+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Angriff mit Langstreckenbombern

Das Welternährungsprogramm beklagt die humanitäre Krise in der belagerten Stadt Mariupol. Laut Augenzeugen graben Soldaten Leichen aus und verbieten Bestattungen.

Schuhe auf einer Treppe vor einem supermarkt

Mehr als 100.000 Menschen harren in der belgerten Stadt Mariupol aus Foto: Alexander Ermochenko/ reuters

Russland greift Mariupol erstmals mit Langstreckenbombern an

Russland hat nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums zum ersten Mal seit Beginn der Invasion Langstreckenbomber zum Angriff auf Mariupol eingesetzt. Russland konzentriere sich darauf, neben der seit Wochen belagerten Hafenstadt auch die Orte Rubischne und Popasna einzunehmen, sagt ein Ministeriumssprecher. (rtr)

Raketenfabrik bei Kiew durch russischen Angriff teilweise zerstört

Eine ukrainische Raketenfabrik bei Kiew ist durch einen russischen Angriff teilweise zerstört worden. Eine Werkstatt und ein Verwaltungsgebäude des Rüstungskomplexes seien zerstört, berichtete ein AFP-Reporter am Freitag von vor Ort. In der Wisar-Fabrik nahe dem internationalen Flughafen Kiews sollen „Neptun“-Raketen hergestellt worden sein; mit diesem Raketentyp hatten die ukrainischen Streitkräfte am Donnerstag nach eigenen Angaben den prestigeträchtigen russischen Lenkwaffenkreuzer „Moskwa“ zerstört. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mitgeteilt, es habe am späten Donnerstag als Reaktion auf „terroristische“ Angriffe der Ukraine eine „militärische“ Fabrik außerhalb Kiews mit seegestützten Kalibr-Langstreckenraketen angegriffen.

Der Sprecher der ukrainischen Armee in der Hafenstadt Odessa, Sergej Bratschuk, hatte am Donnerstag erklärt, die „Moskwa“ sei von ukrainischen Raketen vom Typ „Neptun“ getroffen worden. Die russische Seite gab dagegen lediglich an, es sei Munition an Bord explodiert. Ein dadurch ausgelöstes Feuer sei unter Kontrolle und das Schiff schwimmfähig. Am Abend teilte die russische Seite dann mit, während die „Moskwa“ in Richtung eines Hafens abgeschleppt worden sei, habe sie ihr „Gleichgewicht“ verloren und sei bei starkem Seegang untergegangen. Die „Moskwa“ war das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. Das zu Sowjetzeiten gebaute Schiff hatte zusammen mit anderen Schiffen der Schwarzmeerflotte die südukrainische Hafenstadt Mariupol blockiert. (afp)

Stadtrat von Mariupol: Russische Truppen gestatten keine Beisetzungen

Bewohner der belagerten ukrainischen Stadt Mariupol haben nach Angaben des Stadtrats beobachtet, dass russische Soldaten in Hinterhöfen von Wohnhäusern beigesetzte Leichen aus ihren Gräbern holten. Neue Beisetzungen von „Menschen, die sie getötet haben“, würden nicht gestattet.

Ein Wachmann sei in jedem Hof abgestellt und erlaube es Bewohnern nicht, Angehörige oder Freunde zur letzten Ruhe zu betten. „Warum die Exhumierungen ausgeführt werden und wohin die Leichen gebracht werden, ist unbekannt“, hieß es in einer auf Telegram geposteten Erklärung des Stadtrats. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Der Bürgermeister von Mariupol, Wadym Bojtschenko, hatte der Nachrichtenagentur AP kürzlich gesagt, russische Truppen hätten mobile Krematorien in die Stadt gebracht, um die Leichen von Opfern der Belagerung zu verbrennen. (ap)

Ukraine meldet Tod von Zivilisten bei Angriffen im Donbass

Bei russischen Angriffen im Osten der Ukraine sind nach Angaben Kiews fünf Menschen getötet worden. In einem am Freitag vom Präsidialamt herausgegebenen Bericht hieß es, in der östlichen Region Luhansk seien zwei Menschen getötet worden, während in der benachbarten Region Donezk drei Menschen starben. Insgesamt neun Menschen wurden demnach verletzt.

Die Kämpfe in Donezk würden sich „entlang der gesamten Frontlinie“ fortsetzen, hieß es in der ukrainischen Erklärung. Der Donbass sei das Hauptziel für Russland, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski am Donnerstagabend. „Es ist der Donbass, den Russland zerstören will. Es sind die Regionen Luhansk und Donezk, die die russischen Truppen zerstören, sodass nur noch Steine und keine Menschen mehr übrig sind.“

Sieben weitere Menschen sind ukrainischen Angaben zufolge bei einem Angriff auf Busse, die Zivilisten aus dem Kriegsgebiet in der Ostukraine in sichere Gebiete bringen wollten, getötet worden. Ersten Informationen zufolge seien 27 weitere Menschen bei dem Vorfall in der Region Charkiw verletzt worden, teilte das Büro des ukrainischen Generalstaatsanwalts am Freitag im Onlinedienst Telegram mit. Demnach feuerten russische Soldaten am Donnerstag auf Evakuierungs-Busse mit Zivilisten im Dorf Borowa im Bezirk Isjum. Es sei eine Untersuchung unter anderem wegen „Verletzung des Kriegsrechts“ eingeleitet worden, hieß es weiter. (afp)

Ostermarsch-Aufruf zur Solidarität mit der Ukraine

Menschenrechts- und Friedensaktivisten haben mit Blick auf die Ostermärsche zur Solidarität mit der Ukraine aufgerufen. Mit ihrem völkerrechtswidrigen Angriff habe die russische Führung unendliches Leid über die Menschen in der Ukraine, aber auch im eigenen Land gebracht, erklärten die Internationale Liga für Menschenrechte und die Initiative „Abrüsten statt Aufrüsten“ am Freitag in Berlin. Der Krieg müsse sofort beendet werden, Russland müsse alle Kampfhandlungen unverzüglich einstellen.

„Unsere Solidarität gehört allen Menschen in der Ukraine“, betonten die Initiativen: „Sie gehört auch all den Menschen in Russland und Belarus, die trotz Verhaftungen und fortgesetzter Repressalien mutig ihre Stimme gegen den Krieg erheben.“ Krieg und militärische Aggression dürften niemals akzeptiertes Mittel der Politik sein. Militärische Gewalt führe für die Zivilbevölkerung zur humanitären Katastrophe.

„Wir wollen auf den Ostermärschen ein starkes Zeichen für den Frieden setzen, indem wir an die internationale Staatengemeinschaft appellieren, weiter mit Hochdruck an diplomatischen Verhandlungslösungen zu arbeiten“, heißt es weiter in dem Aufruf: „Wir treten ein für eine gesamteuropäische Friedensordnung, die auf den Prinzipien der gemeinsamen Sicherheit beruht und perspektivisch neue Wege für eine friedliche Kooperation auch mit Russland aufzeigt.“ Der Appell ist unter anderem vom Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, und vom Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, unterzeichnet. (epd)

Russland will Kiew weiter angreifen

Russlands Armee hat eigenen Angaben zufolge eine Raketenfabrik unweit der ukrainischen Hauptstadt Kiew angegriffen. Auf die Fabrik „Wisar“, knapp fünf Kilometer südwestlich des Stadtrands, seien in der Nacht zum Freitag Raketen des Typs Kalibr abgefeuert worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Medienberichten zufolge waren in der Nacht in Kiew aber mehrere heftige Explosionen zu hören. Die Fabrik „Wisar“ soll Raketen für das Flugabwehrsystem S-300 hergestellt haben.

Moskau kündigte einmal mehr an, seine Angriffe auf Kiew erhöhen zu wollen. Die Attacken auf Kiew begründete das russische Verteidigungsministerium mit Vergeltung für ukrainische Angriffe auf russisches Staatsgebiet, von denen die russischen Behörden am Donnerstag mehrere gemeldet hatten. Russland hatte der Ukraine zuvor bereits vorgeworfen, am 29. März mindestens drei Raketen auf ein Munitionsdepot in der Stadt Belgorod abgefeuert zu haben. Anfang April wies die Regierung in Kiew russische Vorwürfe zurück, für einen Großbrand in einem Treibstofflager nahe der Stadt verantwortlich zu sein.

Der ukrainische Geheimdienst SBU hat den Beschuss von russischem Territorium bestritten. Diese Vorwürfe seien falsch und der Zwischenfall eine geplante russische Provokation, teilte der Geheimdienst am Freitag auf seiner Facebook-Seite mit. Moskau hatte Kiew am Vortag beschuldigt, beim Beschuss einer Ortschaft im westrussischen Gebiet Brjansk nahe der ukrainischen Grenze sieben Zivilisten verletzt zu haben, darunter ein Kleinkind. Die ukrainischen Truppen hätten mit Hubschraubern angegriffen. Der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte nun Tonaufnahmen, die beweisen sollen, dass die russischen Anschuldigungen haltlos seien. Die Echtheit des Fragments ließ sich zunächst nicht überprüfen. (dpa/rtr)

Direktor des Welternährungsprogramms Beasley: Menschen in Mariupol werden ausgehungert

Die Menschen in der von russischen Truppen belagerten ukrainischen Stadt Mariupol werden nach Einschätzung des Leiters des Welternährungsprogramms ausgehungert. Die humanitäre Krise in der Ukraine werde sich mit einer erwarteten Intensivierung der russischen Angriffe in den kommenden Wochen noch verschlimmern, sagte WFP-Exekutivdirektor David Beasley am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur AP in Kiew. Besonders angespannt sei die Lage in der Hafenstadt Mariupol, in der mehr als 100. 000 Zivilisten ausharren. Ihnen mangelt es an Nahrungsmitteln, Wasser und Heizmöglichkeiten. Russische Truppen, die die Stadt belagern, haben dem WFP bislang keinen Zugang gewährt und keine Hilfslieferungen zugelassen. „Wir werden die Menschen in Mariupol … nicht aufgeben. Aber es ist eine katastrophale Lage: Die Menschen werden zu Tode gehungert“, sagte Beasley.

Er beklagte einen mangelnden Zugang des WFP und anderer Hilfsorganisationen zu Menschen, die inmitten des Konflikts Unterstützung benötigten. Da sich die Schauplätze der schwersten Kämpfe häufig änderten, sei es schwer, hungernde Ukrainer zu erreichen. Das WFP bemühe sich, Nahrungsmittelvorräte jetzt in Gebiete zu schaffen, in denen bald stärkere Gefechte erwartet werden. Die Lage sei aber sehr komplex, räumte Beasley ein. Mangelnder Zugang sei ein Problem, aber es mangele auch an Mitarbeitern und Treibstoff, da alles dem Kriegseinsatz zugeführt werde. Dies könnte in den nächsten Wochen und Monaten noch komplizierter werden.

Die russische Invasion in die Ukraine, einem wichtigen Exporteur von Getreide, berge die Gefahr einer Destabilisierung weit entfernter Länder, sagte Beasley. Zudem könne weltweiter Nahrungsmangel eine Flüchtlingswelle auslösen und „Massenmigration jenseits von allem, was wir seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen haben“. Wegen des Kriegs könnten 30 Millionen Tonnen für den Export bestimmtes Getreide nicht verschifft werden, sagte Beasley. Das WFP sei deshalb gezwungen, die Hilfsrationen für Millionen Menschen zu halbieren, viele davon in Afrika. Weitere Kürzungen würden möglicherweise nötig. „Leute werden verhungern“, sagte er. (afp)

Bätzing fordert österliche Waffenruhe in der Ukraine

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat eine österliche Waffenruhe für die Ukraine gefordert. Er unterstütze den Vorschlag von Papst Franziskus, sagte der Limburger Bischof dem Evangelischen Pressedienst (epd). Christen in aller Welt feiern am Sonntag das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Orthodoxe Christen feiern Ostern eine Woche später. Bätzing sagte, er teile das Gefühl der Unsicherheit, das viele Menschen in diesen Zeiten hätten. „Viele Sicherheiten der vergangenen Jahre sind weg“, sagte der 61-jährige Bischof. Gerade in dieser Situation schenke das Osterfest neue Impulse und Hoffnung. „Der Tod und seine Kumpanen, die Kriegsverbrechen, das Leiden der Unschuldigen – das alles wird nicht das letzte Wort sein“, betonte er. „Die Opfer der Geschichte bekommen Gerechtigkeit. Gott schafft diese Gerechtigkeit.“

Der Theologe sagte, Gewalt gehöre leider auch zum menschlichen Leben. „Wir können ganz Großes erschaffen und sind die schrecklichsten Lebewesen, die es geben kann, wenn wir anderen in dieser Weise ungerechte Gewalt zufügen“, führte Bätzing aus. Jesus sei genau gegen diese Gewalt eingestanden. Deswegen stünden Christen ein für Versöhnung, Vergebung, Gewaltlosigkeit. Sie träten für Gerechtigkeit ein. Frieden zu suchen und zu unterstützen, sei die Aufgabe aller Christen, unterstrich Bätzing. Er sei dankbar, dass es Gruppen in der Kirche gibt, die nicht müde werden zu sagen, dass Waffen die Gewalt verschärfen. Trotzdem ringe sich die Kirche zu der Position durch, wo ungerecht angegriffen werde, müsse man Unterstützung leisten – manchmal auch mit Waffen. „Das ist die Ultima Ratio, aber das ist zugleich unser Dilemma.“ (epd)

Kiew kündigt neun Fluchtkorridore an

Die Ukraine hat neun Fluchtkorridore im Osten des Landes angekündigt. In den Gebieten Donezk und Saporischschja seien mit den russischen Truppen Routen von Mariupol, Berdjansk, Tokmak und Enerhodar nach Saporischschja vereinbart worden, teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Freitag bei Telegram mit. Dazu gebe es Absprachen für Fluchtrouten im Luhansker Gebiet. Zivilisten aus Sjewjerodonezk, Lyssytschansk, Popasna, Hirske und Rubischne können bei eingehaltener Waffenruhe nach Bachmut im benachbarten Donezker Gebiet gelangen. Zu den Transportmitteln machte Wereschtschuk keine Angaben. Die ukrainische Eisenbahn hat einen Evakuierungszug aus Pokrowsk im Donezker Gebiet nach Tschop an der ungarischen Grenze angekündigt.

Vor gut sieben Wochen hatte Russland den Nachbarn angegriffen. UN-Angaben nach haben seit Kriegsbeginn über 4,7 Millionen Ukrainer das Land verlassen. Mehr als sieben Millionen sind innerhalb der Ukraine geflohen. (dpa)

Militärbischof Overbeck: Ukraine hat Recht auf Verteidigung

Der Militärbischof der Bundeswehr, Franz-Josef Overbeck, hat das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung betont. „Die Ukrainer wollten und wollen keinen Krieg, sondern sehnen sich nach dem Frieden, der ihnen genommen worden ist“, sagte der Ruhrbischof am Freitag nach vorab verbreitetem Redetext auf der Halde Prosper Haniel in Bottrop. Wenn alle Möglichkeiten einer friedlichen Regelung erschöpft seien, könne einer Regierung „das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung nicht abgesprochen werden“, hob Overbeck hervor.

Dabei müsse der kämpfende Soldat immer das Ziel haben, Frieden stiften zu wollen – so paradox das auch klinge. „Oberstes Ziel muss es immer sein, Frieden zu stiften und den Krieg zu beenden – mit möglichst wenig Waffengewalt.“ Scharfe Worte fand Overbeck für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Regierung er als „Diktatur“ bezeichnete und dessen Worte sich als „Lügensprache“ erwiesen hätten. Doch auch wenn man es hier mit eindeutigem schweren Unrecht zu tun habe, müsse es doch das Ziel sein, eine Eskalation des Krieges zu verhindern. „Ein Krieg mit biologischen und chemischen Waffen, erst recht ein Atomkrieg brächte unermessliches Leid mit sich, das wir uns gar nicht ausdenken können“, warnte Overbeck. „Dann käme die Katastrophe über uns.“ (dpa)

Wehrbeauftragte Högl: Alle Auslandseinsätze der Bundeswehr überprüfen

Angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine fordert die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), dass sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr überprüft werden. „Vor dem Hintergrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage müssen alle Einsätze der Bundeswehr zügig evaluiert werden“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. Laut Bundeswehr sind aktuell knapp 3.300 Soldatinnen und Soldaten in zwölf Einsätzen auf drei Kontinenten unterwegs, ein gutes Drittel von ihnen in Mali. Kritisch äußerte sich Högl etwa zum Einsatz im Irak und Jordanien. Dort beteiligt sich die Bundeswehr seit 2015 am internationalen Einsatz im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, um zu einer Stabilisierung beizutragen. Die Truppe kann dort maximal 500 Soldaten einsetzen.

Högl forderte, dass die von der Bundesregierung angekündigte Evaluierung zügig beginnt, und zwar „sorgfältig, schonungslos, ehrlich und unter Einbeziehung aller Aspekte“. Es müsse beraten und entschieden werden, welche Ziele Deutschland im Irak und in Jordanien verfolge und welche Fähigkeiten dafür erforderlich sind. So seien Luftbetankung, Radar und Beratung wichtige Beiträge Deutschlands. Doch fehle nun mit dem Abzug eines Flugzeugs Typ A400M zur Luftbetankung „ein zentrales Element für den Auftrag“. Auch die Beratung in Erbil im Nordirak wurde nach ihren Worten stark reduziert. „Es gilt daher, hier Aufwand und Ertrag ins richtige Verhältnis zu bringen.“ Das aktuelle Mandat des Bundestags für den Einsatz läuft bis zum 31. Oktober. (dpa)

Explosionen in Kiew und Truppenbewegungen im Osten

Seit Mitternacht heulen Luftschutzsirenen in Luhansk und Saporischschja im Osten der Ukraine. Zuvor wurden gewaltige Explosionen aus Kiew, dem südlichen Cherson, Charkiw im Osten und Iwano-Frankiwsk im Westen gemeldet. Ukrainische Medien berichten über Stromausfälle in Teilen der Hauptstadt Kiew.

Ukrainischen Angaben zufolge versuchen russische Einheiten derzeit vorrangig, die Städte Popasna und Rubischne im Gebiet Luhansk im Osten der Ukraine einzunehmen. Sie seien dabei aber nicht erfolgreich, hieß es im Morgenbericht zur militärischen Lage des ukrainischen Generalstabs am Freitag. Kiew erwartet in den nächsten Tagen eine Großoffensive russischer Einheiten im Osten des Landes. Binnen 24 Stunden habe man in den Gebieten Luhansk und Donezk an acht Stellen Angriffe abgewehrt und dabei mehrere russische Panzer und ein Artilleriesystem zerstört, heißt es in dem Generalstabsbericht weiter. Die Ukraine hat dort besonders starke Truppen, die seit 2014 die Front gegen die von Moskau gelenkten und ausgerüsteten Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk halten.

Gleichzeitig ist Moskau seit mehreren Tagen dabei, seine Truppen in dem Gebiet aufzustocken. Der ukrainische Generalstab hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass Elemente russischer Truppen, die zuvor bei der nordukrainischen Stadt Tschernihiw im Einsatz gewesen seien, nun rund um die Großstadt Sjewjerodonezk stationiert seien, an die Rubischne grenzt. Sollte sich dies bestätigen, sei das die erste Einheit, die nach Kämpfen in der Nordostukraine abgezogen und wieder in die Ostukraine verlegt werde, schrieb das US-Kriegsforschungsinstitut Institute for the Study of War (ISW) in seinem Bericht zur Ukraine in der Nacht zu Freitag. Die russischen Streitkräfte stünden wohl vor der Herausforderung, Einheiten aus mehreren Militärbezirken zu einer einheitlich agierenden Kampftruppe zusammenzuführen. (rtr/dpa)

Nawalny fordert „Informationsfront“ des Westens in Russland

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat westliche Regierungen und US-Internetkonzerne aufgefordert, eine „Informationsfront“ in Russland zu eröffnen. In einer Botschaft an zahlreiche westliche Spitzenpolitiker und Meta-Chef Mark Zuckerberg schrieb Nawalny am Donnerstag auf Twitter, sie sollten die „Propaganda“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin „mit Hilfe von Werbemöglichkeiten in den sozialen Medien zerschlagen“. Er bekräftigte: „Wir brauchen Werbung, viel Werbung“.

Alexej Nawalny, Oppositionsführer aus Russland,

Fordert die Zerschlagung russischer Propaganda im Netz: Alexei Nawalny Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

„Die Kombination aus wirklich verrückter Propaganda auf allen Kanälen rund um die Uhr, die Abschaltung und Blockierung unabhängiger Medien und Websites zeigt langsam Wirkung“, schrieb er. „Tatsache ist, dass die Mehrheit der russischen Bürger eine völlig verzerrte Vorstellung davon hat, was in der Ukraine passiert.“ Er bezeichnete allerdings Umfragen, wonach die Unterstützung für Putin in letzter Zeit zugenommen hatte, als „Lügen“. Twitter, Instagram und die meisten unabhängigen Medien sind seit dem 24. Februar von den russischen Behörden blockiert worden. (afp)

🐾 Europa und die USA: Die Rückkehr des Westens

Seit dem Ukraine-Krieg ist der Westen als politisches Projekt wieder en vogue. Vergessen, aber nicht überwunden sind die inneren Widersprüche, schreibt Ernst Hillebrand in seinem Gastkommentar für die taz.

UNO stellt 100 Millionen Dollar für Kampf gegen Hunger wegen Ukraine-Krieg bereit

Die UNO stellt 100 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) für den Kampf gegen die wegen des Ukraine-Kriegs drohende Verschärfung der Hungersnot im Jemen und mehreren afrikanischen Ländern bereit. „Die Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine drohen Millionen von Menschen noch näher an den Hungertod zu treiben“, erklärte die UNO am Donnerstag. Von der Gesamtsumme gehen 14 Millionen nach Somalia, zwölf Millionen nach Äthiopien, vier Millionen nach Kenia, 20 Millionen in den Sudan, 15 Millionen in den Südsudan, 15 Millionen nach Nigeria und 20 Millionen in den Jemen. Mit dem Geld sollen UN-Hilfsorganisationen Lebensmittel und andere dringend benötigte Güter kaufen.

Die Nothilfe „wird Leben retten“, erklärte der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten, Martin Griffiths. „Hunderttausende Kinder werden jede Nacht hungrig ins Bett gehen, während ihre Eltern sich Sorgen machen, wie sie sie ernähren sollen. Ein Krieg am anderen Ende der Welt macht ihre Aussichten noch schlechter“, warnte er. Die Ukraine und Russland gehören zu den wichtigsten Getreidelieferanten für zahlreiche Entwicklungsländer. Nach dem Beginn des Kriegs sind die Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt in die Höhe geschossen. Russland selbst hat wiederholt bestritten, dass sein Angriff auf das Nachbarland zu weltweiten Hungersnöten führen könnte. (afp)

Rund 2.550 Menschen aus umkämpften Gebieten evakuiert

Aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine sind am Donnerstag etwa 2.550 Zivilisten evakuiert worden. Das teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk in Kiew mit. Rund 2.300 Menschen seien in der südukrainischen Stadt Saporischschja angekommen, darunter 290 Bewohnerinnen und Bewohner Mariupols. Während der Evakuierungen hätten russische Einheiten „ständig“ die dafür eingerichteten Feuerpausen gebrochen, sagte Wereschtschuk. Weitere rund 220 Menschen seien aus der Region Luhansk im Osten des Landes in Sicherheit gebracht worden. Dort wie in der angrenzenden Region Donezk werden in den kommenden Tagen eine russische Offensive und heftige Kämpfe erwartet. (dpa)

CIA warnt vor möglichem russischem Einsatz kleinerer Atomwaffen im Ukraine-Krieg

Der US-Geheimdienst CIA hat davor gewarnt, dass Russland im Ukraine-Krieg kleinere Atomwaffen einsetzen könnte. Angesichts einer „möglichen Verzweiflung“ über militärische „Rückschläge“ könnte der russische Präsident Wladimir Putin den Einsatz „taktischer Atomwaffen oder Atomwaffen mit geringer Reichweite“ anordnen, sagte CIA-Direktor William Burns am Donnerstag. „Wir sind natürlich sehr besorgt“, sagte Burns, der gleichzeitig betonte, dass es bislang „nicht viele praktische Beweise“ für Vorbereitungen auf den Einsatz solcher Waffen gibt.

Russland verfügt über ein Arsenal an taktischen Atomwaffen mit kleinerer Sprengkraft als die Bomben, die die USA im Zweiten Weltkrieg über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten. In der russischen Militärdoktrin gibt es das Prinzip „Eskalieren, um zu deeskalieren“, das den Erstschlag mit einer Atomwaffe mit geringer Sprengkraft vorsieht, wenn Russland in einem Konflikt mit dem Westen ins Hintertreffen gerät. Die Hoffnung dahinter wäre, dass die Gegenseite sich nach diesem Signal zurückzieht, um die gegenseitige vollständige Auslöschung durch einen Atomkrieg mit großen, strategischen Atombomben zu vermeiden.

Nach Einschätzung Kiews und westlicher Staaten steht nach dem Rückzug der russischen Streitkräfte aus dem Großraum Kiew eine russische Großoffensive im Osten der Ukraine unmittelbar bevor. Ziel Moskaus ist laut Experten die Errichtung einer direkten Landverbindung zwischen der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten in den Regionen Luhansk und Donezk.

Doch der anhaltende Regen der vergangenen Tage könnte der Ukraine im Kampf gegen die eindringenden russischen Truppen zugute kommen, sagte ein hochrangiger Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Donnerstag. „Die Tatsache, dass der Boden weicher ist“, werde es dem russischen Militär „erschweren, etwas abseits der befestigten Straßen zu unternehmen“, sagte der US-Beamte, der anonym bleiben wollte. (afp)

Habeck: Waffen für Ukraine und Energie sparen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck macht sich für eine Ausweitung von Waffenlieferungen an die Ukraine stark. „Es müssen mehr Waffen kommen“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). „Wir können die Ukraine in dem Krieg nicht alleine lassen. Sie kämpft auch für uns. Die Ukraine darf nicht verlieren, Putin darf nicht gewinnen.“

Auf die Frage, ob Deutschland auch schwere Waffen liefere, sagte der Vizekanzler: „Die Menschen in der Ukraine wehren sich mit Mut und Opferbereitschaft. Wir stehen in der Pflicht, sie mit Waffen zu unterstützen. Zugleich haben wir eine Verantwortung dafür, nicht selbst zum Angriffsziel zu werden. Das ist dem Rahmen, innerhalb dessen wir alles liefern, was möglich ist.“ Dieser Rahmen „schließt große Panzer oder Kampfflugzeuge bisher nicht ein“, fügte Habeck hinzu.

Außerdem hat der Wirtschaftsminister die Menschen in Deutschland nochmals dazu aufgerufen, Energie zu sparen. „Ich bitte jeden und jede, jetzt schon einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag) vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges. „Als Faustformel würde ich ausgeben: Zehn Prozent Einsparung geht immer.“ Der Grünen-Politiker kündigte eine entsprechende Kampagne der Regierung an.

„Wir können nur unabhängiger von russischen Importen werden, wenn wir es als großes gemeinsames Projekt ansehen, an dem wir alle mitwirken“, fügte er hinzu. Wenn man an Ostern die Bahn oder das Fahrrad nehmen könne, sei das gut. „Das schont den Geldbeutel und ärgert Putin“, sagte Habeck. (dpa)

Selenski dankt Landsleuten für 50 Tage Widerstand gegen Russland

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyi hat seinen Landsleuten für 50 Tage Widerstand gegen Russland gedankt. „Gott sei Dank, den Streitkräften der Ukraine und unserem Volk – wir haben den größten Teil unseres Landes verteidigt“, sagte Selenski anlässlich des 50. Tages seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine in einer am Donnerstagabend auf Telegram veröffentlichten Videobotschaft. „50 Tage unserer Verteidigung sind eine Leistung. Eine Leistung von Millionen von Ukrainern.“

Selenski sagte weiter, er erinnere sich an den ersten Tag der russischen Invasion in die Ukraine. „Um es milde auszudrücken: Niemand war überzeugt, dass wir bestehen würden.“ Viele hätten ihm geraten, das Land zu verlassen. „Sie haben dazu geraten, dass wir uns de facto der Tyrannei ergeben.“ Sie hätten aber die Ukrainer nicht gekannt und nicht gewusst, wie mutig diese seien und wie sehr sie Freiheit schätzten, „so zu leben, wie wir wollen“.

Selenski dankte zudem allen Unterstützern der Ukraine. Er habe in den 50 Tagen viele politische Führer auf eine andere Art gesehen. Er habe „große Großzügigkeit“ bei denen gesehen, die nicht reich seien oder Entschlossenheit bei jenen, die von anderen nicht ernst genommen worden seien. Er habe aber auch Politiker gesehen, die sich so verhielten, als hätten sie keine Macht. (dpa)

🐾 Tote Zivilisten im Ukraine-Krieg

Auch im Kiewer Vorort Borodjanka wurden Leichen auf den Straßen gefunden. Russische Besatzer verboten hier außerdem, Verschüttete zu bergen, berichtet Anastasia Magasowa für die taz.

Russischer Kreuzer „Moskwa“ nach Beschädigung im Ukraine-Krieg gesunken
Kriegschiff Moskva

Der russische Kreuzer „Moskwa“ ist gesunken Foto: ap

Das im Ukraine-Krieg schwer beschädigte russische Kriegsschiff „Moskwa“ ist gesunken. Das teilte am Donnerstagabend das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Während der Raketenkreuzer in Richtung eines Hafens abgeschleppt worden sei, habe er sein „Gleichgewicht“ verloren und sei bei starkem Seegang untergegangen. Die „Moskwa“ war das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. Die US-Regierung bezeichnete den Untergang des Schiffs als „schweren Schlag“ für die russische Marine. Noch wenige Stunden vor dem Untergang der „Moskwa“ hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt, das Feuer an Bord sei unter Kontrolle und das Schiff schwimmfähig. Hunderte Besatzungsmitglieder des mit Raketen ausgerüsteten Kreuzers waren diesen Angaben zufolge auf andere russische Schiffe im Schwarzen Meer gebracht worden.

Zu den Ursachen der Schäden an der Moskau wiederholte das russische Verteidigungsministerium am Abend seine Darstellung, dass Munition an Bord explodiert sei. Durch das anschließende Feuer sei der Rumpf beschädigt worden. Dies habe dann zum Untergang der „Moskwa“ geführt. Das Moskauer Verteidigungsministerium äußerte sich am Abend aber weiterhin nicht dazu, wie die Explosion ausgelöst wurde. Zuvor hatte es erklärt, es lasse die Ursache der Detonation untersuchen. Der Sprecher der ukrainischen Armee in der Hafenstadt Odessa, Sergej Bratschuk, hatte mitgeteilt, die „Moskwa“ sei von ukrainischen Raketen vom Typ „Neptun“ getroffen worden.

Bei dem Untergang der „Moskwa“ handelt es sich um einen der größten materiellen Verluste für die russische Armee seit Beginn des Militäreinsatzes gegen die Ukraine am 24. Februar. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, der Untergang der „Moskwa“ werde „Konsequenzen“ für die Einsatzfähigkeiten der russischen Marine in der Region haben. Der mit Raketen ausgerüstete Kreuzer habe eine „Schlüsselrolle“ in den Bemühungen Russlands gespielt, eine „Dominanz seiner Marine im Schwarzen Meer“ herzustellen, sagte Kirby dem US-Sender CNN. Die zu Sowjetzeiten gebaute „Moskwa“ hatte zusammen mit anderen Schiffen der Schwarzmeerflotte die südukrainische Hafenstadt Mariupol blockiert. (afp)

Bildungsgewerkschaften fordern Integrationsplan

Bildungsgewerkschaften haben die Politik aufgefordert, einen konkreten Plan für die Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine vorzulegen. Hintergrund ist, dass die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, mit rund 400 000 zu unterrichtenden Schülern aus der Ukraine rechnet. „Da sich die personelle und räumliche Situation an den Schulen ständig weiter zuspitzt, erwarte ich von der Kultusministerkonferenz, dass sie nicht nur den Bedarf vorrechnet, sondern auch sagt, was sie konkret tun wird“, sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). „Die Politik darf nicht nach dem Prinzip Hoffnung darauf setzen, dass die Schulen und Kitas das schon alles irgendwie regeln werden.“

Auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, forderte: „Die Schulen brauchen jetzt so zügig wie möglich zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen, um die Herausforderung zu meistern, perspektivisch mehrere Hunderttausend geflüchtete ukrainische Schülerinnen und Schüler zu integrieren.“ Es seien „Bund, Länder und Kommunen gefordert. Prien hatte gesagt, dass in Deutschland künftig mehrere Hunderttausend geflüchtete Kinder aus der Ukraine unterrichtet werden müssten. Nach Rechnung der CDU-Politikerin werde das einen Bedarf von etwa 24 000 Lehrerinnen und Lehrern nach sich ziehen. (dpa)

Hier lesen Sie die Nachrichten zum Ukrainekrieg von Donnerstag, 14. April 2022.

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