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Etgar Keret über Boykotte und Literatur„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“

Die Logik des Kulturboykotts hat sich im europäischen Literaturbetrieb durchgesetzt. Auch er sei betroffen, sagt der israelische Autor Etgar Keret.

„Die Idee, israelische Künstler daran zu hindern, aufzutreten, entspricht der Logik von Erstklässlern“, sagt Etgar Keret Foto: Ofir Berman/NYT/Redux/laif
Interview von Chris Schinke

taz: Herr Keret, wir treffen Sie im Rahmen einer Lesereihe an den Münchner Kammerspielen, die sich der Situation in Israel nach dem 7. Oktober zuwendet. Wie stellt sich Ihnen die Lage heute dar?

Etgar Keret: Die Situation erinnert immer noch an „Täglich grüßt das Murmeltier“. Wir Israelis scheinen denselben Tag immer wieder aufs Neue zu erleben. Der 7. Oktober ist ein beispielloses Trauma. Das liegt daran, dass es das Ziel der Staatsgründung, die Raison d’Être unseres Landes war, einen sicheren Ort für Juden zu schaffen – und dann geschah hier das größte Pogrom. Die Diaspora schien plötzlich hier, in Israel selbst zu sein. Es fühlt sich wie das Ende eines Traumes an, der 75 Jahre dauerte und aus dem wir gerade erwachen. Gleichzeitig machten wir die Erfahrung, dass die Welt uns den Rücken zuzukehren scheint.

taz: Woher rührt diese Abkehr aus Ihrer Sicht?

Keret: Ich kann mir das damit erklären, dass der Krieg in Gaza mit seinen vielen toten Zivilisten dazu geführt hat, dass weltweit Leute wütend auf die israelische Regierung sind. Man sollte allerdings dazu sagen, dass die Reaktionen vieler in der Welt, etwa auch von führendem Personal der Vereinten Nationen von Anfang an nicht empathisch mit Israel war, und das Rückenzuwenden nicht erst mit Beginn des Krieges einsetzte. Das fehlende Mitgefühl in der Welt in Kombination mit unserer rechtsextremen Regierung ist eine gefährliche Mischung.

Im Interview: Etgar Keret

Etgar Keret wurde 1967 in Ramat Gan, Israel, als drittes Kind polnischer Eltern geboren, die beide die Shoah überlebt hatten.

Bekannt wurde er durch seine Short Storys. Er schreibt Romane und Drehbücher und hat an einigen Graphic Novels mitgearbeitet.

Neben Amos Oz ist Etgar Keret der meistübersetzte hebräische Autor. Im Mai wird im Aufbau Verlag seine neue Story-Sammlung „Starke Meinung zu brennenden Themen“ in der Übersetzung von Barbara Linner erscheinen.

taz: Erfahren Sie diese fehlende Empathie auch auf persönlicher Ebene?

Keret: Ich kann Ihnen so viel verraten: Dies hier ist erst das zweite Mal seit Kriegsbeginn, dass ich außerhalb Israels spreche. Für gewöhnlich bekomme ich pro Jahr 15 bis 20 Einladungen aus Ländern in Europa.

taz: Seit dem 7. Oktober werden Sie kaum mehr eingeladen?

Keret: Ja, so ist es, ich bekomme einfach keine Einladungen mehr. Vor Kurzem wurde sogar eine Veranstaltung mit mir gecancelt, bei der ich gemeinsam mit einem weltbekannten Autor auf einem Podium hätte sitzen sollen.

taz: Hatten die Veranstalter „Bedenken“?

Keret: Nein, mein weltbekannter Kollege hat die Veranstaltung mit mir abgesagt.

taz: Sie wollen uns vermutlich nicht verraten, wer dieser Kollege ist?

Keret: Nein, das mache ich natürlich nicht.

taz: Was war die Begründung für die Absage?

Keret: Wenn ich den Namen nicht verrate, dann tue ich das, weil es sich um eine Person handelt, die ich als Schriftsteller und auch als Mensch überaus schätze. Die Antwort auf meine Frage, warum wir nicht gemeinsam auftreten könnten, war: ‚Ich habe keinen Zweifel daran, dass unser gemeinsames Gespräch auf der Bühne in jeder Hinsicht interessant wäre, gerade in der Erörterung moralischer Fragen. Und es könnte auf konstruktive, Sinn stiftende Weise zur allgemeinen Verwirrung beitragen. Das wissen aber nur wir zwei. Für den Rest der Welt bliebe der Fakt stehen, dass ich mit einem Israeli auf der Bühne säße, während Israel den Gazastreifen bombardiert.‘

taz: Puh, von viel Integrität zeugt das nicht. Wie gehen Sie mit so einer Aussage um?

Keret: Wissen Sie, als Schriftsteller habe ich gelernt, mich mit dem Verhalten eines jeden Charakters identifizieren zu können, auch wenn mir dieses Verhalten nicht gefällt.

taz: Ärgert Sie diese Verdruckstheit nicht?

Keret: Es ist in der Tat ein sehr ängstliches Verhalten. Schauen Sie, wir erleben derzeit auch den durch Sally Rooney und andere voran gebrachten Boykott …

taz: Sie sprechen von einem offenen Brief vieler prominenter Schriftsteller, die dazu aufrufen, israelische kulturelle Einrichtungen und Institutionen zu boykottieren, weil sie sich „mitschuldig“ an der „erschütternden Unterdrückung der Palästinenser“ gemacht hätten.

Keret: Was Sally Rooney, Rachel Kushner und Co machen, liegt nicht so weit entfernt von der Kollaterallogik eines Benjamin Netanjahu. Weil die Hamas am 7. Oktober Israel angriff, lässt er Unschuldige bombardieren, darunter Frauen und Kinder. Die Logik der Sally Rooneys und Rachel Kushners dieser Welt lautet: Beenden wir den Krieg in Gaza, indem wir den Verleger von David Grossman boykottieren! Wenn David Grossman nicht mehr publiziert wird, wird der Krieg enden und wir retten die Bevölkerung von Gaza.

taz: Eine Logik, die der Aufmerksamkeitsökonomie sozialer Netzwerke entspricht.

Keret: Ich will damit sagen, dass diese Logik einer Faulheit entspringt, sich das eigentliche Ziel vorzunehmen. Man könnte stattdessen zum Boykott von Waffenexporteuren aufrufen. Weil man aber an sein eigentliches Ziel nicht herankommt, nimmt man sich ein naheliegendes vor und den Kollateralschaden bewusst in Kauf. Wir erleben gerade eine Dummheit, durch die Bank, quer durch alle politischen Zugehörigkeiten. Das sage ich als jemand, der 57 Jahre alt und ziemlich viel in der Welt herumgekommen ist. In der Vergangenheit war das anders. Angesichts bestimmter politischer Lagen schien immer eine Seite der Menschen glücklich und die andere unglücklich.

taz: Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Keret: Nehmen Sie die Wiederwahlen Netanjahus in der Vergangenheit oder meinetwegen auch die erste Wahl Trumps. Sie stürzten das linke und liberale Lager in den USA und Israel jeweils in Trauer. In jüngster Zeit aber hat sich etwas verändert, wir sehen eine Zuspitzung: Heute leben wir in einer Welt, in der jeder, egal aus welchem politischen Lager er stammt oder welche Geschichte ihn leitet, permanent das Gefühl hat, verarscht zu werden, den Kürzeren zu ziehen und zu verlieren. Befeuert wird dieses Gefühl durch die Algorithmen in den sozialen Netzwerken. Sie führen zu einer verzerrten Darstellung, bei der alle immer noch ex­tremer und aggressiver werden. Heute wähnen sich viele permanent im Überlebenskampf, im letzten Gefecht, als wäre es gerade die Schlacht von Alamo oder Masada.

taz: Als linksliberaler und dezidierter Kritiker der israelischen Regierung verorten Sie sich selbst eindeutig auf einer bestimmten Seite des politischen Spektrums.

Keret: Früher fühlte ich mich Menschen näher, die meine politischen Ansichten teilten, heute fühle ich mich jenen nahe, die sich – unabhängig von ihrer Parteipräferenz – ihre Menschlichkeit bewahrt haben. Wenn ich sehe, dass Menschen, die dieselben politischen Ansichten wie ich vertreten, Angehörige des anderen politischen Lagers auf der Straße bespucken, dann gehöre ich lieber den Menschen an, die nicht auf andere spucken. Werde ich heute als Israeli angegriffen, weiß ich nicht, was das bedeuten soll. Leute, die das tun, interessiert es nicht, ob ich ein Siedler bin, der Palästina am liebsten brennen sehen würde oder ob ich – was der Fall ist – mein Leben lang gegen die Regierung demonstriert habe. Bereits als junger Mann in der israelischen Armee habe ich in den Ferien meine Uniform ausgezogen und bin gegen die Besatzung demonstrieren gegangen. Das würde ich heute ganz genauso machen.

taz: Welche Gefahren sehen Sie im Augenblick, besonders für Ihre Heimat? Was wird die Zukunft bringen?

Keret: Ich sehe in Israel den Beginn von etwas, das mich an die politische Lage in Iran erinnert. Ich sage bewusst nicht an europäische Länder wie Polen und Ungarn, auch wenn Netanjahu gerne mit Viktor Orbán zusammensitzt. Die Kräfte, die Israel zerstören wollen, sind religiös, messianisch, fundamentalistisch. Sie sind daher den iranischen Verhältnissen viel näher als sie es den europäischen je sein könnten. Wir haben eine Regierung, die versucht, jede demokratische Bindung des Staates zu demontieren.

taz: Die Kulturboykotte, über die wir sprachen, werden die missliche Lage im Land sicher nicht ändern. Was schlagen Sie als Alternative vor?

Keret: Jede Organisation oder Partei, die sich als tatsächlicher Freund Israels oder der Palästinenser versteht, sollte die Regierung Netanjahu zwingen, das zu tun, was jede demokratisch gewählte Partei längst getan hätte – eine Untersuchungskommission zuzulassen. Und damit verbunden, Neuwahlen. Sie wären nach dem Massaker vom 7. Oktober und mit dem politischen Versagen, das zu ihm geführt hat, das einzig Konsequente. Anstelle der deutschen Regierung würde ich gegenüber Netanjahu sagen: Wir unterstützen euch keine Sekunde mehr, ehe ihr nicht eine Untersuchungskommission gegründet habt, denn das sieht die israelische Gesetzgebung vor. Die Idee, israelische Schriftsteller oder Filmemacher daran zu hindern, international aufzutreten, entspricht dagegen der Logik von Erstklässlern.

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17 Kommentare

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  • 'Ich will damit sagen, dass diese Logik einer Faulheit entspringt, sich das eigentliche Ziel vorzunehmen. Man könnte stattdessen zum Boykott von Waffenexporteuren aufrufen. Weil man aber an sein eigentliches Ziel nicht herankommt, nimmt man sich ein naheliegendes vor und den Kollateralschaden bewusst in Kauf'

    Faulheit würde ich hier nicht unterstellen, eher Hilflosigkeit. Die Wirkungslogik von Boykotten liegt ja im Empowerment des Einzelnen, des Konsumenten. Otto oder Olga Normalverbraucher können, sagen wir mal, Rheinmetall so lange boykottieren wie sie lustig sind, nur dürfte Rheinmetall das wohl kaum stören.

  • Ich möchte daran erinnern, dass wir Deutschen nach Beginn des Krieges in der Ukraine auch Künstler und Geschäfte aus Russland mit einem Boykott oder sogar Auftrittsangeboten belegt haben!, was die Mehrheit für geheißen hat. Ich war damals dagegen, da es mich an düstere Zeiten in Deutschland erinnert hat. Und ich bin auch heute dagegen und stimme dem Autor zu, dass es wichtiger wäre, die Bundesregierung daran zu erinnern, dass sie lieber auf andere Weise Einfluss auf die israelische Regierung nehmen sollten, wie z.b. keine weitere Waffen zu liefern.



    Meinem Demokratieverständnis nach darf jeder alles sagen und die Leute sollen sich selbst ihre Meinung bilden.

  • Danke für dieses tiefblickende Interview!



    Die Gesellschaft, die sich mittlerweile aus diversen Parallelgesellschaften virtueller Art zusammen setzt, muss mal wieder Augen und Ohren aufsperren. Es hilft nicht weiter in der Echokammer zu hocken, Gesellschaft formt sich durch Begegnung, auch mit Andersdenkenden.



    Die Religion wird heute von Vielen verteufelt, sie bot allerdings Gemeinsamkeit.



    Statt dessen werden neue Regeln aufgestellt und dann ums goldene Kalb getanzt.



    Ersatzreligionen sind aber kein Mittel um gegen gesellschaftliche Spaltung erfolgreich zu sein.



    Abgrenzung und Ausgrenzung sind Nährboden für Rassismus wie Antisemitismus.



    Als Kind wurde mir der Spruch: "was Du nicht willst, das man Dir Tu, das füg auch keinem Andern zu" vorgebetet.



    Auf diesem Level muss man wohl wieder beginnen, wenn zu erklären ist, dass Antisemitismus den Rassismus nicht bekämpft.



    Schön zu lesen, dass Regierungskritiker in Israel ähnliche Ansichten haben. Da muss hierzulande offenbar Keiner rumbrüllen, damit man das dort versteht. Frieden muss das Ziel sein, der ist nur gemeinsam möglich.

  • Auch Etgar Keret ist es ohne Zweifel bewußt, daß bei jedem Boykott auch Unschuldige hart getroffen werden. Trotz seiner Verbrechen gegen Palästinenser wurde Netanjahu immer wieder von den israelischen Wählern im Amt bestätigt. Nach den Verbrechen der Hamas gegen Israelis wird er möglicherweise, aber eben nur möglicherweise bei den nächsten Wahlen nicht mehr gewählt. Was sagt das jetzt über die israelischen Wähler aus?

  • Dem ist nichts hinzuzufügen außer vielleicht dem Hinweis, dass es sich lohnt, dazu ergänzend Eva Illouz' Buch Undemokratische Emotionen zu lesen.

  • "Dies hier ist erst das zweite Mal seit Kriegsbeginn, dass ich außerhalb Israels spreche. Für gewöhnlich bekomme ich pro Jahr 15 bis 20 Einladungen aus Ländern in Europa."

    Meiner Meinung nach ist das Antisemitismus.

    "Wir erleben gerade eine Dummheit, durch die Bank, quer durch alle politischen Zugehörigkeiten."

    Vielleicht auch Dummheit, meiner Einschätzung nach jedoch vor allem Feigheit, wie sie auch am 07.10.23 und kürzlich in Amsterdam gezeigt wurde, indem wehr- und hilflose Menschen als Opfer ausgesucht wurden.

    Ich frage mich öfter, ob westlichen/europäischen Israel-Kritikern und Pro-Palästinensern bewussst ist, dass sie damit die Täter des 07.10.23 und deren Unterstützer in ihrem Verhalten bestätigen und die Nachahmung solcher Taten befördern (wollen?).

  • Spannend ist, wo differenziert wird und wo nicht.

    Ein islamistischer Anschlag? Natürlich können dafür Durchschnittsmuslime nichts.

    Erdoğan marschiert in seinen Nachbarländer ein und bombardiert kurdische Ort?



    Das hat ja nichts mit den Türken zu tun, auch wenn selbst die in Deutschland ihn mehrheitlich gewählt haben.

    Die Hamas organisiert als mal gewählte Regierung ein Massacker im Nachbarland?



    Ist ja nicht die Schuld der Menschen in Gaza.

    Bei Israelis scheint das irgendwie nicht zu gelten.

    • @rero:

      Verstehe Ihre Argumentation nicht wirklich: wurde die Israelische Regierung nicht auch mehrheitlich durch die Bürger Israels gewählt?

  • Ich verstehe diesen Boykottschwachsinn einfach nicht.



    Zumal es in diesen Fällen ein glasklar antisemitisch ist. Der Mann wird nicht boykottiert, weil er für Krieg und Mord ist, sondern nur weil er Israeli ist. Also weil er Jude ist.



    Das ist ja, als wenn auf einmal Alexander Solschenizyn ein Paria wäre.

    • @Nansen:

      Naja, ganz richtig ist das nicht, er wird boykottiert, weil er Israeli, d.h. Bürgers eines Staates ist, der in den Augen vieler einen Völkermord begeht und durch den Boykott Druck auf eben diesen Staat ausgeübt werden soll. Niemand hat dazu aufgerufen, Juden unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft zu boykottieren, insofern erscheint mir diese Gleichsetzung problematisch. Aber ja: der Sinn solcher Boykotte erschließt sich mir auch nicht – ich sehe nicht, dass der NO friedlicher (oder, in irgendeinem anderen Fall, die Welt besser) wird, wenn Schriftsteller und Wissenschaftler nicht mehr miteinander sprechen (zumal auch ohnehin gereizt darauf reagiere, wenn man Kontroversen löst, indem man anderen das Podium entzieht, aber das führt wohl zu weit vom eigentlichen Thema weg).

      • @O.F.:

        Ich denke doch, dass das richtig ist. Sagen wir mal, Italien würde sich in einer mustergültigen faschistischen Staat wandeln und ganz traditionell in Nordafrika einfallen. Mit allem was an Kriegsverbrechen dazugehörigt. Würde jemand ernsthaft Umberto Eco, Gianna Nanini oder Adriano Celentano boykottieren?



        In dem Fall käme ja niemand auf die Idee, dass das beendet würde, weil irgendein Künstler oder Intellektueller keine Bühne bekäme.

        • @Nansen:

          Künstler aus Südafrika wurden auch boykottiert, oder? Ich erinnere mich noch an die Diskussion um Johhny Clegg & Savuka.

        • @Nansen:

          Ich würde das zumindest nicht ausschließen; die offiziellen und öffentlichen Reaktionen auf Krieg und Besatzung sind natürlich nicht immer gleich, aber wenn Sie z.B. den russischen Überfall auf die Ukraine als Beispiel nehmen: danach wurden die kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zur russischen Föderation weitgehend abgebrochen und auch im Westen lebende russische Künstler hatten es sehr schwer, aufzutreten, solange es keine dezidiert oppositionellen Figuren waren.



          Und, um wieder zum NO-Konflikt zurückzukehren: Keiner der Aufrufe zielt auf ein Boykott jüdischer Künstler, Literaten etc. ab, die nicht aus Israel kommen (Sie verzeihen mir die Spitze: außer natürlich, sie kritisieren Israel - dann laufen sie Gefahr, von der anderen Seite gecancelt zu werden...).



          Wie gesagt, ich kann der Idee eines kulturellen Boykotts wenig abgewinnen, aber den Vorwurf, ein solcher wäre grundsätzlich gegen Juden gerichtet, halte ich auch für verkehrt.

    • @Nansen:

      Auch wenn Sie es nicht tun, ich unterscheide schon zwischen Israelis und Juden. Es ist richtig, daß fast jeder Israeli Jude ist (aber längst nichtalle), aber genau so richtig ist, daß viel mehr Juden keine Israelis sind als Juden in Israel leben.

      • @Manfred Peter:

        Was wollen sie mir damit sagen?

  • Danke für dieses gute, horizonterweiternde Interview mit diesem klugen Menschen! Dafür ist mir die taz so wichtig.

    • @hierbamala:

      anschließe mich - Quel homme