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Kolumne German AngstHartz IV, die namenlose Hölle

SPD-Kandidat Schulz will ALG I ein bisschen reformieren. Der wahre Skandal ist aber weiterhin das ALG II, auch „Hartz IV“ genannt.

Um ALG II drückt sich Schulz Foto: dpa

I n der vergangenen Woche stand überall: Martin Schulz wolle die Agenda 2010 „zurückdrehen“, an ihr „rütteln“, er pflege eine „Anti-Agenda-Rhetorik“. Schulz aber hat nichts dergleichen gesagt.

Der Kanzlerkandidat will einen Bruchteil des Pakets reformieren. Also, eventuell. Arbeitslose, die älter als 50 sind und zuvor beschäftigt waren, sollen länger als 15 Monate ALG I beziehen. ALG I ist die Luxusvariante von ALG II, genannt Hartz IV. Zwar werden EmpfängerInnen ähnlich gegängelt, aber es gibt weniger Strafmaßnahmen und unter Umständen mehr Geld.

Um ALG II drückt sich Schulz. Er spricht nur implizit von jener namenlosen Hölle, in die jene ALG-I-ler nicht abrutschen dürfen. Aber die heiligen drei Säulen der Agenda 2010 treffen vor allem die ALG-II-Bezieher: 1. die Gängelung von Arbeitslosen durch Kürzungen und Strafmaßnahmen, 2. die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Senkung der Löhne und 3. die durch das Schröder’sche Paradigma der Eigenverantwortung vorangetriebene Entsolidarisierung. Wer arm ist, ist seither selbst schuld.

ALG II ist eine kafkaesk durchbürokratisierte Armutsmaschine. Alleinstehenden stehen 409 Euro im Monat zu. Das Existenzminimum. Wegen kleinster Fristverstöße wird es zusammengestrichen. Um 10 oder 30 Prozent, um 60, dann auf null.

1,54 Euro monatlich für Bildung

Eine Millionen Sanktionen wurden 2015 ausgesprochen, etwa 140.000 Menschen wurden im Schnitt 104 Euro pro Monat gekürzt. Bleiben 305. Wie soll man davon leben, wenn schon der Regelsatz von 13 Euro pro Tag – minus Stromkosten, Versicherung, Internet, Handy vielleicht 8 Euro – nicht ausreicht? Für Bildung sind übrigens 1,54 Euro monatlich reserviert – so viel zur sozial induzierten Bildungsungleichheit.

Zuletzt hat das Sozialgericht Gotha beim Bundesverfassungsgericht einen Vorlagenbeschluss eingereicht, um prüfen zu lassen, ob die Sanktionen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Wieder einmal. Aber was für eine Frage ist das überhaupt: Darf der Staat den von ihm zur Deckung der Grundbedürfnisse des Lebens festgesetzten Minimalbetrag kürzen?

Kein Wunder, dass gegen kein bestehendes Gesetz so häufig Widerstand geleistet wird. Allein in Berlin gab es 2015 mehr als 20.000 Klagen. Das macht 1.600 Verfahren im Monat. Der Skandal: Fast die Hälfte der Klagen ist erfolgreich, die Sanktionen sind oft also bloße Schikane.

Staatlich verordneter Ausschluss

Die hohe Zahl der Verfahren hat aber auch einen anderen Grund. Das Jobcenter ist von Gerichtsgebühren befreit. Wozu also dringende Fälle, in denen Familien nach einer Miet­erhöhung die Wohnungslosigkeit droht oder ein junger Arbeitsloser nach Versäumen eines Termins mit 130 Euro leben muss, im Amt lösen, wenn das Gericht das übernehmen kann? Ein Teil der Probleme hat sich nach monatelanger Wartezeit ohnehin erledigt – den einen wurde der Strom abgestellt, andere arbeiten schwarz, schicken ihre Kinder nicht auf Klassenfahrt oder werden wohnungslos.

Warum interessiert sich kaum jemand für diesen staatlich verordneten Ausschluss? Über Hartz IV und Armut schweigt man lieber. Da ist Schulz nicht der Einzige.

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Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
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89 Kommentare

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  • Unlängst rügte der Bundesrechnungshof u.a. über 50% fehlerhafte Änderungsbescheide.

     

    Man stelle sich vor das Finanzamt würde so arbeiten: fehlerhafte Bescheide, rechtswidrige Ermittlungen, nachweisliche Fehlinformationen, verschwundene Post, immer mehr Klagen wegen Untätigkeit, ungerechtfertigte Forderungen, Ansprechpartner nicht erreichbar... Und Fehler könnten nur ein Jahr rückwirkend beanstandet werden, wie es Frau Nahles letztes Jahr in ihren "Rechtsvereinfachungen" in Gesetzesform gegossen hat.

     

    Da wäre was los im Land! Aber der Verfassungsauftrag der Existenzsicherung ist in Deutschland inzwischen nicht mal mehr zweitrangig.

  • Solche Informationen finden sich hier: https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII/vorRevision/Sanktionen-Widersprueche-Klagen/Sanktionen-Widersprueche-Klagen-Nav.html

     

    Aber nur monatsweise.

     

    Letztes Jahr sprach ein Berliner Sozialrichter von unnötig provozierten Prozessen und vorsätzlicher Verfahrensverschleppung. Sowas geschieht durch die Rechtsabteilung, die über geschultes Personal verfügt, während die Kompetenz der Sachbearbeiter oft unterirdisch ist und durch Zeitverträge auch bleibt. Dazu die personelle Überlastung, die Arbeit ist schlicht nicht mehr zu leisten, in den Jobcentern wie den Gerichten. Die befristeten Verträge verhindern, dass sich das Personal gegen diese Zustände wehrt.

  • "Allein in Berlin gab es 2015 mehr als 20.000 Klagen. Das macht 1.600 Verfahren im Monat. Der Skandal: Fast die Hälfte der Klagen ist erfolgreich, die Sanktionen sind oft also bloße Schikane."

     

    Das kann man nur behaupten, wenn man die Anzahl der Sanktionen kennt. Die Erfolgsquote heißt ja lediglch, dass diejenigen, die klagen, sich ihrer Sache sicher waren. Wieviel haben denn NICHT geklagt?

  • Ich kann Janus - wie meistens- nur zustimmen. Eine zu starke Umverteilung - nichts anderes als Umverteilung ist Hartz IV - führt dazu, dass sich ein erheblicher Teil der Leistungsempfänger entsprechend einrichtet und keine Ambitionen hat, ins Arbeitsleben zurückzukehren. Auch auf Sanktionen kann m.E. nicht verzichtet werden. Wenn Hartz IV-Empfänger in der Lage sind, sich durch die Annahme einer zumutbaren Arbeit selbst zu helfen, fehlt es an ihrer Bedürftigkeit, so dass kein Grund besteht, sie mit Hilfe der Steuergelder des arbeitenden Teils der Bevölkerung zu alimentieren.

    • @verflixt:

      Nach mehr als 35 Vollzeit-Arbeitsjahren landete ich nach ALG I. im Hartz-IV--Strafvollzug.

       

      Sie müssen es nicht glauben, meine persönliche Lebens-Arbeitsleistung, u.a. als Facharbeiter und Meister, war gewiss um einiges höher an Leistung, als bei der Mehrzahl der Minister! Und trotz alledem erhalte ich heute nur eine Armutsrente!

       

      Von wegen "entsprechend einrichten".

       

      Richtig ist, das gesamte Bewertungssystem menschlicher Arbeit im Kapitalismus entspricht nicht den objektiven Tatsachen!

       

      Nehmen Sie doch nur die Managergehälter: das 500-fache Jahreseinkommen einer Putzfrau/mann.

       

      Oder die (siemensschen oder quandtschen] Jahresdividenden: das mehr als 10.000-fache Jahreseinkommen einer Putzfrau/mannes!

       

      Wie erklären Sie sich die persönlich leistungslosen Milliarden-Erbschaftsvermögen? - aus der realen Wertschöpfung der lohn- und gehaltsabhängigen Bevölkerung.

      • @Reinhold Schramm:

        Der Kapitalismus bewertet menschliche Arbeit nicht, er überlässt dies dem Markt. Dass es anders nicht geht, zeigen die beeindruckenden Erfahrungen des Sozialismus. Die Höhe der Gehälter mancher Vorständler etc. mag man geschmacklos finden. Es würde jedoch niemandem besser gehen, wenn es diese Gehaltsexzesse nicht gäbe.

    • @verflixt:

      Das ist die typische widerwärtige Reaktion der Vermögenden, Mittelständler oder ihrer Abkömmlinge, die selbst noch nie arbeitslos waren oder gar noch nie gearbeitet haben. Nun ja, die grüne Klientel von heute, die sich auch für Kriege begeistert.

       

      Arbeitslosigkeit ist ein schwerer Eingriff in das Leben von Menschen, im Grunde bereits eine Menschenrechtsverletzung. Nur wenige Menschen, meist Suchtkranke oder psychisch Kranke, machen das "freiwillig". Zu allen Zeiten, in denen die offenen Stellen die Zahl der Arbeitssuchenden überstiegen, war die Zahl der Arbeitslosen marginal.

       

      Statt aber Arbeit anzubieten, werden Armen und Arbeitslose terrorisiert. Das erleichtert die Lohndrückerei und verbreitet Angst. Und dann werden sie noch als "leistungsunwillig" diffamiert. Widerwärtig.

      • @aquadraht:

        Arbeit anbieten kann in einer Marktwirtschaft nicht der Staat, sondern die Unternehmen. Gerade wenn Sie - m.E. zu Recht - die Bedeutung der Arbeitslosigkeit so hervorheben, sollten Sie froh sein, dass infolge der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes die Beschäftigungssituation so glänzend ist. Gucken Sie nach Frankreich, wenn Sie sehen wollen, was ein verkrusteter Arbeitsmarkt anrichtet

    • @verflixt:

      Nur so aus Neugier: Haben Sie außer Janussens Kommentaren auch nur irgend einen der anderen Kommentare oder gar den Artikel gelesen oder sich sonstwie mit der Thmeatik beschäftigt? Eher nicht, oder? Oder woher kommt diese völlige Ausblendung der Realität und der eigentlichen Problematik von Hartz IV/Agenda 2010?

      • @kami:

        Tja, Janus' Vorwurf, manche Kommentator_innen würden bloß Ihre Glaubenssätze hier herunterbeten, kann wohl durchaus für Verflixt und Janus selbst gelten, so scheint es. ;)

    • @verflixt:

      Ihnen fällt scheinbar auch nichts anderes mehr ein, als das ewige Gejammer, dass der Steuerzahler für die Hartz IV Empfänger aufkommen muss. Anstatt sich ständig darüber aufzuregen, dass man als Steuerzahler vielleicht einige Cent für den Erhalt des sozialen Friedens abgeben muss, sollten Sie sich lieber Gedanken machen, weshalb Reiche immer noch keine anständigen Steuern zahlen.

       

      Der sogenannte Zumutbarkeitsparagraph, den Sie hier wohl meinen, ist der § 10 SGB II. Allerdings ist die Leibeigenschaft - eine vom Mittelalter bis in die Neuzeit verbreitete persönliche Verfügungsbefugnis eines Leibherrn über einen Leibeigenen - zum Glück in unserer Zeit verboten worden. Dass sich dieses Verbot allerdings noch nicht bis in die Räume der Bundesagentur für Arbeit herumgesprochen hat, zeigt, das man es in deutschen Behörden mit der Demokratie immer noch nicht so genau nimmt.

      • @Ricky-13:

        Mich persönlich stört es überhaupt nicht, Steuern zu zahlen. Es bekommt nur einer Gesellschaft nicht, wenn die Umverteilung zu stark wird und sich zu viele Menschen als natürliche Alimentierungsempfänger verstehen, ohne wirklich darauf bedacht zu sein, wieder selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Dies zeigt doch die Situation vor Einführung der Hartz IV-Gesetze eindrucksvoll.

        • @verflixt:

          Och, Bedarf für Umverteilung incl. Schaffung von Arbeitsplätzen gibts mehr als genug. Schulen, Kindergärten, Straßen etc. gammeln vor sich hin, in der Pflege wird knirsch auf Kante und pro Patient/Heimbewohner mit zuwenig Zeitaufwand gearbeitet usw.usf. . Also wenn äh wirtschaftsliberal, dann konsequent ;).

        • @verflixt:

          Irgendwie wollen Sie es einfach nicht kapieren und kommen immer wieder mit der gleichen Leier, die da lautet: "Alimentierungsempfänger, ... zumutbare Arbeit, ... Steuergelder, ... selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen."

           

          Wenn sie mir aber schon nicht glauben wollen, dann lesen Sie das was der Statistikprofessor (Prof. Dr. Gerd Bosbach) vom Rhein-Ahr-Campus in Remagen schreibt: "In der Bundesagentur für Arbeit wurden 3 Millionen Arbeitslose registriert. Es gab aber zu diesem Zeitpunkt 5,3 Millionen erwerbsfähige Empfänger von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II. Dazu kommt noch, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Zahl von Unterbeschäftigten herausgibt. Diese Unterbeschäftigung wurden mit 4,1 Millionen tituliert. Unterbeschäftigung bedeutet auch fehlende Arbeitsplätze. Also 5,1 Millionen suchen Arbeit bei der Agentur für Arbeit. Das zeigt die Dimension der versteckten Arbeitslosigkeit."

           

          Bei 5 Millionen tatsächlichen Arbeitslosen denen ca. 1 Million offene Stellen im Niedriglohnsektor gegenüber stehen, immer wieder zu erzählen, dass die arbeitslosen Menschen sich einen Job suchen sollen ist einfach nur noch lächerlich. Selbst wenn ein einzelner Arbeitsloser einen Arbeitsplatz erhält, ist genau diese eine Stelle für die restlichen 4.999.999 nicht mehr vorhanden. Am desaströsen Gesamtverhältnis von 5 Arbeitssuchenden pro offener Stelle ändert sich nicht das geringste, wenn ein Einzelner eine Arbeitsstelle "ablehnt". Denken Sie sich doch endlich mal ein schlüssigeres Argument aus, wenn Sie hier schon gegen arme Menschen ins Feld ziehen wollen.

  • "ALG I ist die Luxusvariante von ALG II, genannt Hartz IV".

     

    Wenn ich so etwas lese, werde ich gleich traurig. Sind das jetzt alternative Fakten? Alle ALG I Bezieher sind Empfänger von Versicherungsleistungen, die sie während ihrer Arbeit als Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. D.h. der Versicherungträger steht diesen Menschen gegenüber in einer Leistungspflicht! Diese Leistungen sind kein Luxus, denn die AGL I Empfänger haben dafür hohe Summen jeden Monat eingezahlt. Wo ist da der Luxus?

     

    Im Übrigen ist der Begriff Luxus lat. = Verschwendung, also völlig unpassend gewählt. Außerdem ist er der Scheideweg zwischen den Menschen, die zu viel haben und denen, die zu wenig haben um da bisschen verschwenden zu können. Damit wird der Graben noch vertieft.

     

    Apropos Luxus: Viele, die dem Genuss der Verschwendung verfallen sind, haben gar keine Lust Arbeitslosenversicherung zu zahlen, wofür auch, selbst wenn sie von heute auf morgen kein Einkommen mehr erwirtschaften würden, haben Sie immer noch so viel Vermögen, dass sie ohne Unterbrechung weiter in 'üppige Fruchtbarkeit' leben könnten.

    Was gehen mich die anderen an? Nach mir die Sintflut! Hol sich doch jeder das, was er kriegen kann.

     

    Warum gibt es noch keine Bürgerversicherung? Ein Solidar-Beitrag wie der Soli für den Osten Deutschlands, da ging es doch auch Jahrzehnte lang...

     

    Ich erlebe in vielen Foren immer das gleiche, man starrt auf eine Person, wie auf einen König. DER wird es richten. Der wird uns aus der Misere holen. Jetzt haben wir den heiligen Martin bekommen, wie wunderbar. Warum hat er uns noch nicht die richtige Lösung, die uns passt präsentiert? Ist auch nur wieder einer, der Bügeln gehen kann.. les' ich da. Ich hab das Gefühl, wir brauchen noch viel Zeit um in unserem Denken aus der Monarchie zu einer wirklichen, direkten Demokratie zu gelangen.

    • @Michael Schrading:

      Wohl wahr!

  • Natürlich spricht Martin Schulz (SPD) nicht das Hartz-IV-System an, ansonsten könnte der potentielle Wähler ja noch auf die Idee kommen, dass die soziale Ungerechtigkeit und die damit verbundene Kinderarmut auf das Konto der SPD geht, denn wer hat Hartz IV erfunden? - Nein, diesmal hat der Schweizer Kräuterbonbon Hersteller Ricola damit nichts zu tun, sondern die SPD hat Hartz IV erfunden. Anscheinend sind 5 Millionen Hartz IV Empfänger und ca. 7 Millionen Niedriglöhner, die so wenig verdienen, dass sie beim Amt noch aufstocken müssen, für diese "soziale Partei" nicht mehr so wichtig, folglich muss man für diese Menschen auch keine Politik mehr machen.

     

    Vor zwei Wochen konnte man in den Medien lesen, dass ein ehemaliger VW-Manager eine Rente von 3100 Euro bezieht, aber nicht im Monat sondern am Tag. Ein Hartz IV Empfänger bekommt am Tag 13 Euro, aber nur wenn man ihm diese lächerlichen 13 Euro nicht gerade sanktioniert hat. So sieht bei uns soziale Gerechtigkeit aus. Nun werden einige Leser erwidern, dass der Hartzer sich doch einen Job suchen könne, da es doch so viele gute Jobs in Deutschland gibt. Überlegen wir doch mal. Wenn tatsächlich unzählige Jobs vorhanden wären, von dem ein Mensch auch leben kann, dann könnte der Staat sich doch eine Behörde wie die Bundesagentur für Arbeit mit 100.000 Mitarbeitern ersparen. Aber darüber möchte der Bürger lieber nicht nachdenken, ansonsten würde er vielleicht erkennen, dass die Jobcenter nur dazu da sind die Arbeitslosenstatistik zu schönen. Wir haben nämlich trotz Ausweitung des Niedriglohnsektors, was ziemlich offensichtlich der wahre Grund für das menschenverachtende Hartz-IV-System war, nach wie vor dieselbe Arbeitslosenzahl wie seit den 70ern des vorigen Jahrhunderts. Das bedeutet, dass wir ohne die durch Hartz-IV ermöglichte Ausweitung des Niedriglohnsektors jetzt sogar wesentlich mehr Arbeitslose hätten. Ob man so etwas aber jetzt als Erfolg des Hartz-IV-Systems bezeichnen soll, überlasse ich dem geschätzten Leser.

  • @Liebe taz,

     

    meine Antwort auf @ Janus ist vll nicht genehm, aber auch nicht gegen die Netiquette verstoßend, also nicht offtopic, nicht verschwörungstheoretisch, nicht beleidigend, nicht rassistisch... aber vll zu kontrovers? Wenn Sie meinen Beitrag kassieren, so geben Sie doch bitte eine Begründung an, sonst wirkt´s auf mich ganz verwegen.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Da hat nicht nur Ihr Beitrag dran glauben müssen, sondern auch einige von meinen und ich glaube auch einer von Uranus. Sieht mir eher nach einem Unfall aus.

    • Oskar , Autor Moderator ,
      @lions:

      Hallo Anamolie,

       

      sind Sie sicher, dass Sie den Post wirklich abgeschickt haben? Ich konnte nämlich keinen Beitrag von Ihnen entdecken und entfernt haben wir keinen.

       

      Liebe Grüße

      Oskar aus der Moderation

      • @ Oskar:

        Ein lange Antwort von mir auf einen Folgekommentar von Janus sind ebenfalls nicht erschienen. Zwischenzeitlich wird jener Janus' Kommentar und auch eine Antwort von KAMI? ebenfalls nicht mehr angezeigt. Wurde Janus' Antilinke Provokation gemeldet? Allerdings gibt es auch darüber keinen Hinweis.

         

        Mh, gibt es eigentlich seitens der TAZ Pläne die Kommentarspalte softwaretechnisch so umzugestalten, dass eine strukturiertere Darstellung in einem hierarchischem Kommentarbaum möglich ist z.B. durch Einschübe?

      • @ Oskar:

        Ja, ich bin mir sicher. Auch @ Janus Beitrag, worauf sich meiner bezog, ist verschwunden. Ich habe beide schon untereinander gelesen.

  • Die Politik setzt mehr oder weniger das um, was an Vorurteilen und Neid in Deutschland schon immer vorhanden war. Man will, dass so gut wie niemand, fürs "Nichtstun" auch noch Geld bekommt. Kann sich noch jemand an die beschämende Neid-Debatte in diesem Land erinnern, wie "Florida Rolf" und Co.? Gab es einen Aufschrei in der Republik, als die Müntefering den zynischen Satz öffentlich machte "Wer nicht arbeitet, braucht auch nicht zu essen"? Oder kein Recht auf Faulheit? Hartz IV war und ist darauf ausgelegt, mit allen Mitteln Menschen zu sanktionieren, und schikanieren. Darin waren und sind viele Deutsche ja schon sehr geübt drin. Nach Oben wurde und wird gebuckelt, und nach Unten wurde und wird schon immer getreten" Es fehlen nur noch wieder zentrale Arbeitshäuser/Arbeitslager, mit Hartz IV haben wir schon Dezentrale Arbeitshäuser/Arbeitslager. Man will einfach nicht, dass Menschen ihre Qualifikationen beschäftigt werden, weil bei mehr als offiziellen Zahlen 2,8 Mio Arbeitssuchende, stehen nach offiziellen Zahlen nur 800tsd. offene Stellen gegenüber. Für mindestens 2 Mio. Menschen, egal wie gut sie qualifiziert sind, gibt schlicht und ergreifend keine Arbeit mehr.

  • Nicht den Kandidat hypen.

    Nicht die Nation und die großen Slogans anrufen. Nicht delegieren.

    Die Selbstorganisation der Erwerbslosen ist der Weg: mächtiger, wirksamer, die eigene Weiterentwicklung ist das wichtige.

    Klar sind gute Jobs richtig.

    Aber erst mal:

    weg mit allen Sanktionen, Schikanen, Kürzungen, und der Stigmatisierung als faul oder besoffen.

     

    Es gibt eine Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen:

    BAG Plesa. Sie haben auch bundesweite Treffen. siehe http://www.bag-plesa.de/

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Diese Sau wird jetzt seit über zehn Jahren durchs Dorf getrieben. Ohne Unterbrechung. Es scheint ja ein echtes Trauma für viele zu sein das die Sozialausgaben der veränderten Situation (Wiedervereinigung, Ende der Vollbeschäftigung,...) angepasst wurden. Ich finde bei weitem nicht alles gut was durch die Agenda 2010 angestoßen wurde aber herumgehackt wird leider stets nur auf den Symptomen, nicht auf dem eigentlichen Problem.

     

    Wenn man Arbeitslosengeld bekommt ist das Problem nicht das man nicht mehr viermal im Monat essen gehen kann, das man sich nicht mehr alle 5 Jahre einen Neuwagen leisten kann (ohnehin ein Höhepunkt an Dummheit) oder das die “Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe” (Gummischwert) eingeschränkt ist. Das eigentliche Problem ist das Abhandensein einer Einkommensquelle aber darüber redet man hier kaum. Ich vermute das liegt daran das man hier den Staat und die Gesellschaft nicht so gut in Haftung nehmen kann, wie für die Sozialausgaben.

     

    Vielen Arbeitslosen wäre eher geholfen wenn man über Wege reden würde sie wieder in Arbeit zu bringen, anstatt zum 100. mal über eine Erhöhung des Harz4 Regelsatzes zu streiten. Das wird in vielen Fällen bedeuten: Umschulung oder Fortbildung. Man müsste es nur mal richtig machen und sich auf die Menschen konzentrieren die auch willens sind da mitzuspielen. Wer sein Leben in Harz4 fristen will der soll das meinetwegen auch ohne Gängelein machen können. Das muss man aushalten können. Die Benennung dieser Menschen als Last für die Gesellschaft andersherum aber auch!

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Sie schreiben: "Umschulung oder Fortbildung. "

       

      Und da ist es wieder, das Märchen, dass mit einer guten Bildung oder mit einem guten Beruf die Arbeitslosigkeit zu besiegen sei. Dass Deutschland immer mehr Akademiker, auch aus dem MINT-Bereich (Naturwissenschaftler, Ingenieure, etc.), in der Arbeitslosigkeit stecken hat und das Arbeitslosigkeit heutzutage nicht nur ein Problem der Ungebildeten ist, scheinen viele Leute in Deutschland immer noch nicht kapiert zu haben.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Ricky-13:

        Das es immer mehr arbeitslose Akademiker gibt ist mir wohl bekannt. Man muss mit dem "Fachkräftemangel" vorsichtig umgehen. Den gibt es zwar aber nur sehr punktuell und viele der Berufe die davon betroffen sind erfordern eine Ausbildung, kein Studium.

         

        Dann ist da auch noch die Frage: Ist jemand mit einem Master in Gender Studies oder Postcolonial Studies für Sie "gut ausgebildet"?

         

        Akademiker sind immer noch die mit Abstand am wenigsten von Arbeitslosigkeit betroffene Personengruppe. Auch dort wird die Quote der Arbeitslosen zunehmen, weil wir im Moment eine immer stärkere Akademisierung haben.

         

        Fragen wir mal anders herum: Wollen Sie mir sagen die Bildung sei irrelevant, weil es auch arbeitslose Akademiker gibt?

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Sie lenken ja geschickt ab, ich sprach von MINT-Studiengängen und Sie kommen mir mit so etwas "Exotischem" wie Gender Studies oder Postcolonial Studies.

           

          Nehmen wir aber nur einmal den viel beschworenen Fachkräftemangel (meinetwegen lassen wir die Akademiker auch außen vor). Der Fachkräftemangel-Alarmismus, den die Wirtschaftsverbände schüren, und der in Ministerien und Parteien unkritisch übernommen wird, ist nämlich reine Propaganda. Die Frage ist nur, zu welchem Zweck? Denn schließlich ist die Frage des Fachkräftemangels keine neutrale, objektiv zu beantwortende, sondern immer von Interessen beeinflusst. Dass Arbeitgeber immer ein großes Interesse an einem großen Angebot des Arbeitsmarktes haben, nicht zuletzt um die Entlohnung niedrig halten zu können, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Ebenso die Tatsache, dass es für Arbeitgeber in jedem Fall sinnvoll ist, einen Fachkräftemangel zu behaupten und den Staat dazu zu veranlassen, das Arbeitskräfteangebot möglichst groß zu machen.

           

          Ihre Frage, ob Bildung irrelevant sei, kann man auch nur schwer beantworten. Zunächst einmal: Was ist Bildung? Für die neue Arbeitswelt, die immer mehr digitalisiert wird, ist eine humanistische Bildung sicherlich irrelevant, denn ein regelungstechnisches System, was eine ganze Fabrik am Laufen hält und den Menschen überflüssig macht, wird von einigen Ingenieuren entwickelt und benötigt Kenntnisse in Regelungstechnik, also angewandte Differentialgleichungen, aber sicherlich kein Wissen über Goethes Faust. Aber die Vehemenz, mit denen Sie hier Ihre Ansichten vertreten, zeigt, dass eine Diskussion über obiges Thema mit Ihnen fruchtlos bleiben wird, also lassen wir es.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Arroganter Kommentar. Unfassbar, was Leute so von sich geben, wenn sie keine Ahnung haben, aber meinen viel zu wissen.

       

      Es geht nicht um Essen gehen, es geht um (gesundes) essen überhaupt - gerne auch günstig selbst gekocht. Wenn man aber z.B. Vollzeit für ein viel zu geringen Lohn arbeiten geht und "Aufstocker" ist, kann man z.B. nicht in der Kantine mit essen, hat aber auch keine Zeit selbst günstig einzukaufen und auch noch vor zu kochen. Mensch hat dann ja auch noch mindestens den Zweitjob, der bei Hartz IV anfällt (mind. 10 Stunden/Woche).

       

      Und gesellschaftliche Teilhabe fängt schon bei Mobilität und Einritt an. Fahrkarte zum Wandertreffpunkt? Geburtstagsgeschenke für andere Kinder, wenn die Kinder eingeladen sind? (Ggfs. werden sie nicht mehr eingeladen bzw. ist es ihnen auch sehr unangenehm ohne Geschenk. Unter 10 € pro Einladung zum Kindergeburtstag geht da nichts mehr).

       

      Und was den Bildungsstand betrifft: Der ist bei vielen sehr aktuell, die sind sogar auch nach 1980 geboren.

       

      Es geht nicht um arbeitslose Bergbauarbeiter, zumindest nicht in den Gegenden, die ich kenne.

       

      Es braucht weiterhin eine Diskussion zum Auskommen, genannt "Regelsatz". Nur, weil es bisher nicht viel gebracht hat, heißt es ja nicht, dass es nicht notwendig ist. Wie war das mit dem Atomausstieg? Wie lange wurde da für gekämpft?

       

      Mit dem Grundeinkommen wird es kommen wie mit dem Ausstieg aus der Kernenergie: Irgendwann ist die gesellschaftliche Not und der politische Bedarf so groß, dass es kommen wird.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        "Arroganter Kommentar. Unfassbar, was Leute so von sich geben, wenn sie keine Ahnung haben, aber meinen viel zu wissen."

         

        Sie wissen so ziemlich genau nichts über meine persönlichen Verhältnisse und unter Arroganz scheinen Sie offenbar jede Haltung zu verstehen die mit Ihrer nicht konform ist. So wie Sie Moral hier vertreten ist sie vor allem eins: Selbstgerechtigkeit

         

        Mir mangelt es weder an Empathie, noch an Erfahrungen in diesem Bereich. Ich halte den hier vertretenen Ansatz von Umverteilung und maximal mächtigem Staat für ethisch unvertretbar und vor allem für wirkungslos!

         

        Über den Begriff der gesellschaftlichen Teilhabe ärgere ich mich, weil man da alles hinein interpretieren kann und das wird auch gemacht. Egal wie hoch der Regelsatz ist über nicht ausreichende "Gesellschaftliche Teilhabe" kann man sich immer beklagen, solange nicht alle einen Einheitslohn bekommen.

         

        "Nur, weil es bisher nicht viel gebracht hat, heißt es ja nicht, dass es nicht notwendig ist."

         

        Die Frage die ich mir da stelle ist nicht die nach der Sinnhaftigkeit der Diskussion sondern die nach den Erfolgsaussichten und die gehen gegen 0. Das wird auch ein Schulz nicht ändern und dennoch kannibalisieren hier viele lieber das eigene politische Lager als über Alternativen nachzudenken.

         

        "Mit dem Grundeinkommen wird es kommen wie mit dem Ausstieg aus der Kernenergie: Irgendwann ist die gesellschaftliche Not und der politische Bedarf so groß, dass es kommen wird."

         

        Das denke ich auch. Allerdings wird das die Kluft zwischen Arm und Reich nur noch größer machen. Das wird nämlich kommen weil zu viele Jobs wegautomatisiert wurden.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      @Janus woher sollen die Stellen denn kommen? Nach offiziellen Zahlen, gibt es ca. 2,8 Mio Arbeitssuchende, demgegenüber stehen nach offiziellen Zahlen ca. 800 Tsd. offene Stellen gegenüber. Für mindestens 2 Mio. gibt es schlicht und ergreifend keine Stellen, um das zu kaschieren, gibt man den Arbeitssuchenden mit Unterstützung der Mainstream Medien den Arbeitssuchenden die Schuld. Und da eh viele Deutsche, nach Oben buckeln, und nach Unten gerne treten, wird eben mit Vorurteilen Politik gemacht, und trifft nach wie vor auf fruchtbaren Boden.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Illoinen:

        Das ist mir wohl klar aber nur weil es keine 2,8 (Eig. 5 Mio) Mio Stellen gibt heißt das nicht das man da untätig bleiben kann. Früher konnte man sich andere Sozialausgaben eher leisten, weil es weniger Empfänger gab.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Früher konnte man sich nicht nur andere Sozialsausgaben eher leisten, weil es weniger Empfänger gab... sondern auch, weil man da noch nicht den SPITZENSTEUERSATZ FÜR REICHE GESENKT HAT, die STEUER AUF SPEKULATIONSGEWINNE GESENKT hat, internationale Konzerne dank Umschreibungsschacherei TROTZ RIESENGEWINNEN QUASI UNBESTEUERT lässt etc. etc. etc. (während man heute dies alles und mehr getan hat und gleichzeitig den Armen und Prekarisierten was von "selber schuld" und "Gürtel enger schnallen" und "Leider kein Geld da" erzählt. LOL.)

           

          Sagen Sie mal: Sie wurden doch jetzt schon über Wochen auf solche Fakten hingewiesen. Unterschiedliche Meinungen zur Realität zu haben ist ja eine Sache, aber Ihr neoliberaler Bullshit hat einfach mal fast nix mehr mit der Realität zu tun. Bitte warum ignorieren Sie diese Fakten andauernd? (Sofern Sie kein Propagandatroll des INSM sind...)

    • @33523 (Profil gelöscht):

      - Die Diskussion um die völlig unzureichenden Regelsätze unnötig zu finden kann auch nur jemand, der keine Ahnung davon hat, dass es hier nicht um Luxus und Gummischwerter geht, sondern dass die Sätze meist nicht mal für ortsübliche Mieten mit Strom und Nebenkosten reichen. Naja, sollen die Schmarotzer halt frieren, was?

      - Arbeitslos und prekarisiert ist nicht nur, wer unqualifiziert ist. In meinem Fachbereich wurden gerade mal wieder ein paar Dozentenstellen gestrichen, bei gleichbleibend hohem Studierendenandrang. Wer Glück hat, darf statt Anstellung mit echtem Gehalt jetzt auf Lehrauftragsverträgen weitermachen - für knapp über hundert Euro im Monat, und ohne Kranken- und Rentenversicherung, denn so wird mittlerweile aus Kostenersparnisgründen ein Großteil der Lehre am "Bildungsstandort Deutschland" betrieben in sämtlichen Fachbereichen, wo man nicht mal eben für Spitzengehälter in die Industrie abwandern kann. Hey, na dann lernt hier halt bald niemand mehr Fremdsprachen, oder Ethik, Krankenpflege, etc.. stört ja eh nur beim Konsumscheiß produzieren, wa? Obwohl, ohne Lehrer für Englisch oder Chinesisch könnt's damit auch bald nicht mehr allzu weit her sein.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @kami:

        Bitte lesen Sie meinen Beitrag und dann antworten Sie auf das was ich geschrieben habe und nicht auf das was sie sich da zusammenfantasiert haben! Vielen Dank!

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Sie haben Ihre Antwort schon geschrieben, bevor mein zweiter Teil veröffentlich wurde. So oder so steht aber dennoch in Ihrem Kommentar, dass Diskussionen um die Regelsatzhöhe unnötiges Herumdoktorn an Symptomen seien und die eigentliche Krankheit, dass man Arbeitslosen mit Weiterbildung etc. in Jobs verhelfen müsse. (bzw "vielen", denn einige wollen ja laut ihrem Kommentar auch nicht, und sind dann eine Last für die Gesellschaft.)

          Was bitte habe ich daran nicht oder falsch gelesen? Ihr Kommentar verkennt völlig die wahren Ausmaße des Problems unzureichender Regelsätze, die Tatsache, dass nicht genug Jobs für alle da sind, die Tatsache, dass viele der Arbeitslosen und Prekarisierten gut ausgebildet sind, gebraucht werden, und trotzdem nur mit Stütze über die Runden kommen.. und vor allem, dass die Lohndrückerei und die ganze Hartz IV-Sauerei System hat, von dem einige prächtig auf Kosten anderer profitieren.

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @kami:

            "... dass Diskussionen um die Regelsatzhöhe unnötiges Herumdoktorn an Symptomen seien"

             

            Nein da steht das diese Diskussionen seit über 10 Jahren ununterbrochen betrieben wird und das über diese Diskussion andere Ansätze sträflichst vernachlässigt wurden.

             

            "... denn einige wollen ja laut ihrem Kommentar auch nicht, und sind dann eine Last für die Gesellschaft."

             

            In der Tat habe ich selber Erfahrungen mit erzwungenen Fortbildungen gemacht. An einem Institut an dem ich gearbeitet habe war jährlich eine Gruppe von etwa 15 Umschülern.

            Diese Männer waren mindestens seit fünf Jahren in Harz4.

            Die Motivation war stets die gleiche. Von 15 Teilnehmern waren zwei bis drei stets höchst motiviert. Der Rest hatte 0 Motivation und kein Problem damit das bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck zu bringen.

             

            "... dass viele der Arbeitslosen und Prekarisierten gut ausgebildet sind, gebraucht werden, und trotzdem nur mit Stütze über die Runden kommen"

             

            Gut ausgebildet nach welchen Standards? Denen von 1980?

             

            Viele Menschen mit Ausbildung oder Studium sind Arbeitslos, weil ihre Berufe nicht mehr ausgeübt werden (z.B. Arbeit unter Tage) oder ihr Fachbereich total überlaufen ist oder einfach keine Berufsaussichten (*Studies) bietet. Da wäre Umschulung eben grade sinnvoll.

             

            "... von dem einige prächtig auf Kosten anderer profitieren."

             

            Verschwörungstheorien helfen hier nicht weiter. Es gab ein massives Staatdsdefizit. Das ist nun weg. Das war das Ziel der Reform. Das tat weh aber was passiert wenn man lange genug so tut als gäbe es das Problem nicht kann man sich in Spanien, Portugal, Frankreich,.... ansehen. Am Ende kommt es dann nämlich noch viel dicker! Die alten verdienen prächtig (teilweise für Arbeiten die auch ein Affe erledigen könnte) und die Jungen bekommen nicht einmal einen Praktikumsplatz. Wären Sie damit glücklicher?

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Es geht bei dem Unibeispiel nicht nur um Fachbereiche, die keine Zukunftsaussichten und Studis haben. Es geht auch nicht um irgendeine der "postmodernen Gender Studies Professorinnen", von denen Sie in anderen Kommentaren immer fabulieren. Sondern um den gesamten Lehrbetriebe für Hunderttausende von Studis, der vom Mittelbau gestemmt wird und wo es aber mittlerweile keine Anstellungen mehr gibt, sondern fast nur noch prekarisierte befristete Teilzeitjobs und Lehraufträge. Bei gleichbleibend hohem Lehrbedarf und Studentenaufkommen. Die Arbeit wird weiterhin gebraucht und gemacht, man bekommt nur kein auskömmliches oder gesichertes Einkommen mehr dafür, wie in so vielen anderen Bereichen auch.Weil man leider nur einem Teil der Bevölkerung erzählt, dass Sie wegen Staatsdefiziten den Gürtel enge rschnallen müssen, während das für andere - Erben, Spekulanten, Bankenrettungen etc. - offensichtlich nicht gilt, die immer reicher und noch reicher werden.

              • @kami:

                Die "Dauerpraktikanten" werden ja offensichtlich auch gebraucht und arbeiten hart - dieselbe Arbeit, für die man früher ordentlich bezahlt wurde, und die jetzt in "Praktikum" zu Niedrigverdienst umbenannt wurde - mit freundlicher Unterstützung eines Agenda2010-Systems das sagt: "Wenn Du die Arbeit nicht für fast nix machst, darfst Du zur Strafe nicht mehr essen und existieren." Es ist ja nicht mal mehr nur so, dass Ihr Traum einer freien, deregulierten Wirtschaft schon lange nicht mehr funktioniert, sondern dass hier gar kein freier Markt herrscht. Auf dem würden Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nämlich sagen: Nee danke, zu den Konditionen nicht. Heute kann der Arbeitgeber sagen: "Ich kann dich zusammen mit den ARGEN zwingen, meinen Job für fast nix zu machen." Und macht dann prächtige Gewinne, in dem er für die für ihn erbrachten Arbeiten im Gegensatz zu früher nix mehr zahlen muss, während den Rest des Existenzminimums dann statt Arbeitgebern der Staat – ergo Steuerzahler, oder Rest eines schrumpfenden MIttelstandes - mit "Aufstocken" bezahlt. Da ist kein freier Markt mit fairem Wettbewerb, das ist auf den Kopf gestellter Sozialismus zugunsten von Reichen und auf Kosten von Armen.

      • @kami:

        (Teil 2/2)

        - Die, die da so mal wieder nach jedem Teilzeit-Fristvertrag zur gängelnden Forderung ohne Förderung in die Arbeitsagentur getrieben werden, sind nicht nur höchst qualifiziert und eigentlich gebraucht, sondern verlieren beim Abstieg in Hartz IV auch so ziemlich all ihre ggf. angesparte Altersvorsorge - denn wer ggf. beizeiten etwas dafür zurück gelegt hat, bekommt dann zur Strafe nicht mal mehr Hartz IV, bis fast alles weg ist.

         

        - Nicht zuletzt sind bei Ihnen natürlich die "Last für die Gesellschaft" nur Hartzer - aber nicht diejenigen, die von dieser Lohndrückerei prächtigst profitieren - so wie ja auch in Ihren sonstigen Kommentaren nie Rassismus, Sexismus oder Kolonialismus ein Problem ist sondern die Feministinnen, Antikolonialismuskritik etc.

         

        - Es ist de facto so, dass (trotz ein paar offener Stellen) bei weitem nicht genug Jobs für alle da sind oder sein werden. Gleichzeitig ist mehr Kohle da als je zuvor, die Schere zwischen Arm und Reich wird immer weiter… und statt Geld für die Gemeinschaft, Infrastruktur, Bildung etc. solidarisch da einzusammeln, wo Geld und Gewinne auch gemacht werden, hatten wir zusammen mit der Agenda 2010 mehr Geschenke und Steuerkürzungen für Erben, Bestverdiener, Spekulationsgewinne. Und da sehen Sie tatsächlich kein systemisches Problem, kein Verteilungsproblem.. sondern die Armen und Ausgebeuteten sind nur zu faul oder inkompetent, sich eine bessere Ausbildung zuzulegen?

        So reden wie Sie kann eigentlich nur einer, der nicht nur völlig in eine politische Richtung verblendet ist, irgendwas mit Management oder Ingenieur studiert hat, bestens ausgesorgt hat, wahrscheinlich zu jung ist, um jemals echtes Leben mit allen möglichen Schicksalen mitzubekommen zu haben, sondern vor allem auch sonst mal wieder herzlich wenig Ahnung hat von den Themen hat, zu denen er täglich seine Meinung absondert. Viel zu tun jedenfalls haben Sie ja offensichtlich nicht in Ihrem Job.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      "Vielen Arbeitslosen wäre eher geholfen wenn man über Wege reden würde sie wieder in Arbeit zu bringen, anstatt zum 100. mal über eine Erhöhung des Harz4 Regelsatzes zu streiten. Das wird in vielen Fällen bedeuten: Umschulung oder Fortbildung."

       

      Der Rückgang der Arbeitslosigkeit wurde v.a. mit der "Lohnzurückhaltung" erkauft (http://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/110720_lohnstueckkosten.gif), die wiederum zu einem nicht geringe Teil prekäre und stigmatisierende unterste Grenze der sozialen Sicherung gefördert wurde. Auswirkungen auf die Binnenachfrage kann jeder sehen.

      Entscheidende Frage ist - ist die aud solche Art gesenkte Arbeitslosenzahl ein Rezept für die Zukunft? Was macht man bei der nächste Krise? Die nächste Agenda mit verschärften Maßnahmen, weil die ersten angeblich funktioniert hätten? Was tut man, wenn die Digitalisierung + evtl. Protektionismus hierzulande paar Mio. Jobs dahinraffen? Auf der Bildungsschiene rumzureiten bringt einen dann nicht weiter. Ich weiß es.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        "Der Rückgang der Arbeitslosigkeit wurde v.a. mit der "Lohnzurückhaltung" erkauft"

         

        Was Sie da behaupten bildet der Reallohnindex aber in keinster Weise ab.

        Die Lohnstückkosten lassen sich am besten durch Automatisierung drücken und das gelingt natürlich in industriell orientierten Ländern besser. Von daher überrascht mich Ihre Grafik nicht.

         

        "Was tut man, wenn die Digitalisierung + evtl. Protektionismus hierzulande paar Mio. Jobs dahinraffen? Auf der Bildungsschiene rumzureiten bringt einen dann nicht weiter."

         

        Es ist nicht die Frage ob das passiert, sondern wann es passiert und wie viele davon betroffen sein werden. Wer davor sicher sein will kann entweder Ingenieur oder Informatiker werden oder etwas im sozialen oder handwerklichen Bereich machen.

         

        Solch eine Situation hatten wir im Zuge der Industrialisierung schon einmal. Da muss man sich nichts vormachen. Das wird nicht schön werden und das kann der Staat nicht vollends kompensieren.

         

        "Was macht man bei der nächste Krise? Die nächste Agenda mit verschärften Maßnahmen, weil die ersten angeblich funktioniert hätten?"

         

        Im Jahr 2000 hat der Staat mal eben 48 Milliarden DM Schulden gemacht. Das sind so ziemlich genau 10% des Bundeshaushaltes. Das sowas nicht funktionieren kann sollte jedem klar sein. Deutschland ist im Gegensatz zu anderen Ländern relativ früh diesen Weg gegangen. Die Alternative dazu kann man in Griechenland bewundern. Auch Sozialleistungen gibt es eben nicht umsonst!

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @33523 (Profil gelöscht):

          "Was Sie da behaupten bildet der Reallohnindex aber in keinster Weise ab.

          Die Lohnstückkosten lassen sich am besten durch Automatisierung drücken und das gelingt natürlich in industriell orientierten Ländern besser. Von daher überrascht mich Ihre Grafik nicht."

           

          Ja, da habe ich gerade damal gedacht, ich schmeiße die zweite Grafik hinterher, aber dann dachte ich, braucht's nicht.

           

          OK, also jetzt: der deutsche Wettbewerbsvorteil wurde *nicht* durch einen Produktivitätsvorsprung erreicht:

          http://www.manager-magazin.de/images/image-767819-galleryV9-pfhp-767819.jpg

           

          Es war reines Lohn- und Sozialdumping. Auf hohem Niveau, gewiss, aber komparativ gesehen doch.

           

          Das hat und zu einem sehr wettbewerbsfähigen Produzenten und Exporteur gemacht aber zu einem miserablen Konsumenten:

          http://www.querschuesse.de/wp-content/uploads/2014/07/1a215.jpg

          http://www.querschuesse.de/wp-content/uploads/2012/02/1a48.jpg

           

          "Im Jahr 2000 hat der Staat mal eben 48 Milliarden DM Schulden gemacht. Das sind so ziemlich genau 10% des Bundeshaushaltes. Das sowas nicht funktionieren kann sollte jedem klar sein."

           

          Klar. Vielleicht sollte der Staat über die Erhöhung seiner Einnahmen nachdenken:

          http://www.agpolitischetheorie.de/wordpress/wp-content/uploads/2015/06/Grafik-41_Steuerquote.png

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            Die Arbeitsproduktivität beinhaltet ja aber eben grade nur die Leistung die im Zuge eines Personaleinsatzes erzielt wurden. Prozesse in denen keine Mitarbeiter mehr zum Einsatz kommen fallen dort also heraus. Zumindest wenn die Definition die ich dazu gefunden habe korrekt ist.

            Spektisch bin ich vor allem weil Frankreich dort vor Deutschland gelistet wird und wie es in Frankreich zugeht weiß ich wohl. Wer glaubt Frankreich gehe es gut der soll sich mal mit seiner Karre an die Deutsch-Französische Grenze stellen und sich ansehen wohin zum Arbeiten gefahren wird.

             

            Die Einzelhandelsumsätze hauen Sie mir jetzt zum x. mal um die Ohren. Die Brechen mit dem Mauerfall zusammen. Mit dem haben sich dann auch unsere Staatsschulden über Nacht verdoppelt.Verdoppeln Sie mal Frankreichs Staatsschulden, dann gehts denen morgen dreckiger als Griechenland.

            Haben Sie genauere Parameter zu den dargestellten Werten der Französischen Seite?

             

            Steuerquote am BIP. Jo danke! Das ist inflationsbereinigt und gemittelt über alle Einkommensschichten. Ich weiß das hören Sie nicht gerne aber es ist wahr: Mehr Steuern zahlt niemand gerne und die Menschen die Sie besteuern wollen können Sie nicht besteuern ohne das sie abwandern. Am Ende werden stets KMU und kleine + mittlere Haushalte belastet.

          • @10236 (Profil gelöscht):

            Einen Realitätscheck dieser Art wollte ich dem Herrn Janus auch gerade noch hinterherschieben. Schön, dass Sie das schon übernommen haben.

             

            Ich frage mich wirklich, in welcher Art von Komplettverblendung man leben muss, um all das nach Jahren und Jahren immer noch nicht mitbekommen zu haben.

          • 1G
            10236 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            Fortsetzung ;)

             

            Ich halte die Steuerquote für viel aussagekräftiger als die z.B. Staatsquote, die gerne von neoliberalen Propagandisten benutzt wird und wo staatlich organisierte/verwaltete Sozialversicherungen erfasst werden. Jeder, der weiß wieviel z.B. Obamacare Premium kostet, soll heilfroh über AOK&Co sein.

             

            Zu der bevosrstehenden (?) Digitalrevolution:

             

            "Wer davor sicher sein will kann entweder Ingenieur oder Informatiker werden oder etwas im sozialen oder handwerklichen Bereich machen."

             

            Es wird kein Umbruch wie die davor, weil es fast ausschließlich effizienzorientiert ist und wenig Neues kreiert und viel substituiert.

            Ihre Ratschläge sind sicherlich gut für den Einzelnen, aber ein Staat sollte an die Gesamtheit denken. Anfang der 90er war die Dienstleistungsgesellschaft in aller Munde. Mit Ausnahme der ganz gehobenen Bereiche war die Verdienstentwicklung in dem Bereich fast skandalös.

            Wir sollten aufpassen, dass wir nicht eine 30-40%-Gesellschaft bekommen, wo eine (einflussreiche und wahlfreudige) Minderheit sich von einer schlecht bezahlten Mehrheit umsorgen lässt.

            • 3G
              33523 (Profil gelöscht)
              @10236 (Profil gelöscht):

              "... weil es fast ausschließlich effizienzorientiert ist und wenig Neues kreiert und viel substituiert."

               

              Das wird sich noch zeigen. Das glaube ich letztlich eher nicht. Klar kann man jetzt erstmal wegrationalisieren was das Zeug hält aber viele Dinge die früher schlicht nicht möglich waren gehen mittlerweile. Aus Richtung KI wird in den kommenden Jahrzehnten viel kommen.

               

              "Wir sollten aufpassen, dass wir nicht eine 30-40%-Gesellschaft bekommen, wo eine (einflussreiche und wahlfreudige) Minderheit sich von einer schlecht bezahlten Mehrheit umsorgen lässt."

               

              Ich befürchte das lässt sich auch durch Achtsamkeit nicht verhindern lassen. Dem Staat stehen einfach nicht die Mittel zur Verfügung um sich um 40%+ Arbeitslose zu kümmern. Das ist zugegebenermaßen auch ein ziemlich düsteres Szenario. Es entstehen durch die Digitalisierung auch viele neue Jobs. Allerdings wird natürlich aus einem gewöhnlichen Buchhalter oder einem Taxifahrer nie ein guter Programmierer werden.

              • 1G
                10236 (Profil gelöscht)
                @33523 (Profil gelöscht):

                "Ich befürchte das lässt sich auch durch Achtsamkeit nicht verhindern lassen. Dem Staat stehen einfach nicht die Mittel zur Verfügung um sich um 40%+ Arbeitslose zu kümmern."

                 

                Dann sollte sich der Staat besser was einfallen lassen.

                 

                Jemand (Prof Blythe?) sagte mal als Argument zu einem reichen US-Amerikaner, der nicht verstehen konnte, warum er teilen soll: "ihr habt ganz schlechte Verteidigungslage - flache Grundstücke und Meer im Rücken" (the Hamptons).

                Möchte man lebenswerte und sichere Gesellschaft - entweder für Ausgleich sorgen oder für sozioökonomisches Apartheid, sonst kann man sich die Kriminalität kaum vorstellen.

                • 3G
                  33523 (Profil gelöscht)
                  @10236 (Profil gelöscht):

                  "... sagte mal als Argument zu einem reichen US-Amerikaner, der nicht verstehen konnte, warum er teilen soll: "ihr habt ganz schlechte Verteidigungslage - flache Grundstücke und Meer im Rücken" (the Hamptons)."

                   

                  Das ist ein ziemlich gutes Beispiel für ein Argument das mich echt abschreckt. Als reiner Pragmatiker kann man das so sehen aber wer so argumentiert der ist doch moralisch am Ende.

                   

                  Ob sowas allerdings von alleine passiert weiß ich nicht, daran habe ich so meine Zweifel. In der Ukraine gab es ab 1932 eine ziemlich üble Hungersnot der zwischen 2,4 und 7,5 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Ausgelöst wurde diese teilweise durch die Enteignung von Bauern. Viele der Dörfer waren damals von einzelnen Bauern abhängig und das System funktionierte erstmal gut, war der Führung der UdSSR aber ein Dorn im Auge, weil diese Bauern im Vergleich zur Bevölkerung sehr wohlhabend waren. Passiert ist ihnen dennoch erstmal nichts, bis die weniger betuchten Bürger angestachelt wurden gegen diese vorzugehen, ihre Höfe zu plündern, die Bauern zu töten,... von denen die es überlebt haben wurden viele nach Sibirien deportiert.

            • @10236 (Profil gelöscht):

              Ja, auch ich halte die Steuerquote für wesentlich aussagekräftiger als allein die Staatsquote - wobei wir vor allem neben den groben Prozentzahlen auch beachten sollten, wo und von wem die Steuern erhoben werden. Die gehen nämlich derzeit hauptsächlich zu Lasten des Bevölkerungsteils mit den noch verbleibenden mittleren sozialversicherungspflichtigen Lohneinkommen. Dass sich Staatsausgaben größtenteils dadurch finanzieren, dass Lohnarbeiter Steuern auf Ihre eigene Arbeit bezahlen, während andere Bereiche ausgenommen oder gehätschelt werden, ist ja auch so ein neoliberaler Witz. Neben einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes, der Steuer für reiche Erben und Unternehmer etc. wäre mal dringend darüber nachzudenken, weshalb man nicht an anderen Stellen da die Gelder für Gemeinschaftsausgaben einholt, wo Gewinne außerhalb von Lohnarbeit auch gemacht werden. Das betrifft die Besteuerung von Finanzspekulationen ebenso wie auch neuere Ideen wie z.B. die Besteuerung der Roboter, die Lohnarbeiter ersetzen. Solcherlei Ideen (wie auch bedingungsloses Grundeinkommen u.a.), die ein neoliberaler Propagandist wie Herr Janus sicher als "spinnerte linke Ideen" abtut, werden neben Linken wie z.B. Hamon übrigens auch von erfolgreichen Unternehmern wie Werner oder Bill Gates vertreten.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Es gibt in Deutschland zu viele Arbeitslose und zu wenige offene Stellen, da muss Hartz-IV auch in der Höhe stimmen. Und ich glaube, dass die Sätze viel zu niedrig berechnet sind. Jugendliche sind meist teurer als Erwachsene, nicht so bei Hartz-IV, dort erhalten sie weniger und sie hätten mehr verdient, sagt sogar das Verfassungsgericht, aber dafür hatte Ursula von der Leyen ja das Teilhabepacket sich ausgedacht und deswegen darf es so sein.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Andreas_2020:

        "Es gibt in Deutschland zu viele Arbeitslose und zu wenige offene Stellen,..."

         

        Nun die Stellen die unbesetzt sind die sind es oft schon seit langem. Natürlich wäre Vollbeschäftigung ein schönes Ziel aber auch die Besetzung von 650.000 offenen Stellen wäre schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.

         

        "... da muss Hartz-IV auch in der Höhe stimmen."

         

        In der Höhe Stimmen,... da liegt der Hund doch begraben. Was ist denn stimmig? Das ist doch die große Frage! Da haben wir auf der einen Seite die CDU die sagt es passt so wie es ist und auf der anderen Seite Die Linke, welche Sozialleistungen am liebsten völlig unabhängig von einer realistischen Finanzierbarkeit gestalten würde.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          "... und auf der anderen Seite Die Linke, welche Sozialleistungen am liebsten völlig unabhängig von einer realistischen Finanzierbarkeit gestalten würde."

          Selbst wenn dies Die Linke so weit verfolgen würde, so ist die "realistische Finanzierbarkeit" gegeben, wenn sie mit der Infragestellung der jetzigen Vermögensverteilung einhergeht.

           

          Dann muss es bei einer Kritik an HarztIV gleichzeitig um eine Kritik an Prekarisierung durch miserable Arbeitsbedingungen gehen. Denn wer will mehrere Jobs oder Leiharbeit annehmen, aufstocken... um über die Runden zu kommen, wenn dies durch ein neues Sozialgeld abgedeckt wäre? So gesehen kann mensch es von hinten aufziehen: miserable Arbeitsbedingungen sind als "Wettbewerbsvorteil" von vielen Unternehmen und den Neoliberalen gewünscht und damit auch HartzIV, um die Leute in die miserablen Arbeitsbedingungen reinpressen zu können.

  • Wieso namenlos? Die "Hölle" hat doch einen Namen!?

     

    Die Hölle aus Vertröstung, Ignoranz, Bevormundung, Gängelei und Bestrafung trägt den Namen des Hüttenarbeitersohns, Diplom-Betriebswirts (FH), Managers und VW-Personalvorstands, eines SPD-, IG Metall-, Kuratoriums- und Stiftungsmitgliedes, eines Ehrendoktors der Uni Trier, Professors h.c. von Saarlands Gnaden, (Ex-) Bundesverdienstkreuzträgers erster Klasse, Freundes des Skoda-Managers Schuster und wegen Untreue und Begünstigung verurteilten Straftäters Peter Hartz.

     

    Die "Hölle" trägt den Namen des Mannes, der den langjährigen VW-Betriebsratsvorsitzenden Volkert dermaßen "großzügig und wertschätzend" hat behandeln lassen, dass der auf einer Vergnügungsreise ans anderen Ende der Welt, bei der Inanspruchnahme von Prostituierten, beim Kauf von Maßanzügen und Schmuck und bei der Anmietung und Renovierung einer privat genutzten Wohnung glatt vergessen hat, was seine eigentliche Aufgabe gewesen wäre.

     

    Hartz selbst ist damals übrigens eher glimpflich davon gekommen. Die Ermittler haben "peinliche Details" seiner eigenen Aktivitäten so entschieden beschwiegen, dass er im Ergebnis einer schon bei Prozessbeginn getroffen Urteilsabsprache zwischen der Staatsanwaltschaft und Hartzs Anwälten nach nur zwei Verhandlungstagen trotz der Gesamtschadenssumme von 2,6 Millionen Euro zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden konnte.

     

    Nein, namenlos ist die Hartz-IV-Hölle wirklich nicht.

    • @mowgli:

      „Herausgekommen ist ein System, mit dem die Arbeitslosen diszipliniert und bestraft werden.“ (Peter Hartz, „Macht und Ohnmacht“, 2007)

       

      Hartz selber war nicht zufrieden mit der politischen Umsetzung der Vorschläge der von ihm geleiteten Kommission, da sie ihm lediglich restriktiv und bevormundend gegenüber Arbeitssuchenden und insbesondere Langzeitarbeitslosen erschien.

       

      Aber gut, für manch schmales Hirn war das Peterle ja anscheinend so eine Art Reichs(sozial)kanzler mit selbstausgestellter Ermächtigungsvollmacht. Der konnte da also alles vollkommen autark entscheiden und einführen, die bürgerlichen Oppositionsparteien mahnten noch im Verein: "Peter, pass auf! Denk ans Prekariat! Das ist uns lieb und teuer!" Und auch die Lobbyisten der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände vergruben ihre Gesichter in ihren Händen, die Stirn in tiefe Sorgenfalten gelegt. "So kann man doch mit den unteren 90% der Bevölkerung nicht umgehen!", riefen sie entsetzt im Chor. "Komm, nimm doch von uns ein wenig höhere Steuern!", bettelten sie, "Mit einer Reichensteuer von 1% auf Vermögenswerte für die oberen 5% kannst Du schon locker eine Grundsicherung für alle finanzieren."

       

      Allein, der böse Peter wollte nicht und rieb sich diabolisch grinsend vergnügt die Hände beim Gedanken daran, die Gesellschaft bis weit in die Mittelschicht zu verunsichern und zu verängstigen...

    • @mowgli:

      Interessant ist an Hartz gewesen, dass er selbst einen Regelbedarf von 500 € von Anfang an forderte, was ihn natürlich nicht rehabilitiert.

    • @mowgli:

      Naja, ich denke, damit ist gemeint, dass die schlechten Lebensbedingungen der ALGII-Bezieher_innen in geselllschaftlichen Debatten kaum thematisiert werden bzw. zu Gunsten einer verzerrten Pseudo-Arbeits/Leistungsideologie nicht anerkannt werden. Pseudo deshalb, weil mensch im Durchschnitt ein großes Vermögen nicht durch Arbeit erreicht, sondern durch Erbe. So machen sich einige Arbeitenden (anhand der Ideologie) etwas vor oder wollen zumindest, dass es den Arbeitslosen schlechter als ihnen geht, die sich selbst in einem Hamsterrad befinden bzw. sich in einem Job sehen, auf den sie selbst keine Lust haben.

    • @mowgli:

      Straftäter, Prostituierte, Massanzüge, Bewährungsstrafen ...

       

      Das ist doch populistisches Hotte-Hüh.

    • @mowgli:

      Danke !

  • Hartz-IV-Strafvollzug und in Folge: Armutsrente, trotz lebenslanger Erwerbslebenszeit!

     

    Nach Jahrzehnten meiner Berufstätigkeit, unter anderem als Facharbeiter und Meister, landete ich nach dem Ende meiner letzten Erwerbstätigkeit, als Meister im Martin-Gropius-Bau in Berlin, hier nur im unfreiwilligen “zeitlich befristeten Arbeitsvertrag“, im Alter von 55 Jahren, in Arbeitslosigkeit. Nach ALG I. befand ich mich im offenen Hartz-IV-Strafvollzug, bis zu meiner vorzeitigen Altersrente.

     

    Obwohl meine Altersrente unterhalb der Armutsgrenze liegt und meine selbständige Berufstätigkeit für die Anrechnung auf 45 Jahre auch nicht berücksichtigt wurde, erfolgte durch die gesetzliche RV noch ein Abschlag: eine Rentenkürzung.

     

    Aber unter Beachtung meiner Erwerbsjahre als selbständiger Handwerksmeister, da hätte ich die 45 Jahre Erwerbslebenszeit [einschließlich unfreiwilliger Arbeitslosigkeit] und damit die “Rente mit 63" [im 64. Lebensjahr] vorzeitig vollständig erreicht. Und damit auch einen ungekürzten Anspruch auf meine [eigenständige] Altersrente erworben.

     

    Offensichtlich findet jahrelange selbständige Erwerbstätigkeit -dabei aber ohne Rentenversicherung- keine Beachtung und selbst die bereits erworbene gesetzliche Rente wird dementsprechend noch gekürzt.

    • @Reinhold Schramm:

      offenbar haben Sie während der Selbständigkeit aber nicht eingezahlt, sonst wären die Zeiten ja angerechnet worden. Dass man keine Ansprüche als Selbständiger erwirbt, der nicht einzahlt, dürfte doch wohl klar sein.

      • @Dr. McSchreck:

        Das ist schon klar! Es geht dabei aber auch nur um die erworbenen Ansprüche. Aber die bereits erworbenen Ansprüche werden gekürzt, selbst wenn sie unter Beachtung mit ihrer Selbständigkeit mehr als 45 Erwerbslebensjahre tätig waren.

         

        Zum Beispiel: Sie haben vom 16. bis zum vollendeten 63. Lebensjahr gearbeitet: 47 Erwerbsjahre. Davon 43. Jahre mit GRV und 4 Jahre ohne GRV. Dann erhalten sie von ihrer erworbenen 43-jährigen GRV noch einen Abschlag: 0,3 x 24 Monate = 7,2 % Abzug, - mtl. bis zum Tod. - Da sie bereits mit 63. Jahren in Rente gehen.

         

        Also, um in unserem Beispiel zu bleiben, sie müssten bis zum vollendeten 65 Lebensjahr arbeiten, also insgesamt 49 Jahre, um auf die erworbenen 43-GRV-Jahre die vollen 100% zu erhalten.

         

        Es geht mit darum, dass man nach 45 Erwerbslebensjahren, unabhängig ob 'mit' oder 'ohne' geschlossene GRV, seinen vollen Anspruch auf die bereits verminderte GRV [z. B. 43. Jahre] erhält, - und nicht noch einen Abschlag/Rentenkürzung.

  • Es geht schlicht und ergreifend um die Bekämpfung der sozial Schwachen, damit die Superreichen weiterhin keine Not leiden. Da macht es dann auch schon mal Sinn, komplett auszublenden, daß auch die Lebenserwartung sozial Schwacher rund 7 Jahre geringer ist als die Lebenserwartung des Bevölkerungsdurchschnitts.

     

    Wie es sich immer wieder gezeigt hat, scheint dies sogar eine Grundbedingung zu sein, um den Parteien, die solche Konzepte fahren, dauerhaft zu Mehrheiten zu verhelfen.

    Hühner sind diesbezüglich klüger. Die glauben einfach nicht, daß der Fuchs ihr Beschützer ist.

  • Wir müssen dafür kämpfen, dass die sozialen Leistungen nicht noch weiter gekürzt werden. Aber Hartz IV ist momentan gar nicht so schlecht.

     

    Es sind die gleichen Leistungen für alle, egal ob sie früher mal zu den Besserverdienern gehört haben oder nicht. Niemand wird diskriminiert, Migranten bekommen gleich viel Geld wie Deutsche und kinderreiche Familien können davon ein sehr viel besseres Leben führen als von normal bezahlter Arbeit. Ausserdem findet man immer eine Möglichkeit, Sanktionen zu entgehen, notfalls über den Klageweg.

    • @Maike123:

      Wie schlecht darf es den HartzIV-Bezieher_innen abseits von der Leistungshöhe denn Ihrer Ansicht nach bitte noch gehen?

       

      Sie lassen unberücksichtigt, dass es neben dem eigenen Einkommen auch Unterschiede in Ressourcen u.a. Kontakte zu Arbeitgeber_innen, Vermögen in Familie und unter Freund_innen, Bildung, Selbstbewusstsein... gibt. Diese Gleichbehandlung, von der Sie da reden bedeutet nicht Chancengleichheit.

  • "ALG II ist eine kafkaesk durchbürokratisierte Armutsmaschine." (Zitat)

     

    Genau!

    ... und leider schafft dieser Quatsch unfassbares Leid und schließt sehr viele Menschen von der Gesellschaft aus.

     

    Dass Schulz das eine anspricht und zur echten Katastrophe Hartz-IV schweigt, reicht mir aus, da kann ich nur sagen: Auf ein Reförmchen kann ich verzichten - die Millionen Menschen, die darunter leiden wohl auch.

     

    Das erinnert mich an Ursula von der Leyen: man simmuiliert Sozialpolitik und glaubt, das würde reichen.

     

    In Wirklichkeit ist das eine soziale Kälte, die mir Angst macht.

     

    Wie leben denn die Kinder und Jugendlichen in H4-Haushalten?

     

    Warum sind so viele H4-Empfänger so krank und depressiv?

     

    Ist dieses Land 2017 weniger klug als 1991 oder 1985?

    Anscheinend ist es so.

     

    Aber: Für so ein paar Statements wählen die Menschen nicht Schulz - schon gar nicht die H4-Bezug sind.

     

    Merkel vertritt schon lange die SPD-Angenda-Politik, sie tut das geräuschlos und ohne Ankündigungen neuer Reformen, dagegen wird Schulz mit seinem Stückwerk nicht ankommen, behaupte ich mal.

  • Mit dem Engagement für die Ärmsten gewinnt man keine Wahlen. Das Nichtstun ist das einzige Wahlversprechen, was in Gänze gehalten wird.

  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Bis zur Abschaffung des Hartz IV-Regimes können Betroffene unter

    https://sanktionsfrei.de/

     

    Unterstützung finden!

  • Ein paar Erfahrungen als ehemaliger Hartzer:

     

    1. Hartz 4 reicht als alleinstehender Jugendlicher absolut aus. Ich bin weder verhungert, noch obdachlos geworden. Alleinstehende Alleinerziehende bzw. ältere Menschen sind ein anderes Thema.

     

    2. Es gibt definitiv Leute, die das Sicherheitsnetz als Hängematte missbrauchen, ich habe welche in meinem Freundeskreis. Diese Leute kennen das System mittlerweile so gut dass sie Strafmaßnahmen rechtlich zu konntern wissen.

     

    3. Die Schmarotzer, die ich gerne aus diesem System entfernen würde, sind die Unzahl an unnützen Fortbildungskursen und "Förderungsmaßnahmen", in denen ausgebildete Facharbeiter zusammen mit halben Analphabeten sitzen und lernen wie man eine PC anschaltet. Ebenso einen Großteil der ständig wechselnden Verwaltungsbeamte, die überprüfen, ob man auch brav seine Bewerbungen geschrieben hat.

     

    4. Keinen meiner Jobs hat mir das Amt vermittelt. Schade.

  • Die Hartz-Gesetze stehen für ein System aus Lohnsenkungen, Verarmung, Entrechtung und den Kampf gegen Arme statt gegen Armut.

    Hartz IV sei Armut per Gesetz, sagen manche. Das stimmt, aber es ist noch viel mehr. Es ist auch ein Lohnsenkungs- und Sozialstandardsabbau-Programm.

    Ein Angriff auf das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes. Ein Entrechtungs- und Verelendungsregime. Und nicht zuletzt Teil einer „ideologischen Mobilmachung“, die mittels der Hartz-IV-Ideologie Opfer zu Tätern erklärt, Menschen in ihrer Not also nicht nur im Stich lässt, sondern ihnen auch noch ein – von vielen geglaubtes – „Selbst schuld!“ um die Ohren haut.

  • So sieht's aus. Niemand wird ausgerechnet von der SPD eine grundlegende Änderung der Hartz-IV-Zumutungsmaschine erwarten dürfen. Die Agenda 2010 wurde zwar lange vor Rot/Grün schon von anderen eingefädelt, aber von der Regierung Schröder letztlich nunmal genau zu dem Zweck umgesetzt, um Arbeitslosigkeit nicht länger als grundlegende Schwäche eines - ach so perfekten - Wirtschaftssystems behandeln zu müssen, sondern um die Betroffenen selbst zu Schuldigen des systembedingten Herausfallens vieler aus der Arbeitswelt umdefinieren zu können. Nachdem alle Versuche, die steigende Arbeitslosigkeit mit statistischen Mitteln wegreden zu wollen, letztlich erfolglos bleiben mussten, fiel "den Wirtschaftsweisen" ja sonst nichts anderes mehr ein.

    Hartz-IV war nicht mehr und nicht weniger als die bedingungslose Aufgabe des verfassungsmäßigen Sozialstaatsanspruchs zugunsten von tatsächlichen oder vermeintlichen Interessen "der Wirtschaft". Dazu gab's natürlich immer reichlich großes Kino. Nicht wenige glauben deshalb ja heute noch, die Agenda 2010 hätte sein müssen, um "den Sozialstaat" zu retten - das Gegenteil war und ist der Fall. Parallel dazu gab es dann Steuergeschenke an die Wirtschaft wie nie zuvor und natürlich die Cart blanche zum Weiterwursteln - kostet ja nix, bezahlen ja die, die momentan noch nicht ganz soweit unten gelandet sind. Tolle Wurst, gell!

    So sicher man sein kann, dass Martin Schulz manches besser machen könnte als Frau Merkel, so sicher darf man auch sein, dass er am System der Ausgrenzung durch Armut und der faktischen Entrechtung von ganzen Bevölkerungsteilen per Verwaltungsanweisung festhalten wird. Schließlich wollen die Genossen auf der anderen Seite des Schreibtischs ja auch morgen noch kraftvoll zubeißen können. Bei uns sagte man früher bei solchen Fällen: "Des einen Tod, ist des anderen Brot." Das ist im Ergebnis so ziemlich das genaue Gegenteil von "Sozialstaat".

  • Wegen der Widersprüche und Klagen:

    Warum stellen die aus dem großen Pool der ALG II-"Kunden" welche als Schiedsleute ein? Es werden sich wohl nicht nur ein paar finden, die beim Lesen des SGB böhmische Dörfer finden und im Sinne der JC-"Kunden" beschreiben können?

    Und das alles vor dem Gerichtsweg.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Chapeau!

     

    Es geht auch weniger um "Alimentierungskosten des gesellschaftlichen Unterschichten", sondern vielmehr um collateral damage von Hartz IV: Auswirkungen auf Lohnsteigerungen, soziale Stigmatisierung, psychologische Auswirkungen in der Gesellschaft (Klima der Angst).

     

    Ich kann gut verstehen, dass die Politik die Disziplinierungsfunktion von HartzIV nicht so leicht aufgeben möchte - schließlich wurde hier die Arbeitslosenstatistik zu einer Referenzgröße des volkswirtschaftlichen Erfolges erklärt. Als Nebeneffekt lassen sich auch etliche Milliarden umschichten. Die Zeit des auf dieser Politik basierenden Erfolges läuft aber ab. Wenn das die einzige Antwort auf etwaige künftige Einbrüche der (Export)konjunktur sein sollte (http://www.sueddeutsche.de/politik/provokante-hartz-iv-studie-euro-im-monat-ausreichend-1.709469), dann sollte man lieber schon heute mehr in Ordnungskräfte investieren.

  • Hartz4 ist skandalös. Ein Bürokratiemonster, das die eigenen Ansprüche nicht erfüllt: Die meisten finden nie wieder eine Arbeit, von der sie leben können. Vom Fördern und Fordern ist nur das Bestrafen übbriggeblieben.

     

    Herr Schulz wird das nicht ändern, denn dazu müßte er ja zunächst zugeben, daß es überhaupt ein Problem gibt. Nämlich daß die Grundvoraussetzung, also das Vorhandensein von Jobs, mit denen die Leute sich ernähren sollen, gar nicht mehr erfüllt ist.

     

    Hartz4 ist ein Apparat, der in Wirklichkeit der Verschleierung des Problems und der wahren Arbeitzslosenzahlen dient. Nichts als ein überbürokratisiertes Abstellgleis für Millionen von Menschen.

     

    Der Rest fühlt sich eben besser, wenn man sich einredet daß der Staat kein Problem hat, sondern nur der Einzelne. Die Schuld wird dem Einzelnen in die Schuhe geschoben, alle anderen können sich dann weiter einbilden, daß alles in Ordnung ist. Bis es sie selber trifft.

     

    Nichts sehen, nichts hören, nichts wissen wollen.

     

    Meine Mutter ist nach 40 Jahren Ehe in Hartz 4 gelandet, weil der ehemals gutverdienende Papa plötzlich so gar kein Geld mehr hat. Und wie der Zufall es will, hat der Papa auch einen Kredit aufgenommen, der zuerst bedient werden muß - Banken gehen schließlich vor Ehefrauen und Müttern. Unterhalt ist da leider nicht mehr übrig. Da hat der Papa aber Glück gehabt.

     

    Das kann Millionen Ehefrauen blühen. Aus dem trauten Heim in die Armut, fallengelassen wie ne heiße Kartoffel. Auch ein Problem des deutschen Staates, in dem die meisten Mütter, staatlich gewollt und gefördert, stay-at-home-Moms sind...

     

    Was würde helfen? Solidarität und auf die Straße gehen, aber nachdem einem jahrelang eingeredet wird, man sei selber schuld, demonstriert man nicht mehr... die Leute schämen sich, die gehen nicht auf die Straße. Sieg für das perfide System auf ganzer Linie.

    • @kditd:

      Der Staat kann wohl kaum Regeln wenn jemand bei seiner Partnerwahl daneben langt.

       

      Wir können ja die Ehe wieder mehr Bedeutung geben - aber das wäre konservativ und spießig.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Oh doch! Er kann!: Durch ein bedingungsloses Grundeinkommen, durch Sozialhilfe in einer Höhe die ein Leben in Würde (Grundgesetz!) ermöglicht oder durch eine Grundrente in entsprechender Höhe.

        Und die zynische Häme bzgl. der mißglückten Partnerwahl können Sie sich auch sparen. Betrachtet man die Scheidungsquote, dann scheint dies ohnehin fast Normalität zu sein.

    • @kditd:

      Stimmt!