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Vor der Abstimmung zum SondervermögenBefreiungsschlag in Sicht

Das Finanzpaket der künftigen Bundesregierung wird die Konjunktur beleben und dazu beitragen, dass der Standort nicht weiter verfällt, sagen Ökonomen.

Baustelle Deutschland: Ein hoher Schuldenberg könnte den Standort retten. Wenn die nötige Mehrheit zustande kommt Foto: Christophe Gateau/dpa

Die Konjunkturflaute in Deutschland hält an, aber dank der in Aussicht stehenden Investitionen ist Licht am Ende des Tunnels. Die wirtschaftliche Schwäche setze sich im März fort, teilte das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium am Montag in seinem Monatsbericht mit. Allerdings: Von den derzeit diskutierten Vorhaben der künftigen Regierung könnten „stabilisierende Erwartungseffekte und zunehmende Planungssicherheit für private Haushalte und die Wirtschaft ausgehen“.

An diesem Dienstag stimmt der Bundestag über das Finanzpaket der künftigen Bundesregierung ab. Dabei geht es neben der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben um die Einrichtung eines kreditfinanzierten „Sondervermögens“ in Höhe von 500 Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität finanziert werden.

Damit stehen erhebliche Gelder für öffentliche Investitionen zur Verfügung. Deren Ausbleiben wird von Ökonomen auch als Grund für die schwache Konjunktur in Deutschland gesehen. Die Baubranche etwa liegt am Boden. Investierte der Staat etwa in großem Stil in den sozialen Wohnungsbau, würde die Baukonjunktur anspringen.

Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre in Folge geschrumpft, für 2025 erwarten Wirtschaftsinstitute keine Trendwende. Die geringe Nachfrage, die sprunghafte Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump und der Ukrainekrieg sorgen für Unsicherheit.

Es wird Zeit brauchen

Das Essener RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung geht in seiner aktuellen Konjunkturprognose von einem weiteren Rezessionsjahr aus. Das Münchener Ifo-Institut hat in seiner Wirtschaftsprognose am Montag die Wachstumserwartungen für dieses Jahr von 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 0,2 Prozent gesenkt. „Die deutsche Wirtschaft steckt fest“, sagt Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo-Konjunkturprognosen.

Mit dem Investitionsprogramm dürfte sich die Lage zumindest mittelfristig ändern. Der Investitionsstau in Deutschland ist enorm, wie marode Brücken, baufällige Schulen und Kliniken, kaputte Schienen oder die fehlende Digitalisierung etwa in der staatlichen Verwaltung zeigen. Außerdem sind hohe Investitionen nötig, um das Ziel der Klimaneutralität 2045 zu erreichen. Dazu müssen etwa die Stromnetze ausgebaut werden.

Mittel- bis langfristig könnte es aber zum dringend benötigten Befreiungsschlag für die deutsche Wirtschaft werden und zusammen mit Strukturreformen das Wachstumspotenzial erhöhen.

Michael Hüther, Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft

Für das laufende Jahr werden die neuen Investitionsspielräume von Bund, Ländern und Kommunen allerdings wenig Auswirkungen haben. Denn es wird einige Zeit brauchen, bis die zur Verfügung stehenden Mittel auf den Weg gebracht werden, erwartet der Ökonom Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Für 2026 dürften dagegen bereits in größerem Umfang Mehrausgaben wachstumswirksam werden“, erwartet er.

Dullien geht davon aus, dass 2026 das Wirtschaftswachstum um gut 1,5 Prozent wachsen dürfte. „Wenn tatsächlich nun die öffentlichen Investitionen über die kommenden zehn Jahre um 500 Milliarden Euro erhöht werden, könnte das die deutsche Wirtschaftsleistung bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus spürbar erhöhen“, sagt er.

Nur ein Strohfeuer?

Das sieht das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ähnlich. „Mittel- bis langfristig könnte es zum dringend benötigten Befreiungsschlag für die deutsche Wirtschaft werden und zusammen mit Strukturreformen das Wachstumspotenzial erhöhen“, schätzt IW-Direktor Michael Hüther. Der Standort verfalle, weil der Staat über Jahre zu wenig investiert habe. „Jetzt bietet sich die Chance zur konjunkturellen Trendwende“, sagt er. „­Vorausgesetzt, Union und SPD erliegen nicht der Versuchung, die freigewordenen Mittel für Soziales umzuwidmen.“

Grundsätzliche Kritik kommt von der Ökonomin Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft. Sie befürchtet eine Schuldenkrise in der EU und dass die Investitionen nur ein „Strohfeuer“ auslösen würden. Nach ihrer Einschätzung könnte die Wirtschaft in den Jahren 2026 und 2027 zwar um 0,6 oder 0,7 Prozent wachsen. Aber ohne Strukturreformen werde das Produktionspotenzial nicht steigen, außerdem drohe die Inflation zuzunehmen. Unter Strukturreformen versteht Grimm herbe Einschnitte bei Leistungen des Staates, etwa der Rente.

Die Summe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur erscheint gigantisch. Aber der tatsächliche Modernisierungsstau dürfte damit nicht komplett aufgelöst werden. Denn der Bedarf ist höher, wie Studien zeigen. Nach Berechnungen etwa der Denkfabrik „Dezernat Zukunft“ sind bis 2030 insgesamt 782 Milliarden Euro erforderlich.

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13 Kommentare

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  • Es ist doch schon bezeichnend, wie sich die Parlamentarier gegenseitig ihr gemeinsames Versagen in ihrer Regierungs"arbeit", der letzten Jahre/Jahrzehnte bestätigen.



    Einfach krass - wie hier unsere Demokratie, vor unser aller Augen & Ohren - von den sich durch uns legitimieren Parlamentariern, missbraucht wurde und wird. Auch wenn es sich nur die " repräsentative Demokratie " handelt.



    Sehr traurig mitanzusehen !

  • Es muss jetzt etwas passieren und nicht erst dann, wenn man auch noch die Linke und die AfD auf eine gemeinsame Linie gebracht hat. Das Risiko, im neuen Bundestag keine ausreichende Mehrheit zu bekommen ist definitiv zu hoch. Das haben die führenden Akteure der SPD, der Union und der Grünen zum Glück erkannt.

  • An einer Stelle kommt im Leben jedes überschuldeten Bankrotteurs der Punkt, an dem die letzte Chance, seine Schulden jemals loszuwerden, endgültig vertan ist. Ab da kann er tun, was er will, sie können und werden nur noch wachsen. Von da an bis zum vom außen sichtbaren endgültigen Zusammenbrauch mag es eine ganze Weile dauern, der Prozeß ist aber von nun an unumkehrbar.



    Staatsbankrotte sind nichts neues und nicht einmal etwas in der Zeitrechnung der Weltgeschichte besonders seltenes. Der nächste deutsche zeichnet sich schon länger ab, wird aber jetzt gerade abschließend eingeleitet.



    Was bedeutet denn der zweifellos vorhandene Investitionsstau trotz eines in Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen, auch nach allen Korrekturen und Bereinigungen, nie dagewesenen Einnahmemaximums? Ganz offenbar wurden seit Jahrzehnten alle nötigen Reparatur-, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen zugunsten ungehemmten Konsums vernachlässigt. Solange dieser Konsum unaufgehalten weiter wächst, ist die Zukunft besiegelt.

  • "Das Finanzpaket der künftigen Bundesregierung wird die Konjunktur beleben und dazu beitragen, dass der Standort nicht weiter verfällt, sagen Ökonomen."



    Das scheinen sehr spezielle Ökonomen zu sein, in den anderen Tageszeitungen sind sie nicht so optimistisch. Und alle sagen unisono vor allem eines:



    Zahlen wird es "der kleine Mann" über eine erheblich steigende Inflation

  • Die wirtschaftliche Schwäche setze sich im Merz fort? 😂

  • Ich staune, dass fast allen die Art und Weise am Allerwertesten vorbei geht (wir brauchen uns über Trump nicht beschweren, so wie das bei uns gehandhabt wird):



    - der Wählerwille wird ignoriert und ein abgewähltes Parlament stimmt ab



    - würden Amazon, Google, Netflix und wie die Steuervermeider alle heißen, hier angemessene Steuern zahlen, wäre ein Sondervermögen nicht von Nöten



    - würden die Erbschaftssteuer, Transaktionssteuer usw. endlich geändert bzw. eingeführt, auch dann wäre kein Sondervermögen von Nöten



    - würde der Staat nicht so viel Geld verschwenden , wie z.B. bei Corona, der Maut, der Flugbereitschaft, bei Cum-Ex, ..., dann wäre kein Sondervermögen ....



    - würde der Staat offene Steuerzahlungen eintreiben, dann ...

    Wo bleibt der Protest gegen den unnötigen Schuldenmacher ?

    • @Andreas Braun:

      Wir leben (für mein Empfinden glücklicherweise) in einer repräsentativen Demokratie, in der der Wählerwille über die Zusammensetzung des zukünftigen Bundestags entscheidet und nicht den alten abwählt oder über die Finanzpolitik entscheidet.



      Die Änderung des Grundgesetzes zwingt außerdem nicht zum Geld ausgeben, sondern ermöglicht es. Man kann darüber natürlich geteilter Meinung sein, aber wenn ich die derzeitige Entwicklung in der USA betrachte, dann ist es gut sich gegen die Blockadestrategie der Drump- und Butin-Sekte im Bundestag zu wappnen.



      Die Schuldenbremse ist ja ein bisschen wie das Sparschwein zur Unterstützung des Nikotinverzichts, denn wer zwingt uns einen Kredit aufzunehmen, nur weil die Sparkasse uns einen anbietet?



      Zu erwarten, dass ein Staat wie ein „schwäbischer Hausmann“ haushaltet ist lächerlich und ihn mit einer Schuldenbremse dazu zu zwingen einfach unverantwortlich. Auch die zukünftige Generation profitiert ja erheblich von den Investitionen, die wir heute tätigen - wenn es die richtigen sind.

    • @Andreas Braun:

      Der Wählerwille richtete sich gegen eine halbwegs progressive Regierung die endlich mal etwas in Angriff genommen hat - wie gut oder schlecht steht auf einem anderen Blatt ... und diesbezüglich muss man nun nicht mit weiteren Progressiven Ideen kommen. Erbschaftsteuer, Transaktionssteuer usw. hat sich die Mehrzahl der Wähler auch nicht gewünscht ... ;)

      • @EDL:

        Ich glaube kaum, dass die Mehrheit der Wählenden etwas gegen die Besteuerung von Amazon oder Erbschaften ab einem bestimmten Freibetrag oder großer Vermögen hat.

        Es fiel den Besitzenden aber relativ leicht, die Armen gegen die Nochärmeren aufzuhetzen, da haben Sie Recht.

        • @Stavros:

          Mit der Besteuerung von multinationalen Konzernen hat D wenig zu tun und kann da auch nicht viel machen, da diese Konzerne ihren Firmensitz meist gar nicht in D haben (sondern z.B. im Fall "Amazon" in Luxemburg) und dies daher in die EU-Gesetzgebung fällt. Dort wird seit vielen Jahren versucht ein Gerichtsurteil zu erwirken welches dazu führt zumindest einen angemessenen Anteil an Steuern einzutreiben - mit mäßigen Erfolg. Die Phrase "Reiche besteuern" mit Blick auf den deutschen Haushalt ist in diesem Fall aber nur eine Nebenkerze.

    • @Andreas Braun:

      Würde man all dies tun was sie sagen, würden deutsche Firmen und Spitzenfachkräfte noch mehr ins Ausland abwandern, was ja heute schon im Wochenrhythmus der Fall ist. Dann passiert das Gegenteil von dem was sie wollen.

    • @Andreas Braun:

      Mich erstaunt vielmehr die unglaubliche Hartnäckigkeit, mit der Sie behaupten, dass wir "fast alle" politische Ignoranten seien und dass zugleich der sagenhafte "Wählerwille" ignoriert werde. Welche 'Fakten' könnten denn diesen beiden



      - vielleicht sogar gutgemeinten - Prämissen zugrundegelegt werden?

  • Dass es jetzt Investitionen gibt, finde ich grundsätzlich gut. Wenn das auch zu wirtschaftlicher Belebung führt, umso besser. Keynesianismus ist ein oft vergessener Weg, um die Krisen des Kapitalismus auszugleichen.

    Ich bezweifle aber, dass besonders viel für den gesellschaftlichen Ausgleich und damit für den Zusammenhalt und öffentlich zugängliche Räume getan werden wird.

    Wohnungsbau wäre eine Möglichkeit, ein anderer, wieder mehr Räume nichtkommerzieller sozialer Begegnung in den Kommunen zu schaffen. Letztere wurden im großen Umfang geschlossen und / oder privatisiert (oft gegen Peanuts). Die absurde Ausmaße annehmende Vermögensungerechtigkeit anzugehen wäre eine weitere Maßnahme.

    Dies zusammen wären wirklich Anti-AfD Konjunkturprogramme.

    Beides ist aber nicht von den "groß"koalitionären Verhandelnden zu erwarten. Wenn es zu wirtschaftlicher Belebung kommt, werden die Begüterten profitieren. Der Rest wird vergessen und mit steigenden Lebenskosten konfrontiert sein.

    Gibt es dazu noch "Strukturreformen", haben wir wirklich ein Konjunkturprogramm für die AfD in ostdeutscher Größenordnung auf Bundesebene.

    Irgendwie scheint das niemanden zu interessieren.