+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Strack-Zimmermann kritisiert Scholz
Die FDP-Politikerin nennt die Kommunikation des Kanzlers in der Leopard-Frage eine „Katastrophe“. Die baltischen Staaten fordern eine sofortige Lieferung.
„Deutschland hat leider gerade versagt“
Die weiter vertagte Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine hat zu harscher Kritik selbst innerhalb der Ampelkoalition geführt. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte am Freitagabend im ZDF-„heute journal“: „Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt.“
Die Kommunikation insbesondere von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in dieser Frage sei eine „Katastrophe“, denn einerseits unterstütze Deutschland die Ukraine massiv, durch die ausbleibende Entscheidung bei den Kampfpanzern entstehe aber ein anderer Eindruck. Scholz bleibe Erklärungen dafür schuldig. (dpa)
Lindner fordert von Pistorius Prüfung weiterer Ukraine-Hilfe
Angesichts der vertagten Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine hat Bundesfinanzminister Christian Lindner Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zur Prüfung weiterer deutscher Hilfen aufgerufen. Pistorius (SPD) habe seine volle Unterstützung als Finanzminister, sagte der FDP-Politiker am Samstag beim Landesparteitag der NRW-FDP in Bielefeld. „Ein neuer Verteidigungsminister ist aber auch eine neue Gelegenheit Deutschlands, zu prüfen, was wir noch tun können, um der Ukraine in ihrem Kampf um Frieden und Freiheit zur Seite zu stehen.“ Lindner sagte aber nicht konkret, welche Hilfen er meinte.
Die Tapferkeit der Menschen in der Ukraine, die ihre Freiheit verteidigten, aber auch „all die Werte, die uns heilig sind“, sei beeindruckend, sagte Lindner. Diese Tapferkeit müsse der Maßstab sein, „an dem wir uns messen müssen“. (dpa)
Baltische Länder fordern sofortige Leopard-Lieferung
Die Außenminister der baltischen Staaten haben Deutschland zur sofortigen Unterstützung der Ukraine mit Leopard-Kampfpanzern aufgerufen. „Wir, die Außenminister von Lettland, Estland und Litauen, fordern Deutschland auf, sofort Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern“, schrieb der lettische Chef-Diplomat Edgars Rinkevics am Samstag im Onlinedienst Twitter. Dies sei „notwendig, um die russische Aggression zu stoppen, der Ukraine zu helfen und den Frieden in Europa schnell wiederherzustellen“.
„Deutschland als mächtigster Staat Europas hat in dieser Hinsicht eine besondere Verantwortung“, fügte Rinkevics hinzu. (afp)
Soldaten werden an Leopard-Panzern in Polen ausgebildet
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hat die Ausbildung ukrainischer Soldaten an deutschen Leopard-Kampfpanzern in Polen angekündigt. „Länder, die bereits über Leopard-Panzer verfügen, können mit Ausbildungseinsätzen für unsere Panzerbesatzungen beginnen“, sagte Resnikow dem staatlichen US-Auslandssender Voice of America (VOA). Die Gespräche über die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine gingen indes weiter, auch mit dem neuen deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Mit Blick auf die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Leopard-Panzern sagte Resnikow: „Wir werden damit beginnen und von dort aus weitermachen.“ Er hoffe, dass Deutschland nach „internen Beratungen“ entscheiden werde, die Panzer zu exportieren. Er sei in dieser Hinsicht „optimistisch“, der „erste Schritt“ sei mit der Leopard-Ausbildung ukrainischer Soldaten getan. (afp)
Treibstoffwaggons in Sibirien bei Brand vernichtet
Bei einem Großfeuer in der sibirischen Großstadt Angarsk sind nach offiziellen Angaben drei Eisenbahnwaggons mit Treibstoff und ein Benzinlaster zerstört worden. Der Brand sei vorläufigen Informationen nach während des Betankens ausgebrochen, als wahrscheinlichste Ursache gelte ein Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen, teilte der regionale Zivilschutz am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Über Tote und Verletzte gibt es keine Angaben. Aus der Ukraine hieß es derweil, der Kraftstoff sei für das russische Militär gedacht gewesen.
Die Anzahl der Brände und technischen Katastrophen in Russland ist seit Kriegsbeginn auffallend hoch. In der im Baikalgebiet Irkutsk liegenden Großstadt Angarsk beispielsweise sind Mitte Dezember bei einer Explosion in einer der größten Raffinerien Russlands zwei Menschen ums Leben gekommen und fünf verletzt worden. Immer wieder ist daher auch von Sabotage die Rede. (dpa)
Selenski fordert Nahrungsexporte
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat ein Ende anhaltender Behinderungen von Nahrungsexporten aus seinem Land über den Seeweg gefordert. Mehr als 100 Schiffe mit Lebensmitteln reihten sich gerade in der Nähe des Bosporus aneinander, sagte er in einer Videobotschaft bei einer internationalen Agrarministerkonferenz am Samstag in Berlin. Sie säßen wochenlang fest, weil russische Vertreter vorgesehene Inspektionen blockierten.
Dies bedeute höhere Preise für Europa, machte Selenski in seiner Botschaft für die Konferenz unter Vorsitz von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) deutlich. Für Asien bedeute es eine wachsende Gefahr sozialer Instabilität und für Länder in Afrika wie Äthiopien oder Sudan leere Esstische für Tausende Familien. Der Präsident unterstrich, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs weiter Lebensmittel für die Welt bereitstellen wolle. Trotz fortgesetzter russischer Raketenangriffe auf die Infrastruktur und brutaler Kämpfe in Regionen, die extrem wichtig für die Landwirtschaft seien, bestellten die Bauern weiter die Felder.
Russland hat derweil dementiert, ukrainische Getreideschiffe zu blockieren. „Derzeit stehen 64 Schiffe auf Reede in den ukrainischen Häfen und den Inspektionszonen. Die Reihenfolge ihrer Überprüfung wird von der ukrainischen Seite festgelegt, russische Vertreter haben darauf gar keinen Einfluss“, teilte das russische Außenministerium am Samstag in einer Pressemitteilung mit. Dass bei Istanbul noch Dutzende Schiffe auf eine Zulassung für eine Einfahrt in die ukrainischen Häfen warten, nennt Moskau einen „künstlichen Stau“. „Es ist offensichtlich, dass sich Kiew allein von selbstsüchtigen Zielen leiten lässt, „mehr und schneller“ zu verkaufen und dabei die festgelegte Reihenfolge der Arbeiten vernachlässigt“, klagte Moskau. (dpa)
Ankara lädt schwedischen Verteidigungsminister aus
Die türkische Regierung hat einen für nächsten Freitag geplanten Besuch des schwedischen Verteidigungsministers Pål Jonson in Ankara abgesagt. Hintergrund sind für diesen Samstag geplante Proteste in Stockholm, bei denen auch ein Koran verbrannt werden sollte. Schweden habe es versäumt, gegen „widerliche“ antitürkische Proteste auf seinem Boden vorzugehen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu den türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar.
Ankara ist verärgert darüber, dass die schwedische Regierung eine für Samstag geplante Demonstration des aus Dänemark stammenden Rechtsextremisten Rasmus Paludan vor der türkischen Botschaft in Stockholm zugelassen hat. Dieser hatte angekündigt, dass er dabei ein Exemplar des Korans, des heiligen Buchs des Islams, verbrennen wolle. Am Samstag wurden auch mehrere prokurdische und protürkische Demonstrationen in Stockholm erwartet.
Schweden will erreichen, dass die Türkei den Nato-Beitritt des Landes nicht länger blockiert. Schweden und das benachbarte Finnland hatten die Mitgliedschaft im Mai 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beantragt. Alle 30 Nato-Mitglieder müssen die Anträge ratifizieren. Die Türkei wirft Schweden unter anderem Unterstützung von „Terrororganisationen“ vor und fordert die Auslieferung etlicher Personen, die Ankara als Terroristen betrachtet. (dpa)
London: Derzeit herrscht Patt bei Krieg in der Ukraine
Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine herrscht nach britischer Einschätzung derzeit ein militärisches Patt. „Der Konflikt befindet sich insgesamt in einer Sackgasse, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag mit. „Es besteht jedoch eine realistische Möglichkeit lokaler russischer Vorstöße um Bachmut.“ Die Stadt im ostukrainischen Gebiet Donezk steht seit Monaten im Mittelpunkt der Gefechte.
Vor allem an drei Frontabschnitten werde heftig gekämpft, hieß es in London unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Russische Einheiten, sowohl des regulären Militärs als auch der Privatarmee Wagner, würden sich in der kürzlich eroberten Kleinstadt Soledar nördlich von Bachmut neu aufstellen. Ebenfalls im Osten hätten ukrainische Truppen nahe der Stadt Kreminna im Gebiet Luhansk kleinere Gewinne gemacht. Im Süden hätten beide Seiten im Gebiet Saporischschja erhebliche Kräfte zusammengezogen. Es komme zu Artilleriegefechten und kleineren Zusammenstößen, bisher gebe es aber keine größere Offensive. (dpa)
Früherer US Navy Seal in der Ukraine getötet
Bei den Kämpfen in der Ukraine ist ein weiterer US-Bürger ums Leben gekommen. Das frühere Mitglied der Spezialeinheit Navy Seals sei Verletzungen erlegen, die er in Dnipro erlitten habe, teilten US-Regierungsvertreter am Freitag mit. Er habe nicht in einer offiziellen Funktion gekämpft. Weitere Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt. Das US-Außenministerium erklärte, es könne nur den kürzlichen Tod eines US-Bürgers in der Ukraine bestätigen und stehe in Kontakt zur Familie des Mannes.
Nach Angaben der Navy war der Mann Unteroffizier und entfernte sich 2019 unerlaubt von der Truppe. Laut einem Eintrag auf der Amazon-Webseite war er Vater von vier Kindern, schrieb er ein Buch und wurde als Angehöriger der Navy Seals unter anderem im Irak, Afghanistan und im Jemen eingesetzt. Die Navy erklärte, sie könne nicht sagen, warum er in die Ukraine ging. Nach Angaben des US-Außenministeriums und laut Berichten von Angehörigen ist er der sechste US-Bürger, der bei Kämpfen in der Ukraine getötet wurde. (ap)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe