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Wirtschaft in DeutschlandSicher ist nur der Abwärtstrend

Öko­no­m*in­nen blicken wegen Ampel-Aus und Trump pessimistisch in die Zukunft. Laut einer Umfrage wollen vier von zehn Unternehmen Stellen abbauen.

Stahlwerker von Thyssenkrupp protestieren am Mittwoch gegen die drohende Schließung ihres Werkes in Eichen, Kreuztal Foto: Jana Rodenbusch/reuters

Berlin taz | Donald Trumps erneute Wahl zum US-Präsidenten, die wachsende Konkurrenz aus China, hohe Energiepreise und das Ampel-Aus im Inland: All das hinterlässt zunehmend Bremsspuren in der deutschen Wirtschaft. Öko­no­m*in­nen blicken deswegen pessimistischer auf das jetzige sowie das kommende Jahr. „Wir sehen einen kritischen Mix aus konjunktureller Flaute und strukturellen Problemen“, sagt Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturchefin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Das DIW hat am Donnerstag eine neue Konjunkturprognose vorgelegt. Diese geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 0,2 Prozent zurückgehen wird – nachdem sie bereits im vergangenen Jahr leicht gesunken ist. Vor allem aber wird der Aufschwung auf sich warten lassen. Für das Jahr 2025 rechnen die Berliner Öko­no­m*in­nen lediglich mit einem Wachstum von 0,2 Prozent – und revidieren ihre Vorhersage von September damit um 0,7 Prozentpunkte deutlich nach unten.

Laut dem DIW ist vor allem die Unsicherheit im In- und Ausland für den voraussichtlichen Abwärtstrend verantwortlich. Durch das Ampel-Aus herrscht für die Unternehmen im Land Unklarheit, wie es wirtschaftspolitisch nach den Wahlen weitergeht. Sie dürften deshalb mit Investitionen erst mal vorsichtiger sein. Gleichzeitig drohen mit der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten neue Strafzölle.

Dies wird vor allem die bereits kriselnde, exportorientierte Industrie treffen. Denn die USA sind der wichtigste Abnehmer von Waren „Made in Germany“. Deutsche Firmen machten vergangenes Jahr mit Ausfuhren in die USA knapp 158 Milliarden Euro Umsatz, das ist rund jeder zehnte Export-Euro. Doch der Außenhandel läuft schon jetzt nicht mehr so rund wie in der Vergangenheit. „In die USA sanken zuletzt sowohl die Exporte von Kraftwagen und Kraftwagenteilen als auch von Maschinen ‚Made in Germany‘ spürbar“, schreibt das DIW in seiner Prognose. Auch insgesamt seien die deutschen Ausfuhren von Juli bis September im Vergleich zum Vorquartal um 1,8 Prozent „deutlich“ zurückgegangen.

Mehr Arbeitslose in 2025

Dies macht sich mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Nicht nur große Konzerne wie Volkswagen und Thyssenkrupp wollen Arbeitsplätze streichen. Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die die Öko­no­m*in­nen im November unter 2.000 Firmen durchführten, planen vier von zehn Unternehmen für nächstes Jahr einen Stellenabbau.

So hat die Zahl der Arbeitslosen im dritten Quartal dieses Jahres trotz des Fachkräftemangels bereits um 50.000 Personen zugenommen. Das DIW geht davon aus, dass im kommenden Jahr über 2,85 Millionen Personen ohne Job sein werden. Zum Vergleich: 2023 waren es rund 2,6 Millionen. Dass es nicht mehr so rund läuft, drückt bereits auf die Stimmung der Menschen. Die immer wieder nach unten korrigierten Prognosen und sich häufenden Meldungen von Massenentlassungen schürten „vermehrt Sorgen um einen möglichen Arbeitsplatzverlust“, schreibt das DIW.

Dies macht sich auch volkswirtschaftlich bemerkbar. Die jüngsten Lohnerhöhungen werden aufgrund der Zukunftssorgen lieber auf die hohe Kante gelegt, statt ausgegeben. Die sogenannte Sparquote, die angibt, wie viel die deutsche Bevölkerung im Schnitt von ihrem Einkommen spart, lag laut DIW zuletzt mit 11,8 Prozent sehr deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.

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1 Kommentar

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  • Für Deutschland ist diese Situation eigentlich nicht neu. Wir hatten das so ähnlich von 1973 bis 1986. Die Arbeitslosenquote erreichte ihre Höchststände jeweils ca. 2 Jahre nach den höchsten Zinsniveaus. Der Grund für die damaligen Verwerfungen war derselbe wie heute: Es gab Krieg und die Energiekosten stiegen. Gerettet hat uns die Wiedervereinigung, die für die nötige Ablenkung und für einen riesigen Absatzmarkt im eigenen Land sorgte. Dann platzte in den USA die Subprime-Krise und, nachdem sie in eine Eurokrise umgedeutet wurde, hatten wir plötzlich unverschämt niedrige Zinsen. Diese sorgten - natürlich - für einen kräftigen Aufschwung, da Kredite plötzlich unvorstellbar billig waren.

    Wir haben damals etwas entscheidendes versäumt: Wir haben die beginnende Digitalisierung aller Lebensbereiche und den Siegeszug des Internets anderen überlassen, hauptsächlich US-Firmen. Zwar hat das Fraunhofer Institut das mp3-Format entwickelt, eine Lüneburger Firma den Vorläufer von OpenOffice entwickelt, SAP Unternehmen digitalisiert, Siemens Halbleiter produziert, aber wir waren in Vielem zu langsam und zu träge und haben Chancen verpasst. Andere verdienten Geld, wir schauten zu. Wie jetzt!