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AfD unterliegt in LokalwahlenAuf verlorenen Posten

Kommentar von

David Begrich

Frankfurt und Eisenhüttenstadt sind keine Ausnahme. Die AfD verliert eine Wahl nach der anderen. Damit das so bleibt, sind Kommunen und Medien gefragt.

Wird viel besprochen, aber nicht immer gewählt. Die AfD, hier bei einer Veranstaltung in Senftenberg 2024 Foto: Hannes Jung/laif

D er AfD ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Erzählung durchzusetzen, sie eile von Erfolg zu Erfolg. Verstärkt wird diese geschickte politische Selbstvermarktung dadurch, dass sich die tatsächlichen Erfolge in den Medien und in der öffentlichen Debatte hoher Aufmerksamkeit erfreuen.

Ob um 2 Prozentpunkte gestiegene Umfragewerte oder die neueste rechtsextreme Aussage eines AfD-Funktionärs aus der dritten Reihe. All das wird medial aus gutem Grund berichtet, auch um die sich ohnehin rasant vollziehende Normalisierung nicht einfach durchrutschen zu lassen. Eine solche Akzentsetzung der öffentlichen Wahrnehmung auf den Aufstieg der Partei hat für die AfD einen angenehmen Effekt. Nichts macht so erfolgreich wie der Erfolg oder eben die Erzählung, die Partei erziele nur Erfolge.

Das motiviert nicht nur den Kern der Parteianhänger*innen; es treibt ihr auch Wäh­le­r*in­nen zu, die mit der AfD programmatisch nicht komplett übereinstimmen. Diese Leute finden sich in einzelnen AfD-Positionen bei bestimmten Themen wieder oder sind der Meinung, die Partei solle in Verantwortung kommen, um zu zeigen, was sie politisch liefern kann. Es ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf der Erzählung des Erfolgs der Partei, der ihren Aufstieg stabilisiert.

Über Niederlagen und Misserfolge der AfD aber wird im Vergleich zur Berichterstattung über ihren politischen Aufstieg weniger Trubel gemacht. Da ist etwa die Serie der Niederlagen der Partei bei Landrats- und Bürgermeisterwahlen in diesem Jahr. Zuletzt verloren am Sonntag die AfD-Kandidaten bei den Stichwahlen zu den Ober- beziehungsweise Bürgermeisterwahlen in Frankfurt (Oder) und in Eisenhüttenstadt.

Dass es der AfD bislang nicht gelungen ist, in größerem Umfang Bürgermeister und Landräte zu stellen, wird in den Regionen, in denen diese Wahlen stattfinden, natürlich berichtet.

Unterhalb der Wahrnehmungsschwelle

Aber wem steht schon vor Augen, dass die AfD bei den Landratswahlen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern leer ausging? Die Wahl des AfD-Politikers Sesselmann zum Landrat in Sonneberg (Thüringen) oder die Wahl von Hannes Loth zum Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz schaffte es hingegen sogar in die überregionalen Abendnachrichten. Dass beide Amtsträger mit AfD-Parteibuch seitdem nicht nur ihre Wahlversprechen brachen, sondern auch inhaltliche Fehlentscheidungen trafen, die nicht zum Wohle der Bür­ge­r*in­nen sind, liegt unterhalb der überregionalen Wahrnehmungsschwelle.

Das vergleichsweise schwache Abschneiden der AfD auf kommunaler Ebene bedarf der Analyse und lohnt, hervorgehoben zu werden. Denn offenbar ist es so, dass Wähler*innen, die bei Landtags- und Bundestagswahlen ihre Stimme der AfD geben, die Partei nicht wählen, wenn es darum geht, die politische Verantwortung für ihr unmittelbares Lebensumfeld in die Hände von AfD-Politikern zu legen. Motto: Möge die AfD die Politik in Berlin oder einer Landeshauptstadt wie Dresden richtig aufmischen. Aber vor Ort sollen bewährte und verankerte Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r*in­nen dafür sorgen, dass das Gemeinwesen funktioniert.

Das wird nicht so bleiben. In Kommunen, in denen die AfD bald in der dritten Legislaturperiode vertreten ist, bildet sie Netzwerke, steigt in den kommunalen Gremien auf, verschafft sich somit vor Ort bei den Bür­ge­r*in­nen politischen Kredit.

Doch gerade die kommunale Ebene ist der Ort, an dem Menschen die Erfahrung machen, dass sie durchaus etwas bewegen können, und es in Bezug auf die Frage der Verantwortungsübernahme eben nicht egal ist, wer vor Ort Entscheidungen trifft.

Um den weiteren Aufstieg der AfD zu bremsen, würde es schon helfen, wenn Medien und Politik sich nicht an der unfreiwilligen Verstärkung des AfD-Narrativs beteiligen, die Partei könne, einmal in Verantwortung, Stroh zu Gold spinnen. Es gibt keinen Automatismus des Erfolgs für die AfD. Dazu gehört, die gut geölte laufende Propaganda der Partei in eigener Sache nicht auch noch zu verstärken

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