piwik no script img

AfD-Demo und Gegendemos in BerlinRussland-Flaggen und Nazi-Slogans

Mehrere tausend Teil­neh­me­r*in­nen hat die AfD am Samstag nach Berlin mobilisiert. Sie riefen rechtsextreme Parolen und griffen die Presse an.

Flankiert von Gegenprotesten demonstrierte die AfD am Samstag in Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Unter dem Motto „Unser Land zuerst“ sind am Samstag mehrere tausend Menschen nach einem Aufruf der extrem rechten AfD durch das Regierungsviertel in Berlin gezogen. Für welches Land genau demonstriert werden sollte, war vor Ort allerdings eher vieldeutig: Die anfangs laut Polizei rund 3.000 Teil­neh­me­r*in­nen hatten bei der Auftaktkundgebung auf der Reichstagswiese neben Deutschland-Fahnen auch zahlreiche Russland-Flaggen dabei, ebenso die von Pegida-Demos bekannten Wirmer-Fahnen. Dazu kamen mehrere Reichsflaggen und solche von Preußen, Sachsen und Thüringen. Einige Fahnen waren sogar zur einen Hälfte russisch und zur anderen deutsch. Ähnlich vage blieben abseits der Forderung nach einer Reparatur und Öffnung von Nord Stream 2 die Rufe nach Auswegen aus der Energiekrise.

Flankiert von mehreren Gegendemonstrationen mit jeweils mehreren hundert Teil­neh­me­r*in­nen, initiiert von zahlreichen antifaschistischen Bündnissen, von den Gewerkschaften, Parteien und Kirchen, liefen die AfD-Demonstrant*innen ab circa 15 Uhr an Regierungsgebäuden vorbei und durch benachbarte Straßen, um schließlich zu einer Abschlusskundgebung erneut vor den Reichstag zu gelangen. Vor allem die Treppe vor dem großen Haupteingang hatte die Polizei gut gesichert – auch um Bilder wie im August 2020 zu verhindern, als Rechtsextreme und Ver­schwö­rungs­ideo­lo­g*in­nen auf genau diese Treppe gestürmt waren. Am Samstag war der Reichstag mit Gittern abgesperrt und insgesamt 1.900 Po­li­zis­t*in­nen waren im Einsatz, davon 400 aus anderen Bundesländern.

An vielen Ecken gab es neben Gegendemonstrationen und antifaschistischen Sprechchören auch kreativere Aktionen. An einer Stelle regnete es aus einem Gebäude aus AfD-Flyern gestanzte Konfetti auf die Demo, an einer anderen crashten Ge­gen­de­mons­tran­t*in­nen mit einem eigenen Plakat im blauen, aber nur vermeintlichen AfD-Design die Demo: „Preisdeckel, Umverteilung, Vergesellschaftung, Solidarität – alles, was es braucht, lehnt die AfD ab.“ Wütende Rechte, ein Handgemenge und ein paar Festnahmen waren das Ergebnis.

Tatsächlich hatten zuvor die Redner auf der AfD-Kundgebung kaum soziale Aspekte der Energiekrise angeschnitten. Der sächsische AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla hatte in seiner Rede hauptsächlich gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck gehetzt. Dieser müsse weg, denn er führe einen Krieg gegen das eigene Land, so Chrupalla. Die AfD kämpfe hingegen „für ein souveränes Deutschland“, was wiederum stark nach Reichsbürger-Sprech klang.

Zudem schürten er und andere Redner ganz in Putins Sinne die Angst vor einem Atomkrieg und den wirtschaftlichen Abstieg. russlandfreundliche Forderungen fanden sich nicht nur in den Reden, sondern auch auf zahlreichen Plakaten mit Aufschriften wie „Ich will russisches Gas“. Co-Bundessprecherin Alice Weidel hatte ihren Auftritt krankheitsbedingt abgesagt. Neben Chrupalla liefen an der Spitze der Demo der Vize-Bundesvorstand Stephan Brandner, die Berliner Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch, die Berliner Landeschefin Kristin Brinker sowie der AfD-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Martin Reichhardt.

Rechtsextreme Gruppen und Slogans

Nicht zu übersehen waren auf der Kundgebung rechtsextreme Gruppen wie die Freien Thüringer sowie Neonazis in Thor-Steinar-Klamotten und anderen rechten Szenemarken. Auch gab es offenbar vereinzelte Hitlergrüße. Der Rechtsextreme Arthur Österle, der selbst beim Sturm der Reichstagstreppe 2020 dabei gewesen war, kümmerte sich wie zuletzt auf dem AfD-Bundesparteitag in Riesa um „Security“. Ebenso erschienen waren zahlreiche vermeintlich bürgerlich aussehende Leute, die allerdings nicht besonders diskret wahlweise „Habeck muss weg“ oder „Widerstand“ riefen. Viele Teil­neh­me­r*in­nen waren überregional mit Reisebussen nach Berlin gereist, die AfD hatte seit Wochen bundesweit mobilisiert. Die Demo sollte der Auftakt der Kampagne zum „heißen Herbst“ sein.

Besonders militant wirkte der Demo-Block der Jungen Alternative kurz hinter den Parteichefs. Deren Teil­neh­me­r*in­nen riefen rechtsextreme Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, „Festung Europa“ oder „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“, letztere ist auch ein Slogan der Identitären Bewegung. Einer der Teilnehmer in dem Block, Gavin S., war ebenfalls 2020 beim Sturm der Reichstagstreppe dabei.

Pressefeindlich war die Stimmung obendrein: Gleich nach Beginn der Kundgebung soll laut dem Geschäftsführer der Jour­na­lis­t*in­nen-Union von Verdi, Jörg Reichel, ein Stern-TV-Team angegriffen worden sein, inklusive Beschädigung eines Geräts, Griffen ins Gesicht und der Aufforderung, den Mund-Nasen-Schutz abzunehmen. Später berichtete Reichel von einem tätlichen Angriff auf ein Videoteam einer Nachrichtenagentur. Mehrere Demo-Teilnehmer*innen hätten wiederholt Jour­na­lis­t*in­nen angehustet und eine Kamerafrau angerempelt und geschubst.

Blockadeversuche gescheitert

Im Laufe der AfD-Kundgebung und ihres anschließenden Demonstrationszuges wuchs die Teil­neh­me­r*innenzahl laut Polizeiangaben erst auf 8.000 und schließlich auf 10.000 Personen. Auch die AfD sprach am Nachmittag von „rund 10.000 Menschen“ und wertete den Aufmarsch entsprechend als Erfolg. Einige Teil­neh­me­r*in­nen sangen im Vorbeigehen an der russischen Botschaft „Ein Tag so wunderschön wie heute“. Bei der Abschlusskundgebung sagte der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete und Bundesvorstand Dennis Hohloch, dass es schön sei, „in diesem Shithole Berlin so viele Patrioten“ gesehen zu haben. Angemeldet war der Aufzug für rund 4.000 Teilnehmer*innen.

Für die AfD ist die Demo die erste größere Mobilisierung nach Berlin seit 2018, damals wurde die eigene Veranstaltung aber zahlenmäßig von einer Gegendemo mit rund 25.000 Teil­neh­me­r*in­nen übertroffen. Am Samstag waren deutlich weniger AfD-Gegner*innen unterwegs. Die Polizei schätzte die Ge­gen­de­mons­tran­t*in­nen auf rund 1.500. Veranstalter sprachen von einer deutlichen höheren Zahl, unter Berücksichtigung aller dezentralen Aktionen. Mehrere Blockadeversuche in der Friedrichstraße sollen nach Angaben der Polizei gescheitert sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

31 Kommentare

 / 
  • Ein Krieg wird ja wirklich geführt, nämlich gegen unsere Umwelt, so UN Generalsekretär António Guterres. Aus diesem Krieg steigt auch die aktuelle Bundesregierung leider nicht aus. Aber die hier Demonstrierenden wissen von diesem Krieg gar nichts und kämen sie an die Macht, sie würden ihn verschärfen. Stattdessen erfinden sie einen Krieg, verdrehen einen bestehenden Krieg (gegen die Ukraine) und übersehen einen tatsächlich weiterhin von fast allen betriebenen Krieg (Klimazerstörung).

    Die Sachlage, dass solche Kräfte nun in mehreren EU-Ländern echten Auftrieb finden, gibt wenig Anlass zur Hoffnung. Sie würden alles noch schlimmer machen und mit den jetzigen an der Macht ist die Klimakatastrophe ebenfalls weitgehend ungebremst und unvermeidbar.

  • Warum muss man eigentlich immer wieder über diese verfassungsfeindlichen, für die Gesellschaft toxischen Honks berichten und denen weiterhin auch noch Bühne verschaffen?



    Sogar in der Tagesschau waren die gestern, zur Wichtigkeit hochgepusht, als würde tatsächlich über einen Volksaufstand von Millionen berichtet werden!



    Ganz im Ernst, wäre es nicht auch eine Option, sie einfach ins Leere laufen zu lassen?



    Gut, ihre Meinungsfreiheit muss man wohl gewähren, aber über ihre "Meinung" berichten muss doch kein Medium, eine Pflicht dazu gibt es nicht.



    Und letztendlich ist es doch das, worauf die bauen, wenn sie wieder mal ihre Faschisten unterstützenden Treffs, genannt "Demo" abhalten, nämlich die Berichte darüber in den, von ihnen angegriffenen und als Lügenpresse bebrüllten Medien?!

    Ignoriert sie doch vielleicht einfach mal.



    Wie geil wäre es bitte, wenn tausende von denen losziehen und keiner berichtet darüber...!

    • @Edda:

      "Gut, ihre Meinungsfreiheit muss man wohl gewähren"

      Muss man gar nicht. Artikel 5(2) GG.

  • Böse Sache.

    Die Nazis scheinen ihre Leute deutlich besser auf die Straße zu bringen als die Linken.

    Und Gegenprotest war auch schon mal mehr.

    Das will nichts Gutes verheißen für diesen bisher klimatisch so angenehmen Herbst.

    • @Jim Hawkins:

      Was ist an deren Populismus "besser"?

      • @Rudolf Fissner:

        Ich meinte jetzt nicht die Partei, sondern die Linke allgemein.

        Davon abgesehen, sind mir noch so dämliche Linke immer noch lieber als Nazis.

        • @Jim Hawkins:

          Mir war schon klar was Sie meinen nd auch dass Sie die Linke bevorzugen.

          Aber die Frage war, was die Nazis in ihren Augen, wie Sie schreiben, "besser" gemacht haben dabei, Leute auf die Straße zu bringen..

          • @Rudolf Fissner:

            Schätze sie schaffen es besser an die niederen Instinkte zu appellieren: Hass auf Minderheiten, auf Menschen die nicht zur "Volksgemeinschaft" gehören, Anti-Eliten-Ressentiments, Antisemitismus.

            Eben alles was fies und gemein ist.

            • @Jim Hawkins:

              Und das machen sie "besser" als die Linken? Soll heißen, Sie kritisieren damit auch den Linkspopulismus? Dann sollten Sue das ach so schreiben. So mit "besser" kommt das Gegenteil von allem rüber.

              • @Rudolf Fissner:

                Liabs Hergöttle von Biberach (schwäbischer Stoßseufzer), Sie wissen doch auch so, was ich meine.

                Jede Art von Populismus ist kacke.

                • @Jim Hawkins:

                  I bee fertig wie a Releschik!'



                  ;-)

  • @ROSALIE, @CHRISTIAN ZIEMS

    Damit rechtfertigen Sie beide indirekt den ganzen Quatsch, den dieses widerliche Pack von sich gibt.

    Tun Sie's nicht.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Nein, das tue ich nicht!



      Keine Unterstellungen dieser Art!



      Wünsche mir ehrliche Politiker und -innen, die weder lügen, betrügen oder unter Erinnerungslücken leiden.



      Das würde der Demokratie sehr guttun und die Farbe braun verdrängen.



      Es erschliesst sich mir nicht, warum jemand diese braunen Vollpfosten wählt und auf Besserung hofft.

  • Nur in Deutschland gibt es Rechtsextreme, die sich einem anderen Land unterwerfen wollen.

    Ansonsten gibt es unter den Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes nur in Ostdeutschland Menschen, die sich nach der Oberhoheit Moskaus zurücksehnen.

    Erklärbar ist das nur, wenn man annimmt, dass diese Leute einfach den Drang haben, sich einem starken Herrscher unterzuordnen und ihm die Stiefel zu lecken.

    • @Suryo:

      Das ist Quatsch, sorry. Ein ähnliches Phänomen gibt es auch in Ungarn, der Slowakei etc. Da gibt' auch relativ starke russophile Parteien

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    1500 Gegendemonstranten von 3,5 Millionen Berlinern? Rechte Hauptstadt Berlin!

    • @49732 (Profil gelöscht):

      Nein, falsch. Es ist nur so, dass ich leider weder die Zeit, noch die Lust, noch die Einsicht habe, noch mich verpflichtet fühle, mich von jedem gehirngewaschenen Schwurbeler, mich nötigen zu lassen, ihn etnstzunehmen und deswegen auch noch auf die Straße zu gehen, als ob sie eine bekämpfenswerte Mehrheit wären!



      Da zähl ich lieber mit meinen Kind im Park Feuerkäfer.



      Man kann auch über sie spöttisch hinweglächeln. Um gegen sie zu protestieren, müsste ich sie ernstnehmen können, das ist auf der Ebene, auf der sich deren Protest bewegt unmöglich.



      Ich kann viel und gerne auf einem Mindestniveau über diesen Krieg, die Sanktionen und die verschiedenen Szenarien der Beendigung, diskutieren, gerne auch mit einer Wagenknecht.



      Aber Leute, die mit menschenfeindlichen Faschisten laufen, heroisierend Fahnen, eines Landes schwenken, das ein anderes gerade angreift und deren Wissen und kognitive Leistungsfähigkeit, sich aus Kanälen wie telegram, rt, oder Ken web speist, gegen die muss ich bestimmt nicht auf die Straße! Ich kann auch ein Kind, dass sich auf den Rücken schmeißt und sich die Lunge ausm Leib brüllt, weil es nicht den gewünschte lolli bekam, nicht ernst nehmen, das lass ich sich ausbrüllen, statt pädagogisch wertvolle Reden zu schwingen...

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Das macht immer noch keine Angst im politischen Berlin?



    Wie blind muss man sein um die Gefahr nicht wahrzunehmen!



    Da reichen auch 300 Euro Einmalzahlung nicht.



    Eine völlig andere Politik muss her, sofort, um braun zu stoppen!

    • @06455 (Profil gelöscht):

      Genau, am besten all deren Forderungen nachgeben, um sie zu stoppen! Und das immer und immer wieder, bis diese Minderheit letztendlich ihren Willen cholerisch und wohlstandsverzogen, der Mehrheit aufdrängt, wenn wieder mal ein paar tausend von denen nur laut genug brüllen, oder wie?



      Man könnte auch einfach darüber nachdenken, sie auszuhalten, statt sich von ihnen beeindruckend zu lassen, als ob es Millionen wären.

      • @Edda:

        Kommt auf die entwicklung an...

  • Das Problem ist, das habeck und baerbock und die anderen wirklich gegen die Interessen eines grossen Teiles der deutschen handeln. dummerweise nutzt das die afd. Man kann den Menschen die Angst um ihre Zukunft nicht verübeln, zumal mir persönlich nicht klar ist, warum die Ukraine für die Zukunft der Demokratie wichtig sein soll. Enteignung der Gewerkschaften, Förderung nach Atomkrieg, Attentate... die unterscheiden sich nicht von anderen Bösewichte. Jedenfalls politisch betrachtet. menschlich ist das alles eine Tragödie. unterstützt von deutschen sesselkriegern. Krönung von allem. melnyk zurück in die Ukraine. Seine Familie aber nicht. Aber blutzoll schreien auf Twitter. Es ist wie immer arm gegen reich und mächtig. Ich will eine Revolution gegen das Kapital, gegen das Wachstum, gegen Krieg und für unsere Zukunft.

    • @Christian Ziems:

      Wirre Wortsuppe - davon wird der Verstand ganz magersüchtig - Null analytische Kalorien.

      • @hamburger jung:

        Danke!

    • @Christian Ziems:

      Puh... wo anfangen? Am besten der Reihe nach.

      "Das Problem ist, das habeck und baerbock und die anderen wirklich gegen die Interessen eines grossen Teiles der deutschen handeln."



      Sie blenden dabei aus, dass auf den AfD- Demos ja häufig nicht ALGII- Empfangende oder Obdachlose rumlaufen, sondern Leute, die einfach weiter ihren Zweit- SUV fahren und zwei Mal pro Jahr in den Urlaub fliegen wollen und damit gegen globale Interessen (hauptsächlich das Interesse, den Planeten dauerhaft bewohnbar zu halten) handeln.

      "zumal mir persönlich nicht klar ist, warum die Ukraine für die Zukunft der Demokratie wichtig sein soll"



      Für die Demokratie vielleicht nicht in erster Linie, aber für das Völkerrecht, denn dieser Krieg ist Stellvertretung des Konflikts zwischen gebrochenem und gewahrtem Völkerrecht.

      "die unterscheiden sich nicht von anderen Bösewichte. Jedenfalls politisch betrachtet"



      Ja, die Ukraine hat viele Probleme. Das ist nicht verwundlich, wenn man in der Vergangenheit nur die Wahl zwischen zwei sehr großen und sich kaum unterscheidenden Übeln hatte. Die Ukrainer_innen haben diese Wahl stets getroffen und sich wannimmer möglich vom gewählten Übel befreit. Selenskyj hat sicherlich keine weiße Weste, aber man sieht wenigstens, dass er überhaupt irgendetwas anhat, weil er nicht bis zum Hals im Sumpf steckt. Das war bei früheren Kandidaten anders. Und wenn man weiß, dass Selenskyj erst seit Mai 2019 im Amt ist und selbst in unserer ach so viel gelobten Demokratie häufig die Konzerne die Gesetze schreiben (wir also keinen wirklich großen Abstand zu ukrainischen Verhältnissen haben), dann wird vielleicht ersichtlich/erklärlich/verständlich, warum in der Ukraine auch vor dem 24.02.2022 noch nicht alles rund lief.

      "Es ist wie immer arm gegen reich und mächtig."



      Das ist der eigentliche und korrekt benannte Knackpunkt. Nur richtet sich der AfD- Protest gerade nicht "reich und mächtig" (also das Kapital), sondern gegen "gewählt und im Amt, aber vom Kapital gesteuert").

      • @hel.genug:

        naja. Es ist ja aber nicht so, dass wir als Westen und um das völkerrecht scheren. Unser bester Freund erkennt den internationalen stragferichtshof nicht an, kriege auf dem Balkan und in Syrien werden toleriert, kopfgelder auf Präsidenten ausgesetzt. Mich hat das erst traurig, dann ein bißchen ängstlich und nun wütend gemacht. Krieg ist immer kacke, der russ. Präsident spinnt. Ohne Frage. Aber ich sehe unsere System nicht als Vorbild. Auch wenn andere zuwenig essen um zu denken... siehe oben.

      • @hel.genug:

        Dem kann ich mich iW anschließen. Ich ärgere mich jetzt ein bisschen, das ich nicht bei den Gegen-Aktionen war. Nach den Erfahrungen der Corona-Zeit hatte ich Sorge, mich plötzlich als Teil eines Mobs wiederzufinden, der harmlose, wenn auch doofe Muttis niederbrüllt, die einfach Angst haben, das habe ich falsch eingeschätzt. Hier waren offenkundig Leute unterwegs, denen man sich guten Gewissens massiv entgegenstellen durfte. In jedem Fall bleibt die bittere Wahrheit, dass das trotzdem nur die halbe Miete (& die billigere Hälfte) ist & es keine adäquaten Proteste gegen die kapitalistische Herrschaft gibt, die uns gerade in die Katastrophe führt.

  • Wenn man aus der eigenen Bubble nicht mehr heraus kommt, und eventuell das eigene Land noch nie von der Außengrenze aus betrachtet hat, kommt solch ein Stuss dabei heraus. "Unser Land zuerst". Jawoll! Nur bei was? Bei der Gasbelieferung? Oder bei der Verteilung von Russisch-Brot?



    Eigentlich zeigt sich hier "nur" das Bildungsdilemma der letzten Jahrzehnte. Ich würde die Teilnehmer nicht als dumm bezeichnen, aber als deutlich eindimensional in der Denkweise. Und die sozialen Hetzmedien triggern den Kopf erst recht mit den algorithmisch-passenden Inhalten.

    • @Mopsfidel:

      hat relativ wenig mit dem Bildungssystem zu tun. Die gab es schon immer.

  • Was für eine Bagage! Rechte die für Russland und dessen Großmachtsgedanken sind. Der Führer würde im Grab rotieren. Früher waren die gleichen Zipfel gegen Russland, pro USA, als man gegen die amerikanischen nukes demonstriert hatte. Es sind einfach gewaltbereite Quertreiber, die sich erst dann wohl fühlen, wenn sie sich - aufpassen jetzt wird’s lustig - unterordnen können. Ob einem Führer oder einem Putin ist dabei wohl völlig zweitrangig. Mund aufreißen gegen „schwache“ Demokraten, und sich erst wohl fühlen, wenn man unter einer Führung lebt, bei der eben jenes Maulaufreißen drakonisch bestraft wird. Naja, jeder hat wohl so seine Vorlieben.

    • @sachmah:

      Nee, die früher pro USA waren, waren andere.



      Die da heute stehen, waren schon immer gegen die USA.



      Unterhalten Sie sich mal mit denen.

      • @rero:

        Früher waren Linke gegen den Imperialismus und den Raubtierkapitalismus der USA. Und wer von uns Älteren erinnert sich nicht an die Million gegen die Stationierung von Pershings Demonstrierenden. Waren gute Zeiten. Pro USA sprachen dortige Emanzipationsbewegungen, die einfach weiter als wir waren, v.a. bzw. Frauen, Schwule, Hippies... Ist halt alles nicht so "schwarz-weiß".