein werde und längerfristig auf den totalen Zusammenbruch zusteuere.

Konstanz der Gesundheitskosten

Tatsächlich gibt es aber gar keine Kostenexplosion im Gesundheitswesen. Es hat auch noch nie eine gegeben. Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sind in unserem Land seit Jahrzehnten konstant. Sie betragen 10 bis 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts mit minimalen Ausschlägen nach oben oder unten, und zwar nicht weil die Kosten explodieren, sondern wegen konjunktureller Schwankungen dieses Bruttoinlandsprodukts.

In dem nun schon zwanzig Jahre alten Buch wurde damals die These von der Kostenexplosion definitiv widerlegt, ja sogar ad absurdum geführt. Doch damit war die These von der angeblichen Kostenexplosion im Bereich des Gesundheitswesens keineswegs erledigt. Bis heute wird in jeder Talkshow und bei jeder Erörterung über die Zukunft unseres Gesundheitswesens immer wieder auf diese angebliche Kostenexplosion verwiesen.

Bis heute wird in jeder Talkshow und bei jeder Erörterung über die Zukunft unseres Gesundheitswesens immer wieder auf diese angebliche Kostenexplosion verwiesen.

Als einzelner Beitragszahler spürte man ja nichts von der Konstanz der Gesundheitskosten, im Gegenteil. Man spürte stattdessen eine kontinuierliche Erhöhung der Krankenkassenbeiträge. Diese beruhte aber nicht auf einer Kostenexplosion, sondern auf einem dramatischen Einbruch der Einnahmen der gesetzlichen Krankenver­sicherung infolge der zunehmenden Arbeitslosenquote in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts, die teilweise bis zu 12 Prozent betrug.

Privatisierung der Leistungskosten

Die dadurch fehlenden Beitragseinnahmen konnten nur durch Beitragserhöhungen ausgeglichen werden. Und um diese ­Beitragserhöhungen möglichst gering ausfallen zu lassen, wurden Selbstbeteiligungen der Erkrankten eingeführt, obwohl diese dem Konzept einer Solidarversicherung diametral widersprachen.

taz am wochenende

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Rezeptgebühr, Zuzahlungen, individuelle Zusatzbeiträge und selektive Beitragserhöhungen bei eingefrorenem Arbeitgeberanteil waren solche Veränderungen. Dadurch wurden die Krankheitskosten mehr und mehr, Schritt für Schritt von der Solidargemeinschaft auf den einzelnen Kranken abgewälzt. Diese Entwicklung wurde von ausnahmslos allen politischen Parteien betrieben und fand ihren Höhepunkt in der rot-grünen Agenda 2010.

Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder rief gleich zu Beginn seiner Regierungserklärung am 14. März 2003 den paradigmatischen Satz ins Plenum: „Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen.“

Fragwürdige Motivation

Zeitgleich wurde ein neues Vergütungssystem in den Krankenhäusern eingeführt, das die Höhe der Vergütung von der Schwere der Erkrankung und dem Aufwand der therapeutischen Maßnahmen abhängig machte, die Diagnosis Related Groups (DRG), oder auf Deutsch: Diagnosebezogene Fallgruppen. Diese Umstellung hatte und hat bis heute enorme Auswirkungen. Die Liegezeit von Kranken wird nun mit allen Mitteln reduziert, die Fallzahlen werden mit allen Mitteln erhöht und die Diagnosen werden so stark wie möglich dramatisiert, um in einer höhere Bezahlgruppe der DRG zu gelangen.

Aus diesem DRG-System ergibt sich wiederum der Case Mix Index. Der Case Mix Index ist der Durchschnitt aller DRG, die ein Krankenhaus gegenüber den Kassen zur Abrechnung bringt. Je höher der Case Mix Index, desto höher die Vergütung. Erreicht eine Klinik den von der Geschäftsleitung vorgegebenen Case Mix Index nicht, droht Unterfinanzierung, was bedeutet: Verkauf oder Schließung.

Das führt zu einem enormen Druck der Geschäftsleitungen auf Ärzte und Pflegepersonal. Diese werden zu einem ökonomischen Denken in Gewinn- und Verlustkategorien gezwungen und verlieren dabei notgedrungen den eigentlichen ärztlichen und pflegerischen Auftrag immer mehr aus dem Auge.

Genau in jener Zeit begann auch noch eine Privatisierungswelle von öffentlichen Einrichtungen, insbesondere von Krankenhäusern, die inzwischen solche Ausmaße angenommen hat, dass Deutschland heute mit der Zahl der privatisierten Krankenhausbetten an der Spitze in der Welt steht, noch vor den USA.

Teures, letztes Lebensjahr

Aber damit nicht genug. Es gibt noch ein zweites Märchen, eine zweite, nicht minder furchterregende Katastrophe, die angeblich auf das Gesundheitswesen zurollt. Die immer höhere Lebenserwartung der Deutschen, die Veränderung der sogenannten Alterspyramide, die inzwischen eher einem gerupften Tannenbaum als einer Pyramide gleicht, sei dazu geeignet, die Ressourcen unseres Gesundheitswesens zu sprengen, heißt es.

Die immer weiter steigende Lebenserwartung beziehungsweise der immer höhere Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sind Tatsachen. Es kann aber niemandem entgangen sein, dass man von einer „Überalterung“ unserer Gesellschaft spricht. Es ist ja so einleuchtend: je älter, desto kränker, desto teurer.

Das ist aber falsch. Das steigende Durchschnittsalter verursacht im Gesundheitswesen keine unlösbaren Probleme, sondern hauptsächlich erhebliche Veränderungen im Krankheitsspektrum. Es ist nämlich so, dass jeder Mensch, über seinen ganzen Lebenszyklus betrachtet, etwa 70 bis 80 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen im letzten Jahr seines Lebens verursacht. Es ist dabei völlig gleichgültig, ob er mit 40, 60 oder 80 Jahren stirbt.

Es ist immer das letzte Lebensjahr eines gesamten Lebens am kostenträchtigsten.

Es ist sogar so, dass diese Kosten im letzten Lebensjahr bei einem 40-Jährigen im Allgemeinen deutlich höher sind als bei einem 80-Jährigen, da man bei jüngeren Patienten naturgemäß wesentlich radikalere und invasivere, also auch teurere Therapieentscheidungen trifft. Es ist immer das letzte Lebensjahr eines gesamten Lebens am kostenträchtigsten. Das nennt man den Kompressionseffekt.

Abbau des Sozialsystems

Das Steigen des Durchschnittsalters der Bevölkerung wird wahrscheinlich eine völlige Neukonzeption der Pflegeversicherung erzwingen, und es wird möglicherweise auch Verteilungsprobleme zwischen Jung und Alt in der Rentenversicherung geben.

Im Gesundheitswesen aber ist ganz sicher nicht mit Problemen zu rechnen, die nicht innerhalb des bestehenden Systems und mit bereits vorhandenen Ressourcen gelöst werden könnten. Denn: Mit der steigenden Lebenserwartung wird der Lebensabschnitt des gesunden Altseins immer länger, und die hohen Kosten – im letzten Jahr des Lebens, um es noch einmal zu sagen – entstehen entsprechend immer später.

Hätten die Propagandisten der Kostenexplosion und der Altersdemagogie recht, dann wäre unser Gesundheitswesen ja längst schon zusammengebrochen. Das ist aber mitnichten der Fall. Der ökonomische Druck, der im gesamten Gesundheitswesen inzwischen herrscht, muss also ganz andere Gründe haben als eine Kostenexplosion, die es gar nicht wirklich gibt, und eine Alters­lawine, die angeblich auf das Gesundheitswesen zurollt, aber dort nie eintreffen wird.

Die Märchen von der Kostenexplosion und der Altenlawine dienen nur dazu, ein im Grunde gut funktionierendes Sozialsystem durch eine sogenannte Gesundheitsreform nach der anderen zum Abschuss freizugeben. Das ist ein kompletter, tiefgreifender Kurswechsel. Er wirkt sich bis in das letzte Krankenzimmer, bis in den letzten Operationssaal aus.

Vom Gesundheitswesen in eine Gesundheitswirtschaft

In den Gesundheitssektor hat unsere Gesellschaft bislang einen Teil ihres Reichtums investiert, zum Wohle aller. Das Gesundheitswesen war ein wichtiger Teil des Sozialsystems. Nun zieht sich der Staat zurück und macht Platz für Investoren. Das Gesundheitswesen wird zu einem Wirtschaftszweig, in dem ganz andere Gesetze gelten als in einem Sozialsystem. Die Gesundheitswirtschaft wird zur Quelle neuen Reichtums für Investoren, die dorthin gelockt werden durch hohe Renditen von mehr als 10 Prozent, wie sie zurzeit in keinem anderen Wirtschaftszweig auch nur annähernd winken. Die Marktwirtschaft verliert hier ihr soziales Mäntelchen.

Er ist Teil einer Umwälzung, von der ausnahmslos alle Sozialsysteme in unserer Gesellschaft betroffen sind.

Dieser Deformationsprozess hat Ursachen, die außerhalb des Gesundheitswesens und außerhalb der Humanmedizin gesucht werden müssen und zu finden sind. Er ist Teil einer Umwälzung, von der ausnahmslos alle Sozialsysteme in unserer Gesellschaft betroffen sind.

In einfachen Worten kann man das so dechiffrieren: Nicht mehr der Kranke ist Gegenstand der Medizin, der Heilkunst, sondern die Krankheit ist Gegenstand eines Programms; um es genau zu sagen: eines profitablen Wirtschaftsprogramms. Das ist die Konkretion der Verwandlung des Gesundheitswesens in eine Gesundheitswirtschaft.

Und um diesen Vorgang wirksam zu vernebeln, braucht es auch weiterhin die Märchen von der Kostenexplosion und von der Alterslawine.

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Bernd Hontschik
Dr. med. Bernd Hontschik, geb. 1952, war bis 1991 Oberarzt an der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Frankfurt-Höchst, bis 2015 in eigener chirurgischer Praxis tätig. Er ist Autor des Bestsellers „Körper, Seele, Mensch“ und Herausgeber der Reihe "medizinHuman" im Suhrkamp Verlag. Er schreibt Kolumnen in der Frankfurter Rundschau. Er ist Mitglied bei der Uexküll-Akademie (AIM), bei mezis und bei der IPPNW und im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift "Chirurgische Praxis". Nach seinem Bestseller "Erkranken schadet Ihrer Gesundheit" ist aktuell im Handel sein Buch „Heile und herrsche! – Eine gesundheitspolitische Tragödie“, Westend Verlag.
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78 Kommentare

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  • Das Märchen von den teuren Alten besteht darin, das diese dem Rest zu teuer sind und deshalb die billigste Pflege bekommen.

    • @Rudolf Fissner:

      Das ist ja nun gerade kein Märchen, sondern eine Tatsache, soweit man hier überhaupt von Pflege sprechen kann.

      • @Rainer B.:

        Sie scheinen meinen Sarkasmus zum Artikeltitel verstanden zu haben.

  • Stimmt. Z.B. für die Palliativmedizin dürfte sich dann kein Personal mehr finden. Das Alte China ist mit dem modernen Europa eben nur begrenzt vergleichbar.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wie es heißt, soll bei den Alten Chinesen das Gesundheitswesen nach einem anderen Paradigma funktioniert haben. Die Mediziner sollen dann eine Entlohnung erhalten haben, wenn die Patienten gesund waren.

    Ich versuche mir, dies für heute vorzustellen. Da hätten manche Disziplinen ganz schlechte Karten auf der Hand.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ja, das ist eine der vielen LEGENDEN die bei uns über chinesische Medizin kursieren. Ich habe das auch mal geglaubt. Nur: Stimmt das denn überhaupt? Oder ist das auch nur wieder eine von vielen Phantasien westlicher Kulturpessimisten?



      Wer sich mal näher über die Medizin Chinas informieren will, dem empfehle ich die Lektüre von "Traditionelle Chinesische Medizin" von Paul U. Unschuld. Unschuld ist Sinologe, Medizinhistoriker und Direktor des Horst-Götz-Stiftungsinstitut für Theorie, Geschichte und Ethik chinesischer Lebenswissenschaften an der Charité Berlin. Er war auch der erste der chinesische medizinische Texte ins Englische übersetzt hat.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @LittleRedRooster:

        Danke für Ihre Erwiderung.

        Wenn meine Aussage tatsächlich auf einem Mythos oder einer Legende beruht, hätte mir ein kurzer Hinweis genügt. Ich habe sie ungeprüft übernommen. Im gesicherten Wissen, dass es populäre Mythen und Legenden gibt.

        Ich lese soviel, dass ich mir wegen dieses Themas kein neues Buch aufhalsen möchte. Und sei es noch so gut.

        Manchmal gilt das Motto: Leben statt lesen.

  • Danke, Herr Hontschik, für die Klarstellung. Aus meiner Sicht völlig richtig.



    So wird ferner sehr oft innerhalb der Diskussion über das Thema "Kosten (u.a. des Menschen bei der Arbeit am Menschen)" die Inflationsrate nicht berücksichtigt.



    Es entsteht der Eindruck, aus dem heutigen Gehalt müssten die Kosten von übermorgen beglichen werden.

    Da die Löhne nicht mehr wesentlich steigen, dürfte es im Wesentlichen so weitergehen, d.h. in der gefühlten Übersetzung, der Mensch würde immer teurer und "wir" - natürlich sind die Machtlosen, u.a. der s.g. Otto Normalo, gemeint - müsse verständlicher Weise den Gürtel enger schnallen. Nebenbei stellt sich das Gefühl ein, die negativen Prognosen "von davor" sind Wirklichkeit geworden.

  • @NORMALO: Der von Ihnen verlinkte wikipedia-Artikel widerlegt ihren Standpunkt gleich zweifach:

    Unterlassung:



    "Das Untätigbleiben des Wärters ist daher gerechtfertigt und nicht strafbar."

    Handeln:



    "solch eine Quantifizierung wäre mit der Menschenwürde nicht vereinbar."

    1. Es geht hier gar nicht um Untätigbleiben. Es gab *reichlich* funktionierende öfffentliche Infrastruktur in diesem Land, die schlechtgeredet und/oder kaputtprivatisiert wurde, die Bahn, Wasserwerke, whatever. Da gab es auch schon solide Geschäftsführung, Controlling und eine Ethik, die außer ökonomischen auch andere Verpflichtungen kannte. Ich warte noch auf das *eine* Beispiel, wo die Privatisierung (= Profitmaximierung als leitendes Prinzip) tatsächlich ein brauchbares System hervorgebracht hat. Ausgenommen Spielcasino und Börse und Finanzindustrie natürlich. Telekom? ÖPNV? Dass ich nicht lache.

    2. Menschliches Leben ist nicht quantifizierbar oder abwägbar oder allein mit ökonomischen Kategorien abbildbar. Punkt.

    Aber es illustriert genau das Problem, das wir hier haben. Wer nur einen Hammer hat, für den ist alles ein Nagel. Ökonomisierte Sichtweise auf alles und jeden entwertet auf Dauer jeden Bereich, jeden Gegenstand, jedes Subjekt und jeden Vorgang, auf den sie angewendet wird. Moment. Nicht für alle. Wert geht nicht verloren. Der rausgezogene Wert wird zu denjenigen transferiert, die dieses Prinzip ins Spiel gebracht haben. Für diese wenigen ist es eine super lukrative Geschichte, minimaler Einsatz, maximale Rendite. Der Rest zahlt mit mehr Geld, Lebenszeit, Aufwand, Stress, Verlust von Rechten, Möglichkeiten und Perspektiven, persönlichen Daten, was auch immer einen Wert besitzt. Vielleicht sollten wir für die Profiteure mehr Spielcasinos einrichten, damit sie nicht mit öffentlicher Infrastruktur zocken müssen, wo Leute versuchen, echte Arbeit aus echten Motiven zu leisten, wenn sie nicht durch diese Ideologie mit universellem Gültigkeitsanspruch ständig daran gehindert würden.

    • @uvw:

      Das in dem Artikel beschriebene Dilemma ist ja gerade der Konflikt zwischen zwei Konzepten, die beide ihre Vorteile haben (denn bei allem Horror vor der Quantifizierung von Leben: Es gehört schon ein gehöriges Maß an Kaltblütigkeit dazu, fünf Tote für das "richtige" Ergebnis halten).

      Die Realität - gerade im Gesundheitswesen - ist aber, wie Sie richtig sagen, dass Unschuld durch Unterlassen gar keine Alternative ist: Die Ressourcen müssen aktiv bereitgestellt werden. Und sie SIND endlich. Die Möglichkeiten, die die moderne Medizin bietet, um Menschen am Leiden, Siechen oder Sterben zu hindern, sind es zwar auch, aber deren Limit liegt deutlich über dem, was an personellem und materiellem Einsatz aktuell darstellbar ist. Daher müssen Entscheidungen getroffen werden, wobei man zwangsläufig Prioritäten setzt und Opfer produziert. Die Weiche steht gewissermaßen in der Mitte, und der Zug trifft ALLE potenziellen Opfer, wenn man nichts tut.

      Realistisch betrachtet ist genau DAS die ultimative Aufgabe von Politik: Jene Entscheidungen zu treffen, die kategorischen Imperativen unzugänglich sind, bzw. bei denen verschiedene Imperative in Konflikt geraten - und konkret eben auch Leben gegen Leben abzuwägen. An der Stelle ist ein gewisses Maß an Utilitarismus nicht nur vertretbar sondern geboten. Ob das ein ökonomischer Utilitarismus ist oder ob man ihn anders aufzieht, ist letztlich sekundär. Die Ökonomie (Spitzname im Gesundheitswesen: "Monethik") ist nichts anderes als eine mögliche Quantifizierung von menschlichen Wünschen, Möglichkeiten und Prioritäten. Man sollte sie nicht zum Fetisch erheben, aber auch nicht vergessen, was wirklich dahinter steckt: Der freie Wille der Beteiligten, der gleichzeitig auch Grundlage jeder gelebten Ethik ist.

    • @uvw:

      Funktionierende öffentliche Infrastruktur und dann durch Privatisierung kaputt gemacht oder selbst kaputtgespart?

      Geht es um Innovation, Effizienzen und Optimierung: Privatwirtschaft.



      Geht es um Ausgleich, Gerechtigkeit und Unterstützung der Schwächeren: Öffentliche Hand.

      So würde ich die absolut logische Trennung sehen. Und warum ist Privatisierung von Vorteil? Weil dann Gewinn gemacht wird und Gewinne besteuert werden die dann der öffentlichen Hand zufließen.



      Wenn gut laufende öffentliche Projekte Gewinne abwerfen mündet dass stets in Ineffizienz und Schlendrian.



      Daher ist das alles gar nicht so schlecht wie das läuft.... Ausnahmen bestätigen die Regel und sollten dann natürlich rückabgewickelt werden. Telekom gehört garantiert nicht dazu!

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @uvw:

      Willkommen, ein Bruder (oder eine Schwester) im Geiste. Gut zu lesen. Gut zu wissen.

      Das Bild mit dem Hammer und dem Nagel ist sehr treffend. Dicht bei Watzlawicks Geschichte von dem Mann mit dem Hammer. Schön.

      Ich wollte einst die Menschheit vor diesen Zockern retten. Mir erging es wie Don Quichote. Wie töricht.

      Die Idee mit den Spielcasinos finde ich super. Wolle Initiative gründe? Ich mache mit. Ährlisch.

  • Ich habe den Eindruck, daß wenn man als Kassenpatient zum Arzt geht und es ist nichts Eindeutiges wie ein Bruch mit herausguckenden Knochenenden, ist das wie beim Casting: "Rufen Sie uns nicht an, wir rufen Sie an"

    • @Bodo Eggert:

      Die Erfahrung habe ich leider auch schon machen müssen.



      Sobald die Diagnose nicht mit den ersten Untersuchungen steht, verliert der durchschnittliche Allgemeinmediziner gefühlt jegliches Interesse und ist auch bei relativ schwerwiegenden Auswirkungen wenig bereit sich auf eine längere diagnostische Reise zu begeben.



      Ich vermute sehr, dass es dazu auch keinerlei finanziellen Anreiz gibt.

  • Die Kostenexplosion ist doch nur ausgeblieben, weil das Pflegepersonal, welches die Drecksarbeit erledigt, seit Jahren beschi..en bezahlt wird. Doppelte und dreifache Arbeit für gleichen Lohn.



    Jetzt werden Hilfsberufe forciert, da man die Leute noch besch....ner bezahlen kann.



    Und die Gewerkschaften? nix...



    Keine flächendeckenden Streiks von VerDi, keine Unterstützung durch die IG Metall, Chemie und wie sie sonst noch so heißen.



    Die einzigen die was erreichen sind die Ärzte, die regelmäßig 5+% herausholen.



    Aber das Problem ist ja auch verzwickt für unsere Politiks. Erhöhen sie die Beiträge trifft sie des Volkes Zorn. Machen sie nix trifft sie des Volkes Zorn.



    Also immer schön nix tun.



    Denn eines ist sicher die Alten leben ja auch nicht ewig.

    • @Spider J.:

      Der Zorn des Volkes scheint da seine Präferenzen zu haben und das ist der eigene Geldbeutel. Erst im Alter, wenn die eigene Familie betroffen ist kippt vielleicht der Zorn in die andere Richtung. Bei der Solidarität mit alten Menschen ist es nicht viel andes als mit anderen verarmten Mitmenschen.

    • @Spider J.:

      Das Ärzte ganz allgemein immer höhere Einkommen erzielen ist ein weit verbreiteter Irrglaube.



      Oft ist sogar das Gegenteil der Fall wenn man die Situation heute mit der vor 15-20 Jahren vergleicht.

    • @Spider J.:

      Zum einen arbeiten zwei Drittel bei den Kirchen, zum anderen sind sie kaum organisiert. Was erwarten sie was die Gewerkschaften da tun sollen, um Ihren Ansprüchen gerecht zu werden?

      • @Weidle Stefan:

        Die Mängel bestehen bei allen Einrichtungen. Ob privat, staatlich oder kirchlich. Pflegepersonal fehlt überall.

        Der Pflegemindestlohn in der Altenpflege ist zum Januar 2018 gestiegen - auf 10,55 Euro im Westen und 10,05 Euro im Osten. Knapp überm Mindestlohn! Das Geld kommt immer aus dem Sozialversicherungstopf. Die Beiträge zu diesem Topf müssen steigen. Dann können auch die Löhne steigen.

  • Hmmm. Und am nächsten Tag steht hier dann wieder was von der schröcklichen Zwei-Klassen-Medizin und wie sie die armen Kassenpatienten benachteiligt, weil ja bloß für die unsolidarischen Privatpatienten auch wirklich das medizinisch Bestmögliche getan wird. Aber wer braucht schon Zusammenhänge, wenn er ein Feindbild hat...

    Der Artikel ist schon in sich inkonsequent: Er erklärt einerseits, dass es keine Teuerungseffekte durch medizinschen Fortschritt und demografische Entwicklung gäbe. Eine Atemzug später beklagt er dann die furchtbaren Folgen der Sparmaßnahmen, die ergriffen wurden, um genau diese Effekte in der absoluten Ausgabensumme in Grenzen zu halten. Wasch mir den Rücken, aber mach mich nicht nass...

    Positiv ausgdrückt wurden in den vergangenen Jahrzehnten im Gesundheitssystem gewaltige "Effizienzreserven" identifiziert und gehoben. Das absehbare Ergebnis ist, dass heute aus dem Patienten ein Profit- bzw. Kostenfaktor geworden ist, Kassenärzte teilweise ihre Patientenzahlen verdoppelt haben, ohne dass sich ihr Umsatz nennenswert gesteigert hat, und Rabattverträge der Krankenkassen mit der Pharmaindustrie starken Einfluss auf die konservative Krankenbehandlung nehmen. Was auf der Strecke bleibt, ist klar: Die fachgerechte Behandlung des Einzelfalls. Aber TEURER ist nicht geworden.

    Super Sache, das...

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Obacht! Mit Ihrem Schlusssatz haben Sie sich aber ungewöhnlich weit aus dem Fenster gelehnt ...

      Frage an den Diagnostiker: welche Therapie(n) empfehlen Sie?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Tricky...

        Die Quadratur des Kreises schaffe ich auch nicht. Meine persönliche Tendenz wäre (natürlich): Mehr Verantwortung für die Patienten, weniger industrielle Abfertigung und Rasenmäher-Sparmaßnahmen.

        Ein Gedanke dazu: Es gab früher mal Ersatzkassen. Deren Versicherte erhielten keine kostenfreie Sachleistung sondern eine persönliche Rechnung, die dann in voller Höhe von der Kasse erstattet wurde - soweit nötig auch im Voraus oder direkt an den Arzt bzw. Krankenhaus. Der Patient hatte auf diese Weise eigenen Zugriff auf die von ihm verursachten Kosten und war für den jeweilgien Leistungserbringer nicht nur ein "Schein" sondern ein zahlender Vertragspartner. Die Qualität der Behandlung hat darunter sicher nicht gelitten.

        Die Frage ist nur, ob der Leistungsempfänger wirklich gerne einen Beitrag zu Kostenkontrolle leistet und wie man in einem solchen System die bereits erzielten Spareffekte abbilden will. Es GIBT dieses Kostenerstattungssystem aktuell theoretisch. Aber die Kassen wollen es nicht und schrecken ihre Versicherten ab, indem sie nicht die Kosten der Behandlung tragen sondern den Großmarktpreis, den SIE eine äquivalente Behandlung kosten würde. Die Ärzte haben dagegen verlernt, den Unterschied zwischen Ersatzkassen- und Privatpatienten zu berücksichtigen.

        Da ließe sich vielleicht etwas machen...

        • @Normalo:

          Als Patient kann man sehr gut Verantwortung übernehmen - wenn's Einem gerade so gut geht, daß man keinen Arzt braucht. Ansonsten bleibt die Ohnmacht.

    • @Normalo:

      Schnackeldidackel - öh*¿* What?

      Wie meinen*¿*



      Normal - mein ich.

      • @Lowandorder:

        Ich *meine*, dass die Mär von den "teuren Alten" schon einen Wahrheitsgehalt hat. Nur wurde der Preis eben nicht in Euro sondern in Abstrichen bei der Patientenbehandlung bezahlt. Man "müsste" nicht priorisieren, rationieren etc.. Man tut es längst.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Normalo:

          Verspätet entdeckt:

          Ich sehe auch, dass das an die Wand gemalte Gespenst längst alltägliche Realität ist.

          Als radikaler Humanist ist mir das fetischisierte ökonomische Prinzip fremder als es erdfremde Bewohner jemals sein könnten.

          Wenn die Rede von den teuren Alten tatsächlich Realität ist (ich denke, sie ist dies) spricht dies nicht gegen die Alten und einem angemessenem Umgang mit ihnen.

          Es spricht gegen eine globalisierte Haltung, die alles und jedes unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet. Allerdings nur unter dem Aspekt der Kurzfristigkeit.

          Dass manche Massnahmen, die kurzfristig sparsamer zu sein scheinen, langfristig unbezahlbar werden, ist jedem bekannt, den es interessieren würde.

          Gerne verweise ich hier auf den Umgang mit nuklearen Abfällen. Was unsere Generation der Schwachmaten nachfolgenden Generationen aufbürdet, geht auf keine Kuhhaut.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            "Ökonomie" ist nicht notwendigerweise synonym mit Profitgier. Sie ist auch Ausdruck der Tatsache, dass Wünsche allein keine Erfüllung bringen.

            Wenn man will, dass einem Menschen etwas Gutes getan wird, muss man jemanden finden, der das zu tun willens und in der Lage ist. Das in politische Erwägungen einzubeziehen, mag Ihnen vielleicht zu taktisch sein, aber einen "Fetisch" würde ich es nicht nennen.

            • @Normalo:

              Ökonomie könnte rein theoretisch auch die Verteilung von Gütern zur Ermöglichung eines gesellschaftlichen Lebens bedeuten. Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv. Im Kapitalismus dreht sich alles um die Gewinnmaximierung zu deren Generierung jede Realität ausgeblendet wird.



              Wenn du weiter oben doch richtig erkannt hast, dass die Quadratur des Kreises nicht gelingen kann, versuche sie doch nicht immer wieder.



              In manchen Punkten gibst du dich äußerst kritisch, um dann im nächsten Moment eine Naivität und Systemgläubigkeit aufzuweisen, die so gar nicht zu einem kritischen Gedanken passen will.

              • @Hampelstielz:

                Die Quadratur des Kreises ist auch nicht mein Ziel. Aber so ein Ding, dass immerhin vier Ecken und vielleicht nur noch leicht gewölbte Außenseiten hat, bei UNGEFÄHR gleichem Flächeninhalt wie der Kreis, ist schon einen Versuch wert.

                Ich muss mir halt nur ehrlich die Frage stellen, worauf ich am ehesten verzichten kann. Tun es auch drei Ecken, wenn dafür die Flächeninhalte ähnlicher sind? Sind vielleicht die geraden Außenseiten das Wichtigste? Wer entscheidet das richtigerweise - ich allein, weil nur MEINE Meinung mich interssiert, jemand anders, der besonders schlau ist und es "besser weiß", oder die Mehrheit, so wenig Ahnung die möglicherweise auch von Geometrie haben mag, der aber niemand noch so Schlaues wirklich hinter die Stirn blicken kann?

                Was die kritische Sicht betrifft: Ist es nicht mindestens genauso naiv - wenn man schon weiß, dass "perfekt" nicht geht -, aus der Fehlerhaftigkeit eines Systems zu schließen, dass ein ANDERES System zwangsläufig besser wäre?

                • @Normalo:

                  Wenn die Formel einer Gleichung nicht stimmt, hilft das Austauschen von Variablen zur Lösung nicht weiter. Aber genug der Mathematikmetapherei von meiner Seite.



                  Ich bin tatsächlich eher Pessimist und gebe mich nicht der Hoffnung hin, dass es für die Menschheit einen Ausweg aus Dystopia gibt. Zuvieles spricht dagegen, zuwenig dafür.



                  Das heißt aber nicht, dass man den offensichtlichen Irrweg gleichgültig oder Beifall spendend begleiten muß.

                  Im ersten Absatz meines obigen Kommentars bin ich etwas auf das Wesen des Kapitalismus eingegangen.

                  • @Hampelstielz:

                    Dieser erste Absatz war mir etwas zu pauschal. Gewinnmaximierung ist nur ein Aspekt. Der Kapitalismus gibt nämlich AUCH die Möglichkeit, sich auf etwas Anderes zu konzentrieren. Niemand wird gezwungen, um das goldene Kalb der unbegrenzenden materiellen Selbst-Besserstellung zu tanzen. Natürlich wird der, der sich dem Ziel verweigert, es auch nicht erreichen.

                    Aber allein diese Entscheidungsmöglichkeit ist ein GANZ wesentlicher Unterschied zu allen Alternativ-Systemen, die nur funktionieren, solange Alle (oder wenigstens fast Alle) mit voller Kraft bestimmten, vom System vorgegebenen Idealen nacheifern. "Jeder nach seinen Möglichkeiten" ist kein frommes Sprüchlein, sondern eine knallharte, totalen Durchgriff beanspruchende Grundforderung. Das machen sich offenbar Viele nicht klar, die immer noch meinen, den Kapitalismus müsse man nur "überwinden".

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Normalo:

              Angebliche Kosteneffizienz und andere ökonomische Begründungen sind für mich häufig Scheinbegründungen. Mein Hinweis auf die Nuklearindustrie zielte bereits in diese Richtung.

              Als ich jung war, glaubte ich an die Macht von Zahlen und Statistiken. Das Leben hat mich eines Anderen belehrt. Mit Zahlen können Sie alles oder nichts beweisen.

              Auch wären es für mich semantische Sandkastenübungen, die wir betreiben würden, wenn ich mich auf Ihre Ebene weiter einließe.

              Entscheidend ist in letzter Instanz, was geschieht. Wie wir das Ganze nennen, ist ein mehr oder weniger nettes Geplänkel für mich, letztlich pillepalle.

              Nicht umsonst beschäftigt sich einer der Wahlverlierer in Hessen, die CDU, mit der angeblich schlechten DARSTELLUNG ihrer Politik. Die Größe, darüber nachzudenken, dass die Politik schlecht ist, fehlt ihnen.

              Dieses Prinzip ist umfassend. Und ich halte eine ökonomisierte Sichtweise nach wie vor für einen Fetisch: sie entwertet jede andere Disziplin und macht diese zu Erfüllungsgehilfen ihres Ansatzes.

              • @76530 (Profil gelöscht):

                Wie würden Sie es denn ändern wollen? Medizin und Pflege kosten nunmal Ressourcen - materielle und menschliche -, die nicht vom Himmel fallen. Wenn für jeden verstauchten Fuß irgendwo ein MRT herumstehen soll, in dem man den mal gerade eine halbe Stunde lang auf Bänderrisse unersuchen kann, dann muss irgendwer die Leute, die das Ding entwickelt und gebaut haben, die den Strom liefern und die es bedienen, entlohnen.

                So leid es mir tut: Das SIND nunmal Kostenfaktoren, und derartige Ressourcen sind auch per se endlich. Will sagen: Wenn ich da nicht auch(!) mit einem ökonomischen Auge drangehe, dann leiden unter dem Resultat diejenigen, die daraufhin KEINE solchen Leistungen erhalten: Weil dann nämlich der MRT nicht so viele Patienten am Tag vertragen kann, oder zu viele gründlich untersuchte leichte Dehnungen die Kapazitäten zusetzen, die man bei jemand anderem für eine rechtzeitige Krebsdiagnose gebraucht hätte.

                In der Realität kommt es ständig vor, dass man sich vor ethischen Dilemmata wiederfindet, deren aktive Auflösung der Radikalhumanist schlicht für unzulässig hält. Aber wenn man nichts tut, macht man nichts besser.

                de.wikipedia.org/wiki/Trolley-Problem

                • 7G
                  76530 (Profil gelöscht)
                  @Normalo:

                  Das Trolley-Problem war mir bis eben unbekannt. Also werde ich mich erst einmal in Ruhe damit beschäftigen, ehe ich dazu meinen Mostrich abgebe (falls wirklich nötig). Schaun wer mal.

                  Ich weiß nicht, wofür oder wogegen Sie im letzten Abschnitt geschrieben haben. Da der Begriff Humanist fiel, gehe ich davon aus, Sie haben hier auch an mich gedacht.

                  Maßstab ist für mich vor allem das gelebte Leben. Ich bin kein Überbau-Fuzzy, sondern Eklektizist. Ich suche mir überall das heraus, was mir passt. Widersprüche inbegriffen. Prinzipienreiter dürfen Andere sein.

                  Ihrem Satz zum Nichts-Tun kann ich deshalb zustimmen, zumal mein Leben anders aussieht. Ich habe vieles gemacht und getan. Und ich habe dabei fast keinen Fehler ausgelassen.

                  Mir ist es völlig fremd, sich mit Fehlervermeidung durch's Leben zu mogeln. Ich habe gerne Fehler gemacht. Dafür auch einen nicht unbeträchtlichen Preis gezahlt. Und an einigen Stellen habe ich aus ihnen gelernt.

                  Stolz bin ich dann auf mich, wenn ich die alten Fehler durch neue ersetze.

                  Das MRT mag Ihr Thema sein. Meines ist ein anderes: der Arzt-Patient-Kontakt. Der durch den ökonomischen Blick immer weiter reduziert wird. Früher schauten mich Ärzte im Kontakt noch an, heute hämmern sie in die Tastatur ihres PCs.

                  Das soll Fortschritt sein? Nö, oder?

                  • @76530 (Profil gelöscht):

                    Frage der Prioritäten und des Glücks:

                    Der Arzt, der angestrengt auf seinem Rechner rumhackt, gibt Ihnen natürlich ein weit weniger geborgenes Gefühl als der, der nur Augen für Sie hat und entsprechend auch ganz Ohr ist. ABER sein Rechenr verrät ihm vielleicht gerade mehr darüber, wie er Ihnen helfen kann (z. B. was er schon an gesicherten Erkenntnisen über Ihren Fall hat oder welches Präparat ihre Krankenkasse bezahlen würde).

                    In der Zeit, die er spart, indem nicht erst ihnen zuhört und dann auf dem Rechner herumhackt, kann er schon dem nächsten Patienten helfen. Sie könnten sich also - als zutiefst vom Gedanken der Solidarität ergriffener Linker - einfach für den freuen, dass er schneller drankommt (oder egoistischer, dass SIE schneller drangekommen sind, weil er die zwanzig Patienten vor ihnen ähnlich zeiteffektiv durchgeschleust hat).

                    Natürlich brauchen Sie etwas Glück, da auf diese Weise auch wichtige Informationen durchrutschen können, die Sie ihrem Arzt geben wollen, während er z. B. gerade überlegt, ob das aktuelle "aut idem" sich auch mit Ihrer sonstigen Medikation verträgt. Ein guter Arzt hat die Ohren aber immer weit genug offen, dass ihm nichts wichtiges entgeht, und ihm reicht auch der kurze Blick, den Sie möglicherweise gar nicht bemerken, um eventuelle optische Merkmale einzusaugen, die medizinisch relevant sein könnten.

                    Aber die Zeiten einer "ganzheitlichen Anamnese" (zu deutsch: ein Schwätzchen) bei jedem Patientenkontakt sind natürlich vorbei.

                    • 7G
                      76530 (Profil gelöscht)
                      @Normalo:

                      Da ich zu jenen Foristen gehöre, die bekanntermaßen auch gerne mal persönlich werden:

                      Ich habe noch maximal 14 Monate lang das große Glück, dass mein Doc sowohl in die Tasten hämmert als auch ein "Schwätzchen" mit mir hält. (Bei manchen Fachärzten ist dies etwas anders.)

                      Doch nicht nur das: ich muss ihn nicht einmal mit den altersüblichen Wehklagen belabern, sondern habe eine Ebene mit ihm, auf der er mich mit manchen Dingen anspricht. Mannsein und Vatersein verbindet.

                      Natürlich ist dies eine - sehr wohltuende - Ausnahme, die ich gerne beanspruche. Dafür nehme ich dann ohne Murren längere Wartezeiten in Anspruch und glotze das ein oder andere Loch dabei in die Decke des Wartezimmers. Auch Teile des Personals sind für Kalauer und Plattitüden der unernsten Art empfänglich.

                    • @Normalo:

                      Das Problem der Zeit pro Patient würde sich denke ich recht simpel und günstig verbessern lassen.



                      Meine meisten Artztbesuche, und die vieler anderer, fanden lange Zeit nur für einen kleinen gelben Zettel statt.



                      Seit ich von diesem Unsinn befreit bin war ich in mehreren Jahren nicht mehr beim Allgemeinmediziner.



                      Davon können auch viele Ärzte ein klagendes Lied singen, verstopfen doch tausende "Patienten" ohne jegliche Behandlungsbedürftigkeit jeden Monat die Warteräume.



                      Das ist ein durchaus relevanter Faktor und die möglichen Lösungen sind eigentlich ziemlich simpel.

                      Was ich sagen will, manche Probleme des Gesundheitswesens sind eventuell recht effektiv außerhalb dieses Systems zu lösen.

                      • @Hanzo Tanaka:

                        Mit den kleinen gelben Zetteln wird natürlich auch jetzt schon viel Schindluder getrieben. Sie gänzlich ohne persönliche ärztliche Übernahme von Verantwortung herauszugeben, wäre praktisch, würde aber dem Missbrauch nochmal deutlich Vorschub leisten. Gerade bei guter Arbeitsmarktlage halten erschreckend Viele Krankfeiern für eine lässliche Sünde.

                        Umgekehrt führt die aktuelle Form der Planwirschaft im ambulanten Bereich (Fallpauschalen mit Planobergrenze) dazu, dass solche wenig behandlungsintensiven Patienten als sog. "Verdünnerscheine" gar nicht mal unbeliebt sind. Aber das nur am Rande...

  • Sehr informativ und auf den Punkt gebracht, vielen Dank!

  • Ein Blick auf die Fakten hilft bei der Meinungsfindung!



    www.destatis.de/DE...eistungsarten.html

    Kann dann ja jeder mal selbst überlegen, wo welches Totschlagargument Ökonomisierung seit neuestem (angeblich) greift.



    Oder nochmal anders: Haben die Ärzte früher aus Barmherzigkeit gearbeitet?



    Mit Flughöhe 10000 m ist natürlich einfach zu argumentieren.

    • @Tom Farmer:

      Aus ausreichender Flughöhe ist den Zahlen zumindest zu entnehmen, dass die fortschreitende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens die Kosten nicht eindämmt, sondern steigen lässt.

      • @BUBU:

        Woraus schließen Sie das? Und haben Sie den Artikel der TAZ gelesen?



        Es sind immer ca. 12% des BIP; sagt auch DeStatis. Wo wir stehen würden wenn alles staatlich wäre? Stelle ich mir lieber nicht vor!

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Tom Farmer:

          Wo wir stehen würden, wenn alles privatisiert und dereguliert wäre, stelle ich mir lieber nicht vor.

          Der Manchesterkapitalismus wäre im Vergleich zum Endpunkt dieser Entwicklung ein harmloser Kindergeburtstag!

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Muß man sich auch gar nicht vorstellen. In Nordamerika hat man mit den USA ein gutes Beispiel dafür, wohin das führen würde und es geht immer noch radikaler.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Ich sehe keinen Manchesterkapitalismus, Sie etwa?

            Was ich hingegen häufig sehe und lese ist der Ruf nach dem Altvater Staat....Wenn der denn so gut wäre: Warum macht der keine lückenlosen Gesetz, die auch funktionieren?



            Vermutlich weil er es nicht kann? Der Überwiegende Teil der Dinge die nicht funktionieren sind Mutlosig- und Unfähigkeiten in Gesetzgebungsprozessen.

            Der geneigte Leser würde dann sagen: Ja, wegen der bösen Lobbyisten.



            Genau! Und wer hört auf die mangels besseren Wissens! Danke.

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Tom Farmer:

              Wenn Sie meinen Kommentar nochmals in Ruhe lesen (vielleicht nach einer kurzen Atemgymnastik) und kurz darüber nachdenken, was dort steht, werden Sie vielleicht merken: die rhetorische Frage am Anfang erübrigt sich.

              Dass Sie auch keinen Debattenbeitrag liefern, sondern das letzte Wort haben möchten, besagt Ihr Schlusswort.

              Sprache kann so verräterisch sein. Dumm nur, dass es Menschen gibt, die sie dechiffrieren können.

              Da nicht für!

    • @Tom Farmer:

      Ach ja - Schonn. Aber. -…the times they are a-changing. Woll.

      Wenn hück - der Chefarzt meiner Tochter auf Betriebsausflug - klagt -



      (“hands off - daughter!“ - ”klar Vadder“)



      “Belegzahlen!! - die Chefin der Frauenklinik ist wg zu wenig schon rausgeflogen!“) - & dess könnt ich mühelos ergänzen. Newahr & Normal.

      Dann ist die Frage - ob Sie (noch) auf Höhe des Balles sind.



      &



      Ob Sie kapiert haben - wo der Hase via Priv/Rendite im Pfeffer liegt.

      kurz - eher wohl nicht.

      unterm——nochens—



      Bin seit den 70ern teils hautnah mit den Auswirkungen des mählichen Stellschraubenanzugs - wie der Sicht der Macher ausreichend vertraut. (s.u.)



      &



      All das wird eben auch auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen - zu Lasten der Patienten. •

      & unterm——



      Zu ÖPP - allgemein&imbesonderen.Gell



      Hat der Bundesrechnungshof - des langen des breiten & ritardando



      Klartext kundgetan. Aber Hallo.



      Von der Ausdünnung des gerichtlichen Rechtsschutz & der parlamentarischen Kontrolle mal ganz ab. Gellewelle.



      Was da alles als - doch doch - privat=Konkurrenzschutz



      deklariert wird. Geht auf keine Kuhhaut.



      Nu. VerkMi Günther Krause & Autobahnraststätten & Hamburger Hafen & parlamentarische Anfragen wg “prvat/Konkurrenzschutz abschmettern - lassen Grüßen! Newahr.



      Normal.



      Njorp.

  • Guter Artikel.



    Informationen, die gaaaanz weit nach vorne gehören und immer und immer wieder in den Fokus gerückt werden müssen, damit wir uns nicht länger für dumm verkaufen lassen, nur damit ein paar wenige Abkassierer auf Kosten der meisten jetzt auch noch das verbleibende Gesundheitssytem nur noch für Reiche erschwinglich machen, und selbstredend selbst riesige Summen einsacken können, die der und in die Gemeinschaft gehören.

    Da hätte Frau Merkel mal ein Betätigungsfeld, auf dem wirklich Lorbeeren zu gewinnen und der Begriff "Sozial" an die eigentliche Bedeutung heranzuführen wären.

    Abzocker und Oligarchen, ^^schöne neue Demokratie.^^

  • Toller Hintergrundartikel! Da kennt sich jemand aus und ist auch noch in der Lage, den großen Zusammenhang verständlich zu beschreiben.

  • Richtig, es gibt keine „Kostenexplosion“.



    Es gibt allerdings sowohl eine horizontale wie auch vertikale Kostenstreuung von Gesundheitskosten über die gesamte Lebenszeit eines Menschen hinweg. Glaubt man den Krankenkassen, so häufen sich die weitaus meisten Kosten in den letzten zwei Lebensjahren.



    Wirtschaftsgenies aus der jungen Union schlagen deshalb immer wieder mal vor, die letzten zwei Lebensjahre einfach ganz wegzulassen.



    Nun, sofern immer alles mit rechten Dingen zugeht, müsste doch alles, was irgendwo als Kosten verbucht wurde, irgendwo anders auch als Einnahme in gleicher Höhe verbucht werden - oder seh ich das jetzt falsch?

    • @Rainer B.:

      "Wirtschaftsgenies aus der jungen Union schlagen deshalb immer wieder mal vor, die letzten zwei Lebensjahre einfach ganz wegzulassen."

      Hierbei geht allerdings auch die Junge Union manchmal vorbildlich voran. Es war Philipp Mißfelder, der 2003 sagte: „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen.“



      Und tatsächlich bemühte Herr Mißfelder (obwohl als MdB mittlerweile sicherlich privat versichert) die Versichertengemeinschaft nicht mehr um künstliche Hüftgelenke, sondern verzichtete nicht nur auf zwei Jahre am Lebensende, sondern gleich auf mehrere Jahrzehnte und starb nach einem Treppensturz mit 35 an einer Lungenembolie.



      So geschmacklos das sein mag, muss ich sagen, dass ich dem Weltengeist irgendwie Bewunderung zollen musste, dass ausgerechnet derjenige, der alte Menschen auf Krücken und mit Schmerzen durch die Welt laufen lassen wollte, dieses Schicksal auf diese Weise erspart blieb.

    • @Rainer B.:

      Letzteres - klar - Alter.

      Fließt in private Taschen.



      Hasse immer was zu Naschen.



      &



      Damit wären wir bei zwei meiner Mitschüler - Medizinmathematiker nennen sich solche meist Wirtschaftsingenieure.



      &



      Beim informalen Verfassungsstaat* -



      Oder hat jemand schon mal von einer demokratischen Kontrolle solcher Gremien/Org gehört*¿* —-



      “…Seit 1999 ist er Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands und seit 2010 Präsident des Europäischen Verbandes der Krankenhausdirektoren.…“



      &



      Da - werden die asiStellschrauben - öh gestellt. Wollnichwoll. Aber Hallo.



      Normal.



      & sodele —



      “…Das Gesundheitswesen war ein wichtiger Teil des Sozialsystems. Nun zieht sich der Staat zurück und macht Platz für Investoren. Das Gesundheitswesen wird zu einem Wirtschaftszweig, in dem ganz andere Gesetze gelten als in einem Sozialsystem. Die Gesundheitswirtschaft wird zur Quelle neuen Reichtums für Investoren, die dorthin gelockt werden durch hohe Renditen von mehr als 10 Prozent, wie sie zurzeit in keinem anderen Wirtschaftszweig auch nur annähernd winken. Die Marktwirtschaft verliert hier ihr soziales Mäntelchen.…“



      & Däh! Start mit - ja ja - doch doch -



      Heiner Geißler - hat halt viele Gesichter



      Sein auf dufte - hab ich ihm nie abgenommen.



      (“…kam er mit 16 Jahren auf die als Eliteschule geltende Jesuitenschule Kolleg St. Blasien im Schwarzwald, …



      Nach dem Abitur 1949 trat er mit 19 Jahren als Novize dem Jesuitenorden bei. Nach vier Jahren verließ er ihn, bevor er dauerhaft die Ordensgelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam hätte ablegen sollen: „Mit 23 Jahren habe ich gemerkt, ich kann zwei – also mindestens eins – dieser Gelübde nicht halten. Die Armut war es nicht.“ - eve.

      unterm——



      Der informale Verfassungsstaat: aktuelle Beobachtungen des Verfassungslebens der Bundesrepublik Deutschland im Lichte der Verfassungstheorie



      von Helmuth Schulze-Fielitz

      • @Lowandorder:

        Die Firma dankt.

        • @Rainer B.:

          …servíce & kl. Nachschlag

          Kapitalismus pur - klar.



          “Stellschrauben - anziehen!



          Rendite sichern - geht so.



          Stückzahl erhöhen (=Liegezeiten reduzieren/Eingänge erhöhen)



          Kosten senken - Personal ausdünnen.*



          & soweit noch öffentlich -



          Alle Medi-Einrichtungen in eine GmbH überführen = Arbeitgeber! Get it*¿*



          Fein. & * Däh! “Ja - wenn ich mit'nem Früchennotdienst rausgehe. Ist grad noch die Oberschwester auf Station!"



          ???? - “Klar - werd ich verstellig - heißt es: Wieso auf Station xy - Herr Dr. So&so. Tja - der ist Anästhesist. Wenn er wirklich gebraucht wird. Hat der keine Ahnung." - ming Daughter.

          So geht das.

          kurz - Wie bei ÖPP - Siggi Plopp läßt grüßen - Hauptsache die Zahlen stimmen - Vor allem der Rendite.

          & Na - Si'cher dat:



          Bei Pleite - zahlt der Steuerzahler.*



          Normal.

          Na Mahlzeit

          unterm-----*



          Streit über Autobahnprivatisierung

          Warum der Ausbau der A1 vor Gericht gelandet ist

          Die öffentlich-private Partnerschaft zum Ausbau der A1 galt einst als Vorzeigeprojekt. Inzwischen sieht sich der Autobahnbetreiber von der Pleite bedroht - und hat die Bundesregierung verklagt. Wie konnte es so weit kommen?

          www.google.de/amp/...a-1208499-amp.html

          Tja - das sind nich nur eine eine - Gell!



          Fragen - wa!



          Njorp.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Der Mensch als Kostenfaktor.

      Als sozialer Mensch wäre ich sogar bereit (ja!) auf meine letzten beiden Lebensjahre zu verzichten. Da es sich in diesem Land nur um Geld dreht: natürlich nur für eine einmalige Kompensationszahlung in Höhe der hochgerechneten Rente.

      ;-)

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Darüber läßt sich doch reden. Kommen Sie am besten mal in eine unserer TÜV-geprüften Einrichtungen. Wir haben da sehr kompetente Pfleger im Angebot mit langjähriger Com-Exit-Erfahrung. Die freuen sich schon auf Sie! «(º¿º)»

  • Das Kernproblem ist die private Verfügungsgewalt über die Arbeit der Mehrheit, über deren materielle Wert- und Mehrwertschöpfung.

    Würde der produzierte (gesellschaftliche) Reichtum der ganzen Gesellschaft gleichberechtigt und entsprechend der tatsächlichen persönlichen Arbeitsleistung (auch der kulturellen und künstlerischen Arbeit) zur Verfügung stehen, dann würde es auch keine Diskussion über die ''teuren Alten'', bzw. ''teuren Armen'', in der Gesellschaft geben.

    Aber dafür müsste man schon die (tatsächliche) Ausbeutung und den Kapitalismus nachhaltig beseitigen!

    • @Reinhold Schramm:

      Sie gehen bei Ihrer Annahme davon aus, dass der "gesellschaftliche Reichtum", den eine gegebene Anzahl von arbeitsfähigen Individuen produziert, eine Art Konstante sei, die es nur "gerecht" zu verteilen gilt. In dieser Annahme liegt der große Systemfehler des Sozialismus: Die Wertschöpfung ist, die das Individuum erzeugt, ist massiv abhängig von seiner persönlichen Motivation, sein Leistungpotenzial auch tatsächlich abzurufen und in Reichtum umzusetzen.

      Im Kapitalismus wird diese Motivation durch die Eigennutzoptimierung geliefert: Das Individuum erhält die größtmögliche Freiheit, sein Leistungspotenzial nach eigenem Ermessen in wirtschaflichen Nutzen zu wandeln und von diesem einen entsprechenden Anteil selbst zu behalten. Der Sozialismus hat im vergangenen Jahrhundert versucht, die Eigennutzmotivation zunächst durch anerzogenen Gemeinsinn und, als das nicht funktionierte, durch Zwang zu substituieren. Das Ergebnis war in beiden Fällen, dass die meisten Individuen es effektiv vermieden haben, ihr Potenzial auch nur annähernd auszuschöpfen. Der generierte gesellschaftliche "Reichtum" fiel dadurch so gering aus, dass es letztlich deutlich weniger zu verteilen gab, als ein kapitalistisches System an gesellschaftlich abschöpfbarem Überfluss generiert.

      Die Königslösung liegt also nicht in der Abschaffung der eigennutzbasierten Motivation zur Schaffung von Reichtum sondern in der richtigen Dosierung der Abschöpfung. Dem Individuum - auch dem privilegierten - muss genug Verbesserungsmöglichkeit verbleiben, damit es weiter zur Leistungerbringung motiviert bleibt, und genug hat, dass es die Gerechtigkeit,der Abschöpfung einsieht. Radikallösungen sind fehl am Platz.

      • @Normalo:

        Na, da haben Sie ja das Wesen des Kapitalismus sehr treffend zusammengefasst. Deshalb steht in diesem System auch die polnische Krankenpflegerin im Wochenend- und Schichtsystem ganz weit oben in der Wertabschöpfungsskala (ruft ja am stärksten ihr Leistungspotenzial ab), während der gerade in den Ruhestand versetzte VS-Chef nix mehr bekommen wird (weil er ja nix mehr von seinem Leistungspotenzial abschöpft und der Gesellschaft, die ihn bezahlt, nicht mehr dient). - Oder mag Ihr idealisiertes - oder besser gesagt: ideologisch basiertes - Kapitalismusbild vielleicht grad so gar nicht auf die Wirklichkeit passen? Sie sollten Ihre "Argumente" schon aus der Realität schöpfen und nicht aus rosarotmalender Theorie.

        • @Schusterjunge:

          Wertschöpfung ist relativ.

          Die Krankenpflegerin hat den Vorteil, dass sie für Ihre Arbeit wesentlich mehr soziale Anerkennung bekommt als z. B. ein ähnlich hart arbeitender Straßenkehrer. Außerdem arbeitet sie mit Menschen und kann sehen, wie sie denen guttut. Auch das macht glücklich, selbst wenn es keine Mieten bezahlt. Warum würde sie den Job sonst machen? Sie ist ja nicht als Pflegerin vom Himmel gefallen, und dass es einträglichere Beschäftigungen gibt, ist auch nichts Neues.

          Davon abgesehen liegt es in der Natur des Menschen, dass er unterschiedlichen Dingen, unterschiedliche Wertigkeiten zuordnet: Unterschiedliche Nachfrage - unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten.

          Die Nachfrage aber regelt lediglich die finanzielle Wertigkeit von Arbeit. Es gibt andere Faktoren, und wer verlangt, dass der humanitäre, künstlerische oder auch rein kalorienmäßige Einsatz der eigenen Arbeitskraft stets entsprechend in Geld entlohnt werden muss, der muss sich auch fragen lassen, wer hier der wahre Materialist ist.

          Und was den VS-Chef betrifft: Zum Einen würde ich den Staatsdienst vom Konzept der Wertschöpfung aus Leistung mal kategorisch ausnehmen. ;-) Zum Anderen hat der eben eine Laufbahn gewählt, die ihm einen schmerzfreien Austritt aus dem Erwerbsleben mehr oder minder garantiert. Wer es dafür auf sich nimmt, ein staubtrockenes Jurastudium gut zu absolvieren und dann weitere Jahrzehnte in noch staubtrocknerer Bürokratie-Arbeit abzusitzen (und sich dabei noch hervorzutun), hat die gleichen Möglichkeiten.

          Nochmal: Der Kapitalismus lässt die Menschen in vergleichsweise(!) großem Maß selbst wählen, was sie tun wollen und wieviel sie davon tun wollen. Das ist keine universelle Glücks- oder gar Wohlstandsgarantie. Aber es funktioniert im Großen und Ganzen besser als jedes System, das ihnen diese Entscheidungen abnimmt, im Zweifel aber sogar noch weniger Geld für die Krankenpflegerin übrig hat (und selbst die Systemprofiteure weniger verwöhnt) als der Kapitalismus.

      • @Normalo:

        Das Problem des Kapitalismus ist nicht die Erbringung des Top-Potentials zu Top-Gehältern, es ist die allgegenwärtige Erbringung von Arbeit mittlerer Güte zu kargen Gehältern und der Keil dazwischen sowie die Mobilität des Kapitals, das dann faktisch einen ruinösen Wettbewerb unter diesen Arbeitnehmern verlangt.

        Weder Manchester-Kapitalismus noch Realexitierender Sozialismus haben sich als Erfolgsmodell erwiesen.

        • @Bodo Eggert:

          Sehe ich genauso. Ich meine nur, dass wenn man diese Anitpoden sieht und die Goldene Mitte sucht, die grundsätzlichen Fehler des Sozialismus schwerer wiegen und deshalb das bestmögliche System immer noch eine kapitalistische Basis haben sollte. Herr Schramm sieht das offenbar anders, daher mein Post.

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    Wieder mal ein Beleuchten der Fakten hinter dem Märchen und leider wird es niemanden, der die Verhältnisse zum Positiven ändern könnte, auch nur im geringsten interessieren. Am Ende waren es dann vermutlich die Flüchtlinge oder Frau Merkel.