Studie von Ökonomin Claudia Kemfert: Klimaschutz zahlt sich richtig aus
Jeder Euro, der in Schritte gegen die Klimakrise fließt, bringt der Volkswirtschaft zwischen 1,8 und 4,8 Euro. Das zeigt eine Studie des DIW Berlin.
Dass Klimaschutz nicht nur aus ökologischen, sondern auch ökonomischen Gründen erforderlich ist, mag denen, die mit dem Thema vertraut sind, als selbstverständlich erscheinen. In der Politik ist es das nicht. So begründen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) das geplante Ausbremsen der Energiewende mit zu hohen Kosten. „Das können wir uns nicht leisten, so weiterzumachen wie bisher“, sagte Merz vergangene Woche bei einem Kongress.
Doch die Energiewende und andere Klimaschutzmaßnahmen nicht weiterzuführen, kann sich Deutschland erst recht nicht leisten. „Unsere Studie zeigt: Klimaschutz spart Milliarden – Reiches Kurs der Verzögerung treibt die Kosten in die Höhe“, sagte Kemfert der taz.
Die Wissenschaftlerin hat Schäden durch Extremwetterereignisse und frühe Untersuchungen zu den ökonomischen Folgen der Erderwärmung analysiert. Das Ergebnis: Die Prognosen der Klimafolgenforschung haben sich bestätigt, die Erderwärmung verursacht etwa durch Überschwemmungen, Dürren und andere Extremwetterereignisse gigantische Schäden. In der EU lagen die Kosten durch klimabedingte Extremwetter von 1980 bis 2023 bei 738 Milliarden Euro – Tendenz steigend.
Erneuerbare Energien drücken Kosten
In Deutschland betragen die seit 2000 entstandenen Klimakosten mehr als 145 Milliarden Euro, davon 80 Milliarden seit 2018. Allein die Flutkatastrophe im Ahrtal verursachte Schäden in Höhe von 30 Milliarden Euro. Für die Zeit von 2022 bis 2050 gehen Studien je nach Klimawandelszenario von Belastungen zwischen 280 bis 900 Milliarden Euro aus.
Abzuschätzen, welche volkswirtschaftliche Wirkung Klimaschutz hat, ist schwieriger, als Schäden zu beziffern. Viele Effekte müssen berücksichtigt werden. Forscher:innen verwenden drei Messgrößen: vermiedene Brennstoffkosten, weniger Gesundheitsbelastungen durch bessere Luft und verringerte volkswirtschaftliche Ausgaben durch eine gesunkene Importabhängigkeit von fossilen Energien
Bei allen drei Größen zeigen sich positive Folgen durch Klimaschutzmaßnahmen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wirkt wie ein Kostendrücker. „Für Europa senkte der zusätzliche Ausbau von Wind- und Photovoltaikanlagen in den Jahren 2021 bis 2023 die Kosten der Stromversorgung um rund 100 Milliarden Euro“, so Kemfert.
In Deutschland überstiegen die eingesparten Brennstoffkosten die Ausgaben für die Förderung der Erneuerbaren im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) deutlich. Die Einsparungen durch nicht nötige Gas-, Kohle- und Ölimporte liegen im zweistelligen Milliardenbereich. Die nicht zu Buche schlagenden Gesundheitskosten durch weniger Behandlungen etwa von Atemwegs- oder Herzerkrankungen liegen jährlich bei 8 bis 12 Milliarden Euro.
Dass sich Investitionen in den Klimaschutz lohnen, zeigt auch eine Analyse des Beratungshauses PwC, auf die Kemfert verweist. Würde der Klimaschutz in Deutschland verstärkt, etwa mit mehr Investitionen in Erneuerbare, würden bis 2050 Kosten von 13,2 Billionen Euro entstehen. Bei einem Weiter-so-Szenario sind es 13,3 Billionen Euro.
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