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Ampel-Pläne zur Deutsche BahnAufregung um mögliche Teilung

Grüne und FDP wollen eine Aufspaltung des Bahnkonzerns. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG protestiert, die Lokführergewerkschaft GDL ist dafür.

Trennung von Zug und Gleis? ICE im Bahnhof von Frankfurt am Main Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin taz | Die Ei­sen­bah­ne­rge­werk­schaft EVG will am Dienstag vor den Berliner Parteizentralen von FDP und Grünen gegen eine Aufspaltung der Deutschen Bahn protestieren. Die Organisation fürchtet bei einer Teilung des Staatskonzerns Arbeitsplatzverluste und Lohneinbußen.

Hintergrund sind die laufenden Koalitionsgespräche. Grüne und FDP wollen eine Aufspaltung des Bahnkonzerns. Damit soll mehr Wettbewerb auf der Schiene möglich werden, gerade im Fernverkehr. Anders als im Nahverkehr sind dort bislang nur wenige Konkurrenten unterwegs. Die SPD ist gegen eine Aufspaltung.

Im Gegensatz zur EVG ist die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) für die Teilung des Unternehmens. Am Montag forderte GDL-Chef Claus Weselsky gemeinsam mit Vertretern der Verbände der Bahnkonkurrenzunternehmen und dem Fahrgastverband Pro Bahn eine umfassende Reform. Das Bündnis spricht sich wie Grüne und FDP für eine Trennung in eine Infrasturkturgesellschaft und den Fahrbetrieb aus.

Die Infrastrukturgesellschaft soll nach den Vorstellungen der Verbände gemeinnützig und nicht gewinnorientiert sein. So könnten die Trassengebühren – die Schienenmaut, die für jeden gefahrenen Bahnkilometer gezahlt werden muss – deutlich gesenkt werden.

Künftig würden mehr, nicht weniger Beschäftigte gebraucht

Auf diese Weise würden mehr Züge auf die Schiene gebracht, argumentiert das Bündnis. Damit sei kein Verlust von Arbeitsplätzen verbunden, betonte Tobias Heinemann, Präsident des Verbands Mofair. In diesem Zusammenschluss sind Bahnkonkurrenten wie Flixtrain oder Go Ahead organisiert, die im Personenverkehr tätig sind. „Die Schiene ist der zentrale Verkehrsträger für die Verkehrswende“, sagte Heinemann.

Künftig würden mehr, nicht weniger Beschäftigte gebraucht. Durch die Zunahme des Wettbewerbs werde es kein Lohndumping geben, sagte GDL-Chef Weselsky. Die GDL habe mit 57 Wettbewerbern der Deutschen Bahn Tarifverträge geschlossen. „Wir haben den Wettbewerb über die Lohnkosten beendet“, sagte Weselsky.

Für Kun­d:in­nen habe eine Aufsplittung Vorteile, ist Lukas Iffländer überzeugt, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Eine gemeinnützige Infrastrukturgesellschaft könne besser Vorsorge treffen als eine betriebswirtschaftlich orientierte.

So sei es für die Deutsche Bahn nicht wirtschaftlich, Schneepflüge vorzuhalten, sondern alle paar Jahre bei zu großem Schneefall einfach eine Strecke zu sperren. „Im vergangenen Winter mussten teilweise Museumszüge für die Räumung von Strecken eingesetzt werden“, sagte er. Andere Verbände, etwa das Bündnis „Bahn für alle“, lehnen eine Aufspaltung der Bahn und mehr Wettbwerb auf der Schiene ab. Sie fürchten eine Verschlechterung des Angebots.

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28 Kommentare

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  • Wenn der öffentliche Personenverkehr ganz oder teilweise privatisiert werden soll, wird es keine Verkehrswende geben können. Wie sollen sich denn Menschen unter dem Aspekt der Profitabilität (auch bezeichnet als Wirtschaftlichkeit) in strukturschwachen Gebieten fortbewegen, wenn sie für relativ kurze Entfernungen stundenlang unterwegs sein müssen, weil Züge, Bahnen oder Busse nur stündlich oder alle 2 Stunden verkehren?

  • Völlig neue Idee. Genial. Wenn alle anderen zurück rudern (UK et al) , wird es Zeit, dass Dtld sein Experiment startet. Gemeinnützige Schienenwege erlauben besten VerkehrsWettbewerb. Der staatliche Schienenweg wird sich vor Einnahmen nicht retten können und die paar Instandhaltungs- und InvestitionsEuros werden schon locker rollen.

    • @doofi:

      PS: Wer will, kann sich 1 Smiley dazu denken ;-((

  • Sehe ich das richtig? Die "gemeinnützige" Infrastrukturgesellschaft stellt mit Steuergeld die Infrastruktur günstig zur Verfügung. Die Gewinne aus der Nutzung fließen dann in die Taschen der privaten Anbieter. Ja. So kann man die Bürger auch über den Tisch ziehen...

    PS: Die Trennung funktioniert nirgends, weil die Bahn EIN technisches System ist, das man nicht sinnvoll aufspalten kann.

  • Das ist genau das, wovon die Neoliberalen träumen. Das Bahnnetz und die damit verbundenen Investitionen und mögliche Verluste sozialisieren, bedeutet dass die SteuerzahlerInnen die Gewinne privater Bahnunternehmen bezahlen.

  • Entschuldigung, aber was soll das denn!?!



    U.a. England hat es doch schon vorgemacht, dass die neoliberalen Zauberwörter "Privatisierung" und "mehr Wettbewerb" kaum Vorteile für die Nuter:innen im ganzen Land bringen und das am Ende einige wenige sich bereichern wollen und auch keine Steuern zahlen wollen.



    Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität halte ich die Diskussion über die Aufspaltung und Privatisierung der Bahn für einen sinnlosen Nebenschauplatz mit dem verdeckten Zweck, den kränklichen Neoliberalismus weiter künstlich zu beatmen.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Nilsson Samuelsson:

      Ich habe die Konkurrenz der DB schon ausprobiert - billiger ja, aber auch schlechter.



      Machbar wenn man nicht zwei Unternehmen für die Reise braucht. Denn dann wird es grausig.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Ich sehe keinen kränklichen Neoliberalismus. Der entfaltet sich gerade mit Hilfe der Marktanbeter in der Ampel auf ein neues Niveau. Man denke nur an die Idee der Grünen, das Investitionen, die als Transformationskosten deklariert werden, von der Allgemeinheit bezahlt werden sollen. Die Zerschlagung der Bahn zugunsten von mehr Privatisierung, ist ja nur ein Beispiel.

    • RS
      Ria Sauter
      @Nilsson Samuelsson:

      Zustimmung.



      Nichts wird besser!



      Das Gegenteil wird der Fall sein. Es gibt genügend Beispiele.

  • Wieso muss es eine Aufspaltung wegen "des Wettbewerbs" geben? Warum keine Aufspaltung z.B. in Güter- und Personenverkehr? Oder weitere Aufteilungen? Wenn wir ein nahezu fehlerfreies System wie in Japan aufstellen möchten, dann hilft es nicht, nach neoliberalen Denkweisen (Wettbewerbe...) zu handeln.

  • Ich behaupte mal, beim Schienenverkehr ist auch Betrieb ein Teil von Infrastruktur im Allgemeinen. Das heißt, auch Betrieb soll staatlich sein.

    Wenn wir von Bussen reden, ist oft von der Infrastruktur des ÖPNV die Rede. Damit meinen wir aber keinen Asphalt, sondern *Busbetrieb*. Dieser soll möglichst gute Fahrpläne mit möglichst großer Abdeckung haben, weshalb man den privaten Busbetrieb subventionieren muss.

    Warum soll das bei der Bahn anders sein, als bei Bussen?

    • @Martin Weber:

      Es ist exakt das selbe. Sehr gut erkannt.

  • Wenn die Bahn als Infrastrukturunternehmen gemeinnützig werden soll, dann ist das ja erstmal das Gegenteil von Privatisierung. Und trotzdem, das ist das Schöne, kommt es dadurch zu mehr Wettbewerb und sinkenden Preisen. Das ist doch ideal.

    Wenn dann auch noch ein Luxus wie Schneepflüge eingeführt würden - dann man sich dann als Kunde ja schon fast auf die Bahn verlassen. Halleluja!

    Bezgl Lohnkosten müsste man allerdings mal schaun. Im Moment gibt es GDL Verträge mit allen Anbietern, betrifft aber wohl nur die Lokführer. Wenn die andere Gewerkschaft nicht so fleißig war, gibt's ein Problem.

  • Nur heißt Wettbewerb in diesem Kontext eben auch nicht, dass ich als Kunde die Wahl habe ob meine Fahrt um 11:00 mit Anbieter A oder um 11:05 mit Anbieter B antrete, sondern, dass auf Jahre hinaus Konzessionen vergeben werden. Ein tatsächlicher Markt der sich ständig nach Angebot und Nachfrage anpasst ist auf der Schiene kaum machbar und wäre er es, wären täglich wechselnde Fahrpläne das Ergebnis, weil sich die Bedienung einer Strecke eben u.U. nur Dienstags bei Sonnenschein rechnet.



    Und Fahrkartenkauf und Anschlüsse werden wohl auch kaum besser funktionieren wenn dabei jeweils diverse Anbieter involviert sind, die eher wenig Interesse daran haben mit ihrer Konkurrenz zu kooperieren und dort Geld für einen reibungslosen Ablauf auszugeben wo dies nur noch mittelbar zu ihrem Geschäft gehört.

    • @Ingo Bernable:

      Das sehe ich auch so. Aber immerhin, besser ein bisschen Wettbewerb als gar keiner.



      Ich würde mir allerdings vor allem wünschen, dass die regionalen Preise überall gleich billig sind. Die Verbundgrenzen sind oft mit Nachteilen für Kunden verbunden. Wenn man Pech hat, kann man nicht einmal die BahnCard benutzen.

      • @JuR:

        Wenn Sie sich wünschen, dass die regionalen Preise überall halbwegs vergleichbar werden, dann sollten Sie gegen Wettbewerb und komplett staatlichen Betrieb sein.

        Warum muss der ÖPNV eigentlich Gewinn machen? Wenn die Menschen diesen Nutzen ist es ein Gewinn für die ganze Menschheit.

        ÖPNV sollte als öffentliches Gut verstanden werden, das kein Geld abwirft.

        Es lässt sich nur dann Geld verdienen wenn an Verlässlichkeit und Qualität gespart wird, insb. wenn es auch noch Konkurrenzdruck gibt.

        Wir können auch den Rundfunk öffentlich finanzieren. dann geht das auch mit der Bahn. Aber nicht pro Kopf sondern nach Einkommen gestaffelt.

        Nutzung kostenfrei.

  • "So sei es für die Deutsche Bahn nicht wirtschaftlich, Schneepflüge vorzuhalten, sondern alle paar Jahre bei zu großem Schneefall einfach eine Strecke zu sperren."

    und wo ist da jetzt ein Argument für die Teilung versteckt? Ist es für die Netz GmbH bwlerisch etwa gewinnbringender... ? Oder ist es nicht vielmehr so, dass sich die Privatbahnen die Bilanzen schönrechnen können für die Infrastruktur, dann aber der Staat Subventionen ausschütten muß, weil die Netz GmbH leider nicht gewinnbringend arbeiten kann....die Privatbahnen können ja nicht auch noch die vorgehaltene Schneefräse mit finanzieren... das muß man schon verstehen, die stehen in so harter Konkurrenz, denen kann man diese Kosten nicht noch anlasten....

    • @nutzer:

      Um die Schneefräse sollen sich ja nicht die Privatanbieter, sondern die Schiene kümmern.

      Biss jetzt war das zwar auch Aufgabe der Bahn, diese hat die Kosten aber einfach gespart, weil es sich für sie nicht lohnte (siehe Text).

      Weil das Unternehmen, das die Schiene verwaltet / wartet / ausbaut gemeinnützig sein soll, soll das in Zukunft nicht mehr der Fall sein.

      • @Obscuritas:

        sag ich ja, die Infrastruktur soll die Allgemeinheit stellen, die Gewinne gehen in die Privatwirtschaft.



        So weit so bekannt, aber wo ist der wirtschaftliche Anreiz wenig frequentierte Strecken zu befahren? Subventionen? echt jetzt?



        Wieso sollte eine Privatbahn ins Wendland fahren, wenn die Einnahmen nicht stimmen. Meist ist es ja viel schlimmer, selbst kostendeckende Strecken werden eingespart, weil es bwl-erisch Sinn macht zu streichen.



        Nur wenn man nicht verstanden hat, das privatwirtschaftlich und eine flächendeckende Versorgung zwei entgegengesetzte Pole sind, kommt man auch solch eine Idee.

        • @nutzer:

          Da hatte ich Sie falsch verstanden.

          Bin ganz einer Meinung mir ihnen und frage mich ab wie viel Promille die Grünen und FDP auf so einen Mist kommen...

        • @nutzer:

          Ob eine Bahn ins Wendland fährt, ist eine politische Entscheidung. da es sich betriebswirtschaftlich nie lohnen wird. Das wird dann ausgeschrieben.

  • Eine Teilung wäre extrem vernünftig !!!!



    Die "Schiene" hätte maximales Interesse daran möglichst viel Verkehr auf die Schiene zu bringen.



    Die "Lok"s hätten maximales Interesse möglichst schnell und möglichst viel zu fahren.

    So sehen Wachstumsmodelle aus!



    Und Wachstum auf der Schiene bedeutet Wachstum beim Umweltschutz !

    • @Bolzkopf:

      Ja genau - Schienen und Loks haben beide eingleisige Gedanken - ihr Lieblingsgedanke ist Einmahmen ohne Ausgaben - das geht am besten mit Powerpoints - wenn dann noch Fahrgäste oder -güter dazu kommen sollen, wird es beiden echt anstrengend werden - à la „Anhalten? das kostet Bremsstrom - gib mir Subvention“ oder Anhalten, das schleift die Schiene - gib mir Subention“

      …. Friede sei mit euch. … ;)

    • @Bolzkopf:

      Ja, Teil der Wahrheit ist aber auch, es gäbe ein maximales Interesse auf den rentablen Strecken und nicht in der Fläche und in der Zeit.



      Woher stammt eigentlich die Idee, dass eine öffentliche Bahn nicht funktionieren kann? Nur weil wir es in D nicht hinbekommen? Es gibt ja noch die Schweiz, da kann man sich auch mal schlau machen.

      • @nutzer:

        Ja, das ist wahr.



        Aber hierzulande werden solche Staatsunternehmen ja nur all zu gerne als "Parkplatz" für abgehalfterte Politiker genutzt.

        Zudem dürfen Staatsbetriebe nicht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft agieren. Sie dürfen ihre Leistungen also nur für den Staat erbringen und nicht für Dritte.

        Z.B. darf ein Eigenbetrieb für den Busverkehr keine Kaffeefahrten anbieten.

        Das Grünflächenamt darf keine privaten Grünanlagen pflegen. (also gegen Geld natürlich)

        usw.

      • @nutzer:

        Was für ein Blödsinn. "Schienen" und "Loks" haben erstmal garkein Interesse. Betreiber sollen privat sein, also fahren die Züge nur, wenn es Gewinn abwirft. Wer will mir jetzt erzählen, dass es sich rechnet, mit der kleinen Regionalbahn durch die abgelegenen Regionen Deutschlands zu fahren? Diese Leute wollen aber auch an den Schienenverkehr angebunden werden.

        • @Martin Weber:

          Das ist klingt wahr.



          Aber ich bin davon überzeugt, dass manche Bahnstrecke einfach kaputtgerechnet wird weil sie dem "Betreiber" nicht passt.

          Man sieht das daran, dass von der DB einst eingestellte Verbindungen in privater Hand wieder mit Gewinn bedient werden. Beispiele gibt es zu Hauf.

    • @Bolzkopf:

      Das „maximale Interesse“ wäre schneller Profit und das hätte zur Folge: Wenige lukrative Strecken und Züge voll bis unters Dach. Zusätzlich das ganze auf Verschleiß und wenn der Rahm abgeschöpft ist, darf die öffentliche Hand wieder übernehmen. England lässt grüßen. Man sollte es machen wie die Schweiz. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum das krachend gescheiterte Vorbild genommen wird und das gut funktionierende nicht. Und da die FDP das ganze so vehement befürwortet, kann man ziemlich sicher sein, dass ein paar Absahner fette Beute auf Kosten der Allgemeinheit machen wollen.