+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Asyl für Deserteure gefordert
Friedensgruppen fordern Schutz für russische Verweigerer. Scholz warnt in UN-Rede vor „Schein-Lösungen“. Selenski wirft Russland Völkermord vor.
Friedensgruppen fordern Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer
Friedensgruppen fordern einen besseren Schutz und Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Nach einer Studie des unabhängigen Analyse-Netzwerks “RE: Russia“ hätten seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine mindestens 250.000 militärdienstpflichtige Männer das Land verlassen, teilten die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden und der Verein Connection am Mittwoch in Bonn und Offenbach mit. Der größte Teil sei nach Kasachstan, Armenien, Serbien oder in die Türkei gegangen.
„In der Europäischen Union haben insgesamt wohl nur knapp 10.000 um Asyl nachgesucht“, erklärte Rudi Friedrich vom Verein Connection, der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure unterstützt. Sie müssten aber in vielen Fällen erleben, dass ihr Asylantrag abgelehnt wird. Auch in Deutschland werde der Großteil der russischen Verweigerer in den Asylverfahren abgewiesen, obwohl sich viele Politiker für ihren Schutz ausgesprochen hätten, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD), kritisierte Friedrich. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“
Eine Ablehnung bedeute immer die Gefahr, dass die Betroffenen am Ende abgeschoben würden, warnte Friedrich. „Dabei haben sich diese Flüchtlinge einem völkerrechtswidrigen Krieg entzogen und müssen bei einer zwangsweisen Rückkehr sehr wohl damit rechnen, unverzüglich rekrutiert zu werden.“ Bekannt geworden seien auch Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen wegen Nichtbefolgung der Einberufung. (epd)
Bulgarien will Import von Sonnenblumenkernen aus Ukraine aussetzen
Nach Protesten von Landwirten hat Bulgariens Regierung einen vorübergehenden Importstopp für Sonnenblumenkerne aus der Ukraine vereinbart. Dadurch solle der Verkauf der Produktion der bulgarischen Landwirte unterstützt werden, sagte Ministerpräsident Nikolaj Denkow am Mittwoch. Der Vertreter der seit Montag protestierenden Landwirte, Ilija Prodanow, bestätigte am Mittwoch im Fernsehsender bTV die Vereinbarung mit der Regierung vom Dienstagabend.
Die Importe von Sonnenblumenkernen aus der Ukraine sollen danach solange gestoppt werden, bis Bulgarien und die Ukraine entsprechende Importquoten festgelegt haben. Die bulgarischen Getreideerzeuger fordern zudem einen Importstopp für Weizen, Mais und Raps aus der Ukraine, da sie die ukrainische Konkurrenz fürchten. Diesbezüglich soll laut Vereinbarung ein Treffen zwischen der EU-Kommission und der Ukraine abgewartet werden.
Auch Polen droht der Ukraine im Streit um Getreideeinfuhren mit weiteren Importverboten für Agrargüter. „Ich warne die ukrainischen Behörden“, sagt der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dem Sender Polsat News. Sollten sie den Konflikt eskalieren, könne Polen Einfuhrverbote für weitere Produkte verhängen. (dpa/rtr)
Scholz warnt bei UNO-Rede vor Schein-Frieden in der Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor den Vereinten Nationen vor „Schein-Lösungen“ bei der Suche nach Frieden in der Ukraine gewarnt. „Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung“, sagte Scholz am Dienstagabend (Ortszeit) bei der UN-Generaldebatte in New York. „Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat. Das muss nun endlich auch Moskau verstehen.“
Scholz sagte, die Ukrainerinnen und Ukrainer würden „um ihr Leben und ihre Freiheit kämpfen, um die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität ihres Landes, um die Wahrung genau der Prinzipien, denen wir alle uns in der UN-Charta verpflichtet haben“. Der russische Angriffskrieg stürze aber nicht nur die Ukraine in großes Leid, fügte Scholz hinzu. „Unter Inflation, wachsender Verschuldung, Düngemittelknappheit, Hunger und steigender Armut leiden Bürgerinnen und Bürger weltweit.“
„Weil dieser Krieg unerträgliche Folgen rund um den Globus hat, ist es gut und richtig, dass sich die Welt auch an der Suche nach Frieden beteiligt“, sagte Scholz weiter. „Und zugleich müssen wir uns vor Schein-Lösungen hüten, die ‚Frieden‘ lediglich im Namen tragen.“ Russland sei für diesen Krieg verantwortlich. „Und es ist Russlands Präsident (Wladimir Putin), der ihn mit einem einzigen Befehl jederzeit beenden kann.“
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine überschattet wie bereits im vergangenen Jahr die Generaldebatte der UN-Vollversammlung, bei der auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Ort eine Rede hielt. Derzeit zeichnet sich inmitten anhaltend heftiger Gefechte zwischen russischen und ukrainischen Truppen keine diplomatische Lösung ab. (afp)
Ukraine und Russland melden wechselseitig Drohnenangriffe
Auch in der Nacht zu Mittwoch ist die Ukraine nach Angaben ihres Militärs von Russland mit Drohnen angegriffen worden. 17 von 24 der unbemannten Fluggeräte seien abgeschossen worden, teilt der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte mit.
In der zentralukrainischen Region Poltawa ist nach Angaben von Gouverneur Dmytro Lunin auf dem Gelände der Ölraffinerie Krementschuk nach einem russischen Drohnenangriff ein Feuer ausgebrochen. Der Betrieb sei vorübergehend eingestellt worden. Informationen zu möglichen Opfern lägen nicht vor.
In der Schwarzmeerstadt Sotschi ist nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA in der Nähe des Flughafens und unweit eines Öllagers ein Feuer ausgebrochen. Die Brandursache ist unklar. Der russische Nachrichtensender „Marsh“ veröffentlicht auf Telegram ein Video, das eine große Rauchsäule über der Stadt zeigt. Vor dem Ausbruch des Feuers seien Explosionen zu hören gewesen. (rtr)
Selenski schwört UNO auf gemeinsames Vorgehen gegen Russland ein
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei der UN-Generaldebatte versucht, die Weltgemeinschaft auf ein geschlossenes Vorgehen gegen Russland einzuschwören. Selenskyj sagte am Dienstag bei seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York, Russland stelle auch eine Gefahr für andere Länder dar – und ein Sieg der Ukraine würde auch anderen Staaten nutzen.
Selenskyj griff Russland bei seinem ersten persönlichen Auftritt vor der UN-Vollversammlung seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 scharf an. Moskau begehe mit der Verschleppung zahlreicher Kinder aus der Ukraine einen „Völkermord“ und nutze Lebensmittel und Energie als „Waffen“, sagte der Präsident, der wie üblich keinen Anzug, sondern Kleidung in olivgrünen Tarnfarben trug.
„Viele Sitze im Saal der Vollversammlung könnten leer, leer werden, wenn Russland mit seiner Heimtücke und seiner Aggression erfolgreich ist“, warnte Selenskyj an die Adresse der Vertreter der 193 UN-Mitgliedstaaten. Zugleich sagte der Präsident, ein Sieg seines Landes im Verteidigungskrieg gegen Russland wäre ein wichtiges Signal: „Zum ersten Mal in der modernen Geschichte haben wir die Chance, eine Aggression zu den Bedingungen des Landes zu beenden, das angegriffen wurde.“
Das sei eine „echte Chance für jedes Land“, das womöglich in Zukunft angegriffen werden könnte: Dass der Krieg nicht mit der Spaltung, sondern mit der vollständigen Wiederherstellung des Territoriums und der Souveränität des angegriffenen Staates ende.
Vor Selenskyj hatte bereits US-Präsident Joe Biden am ersten Tag der UN-Generaldebatte zu weiterem Beistand für die Ukraine aufgerufen. Die UNO müsse die „blanke Aggression“ Russlands in der Ukraine stoppen, um künftige Aggressoren abzuschrecken. (afp)
Irans Präsident kritisiert USA
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat in einer Rede während der UN-Generaldebatte in New York den USA vorgeworfen, im Krieg in der Ukraine „Öl ins Feuer“ zu gießen. Die USA schürten Spannungen und Gewalt, „um die europäischen Länder zu schwächen“, sagte Raisi am Dienstag bei der UNO. Dies sei ein langfristiger Plan, fügte er hinzu.
Der Westen wirft dem Iran vor, seinem Verbündeten Russland für den Krieg in der Ukraine Drohnen zu liefern. Raisi sagte am Dienstag hingegen, der Iran unterstütze „jede Initiative zur Beendigung der Kämpfe (…) sowie jede politische Maßnahme zu diesem Zweck“. Er betonte, dass der Iran „keinen Krieg unterstützt, nirgends, weder in Europa noch anderswo“. (afp)
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