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Porträt Beyoncé
Ikone des Feminismus oder clevere Marketing-Strategin? Beyoncé Foto: dpa

Podcast „Passierte Tomaten“ „Den Feminismus aufmischen“

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Beyoncé und Dior machen Werbung damit, selbst Ivanka Trump nennt sich Feministin. Wie viel Mainstream verträgt der Feminismus?

Die männerfressende Feministin mit Haaren unter den Achseln, dafür ohne Humor – dieses Zerrbild hat sich lange hartnäckig gehalten. Doch heute prangt „We should all be feminists“ auf sündhaft teuren T-Shirts von Dior, bei Beyoncés Auftritt beim MTV Music Award 2014 prangte in riesigen weißen Lettern das Wort „Feminist“ im Hintergrund. Selbst Ivanka Trump nennt sich Feministin.

Ist das dann überhaupt noch Feminismus? Oder nur noch ein blöder Marketing-Gag? Oder ist das vielleicht gar nicht so wichtig, weil feministische Botschaften über so große Bühnen trotz allem mehr Menschen erreichen? Darüber, wie viel Mainstream der Feminismus verträgt – oder sogar braucht – streiten sich Feminist*innen; und darüber diskutieren Emily Laquer von der Interventionistischen Linken und Teresa Bücker, Chefredakteurin des Onlinemagazins Edition F, im taz-Podcast „Passierte Tomaten“.

Der Feminismus braucht Mainstream, findet Teresa Bücker. „Wenn es darum geht, feministisches Wissen gesellschaftlich zu verankern, stehen wir noch ganz am Anfang“, sagt sie. „Ich hasse die Nische“, sagt auch Emily Laquer. Sie ist Teil der Interventionistischen Linken, einem Zusammenschluss der radikalen Linken. „Aber bei dem, was gerade als Feminismus gehypt wird, geht mir etwas verloren.“

In der 68er-Frauenbewegung sei es darum gegangen, die Gesellschaft aufzumischen und den Feminismus hineinzutragen. „Heute müssen wir eigentlich den Feminismus aufmischen und die Linke reintragen“, sagt Laquer.

privat
Teresa Bücker

Teresa Bücker, 34, ist Netzaktivistin und Chefredakteurin des feministischen Online-Magazins Edition F, das sich als das „digitale Zuhause für starke Frauen“ versteht.

In einem sind sich Emily Laquer und Teresa Bücker einig: Der „Marke“ Feminismus geht allzu leicht der Inhalt verloren. Zur Zeit werde überall Empowerment und Girl-Power draufgeklebt, sagt Teresa Bücker. „Trotzdem erzeugt das eine Anschlussfähigkeit, die jüngere Frauen und Mädchen vielleicht dazu bringt, sich mit den politischen Ideen dahinter zu beschäftigen.“

Einen „Elitenfeminismus“ nennt Emily Laquer eine Mainstream-Bewegung, die sich auf Karrierecoachings und Frauen in Aufsichtsräten konzentriert. Der Kampf gegen das Patriarchat müsse Hand in Hand gehen mit dem gegen Rassismus und Kapitalismus. „Die Welt wäre nicht gerechter, wenn die reichsten Menschen der Welt Frauen wären.“

Daniel Bockwoldt/dpa
Emily Laquer

Emily Laquer, 30, ist Mitglied der Interventionistischen Linken, eines Zusammenschlusses linksradikaler Gruppen und Einzelpersonen. Sie war Sprecherin der IL während der G20-Proteste in Hamburg.

Beide finden: Wie es auch gehen kann, zeigt #MeToo. In vielen Ländern wehren sich Frauen lautstark gegen Sexismus und sexualisierte Übergriffe, zum Beispiel im Arbeitskontext. „In den USA nutzen die prominenten Frauen ihr Geld jetzt, um denen zu helfen, die sich eine rechtliche Vertretung nicht leisten können“, sagt Teresa Bücker. „Das war doch groß, und ich glaube vielen ist gar nicht klar, wie radikal das war“, sagt Emily Laquer. Gerade da, so Bücker, werde deutlich, wie Feminismus im Mainstream angekommen sei: „Die meisten Frauen haben die Schnauze voll.“

***

Vom 9. bis zum 14. September 2018 veröffentlichen wir täglich ein neues Podcast-Gespräch zu feministischen Streitthemen auf taz.de und unseren Kanälen bei Spotify und iTunes. Alle Gespräche erscheinen zum Jahrestag des Tomatenwurfs am 13. September gedruckt in der taz. Mit diesem Spezial launchen wir außerdem auf taz.de einen Schwerpunkt zu feministischen Themen. Schließlich steht die taz seit 40 Jahren für kontinuierliche feministische Berichterstattung.

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10 Kommentare

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  • Kapitalismus konditioniert. Man ist quasi „gelernter“ Kunde bzw. Verkäufer. Auch als Feminist*in.

    Das Einbrennen von Markennamen in Menschengehirne („Branding“), soll dem Verkäufer einen Umsatz garantieren. Das Risiko, Mist eingekauft zu haben, liegt ganz beim Kunden. So ähnlich ist das auch mit dem Feminismus. Deswegen eignet er sich überhaupt als Marke.

    Klar, der Vorteil am Marken-Feminismus ist, dass er leichter Verbreitung findet. Der Nachteil ist: Der Sinn kann völlig flöten gehen, wenn jeder sich bedienen kann an der Idee. Deswegen braucht es ja die Meinungsfreiheit. Sie zwingt uns, immer mal wieder darüber zu reden, was Feminismus eigentlich ist – und was ganz sicher nicht.

    Jeder kennt Profis, die vor allem Geld verdienen wollen und dabei schlampig arbeiten. Auch manche Feminist*innen wollen offenbar privaten Profite schlagen aus der Idee. Das Problem ist: Handwerker wird man selten aufgrund einer Traumatisierung.

    Ob Feminist*innen bewusst oder unbewusst schlampen, kann man schlecht wissen. Werben aber tun sie alle. Allein erreichen sie ja ihre Ziele nicht. Leider zeigt Werbung immer nur die (attraktive) Hälfte des Produkts. Die andre muss man selber suchen.

    Wieso kann Ivanka Trump keine und wieso muss Alice Schwarzer unbedingt eine Feministin sein? Beide werben für sich. Der Unterschied kann also nur a) in den Argumenten und b) in deren praktischer Umsetzung liegen.

    Wer nicht konsumkritisch denken will, kann arm werden – und ziemlich weit vom Weg abkommen. Aber wer hat denn auch gesagt, dass Märkte heilig sind? Ich sicher nicht. Ich weiß: Der Markt muss kontrolliert werden. Er ist ein Menschenwerk und Menschen können Fehler machen. Auch solche, die sie nachher nicht wahr haben wollen.

    Im Zweifel muss tatsächlich (auch) der Feminismus „aufgemischt“ werden. Dann nämlich, wenn er sich vergessen hat vor lauter Marktbegeisterung. Dann muss wieder das echte Leben rein. Und zwar von allen Seiten. Gern auch von links.

  • Ein sozial- und gesellschaftspolitisches Vorbild für emanzipierte Frauen und Männer: Clara Zetkin.

    “Um sich von der Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien, muss die Arbeiterklasse der Bourgeoisie nicht bloß die Produktionsmittel des Lebens entreißen, sondern auch die Produktionsmittel des Todes. Gewalt lässt sich nicht wegdisputieren und nicht wegbeten. Gewalt kann nur durch Gewalt gebrochen werden. Das sprechen wir Kommunisten offen aus, nicht weil wir ‘Anbeter der Gewalt’ sind, wie sanfte bürgerliche und sozialdemokratische pazifistische Gemüter uns beschuldigen. Nein, wir beten die Gewalt nicht an, jedoch wir rechnen mit ihr, weil wir mit ihr rechnen müssen. Sie ist da und spielt ihre geschichtliche Rolle, ob wir wollen oder nicht.

    Es fragt sich nur, ob wir sie widerstandslos erdulden oder ob wir sie kämpfend überwinden wollen.“

    Quelle: Clara Zetkin, Gegen den Pazifismus. Aus der



    “Kommunistischen Fraueninternationale“ 1922, S. 13/14.

  • "Der Kampf gegen das Patriarchat müsse Hand in Hand gehen mit dem gegen Rassismus und Kapitalismus".

    Gerade mit solchen Formulierungen verhindert doch einige Feministinnen, dass sich alle Frauen mit dem Thema identifizieren können.



    Denn machen beim Kampf gegen Rassismus noch alle vernünftigen Menschen mit stellt sich schon die Frage, warum eine Frau gleichzeitig den Kapitalismus bekämpfen muss, um eine echte Feministin zu sein.



    Kein Wunder, dass viele Frauen die z.B. Karriere in der Wirtschaft machen wollen sich von dieser Art des Feminismus nicht angesprochen fühlen.

    Der neue Mainstream Feminismus hat dagegen das Potential die gesamte Gesellschaft zu erfassen und so viel mehr zu bewegen. Insbesondere weil er sich für etwas einsetzt, nämlich Chancen und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten und nicht Feinde wie das Patriachat und den Kapitalismus bekämpfen möhte.

    • @Horst Horstmann:

      Selbstverwirklichung im im patriarchalen Kapitalismus ist eben genau das: Selbstverwirklichung - und hat mit Idealen nichts mehr zu tun.

      Warum ein Feminist gegen den Kapitalismus sein muss? Weil Kapitalismus Gewalt ausübt. Wer einfach nur ein Stückchen der Gewalt selbst ausüben will, kann sich schwer glaubwürdig gegen Unterdrückung aussprechen.

    • @Horst Horstmann:

      Das verstehe ich nicht. Wen, bitte, sollte ganzheitliches Denken abschrecken?

      Frauenfeindlichkeit ist ein gesellschaftliches Problem. Sie kann also auch nur im gesellschaftlichen Kontext bekämpft werden. Und zur Gesellschaft gehört das Wirtschaften nun mal dazu. Wer über Feminismus reden will, der muss auch über die Wirtschaftsordnung reden. Tut er das nicht, fehlt ihm ein wichtiges Element in der Betrachtung. Er ist quasi auf einem Auge blind und kann nicht mehr vierdimensional sehen.

      Ein Feminismus, bei dem es nur um Frauenpower geht und nicht gleichzeitig um Gerechtigkeit, verdient die Bezeichnung nicht. Es ist vollkommen sinnlos, die Männer von der Macht zu vertreiben und anschließend durch Frauen zu ersetzen, die genau mit den Eigenschaften weitermachen, die den Männern gerade zum Verhängnis geworden sind. So etwas wirkt total unglaubwürdig und zerstört jeden Zusammenhalt. Für solch einen „Feminismus“ werde ich nie kämpfen. Wenn ich ein Risiko eingehe, will ich was dafür haben. Und zwar nicht bloß für mich.

      Emily Laquer hat recht: Die Welt wäre nicht gerechter, wenn die reichsten Menschen der Welt Frauen wären. Auch dann nicht, wenn diese Frauen allesamt Charity-Ladys wären. Wohltaten helfen immer nur dem eigenen Ego auf die Sprünge. Frauen und Männer müssen selbst entscheiden dürfen, wofür sie Geld ausgeben. Sie müssen also welches haben. Es ihnen mit der Begründung vorzuenthalten, eine (weibliche) Elite wüsste besser, was damit zu machen ist, ist chauvinistisch, nicht feministisch.

      Wenn „viele Frauen die z.B. Karriere in der Wirtschaft machen wollen sich von dieser Art des Feminismus nicht angesprochen fühle“, liegt das an ihrer fehlenden Sensibilisierung, nicht am ganzheitlichen Denken. Nur: Gegen Bildungslücken kann man anargumentieren. Gegen Gefühlskälte nicht. Dagegen hilft nur ankuscheln. Und wer will schon mit Eisblöcken kuscheln?

      • @mowgli:

        "Wer über Feminismus reden will, der muss auch über die Wirtschaftsordnung reden"

        Er muss vor allem über die Rolle der Frau in der Wirtschaftsordnung reden. Da die Wirtschaftsordnung insgesamt die ganze Gesellschaft betrifft macht es durchaus sinn, sie losgelöst von der Frage des Feminismus zu diskutietren.

        Wer den Kampf gegen den Kapitalismus fordert meint damit i.d.R. auch den Kampf für eine sozialistische/ kommunistische Gesellschaft. Schaue ich mir die Wahlergebnisse der letzten Jahrzehnte an (nicht nur in D) ist es offensichtlich, dass nur ca. 10% der Bevölkerung dieses Ziel voller Überzeug teilen. Der große Rest scheint eine Marktwirschaft mit starken Sozialsystemen zu bevorzugen.



        Bekomme ich Feminisums also nur im Paket mit Antikapitalismus schließe ich diese 90% erst mal aus. Und allen Menschen die meine politischen Ziele nicht teilen gleich Gefühlskälte zu unterstellen ist dabei auch nicht hilfreich.

  • Feminismus ist schon lange im Mainstream angekommen. Dass dies nicht realisiert wird und so getan wird, als ob Feminismus noch eine Widerstandsbewegung sei, ist eines seiner größten Probleme.



    Immer wenn Revolutionär*innen - einmal an der Macht - immer noch so tun, als ob sie gegen einen großen unbesiegbaren Feind kämpfen würden, ist dies der Ursprung von Ungerechtigkeit und Unterdrückung.



    Die andere Variante ist das Verkommen zur inhaltsleeren Mode, welches hier beklagt wird. Das ist aber nur ein Seitenaspekt. Ob #metoo oder einseitige Quote, überall wird so getan, als ob es hier um den Kampf gegen einen mächtigen Feind ginge. Dabei hat #metoo die Karriere hunderter zerstört - ohne jeglichen Beweis und das durch Leute, die selbst Dreck am Stecken haben.

  • Es nennen sich ständig Leute irgendwie. Angebliche Vegetarier essen Fisch, ein bekannter "veganer" Koch fährt Porsche, Sarah nennt Grenzschließungen links und nicht wenige Politiker lassen verlautbaren, wir lebten in einer Demokratie. Wieder andere behaupten sogar, Demokratie wäre erstrebenswert - es sei nämlich gut für alle, wenn Bild-Leser aufgrund ihrer differenzierten Meinung für uns mitbestimmen! Aber ich schweife ab.



    Manche Homosexuelle wollen auch heiraten, endlich, wie ganz normale Leute.



    Die Chance des Außenseiters ist es, den Irrsinn des Mainstreams zu erkennen. Wenn er nur dazugehören will - endlich Karriere machen wie ein Mann! - geht es ihm nicht um Ideale, sondern um Selbstverwirklichung. Letztlich wird die Idee verwässert, vom Mainstream vereinnahmt und entkernt.

    • @Christian Clauser:

      Vor allem dem letzten Absatz stimme ich voll und ganz zu.

      Mensch bleibt aber Mensch und bei diesem wiegt der eigene Vorteil immer am stärksten. Dieser kann abstrakt sein, aber er steht immer im Mittelpunkt.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Hampelstielz:

        Ich glaube überhaupt nicht, dass beim Menschen der eigene Vorteil am stärksten wiegt, sondern dass dieses "Empfinden" ein durch die ökonomischen Verhältnisse bedingtes ist. Ich will da gar nicht auf die grundsätzliche Empathie hinaus, die dem Menschen eigen sein soll, sondern schlicht auf die Nützlichkeit: wenn man einander braucht, ist der eigene Vorteil der des anderen und umgekehrt. Wir brauchen aber einander nicht mehr, wir haben ja Geld, mit dem wir uns je nach Menge kaufen können, was uns "mangelt", außer Glück und Zufriedenheit, die viel mehr davon abhängen dürften, nicht stets den eigenen Vorteil suchen zu müssen.