AKK und die Kampfjets: Veraltete Logik
Mitten in der Coronakrise will die Verteidigungsministerin US-Kampfjets ordern. Und am nuklearen Schirm festhalten.

V erteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ein untrügliches Gespür für die falsche Entscheidung im falschen Moment. Mitten in der globalen Gesundheits- und Wirtschaftskrise muss gewiss nicht entschieden werden, welche Kampfjets künftig für Deutschland US-amerikanische Atombomben zu deren Zielen fliegen sollen. Kramp-Karrenbauer führt die Diskussion darum, welches Flugzeug auf den maroden Tornado-Jet folgen soll, seit ihrem Amtsantritt. Im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ hat sich Deutschland verpflichtet, derartige Flieger zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung war für dieses Frühjahr geplant, aber die Welt hat sich gerade dramatisch verändert. Trotzdem hält AKK krampfhaft an ihrem Zeitplan und dem Vorhaben fest, jetzt F-18-Kampfjets beim US-Konzern Boeing zu bestellen.
So viel zum Moment. Die falsche Entscheidung ist die Festlegung auf das US-amerikanische System. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar stand der Aufbau einer eigenen europäischen Verteidigungspolitik im Zentrum der Debatten. Angesichts des politischen Irrsinns im Weißen Haus war sich der versammelte Rest-Westen darin einig, eine europäische Vision zu entwickeln. Frankreichs Präsident Macron redete vor München, in München und nach München auf die deutsche Verteidigungsministerin ein, um sie für ein europäisches Verteidigungskonzept inklusive französischer Nuklearwaffen zu gewinnen. Kramp-Karrenbauer bestellt zwar jetzt auch Eurofighter bei Airbus, die allerdings keine US-Atomwaffen tragen werden. Mit den F-18 macht sie Deutschland abhängig vom amerikanischen System.
Dieser Moment wäre richtig, darüber nachzudenken, welchem veralteten Denken hier nachgelaufen wird. Deutschland lagert gefährliche US-Atomwaffen auf seinem Gebiet. Über diese hat es weder Verfügungsgewalt, noch würde der amtierende US-Präsident Deutschland im Zweifel über den Einsatz dieser Waffen mit entscheiden lassen. Jetzt wäre der Moment, die Logik des nuklearen Schutzschirms generell in Frage zu stellen. Leider ist die Verteidigungsministerin dazu nicht bereit.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden