piwik no script img

Angriffe auf Klimastreik-Camp in KielPolizei kennt keine rechte Szene

Unbekannte zünden ein Banner an einem Camp von Fridays for Future in Kiel an. Die Polizei ermittelt nach „rechts, links, gradeaus“.

Klimastreik-Demo in Kiel vergangene Woche: Gegen das anschließenden Camp gab es mehrere Aktionen Foto: dpa

Kiel taz | Pöbeleien, Sticker, schließlich ein brennendes Banner: Gegen ein Klimacamp der Fridays for Future-Bewegung in der Kieler Innenstadt hat es mehrfach Aktionen gegeben. Die Polizei ermittelt „in alle Richtungen“, sieht aber wenig Chance, den Brand aufzuklären.

Das Camp öffnete nach der Groß-Demo am 20. September. Eine Woche lang campierten zwischen sechs und 40 Jugendliche auf dem Anna-Pogwisch-Platz, der sonst als zentrumsnaher Parkplatz dient. Die Stimmung sei sehr gut gewesen, berichtet Nelly, eine der Organisator*innen, auf taz-Anfrage: „Wir haben Workshops gemacht, Vorträge gehört und Aktionen wie Siebdruck gemacht.“

Um Anwohner*innen nicht zu stören, sei die Gruppe „abends nicht lange laut“ gewesen. Sie hätten viel Zuspruch erlebt, aber eben auch von Anfang an Pöbeleien und Sachbeschädigungen. So wurden Lichterketten durchschnitten und ein Sticker mit der Aufschrift „Scharia nein danke“ auf ein Plakat geklebt.

Der Höhepunkt war der Brand eines etwa zwei Meter langen Banners in der Nacht auf Mittwoch. „Wir saßen um unser Lagerfeuer, haben gesehen, wie es brannte und Leute, die weggerannt sind“, schildert Nelly. Gefahr habe nicht bestanden, das Banner mit dem Slogan „The seas are rising, so are we“ hing außerhalb des Geländes an einem Zaun, ein gutes Stück von den Zelten der Jugendlichen entfernt. „Trotzdem waren wir geschockt“, berichtet die Organisatorin. Für den Rest der Nacht hätten sie Wachen aufgestellt. Die Polizei kam und nahm Anzeige gegen Unbekannt auf.

Polizei kennt keine rechte Szene in Kiel

Unbekannt? Auf sozialen Plattformen war schnell von einem „rechten Angriff“ die Rede. Das passt auch zu den Erlebnissen der Aktivist*innen: „Es kamen Klimawandel-Leugner, und es gab individualisierte Anschuldigen nach dem Motto: Ihr seid doch auch nicht besser als andere, sucht euch lieber einen Job“, berichtet Nelly.

Mathias Felsch, Sprecher der Polizei in Kiel, weist zum jetzigen Zeitpunkt zurück, dass es sich bei der Tat um einen rechten Brandanschlag gehandelt. „Wir ermitteln zurzeit in alle Richtungen, rechts, links oder gradeaus.“ Einen Zusammenhang mit dem Aufkleber gebe es nicht, der sei ja weit früher gefunden worden. Und, das fügt ein anderer Polizeisprecher ein, „gibt es in Kiel gar keine organisierte rechte Szene“.

Allerdings bestätigt Felsch auf Nachfrage, dass ein Angriff auf ein politisch motiviertes Camp sehr wahrscheinlich nicht aus Zufall oder Spaß am Vandalismus passiert sei. Aber neben rechten Tätern könnte es auch der „ganz normale Bundesbürger sein, den es nervt, dass durch die Groß-Demo die Straße verstopft war und dass nun die Parkplätze blockiert sind. Solche Leute gibt’s.“

Die Polizei hat aber die Abteilung für rechte Straftaten in die Ermittlungen einbezogen. Nach dem Brand wurden die Streifen um das Camp verstärkt. Ansonsten hoffen die Beamt*innen auf Hinweise. Ohne Tipps werde es wohl schwer, die Ermittlung erfolgreich zu beenden, so der Sprecher. Das Klimacamp endet am Freitag mit der nächsten Freitagsdemo.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Interessant ist mal wieder, obgleich Übergriffe von rechts naheliegen, dass staatliche Behörden sich mal wieder äußerst um Neutralität bemühen und selbiges in Aussagen zu ihren Ermittlungen betonen. Offenbar konnten nicht schnell genug halbwegs plausible Verdächtigungen gegen "Asylsuchende oder sonstige Ausländer*innen" erfunden werden /Sarkasmus/

  • "Ihr seid doch auch nicht besser als andere, sucht euch lieber einen Job"



    Die (mentalen) Sklaven verlangen Unterwerfung (Lohnsklaverei) auch für die anderen.

  • taz: "Angriffe auf Klimastreik-Camp in Kiel. Polizei kennt keine rechte Szene."

    **Auf dem rechten Auge blind (II) | extra 3 | NDR** www.youtube.com/watch?v=yR6bvOFKVZ0

  • Rechte? Gibt es bei uns nicht! Alles Einzelfälle!

    • @tomás zerolo:

      Die Rechten in Kiel sind wohl alle in der Polizei...

      • @Dorian Müller:

        Aber darin auch nur Einzelfälle, oder?

        Oder?