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Politische Haltung und WidersprücheLinks, cool, selbstbesoffen

In gebildeten linken Milieus scheint man von der unbedingten Richtigkeit des eigenen Standpunkts überzeugt. Damit liegt man schon falsch.

Zumindest in der U-Bahn teilen sich viele unterschiedliche Menschen denselben Raum Foto: Karsten Thielker

Es war in den neunziger Jahren auf der Universität in Marburg, als mir die beängstigende Selbstgewissheit eines bestimmten Milieus zum ersten Mal auffiel. Eine sanfte kognitive Dissonanz war es zunächst nur, ein leichter Widerspruch im Kopf, es hätte auch ein Kratzer auf meiner Brille sein können.

Mit heißen Ohren studierte ich unter anderem Germanistik und Politologie und widmete mich Bertolt Brecht: „Fragen eines lesenden Arbeiters“, umgeben von lesenden Studentinnen und Studenten aus der Hausbesetzerszene, die eigentlich gar keine Fragen mehr hatten und „Arbeiter“ nur zu sehen bekamen, wenn gerade die elterliche Dachgeschosswohnung ausgebaut wurde.

Ich staunte, was sie schon alles gelesen, worüber sie eloquent zu reden imstande waren. Schlaue und schöne und ernste Leute waren das, zu denen ich auch gerne gehört hätte. Wenn sie sich allerdings nach den Seminaren im Frazzkeller oder der Buchhandlung Roter Stern trafen, um sich vertiefend über Texte von Trotzki auszutauschen, hatte ich leider keine Zeit.

Da stand ich auf dem Bau, zusammen mit „dem Arbeiter“. Und der las nicht. Der trank schon morgens Mariacron, um den Stumpfsinn zwischen Steinwolle und Rigipsplatten überhaupt aushalten zu können. In den Pausen durfte ich mir neben dem üblichen Spott („Was schtudierschen du? Pornografie?“) auch ihre Gespräche untereinander anhören, und die kreisten um die Eintracht Frankfurt und den nächsten Urlaub in der Dominikanischen Republik. Sie kreisten nicht um die Expropriation der Expropriateure.

Melancholische Figur im Trachtenjanker

Brecht fragte: „Wohin gingen am Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war, die Maurer?“ Nun, die Maurer, die ich kennengelernt hatte, gingen in den Puff oder verdämmerten mit einem Bier vor der Glotze. Sie lasen Bild und den damals neuen Focus, nicht Konkret oder die taz. Der Chef war eine melancholische Figur im Trachtenjanker, der alle paar Tage mit dem Mercedes vorgefahren kam und mir einmal sagte: „Wenn du die gleichen Sorgen hättest wie ich, dann würdest du auch CDU wählen“.

Einmal wagte ich im Seminar, auf diesen Widerspruch hinzuweisen. Auf die Tatsache, dass all das theoretische Wortgeklingel „da draußen“ auf komplett taube Ohren stieß. Ich weiß noch, wie der Professor mich milde anlächelte und über Verblendungszusammenhänge belehrte. Er wusste Bescheid, ich nicht. Bescheid wusste auch mein damals bester Freund, der um den Hals einen erbeuteten Mercedes-Stern trug wie den Skalp eines Feindes: „Mercedes ist ein Rüstungskonzern, weißt du das nicht?“, fragte er und stieg in seinen charmanten Kleinwagen der Marke Renault, die damals ebenfalls nur der Ableger eines Rüstungskonzerns war. Aber was wusste denn ich? Hatte ich Adorno gelesen? Eben.

Ein Kardinalproblem könnte sein, dass wir alle so irrsinnig gut Bescheid zu wissen glauben

Ich hatte – und habe – dieser moralischen Selbstgewissheit nichts entgegenzusetzen als meine Zweifel. Zumal gerade die glühendsten Verfechter ihre Ideale wie einen Scheck mit sich herumtrugen, der niemals gedeckt wurde. Mein sozialdemokratischer Freund, der Herbert Wehner so gut nachmachen konnte? Ist heute Lobbyist für Energie­kon­zerne. Meine kommunistische Freundin, die ihren bourgeoisen Vermieter „an die Laterne“ wünschte? Schreibt heute gut bezahlten Flachsinn für Boulevardblätter. Der Punk? Wurde der Bürgersohn mit Immobilien, der er immer war.

Selbstgewisse Schwindler

Meine Skepsis ist geblieben und leistet mir weiter gute Dienste immer dann, wenn mir Selbstgewissheit begegnet, vor allem in weltanschaulichen Belangen. Sobald jemand vorgibt, die Lage durchschaut und einen Weg zur Lösung der betreffenden Probleme zu kennen, sobald also jemand sich als „holier than thou“ ausgibt – ist er schon als Schwindler entlarvt. Sein Habitus begegnet uns nicht nur bei alten Rechten, wo es zu erwarten ist, sondern auch unter jungen Linken, wo er immer wieder aufs Neue irritiert.

Diese Selbstgewissheit betrifft nicht nur die Sorgen und Sehnsüchte „proletarischer Massen“ (wie das früher hieß), auf die, wenn überhaupt, nur mit elitärem Dünkel und der paternalistischen Absicht einer „Umerziehung zum Guten“ herabgeschaut wird. Sie äußert sich auch im Umgang mit abweichenden Lebensentwürfen oder auch nur Meinungen in toto.

taz.meinland

Unter dem Titel „taz.meinland – taz on tour für die offene Gesellschaft“ besuchen wir bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017 etwa 50 unterschiedliche Re­gio­nen und Städte. „meinland“, denn wir finden uns nicht damit ab, dass reaktionäre und rassistische Parolen den Ton in Deutschland bestimmen.

Wir wollen die anderen, die Mehrheit besuchen, die Zivilgesellschaft und über Konflikte und die verbreitete Nervosität reden. Wir wollen die hören und sehen, hörbar und sichtbar machen, die mit „mein Land“ ein offenes Deutschland meinen. Mit anderen Worten: Wir kommen zu Ihnen, wir als taz haben unsere Community nicht zu Gast – wir besuchen Sie, um zu erfahren, was sich von den Berliner Schreibtischen aus nicht erkunden lässt.

Alle Besuchstermine und weitere Infos finden Sie auf www.taz.de/meinland

Da wird fast schon instinktiv ein Ton in Anschlag gebracht, der alles andere als „liberal“ ist. Schnell kommt eine Unerbittlichkeit ins Spiel, die keine Gefangenen macht. Das mag bisweilen sehr intelligent und vernünftig klingen, erinnert mich in seiner Unbedingtheit aber doch an zänkische Kleinkinder: „So ist das nicht! Wenn du das sagst, bist du doof! Ich hasse dich!“ Meine Erfahrungen mit zänkischen Kleinkindern haben mich gelehrt, dass nach einer solchen Eskalation einstweilen kein vernünftiges Wort mehr möglich ist. Zumal es Möglichkeiten digitaler Ausblendung heute leichter machen denn je, dem Anderen in seiner hässlichen Unverbesserlichkeit aus dem Weg zu gehen. Der findet dann einfach nicht statt, bis wir ihm in Wahlergebnissen wieder begegnen.

Das Richtige vom Richtigen

Bis dahin aber dürfen wir uns auf eine vorsichtig halb­iro­nische Weise „auf der richtigen Seite“ fühlen. Mit richtigen, aber folgenlosen Meinungen zum Nahen Osten, zu Donald Trump und zum bedingungslosen Grundeinkommen. Mit der richtigen Musik auf den Ohren, den richtigen Sneakers an den Füßen, dem richtigen Craft-Bier im Glas und den neuesten diskriminierungsfreien Personalpronomen auf den Lippen.

Bis dahin spielen wir uns ohne allzu verschlungene akademische Umwege als „hippes Völkchen“ auf, ein im Zweifelsfall rot lackiertes Justemilieu, das soziale und kulturelle Realitäten in günstigen Stadtvierteln für Filmkulissen hält, in denen das bessere, ach was, beste aller Leben all jenen vorgespielt werden kann, für die das Leben alles andere ist als ein Spiel. Was sich hier äußert, ist eine nach außen umgestülpte und durchaus missionarische Innerlichkeit, behaglich eingerichtet freilich in den vorbildlich isolierten Eigentumswohnungen unserer Selbstgewissheit.

Ein Kardinalproblem unserer Zeit könnte sein, dass wir alle so irrsinnig gut Bescheid zu wissen glauben, dass wir unseren permanenten Blick in den Spiegel nicht nur mit Selbst-, sondern sogar mit Welterkenntnis verwechseln – und uns für gewitzter halten, als wir sind. Könnte sein. Ganz sicher bin ich mir aber auch nicht.

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86 Kommentare

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  • Der Artikel trifft es auf den Punkt. Liebe taz, bitte mehr davon! Die typische Selbstgerechtigkeit der Linken kann ruhig thematisiert werden, sonst ändert sich nichts.

  • Das ist ein Artikel, der mir wirklich "heimleuchtet". Wie gerne ich doch bei den Besserwissern geblieben wäre! Es ist ein Trauerspiel, wie die Linken (ich auch) sich wieder und wieder aus der Solidarität und aus dem Mitgefühl verabschieden. - Lieber Arno Frank, schreib doch mal über die (fall du du welche findest), die weiterhin solidarisch sind.



    Louis Lau

  • Wunderbar. Einfach wunderbar.



    Ich muss aber für Adorno eine Lanze brechen: Auch wenn es mit der Aussage des Textes nichts zu tun hat, finden sich viele Gedanken Adornos wieder. Der Mob der im unreflektierten Glauben an die eigene Aufgeklärtheit selbst zum Kult mutiert, beispielsweise.

    Vielleicht habe ich Adorno aber auch nicht verstanden.

    Ansonsten Applaus für den Text!

  • "Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel." Danke für diesen treffenden Beitrag.

     

    Die von der Presse gern für sich in Anspruch genommene Freiheit der Meinung, Sachlichkeit und Weltoffenheit wird inzwischen hauptsächlich von den leider (noch) wenig bekannten liberalen, bisweilen als "rechts" geschmähten Publikationen gelebt. Im eindeutig "links" zu verortendem Spektrum dürfte die schon immer etwas andere TAZ inzwischen eine löbliche Ausnahme bilden.

     

    Für Libertäre ist "rechts" ebenso gut oder schlecht wie "links". Bedrückend ist, das die Realität uns zur Zeit eher zu mehr Sympathie für konservative und nationale Werte zwingt. Vor diesem Hintergrund tut es mir richtig gut, mal ein paar beachtenswerte Aussagen aus einem klar linken Blatt mit Freude lesen zu können.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Dohmen Franz-Peter:

      Mit Verlaub, das hört sich für mich nach genau dem arroganten Geschwafel an, von dem im Text die Rede ist.

      "Libertär" mit "Sympathie für konservative und nationale Werte" und das von "der Realität" "erzwungen"?

      Seit wann ist Autorität, Eigentum und Patriarchat libertär?

      Die Libertären, die ich kenne - bekannt ist Chomski - sind linke (Anarcho-)Syndikalisten. "Links" deshalb, weil wohl kaum einer die Notwendigkeit staatlich organisierter gesamtgesellschaftlicher sozialer Sicherungssysteme anzweifelt.

  • Um linke Selbstgewissheit schwierig zu finden, braucht es gar nicht den Verweis auf suspekte Biografien, wie den Lobbyisten mit Revoluzzer-Vergangenheit. Mir genügt da schon die Political Correctness als Verhaltensmuster. Fein umzäunte Weltbilder mögen zwar nützlich sein für entschiedenes politisches Handeln; und davor ziehe ich auch den Hut, wo es passiert. Im Alltagskontakt aber sind sie Gift. Schade, nein fatal für korrekte INHALTE: Es ist ja so gut und wichtig, für Weltoffenheit statt Nationalismus zu sein, Klimagefahren zu benennen, auf Fleisch zu verzichten. Dies alles aber im Gestus des Lehrmeisters, dessen überlegener Lerninhalt am Ende jeder Debatte stehen muss, ist so autoritär gedacht, wie es Linksliberalen ein Gräuel wäre, ginge es um schulische Erziehung. PC als Methode ist Frontalunterricht.

  • Der Artikel polarisiert in gerade noch angenehmer Weise und letztendlich unterstelle ich die Sympathie des Autors für den so vulgär charakterisierten Bauarbeiter. Was mir dabei fehlt, ist die Ergründung der Ursache für die Selbstbesoffenheit der Linken, die später selbst zu Bourgeois mutieren.

    Der Nachwuchs großbürgerlicher Eltern hat oft das Bedürfnis, sich von den erfolgreichen Übereltern abzusetzen, die Autonomie zu gewinnen. Solche Kinder versuchen dabei, das Weltbild der Übereltern zu konterkarieren. Dafür missbrauchen diese die Menschen, wie den o.g. Maurer. Sie solidarisieren sich nur scheinbar mit Letzterem in der merkwürdig abgehobenen Form, wie der Autor es beschreibt. Es ist eine links- modifizierte Denkweise des jugendlichen Bourgeois, der um Selbstbestimmtheit ringt. Für ihn wird eine Zeit kommen, in der er von der elterlichen Prägung in Vollendung eingeholt wird.

    Ein wenig mehr Philosophie und mehr noch Psychologie, und der Autor verstünde das Phänomen. Erich Fromm z.B. hat es ausreichend beschrieben. Aber Anerkennung dafür, dass Herr Frank es hervorragend polarisiert beschrieben hat.

    Wir sind gut beraten, gesellschaftliche Verwerfungen viel mehr psychologisch zu erklären.

    Da reicht aber ein bisschen oberflächlich festgestellter Narzissmus für Menschen wie bspw D. Trump noch nicht aus.

    Zeit für eine psychosoziale Analyse der Gesellschaft- Auf´s das Sofa!

  • Ich würde diesen Artikel ja fast gut finden und ja, sogar teilen...wenn ich nicht wüsste, das er in der TAZ steht.

    • @Bernd Lauert:

      gerade weil er in der taz steht, ist er gtu und wichtig. Auf anderen Seiten kann man so etwas jede Woche finden, was aber nichts nützt, weil es nur "mit dem Finger auf andere zeigen" ist, ohne sich mit den eingenen Schwachpunkten zu beschäftigen.

       

      Selbstkritik ist immer der Anfang von Veränderung. Wenn die Linke sich diese kritischen Töne zu Herzen nimmt, wird sie vielleicht bald schon wieder vom Bauarbeiter wahrgenommen und zwar nicht mehr als "Oberlehrer", dem man es nie recht machen kann, sondern als wählbare Möglichkeit.

      • @Dr. McSchreck:

        Was erwarten sie jetzt?

        Die Linke pflegt zum Teil ein krasses Feindbild, vornehmlich über weiße, heterosexuelle Männer, die allein schon aufgrund ihrer Präsenz triggernd wirken.

        Ich will Ihnen diesen Hass gar nicht verbieten, Meinungsfreiheit und so. Was sie verstehen müssen, ist die banale Tatsache, das man in einer Demokratie andere für die eigene Sache überzeugen muss und das geht schlecht, wenn man seine Zielgruppe beschimpft.

      • @Dr. McSchreck:

        in FAZ und Welt müssten eher Artikel stehen, ob es nicht eine etwas bequeme Haltung ist, den Armen vorzuwerfen, dass sie halt weniger RTL gucken und sich gesünder ernähren sollten, dann würde es ihnen auch besser gehen. Wichtig ist, dass jede Seite sich die Frage stellt, warum die Gesellschaft immer mehr auseinanderdriftet und eine Eskalation droht, mit der niemandem geholfen wäre.

  • Wunderschön. Ein wunder wunder wunder schöner schöner Artikel. Endlich nicht mehr allein. Danke

  • Dess paschd scho -

     

    Wenn sich de pälzer Bub ala Münchhausen -

    An den eigenen Haaren aus seinem

    Sumpf so ziehen will - Kommt halt das raus -

    Eine Revolverpistole. Was ein alter Hut.

    kurz - Selbiges war in Marbug/Lahn -

    Bei den Deliquenten des Philosophenturms -

    Verschärft - wenn auch nicht allein -;)

    Vor fast 50 Jahren schon zu beobachten.

    But - So what! Do it - or - Shut up & play!

    Nothing else.

    • @Bandari:

      Der Artikel ist das perfekte Beispiel für den abgehobenen Dogmatismus, den der Autor hier kritisiert und der nach Trump überall diskutiert wurde. Dass viele Linke sich nicht mehr als "Vertreter" der Unterdrückten verstehen, sondern die meisten Unterdrückten nur noch als defizitär wahrnehmen und erziehen wollen (der schwarze Mann ist nicht feministisch genug, die weiße Frau zu wenig antirassistisch oder gar ohne Bewusstsein für LGBT). 95 % der Bevölkerung können sie so natürlich nicht erreichen und dann noch wundern sie sich noch, warum sie abgelehnt (nicht nur nicht gewählt) werden.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Bandari:

      Du meine Güte vor zehn Jahren ging mir niemand mehr auf den Keks als Alice Schwarzer und ihre EMMA. Heute freue ich mich bald wenn es um Feminismus geht und dann Frau Schwarzer dort sitzt und keine der erwähnten unsympatinnin.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        genaus das selbe habe ich mir auch gedacht ... :)

  • "Menschen werden, ... materiell ungleich gemacht - ..... Die gesellschaftlichen Mechanismen ... zu verändern, das ist links."

    Das ist Theorie. Die Praxis (DDR, Venezuela) zeigt, das sobald Linke die Macht haben sie dies entweder gar nicht anstreben oder sie das Ziel massiv verfehlen.

    Auch das Beispiel USA kann man so interpretieren, daß 8 Jahre linke Herrschaft nicht (oder nicht genügend) gegen materielle Ungleichheit geschafft hat. Die Betroffenen jedenfalls haben da keine Perspektive gesehen.

    Und auch in Deutschland hat die linke Flüchtlingspolitik offenbar bei vielen die linke Politik diskreditiert und nach "Alternativen" suchen lassen.

    Die "selbstbesoffene Haltung" und das Verfehlen von Politikzielen im großen Umfang könnten auf eine Realitätsblindheit hinweisen.

    Politik ist eben auch der Umgang mit Menschen. Und das "können" Linke offenbar nicht.

    • @Werner W.:

      "Und auch in Deutschland hat die linke Flüchtlingspolitik offenbar bei vielen die linke Politik diskreditiert ..."

       

      Was ist denn "linke Flüchtlingspolitik"?

       

      Die von Frau Merkel oder die von Frau Wagenknecht?

    • @Werner W.:

      Ich hab das verpasst. Wann hatte die USA eine linke Herrschaft?

      • @Kurzer Prozess:

        @Kurzer Prozess

        @Kami

         

        Wenn das mit den USA nicht paßt müssen wir halt bei DDR, Venezuela und den anderen RealExSoz bleiben.

         

        Und das die von Linken befürwortete Flüchtlingspolitik massenweise ehemalige Linkswähler in die Arme der AFD getrieben hat, ist ja wohl unbestreitbar. Wäre auch ein Beispiel dafür das linke Politik das Gegenteil von dem erreicht was sie als Ziel - angeblich - vorgibt.

         

        Jedenfalls kann ein Politikmodell bei dem man dicke (und schwer verständliche) Bücher gelesen und verstanden haben muß um mitzukommen, nicht erfolgversprechend sein.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Werner W.:

          "Und das die von Linken befürwortete Flüchtlingspolitik massenweise ehemalige Linkswähler in die Arme der AFD getrieben hat, ist ja wohl unbestreitbar. Wäre auch ein Beispiel dafür das linke Politik das Gegenteil von dem erreicht was sie als Ziel - angeblich - vorgibt."

           

          Das Ziel der Flüchtkingspolitik ist, Menschen vor Krieg und Verfolgung zu schützen. Wenn das ein paar Prozente Protestwählerschaft kostet, ist das jawohl ein Preis, der gerne bezahlt wird.

           

          Das Ziel ist nicht Prozentmaximierung zu Lasten der Schwächsten. Sowas ist geradezu absurd!

        • @Werner W.:

          DDR mit Venezuela gleichzusetzen ist völlig unsinnig. In der DDR herrschte unabwählbar und vom Volk unbeeinflussbar die Einheitspartei.

          Chavez wurde dagegen an die Macht gewählt. Und trotz seines autoritären, korrupten und kleptokratischen Apparats war (und ist) er bei den Armen deshalb so beliebt, weil er tatsächlich Maßnahmen für diese Bevölkerungsschichten ergriffen und umgesetzt hat.

          Das ist es, was mich an diesem Venezuela-Bashing, und dem anderer linksgerichteter Regierungen in Lateinamerika (Kuba mal außen vor), immer so stört: Bei aller berechtigten Kritik und trotz all der Missstände sind die rechten Alternativen dort unübersehbar noch viel schlimmer.

    • @Werner W.:

      So ein Quatsch. Unter "linken" Regierungen (wenn man die Democrats mal so nennen möchte) ging es der durchschnittlichen Bevölkerung und den Armen keineswegs schlechter sondern nachweislich meist deutlich besser als unter den Republicans - bezüglich Arbeitslosenquoten, job growth, Krankenversicherung uvm. Mit dem "neoliberal turn" unter Bill Clinton mit Abschaffung von Banken- und Spekulationsregulierung, unsäglicher Agenda2010-artiger "Welfare Reform" etc. (die allerdings auch mehr auf dem Mist des damaligen republikanischen Kongress gewachsen sind) haben sich einige Dinge höchstens an konservative Politik angeglichen - und genau da liegt doch das Problem, dass viele Arme und Abgehängte auf Linke nicht mehr bauen, und nicht daran, dass die echte linke Politik nicht gut wäre. Übrigens ist so ziemlich jedes Reformprojekt Obamas von den GOPers im Kongress massivst behindert worden, Stichwort "Obstructionism". Und das, was dann dabei rauskommt oder nicht rauskommt, bezeichnen Sie als linke Politik?

  • Bleiben wir doch mal bei ein paar "linken" Fakten:

    Menschen werden, gleich geboren, sogleich (durch ihr Milieu) materiell ungleich gemacht - nach Klasse, Hautfarbe, Elternhaus, Geschlecht, dann später auch sexuelle Orientierung sortiert, privilegiert. diskriminiert. Die gesellschaftlichen Mechanismen dahinter zu erkennen und zu verändern, das ist links.

     

    So richtig es ist, bei Linken unsolidarische Arroganz zu kritisieren: Viel wichtiger ist es doch, die Verhältnisse so zu kritisieren, dass möglichst viele an eine soziale, diskriminierungsarme Zukunft glauben können. Das größere Problem als ein paar Abgehobene scheint mir zu sein, dass uns dieser Glaube und diese Energie umso mehr abhanden kommt, je schlimmer die Verhältnisse werden. Es ist in der Tat einfacher, rechts zu sein, die Machtstruktur zu akzeptieren und nach unten zu treten. Das müssen wir gemeinsam aufbrechen.

    • @Spin:

      der erste Teil stimmt. Die Frage ist nur, wie man Veränderung erreicht. Bei den im Artikel kritisierten Linken ist die Verachtung für die anderen so groß, dass man den Eindruck gewinnt, ihnen geht es eben nicht um Veränderung, sondern nur um Selbstbestätigung.

       

      Das wäre dann aber eher rechts in ihrem Sinne - nach unten treten.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Spin:

      Einer der grundlegenden Unterschiede zwischen Linken und Rechten, dass ist für die USA noch wahrer als für Europa, ist die Frage nach dem Schuldigen. Für die Linken ist immer die Gesellschaft schuld, und insbesondere die Personen welche diese insbesondere beeinflussen. Für die Rechten ist immer das Individuum schuld und jeder ist seines eigenen Glückes schmied.

       

      Manifestieren tut sich das ganze dann in so Aussagen wie: Die Gesellschaft muss sich anpassen, damit alle partizipieren können! Oder anders herum: Jeder der wirklich will bekommt auch einen Job!

       

      Meiner Meinung nach liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Wer nicht an sich arbeitet dem wird es immer schlecht gehen und eine Gesellschaft die ihre schwachen Mitglieder verhungern lässt wird nicht auf dauer bestehen können.

       

      Die "linken Fakten" die Sie nennen sind in ihrer reinform eben keine Fakten. Die Idee das Menschen als unbeschriebenes Blatt zur Welt kommen und dann exklusiv durch ihr Umfeld zu dem wurden was sie sind ist faktisch nicht haltbar. Das Umfeld hat einen sehr starken Einfluss, keine Frage, aber wer behauptet das sei das Einzige was zählt ist willentlich einfältig.

       

      Das es "immer schlimmer" wird halte ich für eine ziemlich haltlose Behauptung. Sehen Sie sich mal an wie es vor 25, 50 und 75 Jahren war. Dann sehen Sie einen rasanten Fortschritt wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Man darf nicht vergesen: über Erfolge lässt sich nur schwer gut schreiben und deshalb wird fast immer nur über Misserfolge geschrieben!.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Moralische Selbstgewissheit hat überhaupt nichts mit links oder rechts zu tun. Sie ist überall zu Hause.

     

    Im Übrigen hätten Sie halt Adorno lesen sollen. Hätte Ihnen bestimmt nicht geschadet. Diese Zitat würde m.E. besonders zu Ihnen passen:

     

    „Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      Wenn ich Artikel und Beitrag nebeneinander halte, fällt mir nur etwas aus meinem Matheuterricht ein: q.e.d.

      • @2730 (Profil gelöscht):

        @ UN2WEI: Haha, ja das habe ich mir auch gerade gedacht. Atalaya scheint das Paradebeispiel zu sein, für die im Artikel beschriebenen... herrlich :)

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @2730 (Profil gelöscht):

        Sie haben offenbar in Mathe noch weniger aufgepasst als ich.

        • 2G
          2730 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          Wer wie gut wo aufgepasst hat, ist hier nicht das Thema. Wer aber , Zitat: "selbstbesoffen" dem Autor des Artikels vorschreibt, was er besser lesen sollte, beweist genau das, was im Artikel kritisiert wird.... q.e.d. eben

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @2730 (Profil gelöscht):

            "Aber was wusste denn ich? Hatte ich Adorno gelesen? Eben."

             

            Was kann ich für die Unbedarftheit einer Person, die sich diese noch dazu selbst attestiert, um sie in einer merkwürdigen Umkehr der Verhältnisse anderen aufs Brot zu schmieren? Selbstbesoffen vor selbst eingestandener eigener Nichtigkeit bei gleichzeitiger Herabwürdigung jener, die da nicht ins Pseudobekenntnisgeheul einstimmen und sich nicht künstlich dumm halten wollen, ist selbst bloß maßlose Hybris, von wegen Q.E.D.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @2730 (Profil gelöscht):

            Könnte mensch auch Selbstironie nennen. :)

  • Zitat: " ... Und der las nicht. Der trank schon morgens Mariacron, um den Stumpfsinn zwischen Steinwolle und Rigipsplatten überhaupt aushalten zu können...."

    Wie kann man ein so ehrenwertes Handwerk wie Maurer diskreditieren? War der Autor selber doch nie ganz frei von Dünkel und Vorurteilen?

    Ansonsten ein wunderbarer Artikel über die eigene Filterblase des "links seins", die, auch nur eine Form von muffiger Spießigkeit ist und die ihre Haltung pflegen wie Folklore – das war zumindest meine eigene Erkenntnis als "alter" Linker.

    • @Siegfried del Moral:

      Ja, das mit dem Stumpfsinn ist mir auch aufgestoßen. So geil ist Innenausbau nun nicht, aber meine Fresse, da gibt’s wirklich stumpfsinnigere und v. a. sinnlosere Jobs. Auch mir scheint, dass sich der Autor in diesem Punkt von seinem Dünkel keineswegs verabschiedet hat. Dass er die Bauarbeiter gegenüber den Unischnöseln nicht glorifiziert, ist mir dagegen wieder recht sympathisch.

  • Ein trauriges Leben, dass der Autor da bislang geführt haben muss.

    Auf der einen Seite die selbstgefälligen "Linken" (Btw: Wieso sind heutige Immobilienmakler und Lobbyisten für Energiekonzerne "Linke"???) und auf der anderen Seite die Bauarbeiter, die "in den Puff gehen", "BILD" lesen etc. Igitigitt.

     

    Und dazwischen man selbst, der man sich doch viel zu schade für diese Welt ist.

     

    Muss erst ein Donald Trump gewinnen und in der BRD 15% weit rechts wählen, bis man die Welt analysiert?

    Dass aus den meisten früheren Grünen etablierte Rechtspopulisten wurden, müsste man seit dem Abgang von Ditfurth, Ebermann, Trampert etc schon lange mitbekommen haben. Und dass das Sein das Bewusstsein schafft und der Bauarbeiter mit seinem Gehalt nicht unbedingt dazu auserkoren wurde, Adorno zu lesen, ist eigentlich seit 1848 nix neues.

     

    Neu könnte einem maximal sein, dass einen dies selbst betrifft, wenn man bislang sein Leben nur wie ein Zufallsprodukt rezipiert hat. Man kann z.B. tatsächlich mit den Bauarbeitern in den Puff gehen und dennoch Adorno lesen. (Nacheinander zumindest.) Langweiliger wird das eigene Leben dadurch nicht. Und man kommt auch nicht auf die dummen Gedanken, nur weil einige, die meinen sich mit der Kategorie "links" schmücken zu müssen, doch nur die kleinen bürgerlichen Aufsteiger sind, jegliche Fortschritte, die die Zivilisation gebracht hat wie z.B.Antirassismus, Antisexismus und Antisemitismus in die Tonne kloppen zu müssen.

     

    Bedenklich auch, wenn man hier liest, wie viele dem zustimmen und sich in ihrer eigenen Trostlosigkeit wohl darin wieder finden.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Genau so sehe ich das auch.

    • @Age Krüger:

      Einer der klassischen Freudschen Versprecher:

       

      Die linken Fortschritte wie z.B.

      Antirassismus, Antisexismus und Antisemitismus...

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Ob jemand früher mal links war hängt nicht davon ab ob aus ihm später ein Immobilienmakler oder Lobbyist geworden ist.

       

      Die Bilder die der Autor von beiden Lagern vermittelt mögen überspitzt sein, dennoch sind sie wohl wahr genug als das ich mich darin gut wiedererkennen kann. Vielen hier geht es scheinbar so.

       

      Was hat das Gehalt eines Bauarbeiters bitte mit der Möglichkeit Adorno zu lesen zu tun? Erstmal verdienen viele Handwerker überhaupt nicht schlecht und zum Anderen sind Adornos Werke für 'n Appel und 'n Ei zu haben.

       

      Der ganze Witz an diesem Text ist für mich folgendes Phänomen: Es gibt viele Studenten die wegen ihrer Eltern während des Studiums nicht arbeiten brauchen und sich deshalb ungehindert in der Filterblase bewegen können die es in ihrem jeweiligen Fachbereich so gibt. Sie können sich dann für ein paar Jahre in absoluter Selbstzufriedenheit gegenseitig auf die Schulter klopfen und die Revolution herbeireden bis sie die Universität verlassen. Dann werden sie mit einer Realität konfrontiert die ihnen unmissverständlich klar macht das ihr Weltbild naiv und ihre Ideen nicht praktikabel sind.

       

      Das ist für viele ein ziemlich dickes Brett. Und was i.d.R. in solchen Gruppen passiert ist das man sich gemeinschaftlich ein Strohmännchen baut das man dann anschließend gemeinsam, unter johlendem Applaus, abfackelt. Das ist einfach aber auch irreführend, weil viele sich dadurch tatsächlich im recht wähnen. In Wahrheit ist es nichts weiter als intellektuelle Masturbation.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @33523 (Profil gelöscht):

        Das gilt doch für jede Generation. Sie arbeitet sich an der vorherigen ab, selbst wenn sie nicht zu arbeiten braucht. Der Proletarier spült seinen Frust mit Mariacron runter, der Lackel aus dem Bügertum tut mal ein paar Takte auf anti und pseudogebildet. Am Ende sind sie sich in ihrer Kleinbürgerlichkeit wieder ziemlich nah, nur dass der Lackel in der Regel mehr verdient. Das ist aber alles keine Frage von links und rechts.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Sehe ich auch so.

           

          Und auch an @Janus:

          Dass Menschen an einer Uni zumeist in einer Seifenblase leben, ist ja nun auch nicht die neueste Erkenntnis (und nicht nur an Unis- Ich kenne Beamte, Betriebswirte und Politiker, die in keinerlei Bezug mehr zu anderen Sachen sind außer zu ihrem eigenen Umfeld.)

          Und mit links oder rechts hat das auch wenig zu tun. In meinem eigenen Job sind mir Sozialpädagogen frisch von der Uni ebenso negativ aufgefallen, wenn sie aus dem eher konservativen kirchlichen Umfeld kamen oder wenn sie aus den bürgerlichen angeblich eher linken Umfeld kamen. In ihrer Verblendung, mit wem sie es bei verhaltensauffälligen Jugendlichen oder geistig Behinderten zu tun haben, bekamen beide Richtungen oft genug erst mal von denen was vors Maul. Da waren tatsächlich noch die Zivis, die auch schon mal auf Demos sich mit der Polizei kloppten, noch am ehesten in der Lage, sich durchzusetzen.

          Dass hat nix mit rinks und lechts zu tun, sondern mit Fähigkeit, Menschen richtig beurteilen und Situationen abschätzen zu können. Und dem fehlt es manchen das ganze Leben lang. Wer als Student meint, er kann sein Traumhaus von der Wirklichkeit spinnen, der landet in seinem Traumhaus, aber in dem Eigenheim mit zwei Kindern und schnieker Frau. Und das alles scheintot. Das war, wie @Atalaya bereits feststellte, auch schon vor 100 Jahren so.

           

          Und, wenn ich mich auf das "Gehalt" bei Bauarbeitern beziehe, ist das natürlich eine bildliche rhetorische Verkürzung für das Gesamtgefüge, in dem die leben. Ich kenne auch nur einen Maschinenbaustudenten, der sich mal Adorno reingezogen hat. Man findet nicht in jedem Umfeld Menschen, mit denen man über die kritische Theorie debattieren kann, ebensowenig wie man überall erwarten kann, dass die BLÖD gelesen wird.

          • @Age Krüger:

            das Problem ist aber doch, dass diese von Ihnen zutreffend beschriebenen Leute - bevor sie in der Praxis mit der Realität konfrontiert werden - von der Uni aus den ganzen Praktikern erzählen, was sie für miese Leute sind, weil sie dies und das und jenes tun, das alles nicht ihrem Idealbild entspricht.

             

            Es fehlt an Vorstellungen von einer Veränderung der Gesellschaft, es gibt nur das theoretische Ideal und die abscheuliche Realität (oft genug geht dabei auch die Trennschärfe zwischen recht gut, aber nicht ideal und katastrophal verloren). Ich habe das bei idealistischen Lehrern erlebt, die nach einigen Jahren bei der nächsten Schülergeneration die unbeliebtesten waren, weil sie zynisch geworden sind. Genau diese Entwicklung nehmen viele Leute, die nur das Ideal im Kopf haben und überhaupt keine Kompromisse eingehen wollen. Irgendwann werden sie entweder zynisch und besonders schlimm oder sie bleiben in ihren Kreisen , fordern untereinander eine andere Welt, brandmarken Verstöße gegen das Ideal und verändern dadurch aber auch gar nichts, außer dass sie alle nerven, die in der Realität klarkommen müssen.

            • @Dr. McSchreck:

              Das ist korrekt. Wir kommen aber dadurch in eben diesem Punkt wieder darauf zurück, dass das alles keine Frage von links und rechts ist, sondern unsere Ausbildungskriterien an den Universitäten falsch sind.

              In der DDR gab es regelmäßige Arbeitspflichten für Studierende und es wurde sowieso darauf geachtet, dass die Studierenden mit der Arbeiterklasse zumindest oftmals dadurch verbunden waren, dass eine praktische Ausbildung die Zulassung für ein Studium erst ermöglichte. (Galt natürlich nicht für karrieregeile FDJ-Propagandasekträrinnen, die direkt studieren konnten.)

               

              Dem gleichzeitigen Studium neben dem Beruf werden hier allerdings noch immer viele Hindernisse in den Weg gestellt.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    "Mir persönlich sind selbstgefällig-dümmliche Antirassisten und Antisexisten aber immer noch lieber als selbstgefällig-dümmliche Rassisten und Sexisten"

     

    -Ja, schon klar. Aber sind diese Selbstgefälligen, egal ob nun neoliberale "Linke", oder selbstgefällige Anti...sten nicht Teil des Problems, wenn politisch nicht gefestigte Menschen nicht mehr da abgeholt werden, wo sie stehen?

     

    Es geht ja schon mir so, als überzeugter Linker mit Prekariatshintergrund.

     

    Ich habe trotzdem studiert,setze mich mit jedem Sinn und Unsinn den verschiedene Linke Gruppierungen absonderen, kritisch und intensiv ausseinander, habe viel durch linke Theorien persönlich gelernt und hätte vermutlich nie studiert, wäre ich eben nicht zum Linken geworden, weil ich dadurch das strukturierte Denken auf anderem Niveau erlernt habe, als dies in der Hauptschule so üblich war.

     

    Aber manchmal wundere ich mich selbst über meinen Masochismus und darüber, das ich in manchen Phasen trotzdem irgendwie Links geblieben bin.

     

    Arrogante Flachpfeifen mit mehr Brille als Kopf die einem erstmal erklären, das jede selbst gemachte Erfahrung wertlos und man selbst dumm ist, weil man dieses oder jenes Buch nicht gelesen hat. Zugang zur Bildung?Hm...

    Moralisten die aus ihrer bequemen Position heraus andere berurteilen und inkonsequentes Handeln veruteilen, aber gar nicht bemerken das ihnen ihre Konsequenz fast nichts abverlangt, weil es am Ende für sie doch möglich ist die Seiten zu wechseln.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      @KAMI und Teil 2)

       

      Keine von denen sagt mal ehrlich: "Ich will mehr soziale Gerechtigkeit, aber bevor ich auf der Straße lande, nehme ich doch das Jobangebot von Papas Kapitalistenkumpel an"

      ^^Ich glaube, viele meiner ehemaligen Mitschüler und proletarischen Arbeitskollegen, könnten mit so einer ehrlichen Aussage mehr anfangen, als mit diesem linken Pseudopathos und verbalradikalem Gerede. Weil jeder von denen versteht, das vor der Moral das Fressen kommt.

       

      Wenn ich auf linke Verantaltungen oder Partys gehe, fühle ich mich da heute noch oftmals fehl am Platz, obwohl ich gelernt habe wie dort kommuniziert wird.

      Wie geht es dann erst anderen damit?

      Ich möchte übrigens keinen Rechten damit für seine dumme Meinung entschuldigen, aber Rechts werden ist ganz einfach. Bilde dir ein, aufgrund deiner Geburt was besseres zu sein als Ali und schon gehörtst du dazu.

       

      Haben akademische Linke die Hürde extra so unüberwindbar groß werden lassen, weil sie in Wahrheit Angst vor der Revolution haben?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        (Antwort Teil 1/2)

        Naja, also wenn die Messlatte des Mitnehmens bei "qua Geburt was Besseres sein als Ali" angelegt ist, dann wird wohl absolut jede linke und fast jede andere Position eine "zu hohe Hürde" sein. Es geht beim Mitnehmen doch hoffentlich nicht darum, sich auf dieses Niveau zu begeben! Und das Problem, dass einige Linke von vielen im unteren Lohnsektor oder mit der Existenzangst in HartzIV zu landen nicht mehr als Vertreter einer gerechten Gesellschaft angesehen werden, liegt doch auch nicht daran, dass bei Linken nur mitspielen darf, wer fehlerfrei Adorno oder Ho Chi Minh zitieren kann. Mag ja sein, dass Sie und der Autor das aus irgendwelchen akademischen 68er-Kreisen so kennen, aber bitte wo haben die Parteisozen denn jemals solche akademischen Diskurshürden gehabt? Ein Großteil der neoliberalen "Genossen der Bosse" stammt doch selbst aus der sogenannten Arbeiterschaft - während übrigens die Akademiker mit Adorno-Kenntnissen heutzutage größtenteils im dauerbefristeten Teilzeitprekariat mit Werkverträgen und unbezahltenPraktika verkümmern, oft deutlich weniger verdienen als Facharbeiter, und keineswegs alle Zugang zu Jobs von Papas reichen Kapitalistenkumpels haben. Das ist doch nur billigster Anti-intellektualismus, den Sie und der Autor hier betreiben - übernommen aus rechter Rhetorik als neuster Schrei linker Pseudo-Selbstkritik.

        • 6G
          6474 (Profil gelöscht)
          @kami:

          Teil 1)

           

          "Das ist doch nur billigster Anti-intellektualismus, den Sie und der Autor hier betreiben"

           

          -Genau sowas kann ich als ehemaliger Hauptschüler einfach nicht mehr hören und für 68er Kreise bin ich persönlich zu jung. Das war die Generation meiner Eltern. Ein Beispiel lieferst du selbst mit, ich habe eine Weile Hartz4 empfangen und das Verständnis für meine Situation und den sich daraus ergebenden Handlungsweisen, war in weiten Teilen der Linken nicht besonders ausgeprägt. Als einfachstes und simples Beispiel fällt mir da der Vorwurf zu dieser Zeit ein, bei Billigdiscountern einzukaufen weil das ja nicht "fair trade" öko und sowiso nicht vegan wäre. Das ist bei weitem nicht das einzige Beispiel, aber darum soll es mal nicht gehen.

           

          Dann die oft gehörte Story vom Akademiker der nach dem Studium prekäre Jobs erledigt. Ja, das stimmt zum Teil, aber du übersiehst dabei einen großen Unterschied. Als Hauptschüler hatte ich nämlich gar keine Auswahl irgendwas zu tun. Wahnsinnig schlecht bezahlte Hilfsarbeit auf unterstem Niveau und in EINEM Bereich ging gerade noch so klar. Du kannst kaum eine Ausbildung damit machen, du kannst keinerlei Vorderungen stellen, nichts. Der Weg zum Student war wahnsinnig schwierig. Wenn ich mich heute als Ex- Student irgendwo bewerbe, dann werde ich von vorneherein schonmal als Verhandlungspartner ernster genommen und mir wird eine gewisse Intelligenz unterstellt, wo mir davor Dummheit und Unwissenheit unterstellt wurde. Ich habe auch keinen Job der mit meinem Studium zu tun hat, trotzdem wird mir dort die Möglichkeit zu einer Fortbildung geboten. Solche Angebote habe ich als Nicht-Studierter nie einfach so auf dem Silbertablett serviert bekommen.

          • @6474 (Profil gelöscht):

            Jetzt haben wir aber langsam das nachvollziehbare Hin und Her unserer Diskussion layoutmäßig total zerschossen. Na gut, ich versuch's nochmal. SIe zitierten mich und schrieben dann selber:

            ""Das ist doch nur billigster Anti-intellektualismus, den Sie und der Autor hier betreiben"

             

            -Genau sowas kann ich als ehemaliger Hauptschüler einfach nicht mehr hören und für 68er Kreise bin ich persönlich zu jung. Das war die Generation meiner Eltern. Ein Beispiel lieferst du selbst mit, ich habe eine Weile Hartz4 empfangen und das Verständnis für meine Situation und den sich daraus ergebenden Handlungsweisen, war in weiten Teilen der Linken nicht besonders ausgeprägt."

             

            Ja.. und? Genau gegen diese Pseudolinke, die die Unsäglichkeiten der HartzIV-Gängeleien enweder gar nicht kapiert oder noch befürwortet, argumentiert doch meine zweiteilige Antwort! Das Problem an dieser von neoliberal-Pseudolinks betriebener Politik sozialer Spaltung und des Tretens nach unten ist doch aber gerade nicht, dass die Adorno oder sonstwen gelesen haben (Haben sie meistens eh nicht, zumindest nicht kapiert).

             

            Und auch wenn ich anekdotisches Argumentieren nicht so mag: Auch als bestens mit Diplomen versehene Akademikerin habe ich übrigens das Leben mit HartzIV selbst schon zur Genüge kennenlernen dürfen.- bzw. auch die beständige Angst über den Wiederabstieg dorthin in Zeiten befristeter Verträge. Ich kann nicht behaupten, dass man da als Akademiker irgendwelche Vorteile hätte. Höchstens, dass man in schwachsinnige "Maßnahmen" vom Stil "Bewerbungsschreiben für Anfänger" gesteckt wird, während die "hoffnungslosen Hauptschüler" zumindest mit so einem Schwachsinn und diversen weiteren Gängeleien verschont werden. Hier jetzt akademische gegen nicht-akademische Hartzer und Prekarisierte auszuspielen, halte ich aber echt für vollkommen kontraproduktiv.

          • 6G
            6474 (Profil gelöscht)
            @6474 (Profil gelöscht):

            Teil 2)

             

            Eine Bekannte von mir die erfolgreich studiert hat, ist letzens in ihrer prekären Arbeit nach einem halben Jahr zur Vorarbeiterin aufgestiegen, mit Aussicht auf einen Büroposten im nächten Jahr. Direkt an 40 anderen Angestellten Nicht-Studierten vorbei.

            Nein, das ist nicht das selbe, auch wenn studieren keine Garantie mehr ist, einen guten Job zu erlangen.

             

            (übrigens schätze ich deine Kommentare hier meistens)

            Aber jetzt mal noch was zu Adorno.

            Damit hast du bei mir einfach jedes Klischee getriggert, das ich von Diskussionen mit Teilen der sich selbst als Intellektuell verstehenden Linken habe: Adorno, Bourdieu etc. haben mir sehr viel mitgegeben und ich bin froh darüber, diese gelesen und zumindest ein Stück weit verstanden zu haben.

            Aber sich mit seinem Verständnis von Adorno oder besser noch Bourdieu zu brüsten, wird selbst zum abgrenzenden Habitus gegenüber anderen Gesellschafts-schichten.

            Am Anfang habe ich zugegebenermaßen kein Wort von Adorno verstanden und je mehr ich verstanden habe, desto mehr viel mir auf, das die anderen davon nicht viel verstehen und Zitate aus jedem Zusammenhang reißen um ihren Denkerstatus zu untermauern.

             

            Ich persönlich bezeiche mich nicht als Intellektuellen, freue mich aber darüber wenn ich mit neuen Ideen und Theorien konfrontiert werde, die mich persönlich weiterbringen und zum Denken anregen.

            Leider passiert das in den letzten Jahren selten, da der intellektuelle Form, oftmals der intellektuelle Inhalt fehlt. Das empfinde ich zumindest so

        • @kami:

          (Antwort Teil 2/2)

          Das wahre Problem ist nicht die abgehobene Diskurshöhe. Sondern, dass die sogenannten "linken" Sozen in schöner Harmonie mit den bürgerlichen und Rechten eine Politik der Umverteilung von unten nach oben und eine komplette Entsolidarisierung der Gesellschaft betrieben haben, den größten Niedriglohnsektor in Europa geschaffen haben, mit Agenda 2010 und Hartz-Sanktionen das Treten nach unten hoffähig gemacht haben und suggeriert haben, dass Arme und Arbeitslose irgendwie selbst schuld sind und nur mal ein bisschen "(Fördern und) Fordern"-Tritte in den Hintern brauchen. Dass diese Politik jahrelang von Rotgrün wie CDU als "alternativlos" verkauft wurde, alternative Wirtschafts- und Steuerpolitik selbst in der taz als linke Spinnerei kaputtgeschrieben wurde, während rechts wie links weitermachen wie bisher und die SPD eine Spitzenposition nach der nächsten mit Agenda-Seeheimern besetzt. Dass allen wegen "Standortfaktor" und "Marktkonformität" dauernde Selbstflexibilisierung, Austeritätspolitik und Lohnverzicht gepredigt wird, während komischerweise haufenweise Geld für Klientelpolitik wie Mütterrente oder Bankenrettung etc. da ist. Das ist asozial. Und da wundern Sie sich, dass die Vertreter solch asozialer Politik nur noch ein höhnisches Lachen ernten, wenn sie sich gleichzeitig als antirassistische, antisexistische Bessermenschen verkaufen? Dass so viele links wie rechts nur noch als verachtenswertes "Establishment" wahrnehmen? Oder warum das liebe Volk nicht mehr kapiert, warum wir plötzlich genug Geld für Millionen Flüchtlinge haben und auch haben sollten, wenn gleichzeitig Hartzern mit kaputter Brille nahegelegt wird, auf eine neue doch einfach zehn Jahre zu sparen? (Die taz hatte da grade einen schönen Artikel dazu.)

           

          Die Lösung dafür, und linke Positionen wieder hoffähig zu machen, besteht weiß Gott nicht darin, weniger Adorno zu zitieren. Und schon gar nicht darin, sexistisches und rassistisches Dummschwätz zu übernehmen.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Da ist viel Wahres dabei.

        Selbst wenn du dich "links engagieren" willst geht das heute nur wenn du Zugang zu einer bestimmten Szene der Mittelklasse hast. Auch wenn ich schon seit ner Weile ne Gruppe gefunden habe in der wichtiger ist was du politisch sagst als das du aus style alles korrekt genderst bin ich nie heimisch geworden in der Linken. So wie so: nicht mal die Abzugträger in meinen Jura-Vorlesungen sind derart abgekapselt gegenüber "uns Arbeiterkindern"

        Das liegt sicher daran das sich die meisten linken Zusammenhänge in eine Szene verlagert haben. Aber auch daran das ich einfach nicht mitreden kann weil die meisten Leute einfach einen ganz anderen Lebensstil haben. Ich kann nicht mitreden bei den Themen Indybandy, Tennis, Veganismus und Camping in Schweden. Aber es ist auch was ideologisches, seit " das Volk" mehr und mehr mit "Rassisten" gleich gesetzt wird werden wir als Arbeiter die nun mal aus dem Volk kommen wohl noch kritscher beäugt. Das werden einige jetzt Klassismus nennen, mir genügen die Worte Spalterei, Selbstgefälligkeit und Arroganz. Zumal ich auch nicht einsteigen kann in den Chor der fordert mich vom Volk bei jeder Gelegenheit zu distanzieren und damit meine Vergangenheit und Herkunft zu vergessen um dazu zu gehören.

        Wenn die Rechten mit einem Satz recht haben dann damit das die Linke zu einem großen Teil ein elitärer Club geworden ist.

        Aber wie will man mit diesem Selbstverständnis denn seine Ideen verbreiten?

         

        Ich glaube auch das im tiefenpsychologischen oder dem dialektischen Materialismus entsprechenden Sinne diejenigen die sich in der Szeneblase wohlfühlen natürlicherweise das Interesse an der Revolution verloren haben.

  • Ich mag die Zweifler.

    • @Ruhig Blut:

      Ich auch...sicher is das nix sicher is

  • Ein guter Artikel mit viel "entlarvender" Wahrheit !

  • Treffend charakterisiert. Sehr gut.

    • @Nikolai Nikitin:

      Dem schließe ich mich an.

  • Ich finde diese Titulierung als selbstbesoffen diffamierend und den Artikel ein bashing.

    Wer Solidarität mit Diskriminierten und Ausgebeuteten praktiziert wird ja schon von Bossen, Rechten und Polizeien angegriffen. Da muss nicht auch noch die taz mit dazukommen.

     

    Es ist sehr anstrengend und aufreibend die ganze Arbeit gegen die "dümmlichen" Rassisten und die selbstgerechten "Marktgewinner".

     

    Wenn ich forsche über Kriegsursachen wie sollte ich dann selbstbesoffen sein?

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Es geht doch nicht um Bashing, sondern um eine dringend notwendige strategische Neuaufstellung der Linken und genauso sehr um Selbtkritik.

  • Stimmt schon, dass es solche Linke gibt. Allerdings ist diese selbsbesoffene Gewissheit doch per se kein linkes Problem. Die gesamte AfD/Trump/etc.-Klientel suhlt sich doch in "alles Scheiße, alle blödes Establishment, nur WIR ALLEIN sind die wahre Alternative"-Logik. Und neben diesen Neurechten sind auch die Altrechten von bürgerlich bis rechtsextrem nicht gerade Beispiele für Selbstkritik sondern meist für triefende Selbstgefälligkeit, in deren Weltbild alles links von sich selber entweder bestenfalls "ungewaschene Chaoten" oder schlimmstenfalls "Volksverräter" sind.

     

    Klar nervt der blöde selbstgefällige linke Gutmensch, der in jedem Personalpronomen ohne Schrägstriche und Asteriske bösen Rassismussexismus wittert und sich noch einbildet, die Welt besser zu machen, wenn er auf seinem iPhone in seiner Kreuzberger Altbauwohnung darüber empörte tweets absondert. Mir persönlich sind selbstgefällig-dümmliche Antirassisten und Antisexisten aber immer noch lieber als selbstgefällig-dümmliche Rassisten und Sexisten.

    Tut mir leid, aber das hippe linke Selbstbashing wie im obigen Artikel geht m.E. ziemlich vorbei an der eigentlichen Problematik wie z.B. asozialer neoliberaler Turn innerhalbe einer ansonsten progressiven Pseudolinken, Agenda 2010-rotgrün. Nicht zuletzt daher kommt doch der blanke Hass auf eine selbstgerechte "Gutmenschenlinke", die von vielen nur noch als Teil eines satten Establishments angesehen wird.

    • @kami:

      ""Die gesamte AfD/Trump/etc.-Klientel suhlt sich doch in "alles Scheiße, alle blödes Establishment, nur WIR ALLEIN sind die wahre Alternative"-Logik.""

       

      - Diesen Satz kenne ich eher aus dem linken Sprachgebrauch - und genau dies geklaute Parole macht es gefährlich sexy für Hippe Twens zum "rechts Revoluzzer" Mitläufer.

       

      Auf der linken Seite habe ich das "Mitläufertum" früher häufig bei Punks gesehen die später sowas von bürgerlich spiessig geworden sind.

       

      Hip ist das was anders ist.

       

      Was da hinter steckt... pille palle - Hauptsache dabei.

  • Mit solchen Kommentaren wird den Neoliberalen Tür und Tor geöffnet!. ;-)

  • Sympathischer Beitrag!

  • Die kritisierte Selbstgewißheit ist ja nicht per se was schlechtes. Sie ist ja schon ein bißchen eine Voraussetzung um was zu bewegen.

    Allerdings ist ein Übermaß an Selbstgewißheit (nie mal zweifeln) der beste Weg zum KZ-Leiter. Denn wer den Weg zum Paradies für alle Menschen kennt, braucht dann auch keine Rücksicht auf dabei eventuell entstehende Leichenberge zu nehmen. Denn die Kosten für so ein hehres Ziel können ja gar nicht zu hoch sein.

    Der Mittelweg könnte darin liegen sich nicht ein Paradies auszudenken sondern "nur" Verbesserungen anzustreben. Aber das ist dann möglicherweise nicht mehr links (genug).

  • Die Eitelkeiten und der Snobismus vieler Linker ist schön beobachtet - allein was folgt daraus ?

    Eitelkeit und Snobismus sind ja oftmals nur eine Folge der Frustration hervorgerufen durch die eigene Wirkungslosigkeit.

    Die wiederum wird durch den oftmals demonstrativ gezeigten moralischen Rigorismus zumindest verstärkt.

    Nicht jeder Bauarbeiter hat Zeit und Muse sich das richtige pazifistische, antirassistische .... Bewusstsein und noch dazu das passende Vokabular anzueignen. Wenn einem das dann noch apodiktisch und ohne weitere Erklärung unter die Nase gerieben wird der böse Bauarbeiter schnell mit dem Stinkefinger antworten - eigentlich durchaus verständlich oder ?

     

    Zum Schluss ein kleines Lied zum Thema : http://www.fruechtedeszorns.net/musik/fof/Fruechte_des_Zorns-fallen_oder_fliegen-04-Mein_Manifest.mp3

    • @Xenophan:

      wenn es eine Frage sein soll, was daraus folgt: vor allem erst mal mit den Leuten reden, statt über sie zu urteilen. Die Perspektive erweitern, nicht alles schon wissen.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Nach dem Abitur ein Jahr Hilfsarbeiter gearbeitet. Von den Kollegen wollte merkwürdigerweise niemand von mir befreit werden. Es wollte sich auch niemand (natürlich unter meiner Führung oder wenigstens mit meiner Beratung) selbst befreien.

    Als ich später dann doch ins Studium ging, wunderte ich mich über die Kommilitoninnen und Kommilitonen und deren aus meiner Sicht fipsigen Probleme, nur um ca. 2 Semester diese intensiv zu teilen.

    Wieder im Arbeitsleben stehend, änderten sich auch schon wieder die Prioritäten.

    Und wo stehe ich heute? Keine Ahnung, aber misstrauisch gegenüber "Gewissheiten" bin ich geworden. Außer vielleicht einer: Letztlich bestimmt das Sein das Bewusstsein.... jedenfalls weitgehend...

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Wer an dem Weltbild das einem vermittelt wird zweifelt fühlt sich schnell als der Dumme, der das scheinbar Offensichtliche nicht versteht. Dem Drang zu widerstehen sich mit der einen belächelnden Masse an Mitläufern gemein zu machen ist da nicht leicht. Schön das Sie es dennoch geschafft haben!

     

    Meiner Erfahrung nach fangen diese Menschen erst dann an zu denken wenn sie vor Publikum argumentieren müssen nicht alles abnickt was sie sagen. Dann ist entweder ganz schnell Ruhe oder aber man bekommt einen Flapsigen Kommentar ab mit dem der Ideologe aus der Diskussion flüchtet.

  • Vielen Dank für Ihren beeindruckenden Artikel!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Darf man auch froh darüber sein, dass einen das alles nicht (mehr) juckt?

     

    Trotzdem: guter Artikel...

  • Stefan Moes , Autor ,

    Verdruckste Denker

     

    Ja, die Abende im Frazzkeller konnten lang werden. Auch ich erinnere mich an politische Diskussionen, wenn auch mehr als zehn Jahre früher.

     

    Wahrscheinlich soffen die Bauarbeiter schon damals Mariacron. Hatten sie deshalb recht? Und dem Chef der Firma hätte ich schon damals gesagt: Selbst wenn mir immer klar wäre, was meine Probleme sind, würde ich nicht CDU wählen.

     

    Wir wissen, dass wir mit unserer Lebensweise den Planeten ruinieren. Wir denken also nicht zu viel, nicht einmal falsch. Wir handeln aber nicht auf der Höhe unseres Denkens. Wenn wir es täten, wären die Bauarbeiter die letzten, die das gut fänden. Sie verstehen auch nicht, warum ich weder ein Auto noch eine Eigentumswohnung will.

     

    Darauf einen Dujardin.

    • @Stefan Moes:

      Ein ansprechendes Beispiel für die Titelaussage, dieser Kommentar.

       

      "Wahrscheinlich soffen die Bauarbeiter schon damals Mariacron. Hatten sie deshalb recht?"

       

      Die Suggestivfrage legt ein "Nein" nahe. Aber was folgt daraus nun in Bezug auf "Bauarbeiter" (als pars pro toto gewerblicher Arbeitnehmer)?

       

      Soll man

      - die Existenz von Bauarbeitern mit stummer Verachtung ertragen, weil sie ja wenigstens arbeiten (bis sich das hoffentlich mit Industrie 4.0 erledigt)?

      - zwecks Frustentladung öfter mal auf die moralische und geistige Beschränktheit von Bauarbeitern hinweisen?

      - lernwillige Bauarbeiter zur geistig-moralischen Wende anleiten (was gegebenenfalls den Vorteil hätte, dass sie mit weniger Mariacron effizienter arbeiten)?

      - Bauarbeitern zum Besten der Menschheit das Wahlrecht aberkennen?

      - eine Kombination dieser Möglichkeiten anstreben?

       

      "Und dem Chef der Firma hätte ich schon damals gesagt: Selbst wenn mir immer klar wäre, was meine Probleme sind, würde ich nicht CDU wählen."

       

      Woher diese Selbstgewissheit?

      Andererseits würde der Chef im Trachtenjanker heute sowieso unbesorgt die Grünen wählen.

       

      "Wir denken also nicht zu viel, nicht einmal falsch. Wir handeln aber nicht auf der Höhe unseres Denkens."

       

      Wenn Sie nicht auf der Höhe Ihres Denkens handeln, wie groß ist dann unterm Strich der Unterschied zwischen Ihnen und den niedrig denkenden und handelnden Bauarbeitern?

       

      Bekanntlich gibt es nichts Gutes, außer man tut es.

       

      Darauf einen Schluck Leitungswasser.

  • Der Artikel ist eine Homage an die (vernünftig ausgewertete) Lebenserfahrung.

     

    Das Problem mit Erfahrungen ist das Einzelschicksale wenig über das Gesamtbild aussagen.

     

    Das Problem mit Gesamtbildern ist das sie die Menschen entindividualisieren: Aus dem Arbeiter wird Proletariat, aus dem Bankangestellten wird der Kapitalismus.

     

    Wenn sich solche, im Artikel beschriebenen to-be-Bourgeoisier über die großen politischen Zusammenhänge unterhalten, dann bedienen sie sich der entindividualisierten Mengen...

     

    ...und machen sich zum Teil ihrer Eigenen.

    Diese Menschen werten Erfahrungen vollkommen falsch aus! Sie passen ihre Erfahrungen an ihre Weltsicht an, sie lassen ihre Erfahrungen nicht ihre Weltsicht formen.

    • @Kubatsch:

      Ich denke das Gegenteil ist der Fall

      Gesellschaftliche Zusammenhänge werden totindividualisiert

      Ich habe das Gefühl jeder glaubt irgendwie seine angebliche individualität zu zeigen und darüber so Dinge wie Solidarität verloren weil ja jede Gruppe die andere Gruppe aus irgendeinem Grund ablehnt

       

      Und wenn der Bänker zum Kapitalismus wird dann liegt so wie so was im Argen. Der Tod des Bänkers hilft nämlich niemandem im Gegensatz zum Tod des Kapitalismus

      Dann landet man bei der Elitenkritik von Pegida und Co wenn man Pech hat.

      Man kann und sollte Klassenkämpfe zwar an Einzelfällen und in der Praxis führen aber es sind eben Klassenkämpfe und keine Kämpfe von Person X gegen Person Y

  • Soweit sogut und soooo richtig !

  • "Mit richtigen, aber folgenlosen Meinungen..."

    Klasse-Artikel.

    Wenn ich so gut schreiben könnte, würde ich mich auch bei der taz bewerben.

  • Ein erfrischender Kommentar. Danke

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Da hat sich ofenbar jemand, der die Weisheit mit Löffeln gefressen hat, über hedonistishe Grünen-Wähler Gedanken gemacht:

  • Selbstbesoffen! Sehr gut! Läuft man durch die Straßen und hört sich das Sprechen der Leute an, wird doch ständig irgend jemand von jemandem gedisskriminiert. Auf einem erstaunlich flachen sprachlichen Niveau noch dazu. Der Duden wird dieser Verflachung auch noch einzeln angepasst! - Selbstständig statt selbständig? Hihi, es wird jetzt halt mehr ständig über sich selbst nachgedacht als selbständig gedacht.- Also während die Selbstbesoffenen ihre eigene Sprache aufblasen und unsinnig multiplizieren, diskriminieren sie die Sprache aber erweisen der Menschheit keinen wirklichen egalitären Dienst. Sprache macht keinen Unterschied und lässt im Frühling die Knospen aller Bäume platzen, auch wenn DIE Linde keine Bäumin ist.

  • Guter und wichtiger Artikel.

     

    Schade allerdings, dass es konkrete Beispiele aus der Vergangenheit gibt und keine aus der Gegenwart.

    Mein persönliches Lieblingsexempel sind Vorwürfe wegen Rassismus/Sexismus. Damit verliert man dann sein Recht am Diskurs teilnzunehmen ("Kein Fußbreit den Rassisten! Keine Platform für Frauenfeinde!") und auch wählbar ist man damit (selbstverständlich) nicht.

     

    Nun sind heute die analysen der Linken so feinsinnig, dass selbst kleinste Rassismen oder Diskriminierungen sichtbar werden. Rassist ist da auch schon, wer eine regulierte Einwanderung fordert und Sexist wer Bikiniwerbung nicht verbieten möchte.

     

    Auf diesem Niveau darf selbstverständlich kritisiert werden. Aber selbstgerechter Ausschluss von Lebensentwürfen und politischen Haltungen ist an der Stelle nicht nur falsch, sondern eben auch kontraproduktiv.

     

    Kein Wunder, dass das Proletariat bei solchen Vordenkern keine Lust auf die Revolution hat.

    • @Yoven:

      Dort, wo das Proletariat die Revolution mitgetragen oder zumindest erduldet hat, war nicht der selbstgerechte Ausschluss von Lebensentwürfen Thema, sondern der selbstverständliche Abschuß der Träger solcher Lebensentwürfe an der Tagesordnung.

      Insofern haben wir's alle noch recht lauschig.

  • was für ein starker Artikel, wobei diese in letzter Zeit in der taz. deutlich häufiger auftauchen.

     

    Wenigstens ein gutes hat Trumps Wahlsieg bzw. das Erstarken der Rechtspopulisten damit schon mal erreicht. Man stellt wieder Fragen, statt sich nur gegenseitig in den richtigen Antworten zuzustimmen.

  • Oder wir überschätzen einfach maßlos unseren Individualismus. Dazu gehört ja auch die Vorstellung, eine eigene Meinung haben zu müssen. Womit man sich selber meist auf sehr dünnes Eis bewegt. Früher oder später bricht das dann immer.

  • SUPER ...

    ... es geht also nicht nur mir so.

  • DANKE !

    • @ChristianP:

      Sieht aus, als wären wir nun (mindestens) schon drei. :-)