+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Biden will Öl-Importstopp
US-Medien zufolge wird Joe Biden ein Ende der russischen Öllieferungen verkünden. Laut Nato-Generalsekretär seien Schüsse auf fliehende Zivilisten in der Ukraine gefallen.
Längere Laufzeiten der Atomkraftwerke für Bundesregierung vom Tisch
Längere Laufzeiten für die noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sind für das Wirtschafts- sowie Umweltministerium vom Tisch. Die beiden Häuser hatten mit Blick auf den Ukraine-Krieg und für den Fall eines Ausfalls russischer Energielieferungen geprüft, ob die Kraftwerke weiter genutzt werden sollten. Das Ergebnis: Längere Laufzeiten seien weder sinnvoll noch vertretbar, sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Dienstag. „Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen.“
In einem gemeinsamen Prüfvermerk des Wirtschafts- und Umweltministeriums heißt es: „Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der drei noch bestehenden Atomkraftwerke auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu empfehlen.“ Eine Verlängerung könnte nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten. Der Staat müsste in großem Umfang Risiken übernehmen. Dies stehe in keinem Verhältnis.
Lemke sagte, auch aus Sicherheitsgründen wäre die Laufzeit-Verlängerung für eine Hochrisikotechnologie nicht verantwortbar. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte im RTL/ntv „Frühstart“ auf die Frage, ob längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke vom Tisch seien: „Das würde ich sagen: ja.“ Für den nächsten Winter würden längere Laufzeiten nicht helfen: „Und für den langfristigen Bereich nur dann, wenn wir bereit sind, massive Sicherheitsabstriche zu machen.“
Zuvor hatte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gefordert, zur Sicherheit der Energieversorgung angesichts des Kriegs in der Ukraine die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern. Der beschleunigte Atomausstieg wurde 2011 gesetzlich beschlossen. Als letzte Meiler abgeschaltet werden nach dem Atomgesetz spätestens am 31. Dezember die Kraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2. (dpa)
Längere AKW-Laufzeiten würden nukleare Sicherheit „gefährden“
Der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, sagte: „Wir erleben gerade, wie ein Krieg mit konventionellen Waffen gegen Atomanlagen die zivile Nutzung der Kernenergie in eine bislang kaum vorstellbare Risikolage für Mensch und Umwelt bringen kann.“ Das Abschalten der Reaktoren und damit die Mengenbegrenzung der Abfälle hätten den Weg zu einem sicheren Endlager geebnet und die nukleare Sicherheit in Deutschland erheblich verbessert: „Eine Laufzeitverlängerung für wenige Reaktoren mit sehr begrenztem Anteil der Stromversorgung würde dies gefährden.“
Dem Vermerk der Bundesministerin zufolge wären für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke eine Änderung des Atomgesetzes notwendig und eine Zuteilung neuer Strommengen. Eine Verlängerung würde im Winter 2022/2023 aber keine zusätzlichen Strommengen bringen, sondern frühestens ab Herbst 2023 nach erneuter Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben.
Auf dieses Problem wiesen auch die Betreiber hin. Eine Sprecherin von PreussenElektra, einer Eon-Tochterfirma und Betreiberin des Atomkraftwerks Isar 2, sagte der „Rheinischen Post“, frische Brennelemente könnten erst in gut 1,5 Jahren zur Verfügung stehen. Zudem müssten sich die Konzerne dann wohl neue Uran-Lieferanten suchen. „In den letzten Betriebsjahren unserer Kraftwerke haben wir das für die Brennelemente benötigte Uran aus Kasachstan und Russland sowie in geringen Mengen aus Kanada bezogen.“
Im Vermerk der Ministerien heißt es weiter, die verbliebenen Kernkraftwerke leisteten einen „begrenzten Beitrag“ zur Stromversorgung. Vielmehr müsse es jetzt darum gehen, die Importabhängigkeit von Russland zu verringern und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, so die Ministerien. Die Bundesregierung treffe bereits seit Wochen intensive Vorkehrungen, damit die Gasspeicher gefüllt und Reserven an Kohle angelegt werden.
„Wir brauchen keine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, um die Energieversorgung zu sichern“, sagte die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. „Atomkraftwerke liefern ausschließlich Strom, derzeit etwa sechs Prozent der gesamten Strommenge. Diesen Anteil können wir problemlos mit erneuerbaren Energien herstellen.“ Eine Verlängerung der Laufzeiten würde das Sicherheitsrisiko erhöhen, mehr Atommüll verursachen, und es würde mehr Uran – auch aus Russland – benötigt. (dpa)
Strack-Zimmermann fordert Importstopp für Gas und Öl aus Russland
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat einen Stopp der Importe von Gas und Öl aus Russland gefordert. Die Drohung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Gaspipeline Nord Stream 1 abzuschalten, „zeigt nur, dass ihn unsere Sanktionen hart treffen“, sagte die FDP-Politikerin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Wir müssen jetzt das Heft des Handelns in der Hand behalten und uns dazu entscheiden, ein neues Kapitel Gas und Öl aufzuschlagen. Deutschland muss den Importstopp dieser beiden Rohstoffe aus Russland sofort umsetzen.“
Auch die Jungen Liberalen forderten ein Ende deutscher Energieimporte aus Russland. „Jede Sanktion, die bisher noch zurückgehalten wurde, muss nun umgesetzt werden“, erklärte die Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation, Franziska Brandmann. „Mit einem verbrecherischen Regime, das Krieg gegen unsere Freunde in der Ukraine führt und für das Sterben von Kindern, Jugendlichen und weiteren unbeteiligten Zivilisten verantwortlich ist, macht man keine Geschäfte.“
Die Bundesregierung habe angekündigt, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu beenden, sagte Brandmann. „Wir sind der Meinung: Wer das ankündigt, kann beim Bezug von russischem Öl oder Gas nicht nach dem Prinzip „business as usual“ handeln.“ (dpa)
Weißes Haus: Biden verkündet neue Strafmaßnahmen gegen Russland
US-Präsident Joe Biden wird am Dienstag nach Angaben des Weißen Hauses neue Strafmaßnahmen gegen Russland verkünden. Das Weiße Haus verbreitete am Dienstag ein aktualisiertes Tagesprogramm des Präsidenten, bei dem um 10.45 Uhr (Ortszeit/16.45 Uhr MEZ) ein Auftritt Bidens ergänzt wurde. Zu dem Termin hieß es, Biden werde Maßnahmen ankündigen, „um Russland weiterhin für seinen unprovozierten und ungerechtfertigten Krieg gegen die Ukraine zur Verantwortung zu ziehen“. US-Medien berichteten, erwartet werde, dass Biden einen Importstopp für russisches Öl verkündet.
Im vergangenen Jahr war Russland nach Angaben der US-Energieinformationsbehörde (EIA) das drittwichtigste Land für Einfuhren von Rohöl und Petroleumprodukten für die USA – hinter Kanada und Mexiko. Die Einfuhren aus Russland mit einem Volumen von 672.000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag machten knapp acht Prozent aller US-Importe in dieser Kategorie aus. Die USA sind deutlich weniger abhängig von russischen Energieimporten als Europa.
Wegen des Kriegs in der Ukraine ist der Druck auf die US-Regierung auch aus dem Kongress zuletzt gewachsen, zu den bereits verhängten Strafmaßnahmen ein Einfuhrverbot für russisches Öl hinzuzufügen. Allerdings bereiten der Regierung die Benzinpreise Sorgen, deren Anstieg durch den Krieg verstärkt wurde. Am vergangenen Sonntag war der Preis für eine Gallone (knapp 3,8 Liter) Normalbenzin im landesweiten Durchschnitt erstmals seit 2008 auf mehr als vier Dollar (3,68 Euro) gestiegen. (afp)
Xi: Sanktionen gegen Russland „schädlich für alle Seiten“
Die gegen Russland im Zuge des Krieges in der Ukraine verhängten Sanktionen sind nach Einschätzung Chinas „schädlich für alle Seiten“. Präsident Xi Jinping habe bei einem Videogipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Dienstag dazu aufgerufen, stattdessen auf eine Verhandlungslösung hinzuarbeiten, berichtete der chinesische Staatssender CCTV.
China hat in dem Konflikt Verständnis für das Vorgehen Russlands geäußert und dem Westen vorgeworfen, Sicherheitsinteressen Moskaus ignoriert zu haben. Bei Resolutionen im UN-Sicherheitsrat und in der UN-Vollversammlung gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine enthielt sich China der Stimme.
CCTV berichtete, Xi habe in dem Gespräch mit Scholz und Macron Besorgnis und tiefen Schmerz über die Kämpfe zum Ausdruck gebracht und beide Seiten zu Friedensgesprächen aufgerufen. China sei bereit, dabei eine Rolle zu spielen, sagte Xi.
„Wir wollen uns gemeinsam dafür einsetzen, die negativen Auswirkungen der Krise zu verringern“, wurde Xi zitiert. „In Bezug auf die Auswirkungen von Sanktionen auf das globale Finanzwesen, Energieressourcen, Transport- und Lieferkettenstabilität ist dies mit Blick auf eine bereits durch die Pandemie belastete Weltwirtschaft schädlich für alle Seiten.“ (ap)
Ukrainischer Verteidigungsminister: 38 Kinder im Krieg getötet
Im Krieg in der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow bislang mindestens 38 Kinder durch russische Angriffe zu Tode gekommen. Mehr als 70 seien verletzt worden, sagte er am Dienstag in einer Videobotschaft. Insgesamt wurden seinen Angaben zufolge 400 Zivilisten getötet und mindestens 800 verletzt. Diese Daten seien jedoch „definitiv unvollständig“, sagte Resnikow. Die Zahlen unabhängig zu bestätigen, war zunächst nicht möglich.
Resnikow sagte, bei russischen Angriffen seien mehr als 200 Schulen, 34 Krankenhäuser und 1.500 Wohngebäude zerstört worden. Er schätzte, dass etwa 10.000 ausländische Studenten wegen der Kämpfe eingeschlossen seien, und berichtete von Attacken auf Journalisten aus Großbritannien und der Schweiz.
Er behauptete, ukrainische Streitkräfte hätten mehr als 11.000 russische Soldaten getötet. „Russische Invasoren feuern auf humanitäre Korridore, durch die Zivilisten zu fliehen versuchen“, sagte er, ohne zu sagen, wo sich dies ereigne. Russland hat bisher die Tötung von einigen Hundert russischen Soldaten eingeräumt.
Stoltenberg: Russisches Militär schießt möglicherweise auf Flüchtende
Die russischen Streitkräfte nehmen nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg möglicherweise flüchtende Zivilisten in der Ukraine unter Beschuss. Er sagte am Dienstag, es gebe „sehr glaubwürdige Berichte über Zivilisten, die unter Beschuss geraten, während sie versuchen, zu fliehen“. Zivilisten anzugreifen sei ein Kriegsverbrechen, dies sei völlig inakzeptabel.
Journalisten in Lettland sagte er, die humanitären Auswirkungen des fast zweiwöchigen Krieges seien verheerend. „Wir brauchen echte humanitäre Korridore, die vollständig respektiert werden.“
Auf die Frage, was die Nato tun könne, um zu helfen, antwortete er: „Wir haben eine Verantwortung, sicherzustellen, dass sich der Konflikt nicht über die Ukraine hinaus ausweitet.“ Die Nato verstärkt ihre Verteidigung, um sicherzustellen, dass ihre Mitglieder nahe Russland und der Ukraine nicht als nächste auf die Zielliste Moskaus geraten. (ap)
Präsident Xi ruft Deutschland und Frankreich zu gemeinsamer Anstrengung auf
Chinas Präsident Xi Jinping ruft nach einer virtuellen Konferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron Deutschland und Frankreich zu einer gemeinsamen Anstrengung aller drei Länder auf, um die negativen Auswirkungen der „Ukrainekrise“ zu verringern. Alle Bemühungen für eine friedliche Lösung müssten unterstützt werden. Er warnt, die Sanktionen würden das globale Wirtschaftswachstum bremsen. Das sei für keine Seite gut. Xi fordert, Priorität müsse sein, zu verhindern, dass die Situation in der Ukraine außer Kontrolle gerate. (rtr)
Selenski zu Gesprächen über Donbass und Krim bereit
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski hat sich zu Gesprächen über den Status der Separatistengebiete im Osten des Landes und der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim bereit gezeigt. Im US-Sender ABC machte Selenski am Montagabend (Ortszeit) zugleich deutlich, dass er nicht auf Forderungen aus Moskau eingehen werde, die Unabhängigkeit der selbst ernannten „Volksrepubliken“ sowie die russische Herrschaft über die Krim anzuerkennen. „Ich bin bereit für einen Dialog. Aber wir sind nicht bereit für eine Kapitulation.“
Weiter sagte der ukrainische Präsident: „Wir können diskutieren und einen Kompromiss finden, wie diese Gebiete weitermachen können.“ Wichtig sei, darauf zu achten, wie es den Menschen dort ergehe, die Teil der Ukraine sein wollten. Es handle sich um eine viel kompliziertere Frage als nur um eine Anerkennung. „Dies ist ein weiteres Ultimatum, und wir erkennen keine Ultimaten an.“
Wolodimir Selenski am Dienstag
Selenski forderte erneut den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu direkten Verhandlungen auf. „Was Präsident Putin tun muss, ist, ein Gespräch zu beginnen, einen Dialog, anstatt weiter in einer Informationsblase ohne Sauerstoff zu leben.“ Selenski räumte ein, dass Russland die Lufthoheit über der Ukraine habe. Er forderte erneut eine Flugverbotszone. Es gehe darum, Raketenbeschuss auf zivile Einrichtungen zu verhindern. (dpa)
🐾 Die Nato-war-schuld-Linken
Einige Linke stecken noch immer in alten Denkmustern fest. Statt zu Putin auf Abstand zu gehen, beschuldigen sie weiter die USA und die Nato. Den Kommentar unseres Redakteurs Jan Pfaff lesen Sie hier.
Erste Evakuierungen aus nordostukrainischer Stadt Sumy begonnen
Nach mehreren gescheiterten Evakuierungsversuchen hat Russland für Dienstag erneut eine Feuerpause sowie die Einrichtung von Fluchtwegen für Zivilisten aus umkämpften Städten in der Ukraine angekündigt. Aus der Stadt Sumy im Nordosten des Landes, wo am Vorabend mindestens 21 Menschen nach ukrainischen Angaben bei einem russischen Luftangriff auf ein Wohngebiet getötet worden waren, begannen am Morgen tatsächlich erste Evakuierungen. Kiew blieb jedoch skeptisch. Präsident Wolodimir Selenski machte Moskau für zuvor gescheiterte Evakuierungen verantwortlich.
Gegen 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr MEZ) hatten bereits Dutzende Busse mit Zivilisten die seit Tagen heftig umkämpfte Stadt Sumy verlassen. Nach Angaben der Regionalverwaltung sollten sie in die 150 Kilometer weiter südwestlich gelegene Stadt Lochwyzja gebracht werden.
Die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk warnte jedoch, Russland könnte den Fluchtweg nicht offen halten. „Wir haben Informationen, dass die russische Seite plant, diesen Korridor zu behindern“, sagte sie am Dienstag. Die Zivilisten könnten dadurch gezwungen sein, „eine andere Route zu nehmen, die nicht (mit den Ukrainern) abgesprochen und gefährlich ist“.
Selenski hatte Russland bereits am Montagabend vorgeworfen, alle vorherigen Evakuierungsversuche verhindert zu haben. „Es gab eine Vereinbarung über humanitäre Korridore“, sagte Selenski in einem auf Telegram veröffentlichten Video. „Hat es funktioniert? Die russischen Panzer haben stattdessen funktioniert, die russischen ‚Grad‘ (Raketenwerfer), die russischen Minen.“ (afp)
Moskau kündigt Öffnung von „humanitären Korridoren“ an
Die Ukraine werde aber weiter mit Russland verhandeln. „Ich bleibe hier, ich bleibe in Kiew (…). Ich habe keine Angst“, bekräftigte der ukrainische Staatschef. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte hingegen wiederholt „ukrainische Nationalisten“ beschuldigt, die Evakuierungen umkämpfter Städte zu vereiteln.
Moskau hatte die Öffnung mehrerer „humanitärer Korridore“ auch aus der Hauptstadt Kiew sowie aus Charkiw, Mariupol und Tschernihiw angekündigt, die Fluchtwege sollten jedoch zumeist nach Russland oder Belarus führen, von wo aus die russische Armee am 24. Februar in der Ukraine einmarschiert war. Die Ukraine lehnte diese Fluchtkorridore ab, Verhandlungen beider Seiten führten zu keinem Durchbruch.
Der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes, Christian Reuter, kritisierte grundsätzlich das Konzept der Fluchtkorridore. Eine Konsequenz derartiger Korridore sei, dass „dann Konflikt- und Kriegsparteien sagen, dass alle anderen zum Angriffsziel werden“, weil sie nicht geflohen seien, warnte Reuter am Montagabend im ZDF. Für die Regierungen seien derartige Korridore ein „militärisches Instrument“, um anschließend „ungenierter, ungehemmter“ angreifen zu können.
Die Kämpfe in der Ukraine dauerten unterdessen an. Der ukrainische Generalstab berichtete von heftigen Gefechten in der ostukrainischen Stadt Isjum. Demnach erlitten die russischen Streitkräfte Verluste, als sie versuchten, die Stadt einzunehmen. Das ukrainische Verteidigungsministerium meldete zudem den Tod des russischen Generals Witali Gerassimow in der Nähe von Charkiw. Moskau bestätigte dies zunächst nicht, von unabhängiger Seite lassen sich solche Berichte meist kaum überprüfen.
Dem ukrainischen Generalstab zufolge zieht Russland zudem weiterhin Soldaten und militärische Ausrüstung an den Fronten in Kiew, Mariupol im Süden und Charkiw im Nordosten zusammen. Die Städte stehen bereits seit Tagen unter heftigem Beschuss. Die ukrainische Regierung rechnet mit einem baldigen russischen Großangriff auf die Hauptstadt. (afp)
Russland zieht aufmarschierte Einheiten nahezu komplett in Ukraine
Russland ist nach US-Angaben inzwischen mit nahezu allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt. Nach westlichen Angaben hatte Russland vor Beginn seines Angriffs auf die Ukraine mehr als 150.000 Soldaten an den Grenzen aufmarschieren lassen.
In Butscha vor den Toren Kiews versuchten die Menschen verzweifelt, die Stadt zu verlassen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Eine Einwohnerin namens Anna sagte, die Stadt stehe kurz vor einer „humanitären Katastrophe“: „Es gibt kein Gas mehr, kein Wasser, keinen Strom und auch die Lebensmittel gehen aus.“
Die UNO forderte Sicherheitskorridore, um Hilfslieferungen zu den Menschen in den belagerten Städten zu bringen. Nach UN-Angaben stieg die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine in die Nachbarländer inzwischen auf über zwei Millionen. (afp)
UNO: Bereits über zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen
Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine hat am Dienstag zwei Millionen überschritten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) meldete insgesamt mehr als 2,01 Millionen Menschen, die seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar in die Nachbarländer der Ukraine geflüchtet sind. Mehr als die Hälfte von ihnen, über 1,2 Millionen, wurde demnach von Polen aufgenommen.
UNHCR-Chef Filippo Grandi sagte am Dienstag vor Journalisten in Oslo, der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine reiße nicht ab. Die Balkankriege in Bosnien und im Kosovo hätten ebenfalls zu enormen Fluchtbewegungen geführt, sagte Grandi. Es habe sich dabei um „vielleicht zwei oder drei Millionen“ Menschen gehandelt, „aber über einen Zeitraum von acht Jahren“. „Jetzt sind es acht Tage“. Das habe es in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. (afp)
Generalbundesanwalt nimmt Ermittlungen auf
Wegen möglicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine ermittelt jetzt auch der Generalbundesanwalt. Dieser habe ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren eingeleitet, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) der Passauer Neuen Presse (Dienstag). Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die Karlsruher Behörde konkrete Anhaltspunkte für bereits begangene Kriegsverbrechen. Die Ermittler befürchten zudem, dass es zu weiteren Straftaten kommt, wie es hieß.
Bei einem Strukturermittlungsverfahren geht es zunächst darum, ohne konkrete Beschuldigte möglichst breit Beweise zu sichern. Diese Informationen sollen später dazu dienen, Einzelne strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Russland hält Zusage zu „humanitären Korridoren“ laut Kiew nicht ein
Bei einem russischen Luftangriff auf die ukrainische Stadt Sumy sind nach Angaben ukrainischer Rettungskräfte mindestens neun Menschen getötet worden. „Feindliche Flugzeuge haben heimtückisch Wohngebäude angegriffen“, teilte der Rettungsdienst am Dienstag im Messenger-Dienst Telegram mit. Unter den Todesopfern der Angriffe vom Montagabend seien auch zwei Kinder.
Eine verletzte Frau konnte den Angaben zufolge lebend aus den Trümmern geborgen werden. Sumy stand in den vergangenen Tagen unter schwerem Beschuss durch die russische Armee.
Laut Angaben der stellvertretenden ukrainischen Regierungschefin Iryna Wereschtschuk hatte das russische Verteidigungsministerium in einem Brief an das Rote Kreuz am Dienstag einen „humanitären Korridor“ für die Evakuierung von Zivilisten aus Sumy angekündigt. Dafür sollte am Dienstag zwischen 09.00 und 21.00 Uhr (Ortszeit, 08.00 bis 20.00 Uhr MEZ) eine Feuerpause gelten.
Wereschtschuk fügte jedoch hinzu, die Zusage werde von Moskau nicht eingehalten: „Wir haben Informationen, dass die russische Seite plant, diesen Korridor zu behindern, und dass es Manipulationen gibt, um die Menschen zu zwingen, eine andere Route zu nehmen, die nicht (mit den Ukrainern) koordiniert wird und gefährlich ist“, sagte sie. (afp)
Krieg treibt Spritpreise über zwei Euro je Liter
Der Ukrainekrieg hat die Spritpreise erstmals über die Schwelle von zwei Euro steigen lassen. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Montags kostete Superbenzin der Sorte E10 2,008 Euro je Liter, bei Diesel waren es 2,032 Euro, wie der ADAC am Dienstag in München mitteilte.
Haupttreiber des Anstiegs an der Zapfsäule sind die Ölpreise, die im Zuge des Konflikts in der Ukraine nach oben geschossen sind. Am Montag hatte die für Europa wichtige Sorte Brent zwischenzeitlich bis zu 139 Dollar pro Fass (159 Liter) gekostet, nachdem US-Außenminister Antony Blinken einen Importstopp für russisches Erdöl ins Spiel gebracht hatte. Der aktuell starke Dollar verstärkt diesen Effekt noch einmal, da Öl in Dollar gehandelt wird und deutsche Käufer in Euro bezahlen. Hinzu kommt, dass der Dieselpreis durch eine hohe Nachfrage nach dem relativ ähnlichen Heizöl weiter angetrieben wird und Importeure die Einfuhr von Diesel aus Russland zurückfahren.
Dass derzeit so extreme Spritpreis-Rekorde erreicht werden, liegt auch daran, dass der Effekt durch den Krieg in der Ukraine auf bereits erreichte Rekordniveaus der vergangenen Monate aufsetzt. Auf Jahressicht ist der Anstieg gewaltig: Im Durchschnitt des März 2021 hatte Diesel noch 1,315 Euro pro Liter gekostet, bei Super E10 waren es 1,454 Euro. (dpa)
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Unicef fordert mehr Schutz für Kinder in der Ukraine
Unicef dringt darauf, Kinder während des Kriegs in der Ukraine besser zu schützen. Kinder ohne elterliche Fürsorge seien einem größeren Risiko von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt, erklärte das UN-Kinderhilfswerk am Montagabend. Wenn sie auf der Flucht seien und Landesgrenzen überquerten, erhöhe sich dieses Risiko weiter. In Notsituationen steige zudem die Gefahr, dass Kinder Opfer von Menschenhandel würden.
Deshalb forderten Unicef und das UN-Flüchtlingswerk UNHCR von den umliegenden und betroffenen Staaten, unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder sofort zu identifizieren und zu registrieren. Direkt nach Überquerung der Grenzen müssten zudem sichere Orte für Kinder und Familien zur Verfügung gestellt und mit den bestehenden nationalen Kinderschutzsystemen verknüpft werden.
Zudem müssten Kapazitäten von Notbetreuungsangeboten und andere wichtige Dienste zum Schutz von Kindern ausgeweitet werden, erklärte Unicef. Dazu gehörten auch Angebote zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt oder der Zusammenführung von Kindern mit ihren Familien.
Für Kinder, die die Grenzen allein überquert haben, biete eine vorübergehende Unterbringung in einer Pflegefamilie oder eine andere gemeindenahe Betreuung im Rahmen der öffentlichen sozialen Schutzsysteme notwendigen Schutz, hieß es weiter. Von Adoptionen hingegen solle während oder unmittelbar nach Krisen und Katastrophen abgesehen werden. (epd)
Russland: Neue Feuerpause in Ukraine in Kraft – Korridore geöffnet
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben am Dienstag eine neue Feuerpause in der Ukraine in Kraft gesetzt und „humanitäre Korridore“ in fünf Städten geöffnet. In der Hauptstadt Kiew sowie den Großstädten Tschernihiw, Sumy, Charkiw und der besonders umkämpften Hafenstadt Mariupol sollten die Menschen die Möglichkeit haben, sich in Sicherheit zu bringen. Die Feuerpause sei um 10.00 Uhr Moskauer Zeit (8.00 Uhr MEZ) in Kraft getreten, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die Einstellung der Kämpfe gilt als Voraussetzung für das Funktionieren von Fluchtkorridoren in den umkämpften Städten. Ein Schwerpunkt ist die von Russland belagerte Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer. Dort warten nach Angaben des Roten Kreuzes 200.000 Menschen darauf, über verschiedene Routen aus der Stadt zu kommen.
In Mariupol handelt es sich um den inzwischen vierten Versuch, Menschen in Sicherheit zu bringen. Sie sollen mit Bussen und Autos herausgebracht werden. Dazu werden nach Angaben der ukrainischen Behörden auch Sammelpunkte in der Stadt eingerichtet. Vertreter der Ukraine und Russlands hatten bei einer dritten Verhandlungsrunde am Montag nach Angaben aus Kiew dazu Details vereinbart. (dpa)
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Wie kann man die Russen von der durchdringenden, ureigenen Schuld des Landes überzeugen? Ein Nachdenken über die Zeit nach dem ukrainischen Sieg. Das Essay des Schriftstellers Oleksandr Irwanez zum Krieg in der Ukraine lesen Sie hier.
Gesundheitsministerkonferenz berät über Ukraine-Hilfen
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen für ukrainische Kriegsflüchtlinge eine rasche und effektive medizinische Versorgung in Deutschland sicherstellen. Darauf hätten sich die Ressortchefs der Länder und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag in Berlin verständigt, teilte das sachsen-anhaltische Gesundheitsministerium als Vorsitzland der Fachministerkonferenz mit.
Bund und Länder bereiteten sich darauf vor, dass Deutschland Schwerverletzte versorgt, die intensivmedizinische Behandlung benötigen. Hinzu kämen aber auch ukrainische Patientinnen und Patienten, die verlegt werden müssen, weil ihr Krankenhaus zerbombt wurde und Flüchtlinge, die hier erkranken.
„Bund und Länder werden eine flächendeckende Struktur aufbauen, um die Not in der Ukraine und ihren Grenzregionen bestmöglich zu lindern und eine angemessene medizinische Versorgung von nach Deutschland Geflüchteten sicherzustellen“, heißt es in der am Montagabend verbreiteten Erklärung. Dazu gehörten die unbürokratische Lieferung von Arzneimitteln durch Hilfsorganisationen und die schnelle und unbürokratische Krankenversorgung von Geflüchteten, inklusive Test- und Impfangeboten.
Ferner wolle der Bund Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte, die sich freiwillig für den Dienst in der Ukraine melden, über Hilfsorganisationen anstellen und für deren Bezahlung und Absicherung sorgen, hieß es. Schwerkranke und Schwerverletzte aus der Ukraine sollen nach ihrer Ankunft in Deutschland auf das ganze Bundesgebiet verteilt werden. (epd)
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