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Beginn der Klimakonferenz COP29 in BakuWo ist der selbsternannte Klimakanzler?

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Olaf Scholz sagt seine Reise zur Klimakonferenz ab. Klar, er hat gerade im Inland zu tun – doch die Erderhitzung wartet nicht.

Sagt die Reise nach Baku ab: Noch-Kanzler Olaf Scholz nach einem Besuch im Schloss Bellevue Foto: Kay Nietfeld/dpa

D ie Bundesregierung war in Klimafragen schon lange kein Vorbild mehr. Nun, nach dem Kollaps der Ampel, könnte Olaf Scholz Kanzlertauglichkeit beweisen, indem er zur UN-Klimakonferenz nach Baku reist und trotzigen Optimismus verbreitet. Stattdessen sagte er am Donnerstag seinen Auftritt ab.

Im aserbaidschanischen Baku beginnt die UN-Klimakonferenz. Wie jedes Jahr treffen sich alle Staaten der Welt, um den Klimawandel zu stoppen. Wenn es so weitergeht wie bisher, steuern wir auf 2,6 bis 3,1 Grad Erderhitzung zu. Das hat katastrophale Folgen, wie die Fluten in Spanien, die wohl doppelt so wahrscheinlich werden durch die aktuellen knapp 1,5 Grad an Erd­erhitzung.

Der Globale Süden schädigt das Klima weniger, ist aber stärker betroffen

Bei den Verhandlungen in Baku wird es vor allem um die Klimafinanzierung gehen, also um Gelder von den reichen Ländern an die Entwicklungsländer. Damit sollen sie die Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen bezahlen können. Das ist keine selbstlose Gabe: Entwicklungsländer haben viel weniger zum Klimawandel beigetragen als Industrieländer, sind aber oft stärker betroffen.

Und CO2 muss auch im Globalen Süden eingespart werden, nur haben die Länder im Gegensatz zum Globalen Norden nicht das Geld dafür. Das Ziel liegt bislang bei 100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung jährlich; gebraucht wird aber mehr als das Zehnfache.

Und was macht Deutschland? Schon vor dem Aus der Ampel war klar, dass die Bundesregierung ihr Klimafinanzierungsversprechen für 2025 sehr wahrscheinlich brechen wird. Dem zuständigen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wurden zum dritten Mal in Folge die Mittel gekürzt, der liberalen Spardoktrin sei Dank. Das macht die Bundesregierung unglaubwürdig in einem Moment, wo sie eigentlich gebraucht wird.

Denn das neue Klimafinanzierungsziel wird nicht ambitioniert genug sein, wenn sich nicht auch Staaten wie China oder Saudi-Arabien beteiligen. Das hat die EU schon klargestellt: Eine „breitere Gruppe der Geberländer“ müsse die Klimafinanzierung tragen. Traditionell konnte Deutschland in solchen Fragen vermitteln, war als verlässlicher Partner bekannt. Dieses Vertrauen muss sich die Bundesregierung erst wieder erarbeiten.

Klima außer Kontrolle

Stattdessen bricht in der Woche vor der Konferenz die Regierung zusammen. Scholz sagt seinen Auftritt in Baku ab. Er will die nächste Regierung anführen, Bundeskanzler sein in einer Welt, deren Klima außer Kontrolle gerät und deren Klimapolitik führungslos ist.

In diese Lücke tritt jetzt Robert Habeck. Das mag Wahlkampf sein. Die Grünen liegen Umfragen zufolge bei etwa elf Prozent der Stimmen. Wenn Habeck Kanzler werden will, muss er sich staatsmännisch geben. Aber es ist auch einfach richtig so, dass der Klimaminister auf der Klimakonferenz spricht. Wäre keiner der Kanzlerkandidaten nach Baku gereist, käme das einer Aufgabe gleich. Aber das können wir uns nicht leisten – um das zu sehen, genügt ein Blick nach Valencia.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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16 Kommentare

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  • Es fehlt an einer global agierenden politischen Kraft. M.E. will jeder die Umwelt erhalten. Unternehmen zeigen idR ebenfalls relativ große Initiative. Wie immer geben wenige Idioten, s. Musk, den Schreihals, da, s. oben, die progressiven Stimmen niemand bündelt und sich organisiert. Die Milliardäre, Millionäre und politische Kräfte haben uns in diese Situation gebracht und verstetigen sie. Es wird Zeit, dass sie ihr Geld und Macht einsetzen, um die Schöpfung, wie sie jetzt gerade noch ist, und die Gesellschaft sozial nachhaltig zu retten. Das geht auch gegen Russland und China, da am Ende die Mehrheit der Menschen ansetzt.

  • "Wo ist der selbsternannte Klimakanzler?"

    Keine Ahung, kenne ich nicht. Fragen Sie doch mal den Abschiebe-Kanzler. Vielleicht weiß der was.

    • @Jalella:

      Ein Klimakanzler würde doch von CDU-Medien und der AfD zerrissen werden und rechtsradikale Parteien gerade derzeit stärken. Die Menschen wollen mehrheitlich das Klima eben nicht retten, wenn das Lebensstandard kosten soll. Belehrbar nur durch Totalverlust des Lebensstandards. Ihn einen Abschiebekanzler zu nennen wäre auch grober Unfug.

  • Der CO2 Ausstoß steigt jährlich die Klimakonferenz haben so gut wie nichts bewirkt. Das Problem ist, dass Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz nicht gut zusammen gehen. Allen sonntags reden zum trotz. Klimaschutz gehört weltweit auch nicht zu den top Sorgen der Menschen. Es ist ein Orchideen Thema für reiche weiße Nordeuropäer. Der Rest der Welt nimmt die 100 Milliarden gern mit. Sieht aber vorrangig die wirtschaftliche Entwicklung. Deswegen ein Wechsel der Energieversorgung findet dann statt wenn die neue günstiger ist wie die alte. Dann brauche ich auch keine Subventionen dann geht es schnell. Deutschland ist bei 0,40 € pro Kilowattstunde Strom stehtund je nach Prognose in zehn Jahren bei über einem Euro ist kein Vorbild. Die wird weder Südamerika Folgen noch Afrika noch Asien

    • @Miriam:

      Seit der UN Klimakonferenz hat Deutschland sein CO2 Ausstoss um 46 % gesenkt. China um 20 % gesteigert.

      www.agora-energiew...klimapolitik-offen



      2023 sanken Deutschlands Treibhausgasemissionen auf 673 Millionen Tonnen CO₂. Damit gingen die Emissionen um 46 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zurück – und fielen auf den niedrigsten Stand seit den 1950er Jahren.

      de.statista.com/st...issionen-in-china/



      In China haben sich die CO2-Emissionen im Jahr 2022 auf rund 11,4 Milliarden Tonnen belaufen. Das entspricht im selben Jahr einem Anteil von rund 30,7 Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen.

    • @Miriam:

      Europa schmeckt die Folgen, die anderen Kontinente kaum minder. Man mag schon arg reicher weißer Mitteleuropäer sein, um da in Zynismus abzugleiten. Es ist einfach zu teuer, in Kaninchenstarre zu verfallen. Oder in privaten Hedonismus.

      Dass wir endlich aufgehört haben, Strom künstlich pseudobillig erscheinen zu lassen , indem Folgekosten ausgeklammert wurden, + dass wir jetzt endlich die billigsten Energieformen nutzen, nämlich Solar und Wind, ist doch schön, oder?



      Danke an Rot-Grün in Deutschland, das Solar über die Wirtschaftlichkeitsschwelle deutlich früher als so lupfte!

  • Habeck ist da in der Lage, Scholz völlig zu ersetzen. Mit Klima kann dabei Rot wie Grün punkten und die Abgrenzung zu FDP, Union und noch rechter markieren.



    Klimaschutz ist dabei i.d.R. sozial und zukunftsfest, das auch noch.

  • Alle Konferenzen der Welt sind überflüssig, wenn Trump seine Pläne umsetzt. Dann ist kein Klimaziel mehr zu erreichen.

  • In wessen Namen sollte Scholz dort verhandeln? Für welche Dauer von Zusagen würde er dort mandatiert sein?

    Werden die Fachminister kommen?

  • Ich frage mich: Hat der Autor das Wahlergebnis aus den USA mitbekommen?

    Klimaerwärmung ist bekanntlich global, anders als viele andere Umweltthemen. Sprich: Die Luftverschmutzung in Argentinien richtet vor allem in Argentinien Schaden an; wo genau hingegen Klimagase herkommen, ist (fast) egal.

    Daher ist das Problem auch nur global zu beeinflussen. Soweit die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte.

    Das heißt, es kann nur einen wirksame Begrenzung der Erwärmung geben, wenn fast alle Industrieregionen mitmachen.

    Die USA sind raus. Südamerika ist teilweise raus. Russland war immer raus. Indien hat sich nie besonders interessiert; vor allem ist ihnen ihre wirtschaftliche Entwicklung wichtiger, denn die spüren die Inderinnen und Inder ganz unmittelbar. Und China ist zwar für Sonntagsreden und Gewinne bei Klima-Technologien immer zu haben; in Wahrheit gilt Ähnliches wie für China. Hinzu kommt, dass die Welt kriegerischer geworden ist. Niemand wird Klimaschutz vorziehen, wenn die Gefahr besteht, angegriffen oder verdrängt zu werden.

    Realistisch heißt das: Eine Begrenzung auf 2 Grad wird nicht stattfinden. Stellen wir uns drauf ein.

    • @Frauke Z:

      -Korrektur-



      zu China: in Wahrheit gilt Ähnliches wie für *Indien

  • Ich habe meine Zweifel daran, dass es die Klimakatastrophe auch nur gebremst hätte, wenn Herr Scholz nach Baku gereist wäre um da "trotzigen Optimismus zu verbreiten".

    Die bisherigen Versäumnisse, bzw. das Versagen zu beklagen ist die eine Sache.



    Im Zusammenhang mit der Klimakonferenz in den Chor der Scholz-Beschimpfer mit einzustimmen, nur weil´s gerade angesagt ist, scheint mir doch sehr kurzsichtig zu sein und ist der tatsächlichen Bedrohung nicht angemessen.



    Die bald scheidende Restregierung mag ja für alles mögliche verantwortlich zu sein - aber momentan ist es nachvollziehbar, dass erstmal die politischen Verhältnisse innerhalb Deutschlands geklärt werden müssen.

  • Mit dem Abhängen der Wahlplakate wurde zugleich auch der "Klimakanzler" eingestampft. Die billige Abkupferung dieses GRÜNEN Werbethemas war damals schon so was von durchsichtig. Das Verhalten des "Klimakanzlers" während der Regierungszeit war bestenfalls !! neutral, die einzig wirklich interessierten GRÜNEN hat er auflaufen lassen, siehe "Heizungsgesetz" und die Kampagne in dem Zusammenhang. Doch fairerweise muss man zugestehen, dass eine Reise nach Baku jetzt von der Opposition brutalstmöglich verleumdet würde: er reist durch die Welt, während hier alles auf dem Kopf steht usw. Klima ist unwichtig für Merz, Lindner und die dazugehörigen Parteien, darüber sollte sich niemand Illusionen machen. Auch nicht die Leute im Ahrtal....

  • Naja, wenn die USA mit ihren Plänen bezüglich Klima unter Trump ernst machen, hat sich das Thema ohnehin erledigt. Da können wir in Deutschland komplett verschwinden, das Leben einstellen und der Einfluss auf das Klima wäre gleich Null! Kein einziges Unwetter, jetzt oder in Zukunft, gibt es dadurch weniger.

    • @charly_paganini:

      Das Thema HAT sich so oder so erledigt.



      Ölkonzerne, Monsanto, Coca Cola, Banken, Unilever... (1200 Zeichen sind zu knapp bemessen) lassen sich von Trump genau so wenig beeindrucken wie von irgendeinem anderen, wenn es um Rendite geht.

      • @Erfahrungssammler:

        Das mag sein aber die genannten Branchen sind doch recht flexibel...wenn Shell mehr Gewinn mit Ladesäulen als mit Benzin macht und Banken mit grünen Fonds mehr verdienen als mit anderen sind die alle ganz schnell öko. Auch wenn ich nicht glaube, dass das in naher Zukunft so sein wird.