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Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“Ihr bestes Argument

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Es ist bedenklich, wenn die erste schwarze Präsidentschaftskandidatin als besten Grund, sie zu wählen, angibt, dass ihr Gegner Donald Trump heißt.

Kamala Harris hat viel zu sagen – und sollte nicht Trumps Agenda folgen müssen Foto: Brendan Smialowski/AP

A uch in ihrer als „Schlussplädoyer“ angekündigten Rede vor beeindruckender Kulisse in der US-Hauptstadt hat die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris nicht mit einer eigenen ­Vision glänzen können. Erneut arbeitete sie sich an der Person und Agenda ihres Konkurrenten Donald Trump ab. Die Rede war symptomatisch für den gesamten kurzen Wahlkampf, den Harris nach dem Rückzug Joe Bidens überhaupt noch führen konnte.

Für republikanische Wäh­le­r*in­nen sind nach allen demoskopischen Erhebungen der letzten Zeit die Themen Wirtschaft, Migration und Gewalt­kriminalität zentral, bei den De­mo­kra­t*in­nen stehen hingegen Gesundheitsversorgung und die Zusammensetzung des Obersten Gerichts­hofes vorne, Wirtschaft kommt erst an dritter Stelle.

Aber die Trump-Kampagne hat es geschafft, mit klaren Aussagen oder unglaublichen Lügen oder einer Mischung aus beidem ihre Themen in der öffentlichen Wahrnehmung ganz nach vorne zu spielen. Trump hat die Agenda gesetzt.

Mit Ausnahme der drei Wochen zwischen jener desaströsen TV-Debatte und Bidens Rückzug, als die mentale Fitness des amtierenden Präsidenten die Schlagzeilen dominierte, war es immer Trump, der bestimmen konnte, worüber gesprochen wird. Je dreister die Lüge, je aggressiver der Angriff, desto mehr sahen sich Harris und die De­mo­kra­t*in­nen genötigt, darauf einzugehen. Inhaltlich völlig zu Recht brandmarkt sie Trumps Wunsch nach autoritärer Herrschaft bis hin zum Faschismus. Aber das bedeutet eben: Er ist das Thema, nicht ihre Ideen.

Diskreditierung der Gegenseite hat Tradition

Und: Trump ist es eben auch gelungen, auf den tatsächlichen Problemen eines Großteils der Bevölkerung, etwa der Inflation, aufzusetzen und eine mit Lügen oder Übertreibungen konstruierte Erzählung zur gefühlten Wahrheit seiner An­hän­ge­r*in­nen zu machen. Sich selbst preist er zugleich als einzig mögliche Lösung all dieser Probleme an. Dem setzt die Warnung, Trump sei eine Gefahr für die Demokratie, einfach wenig Überzeugendes entgegen. Und das ist noch nicht einmal ein besonderes Versäumnis von Kamala Harris und ihrem Team: Auch Joe Bidens bestes Argument war stets die Gefährlichkeit Donald Trumps.

Im Prinzip sind die USA seit Langem Wahlkämpfe gewöhnt, die mehr auf die Diskreditierung der Gegenseite zielen als auf die eigenen Ideen. Aber es ist schon bedenklich, wenn eine Frau, die als erste Schwarze Präsidentschaftskandidatin durchaus Geschichte schreiben könnte, als besten Grund, sie zu wählen, angibt, dass ihr Gegner Donald Trump heißt. Da ist ganz schön was schiefgelaufen.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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17 Kommentare

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  • Das ist in der Tat ein Dilemma.



    Es geht nämlich nicht um Inhalte.



    Trump lügt wie gedruckt und untermauert so seine "Argumentationen" egal zu welchem Thema.



    Dem ist schwer beizukommen.



    Wir haben das gleiche Problem mit der "afd".



    Es geht da nicht mehr um bessere Inhalte oder Lösungen, sondern das gesamte System wird infrage gestellt.



    Zwei spielen Tischtennis und Einer ändert während des Spiels mal eben die Regeln.



    Argumente müssen nicht mehr belegt werden, die absurdeste Idee gewinnt.



    Wir haben in Deutschland auch noch keine Antwort auf das "afd" Problem.



    Das wird aber nicht reflektiert, statt dessen wird wird ein Alternativproblem gesucht und gefunden und das BSW in Artikeln und Beiträgen bekämpft . Sicher kann hier auch diskutiert werden, die Gewichtung ist jedoch falsch und die einhergehenden Beleidigungen sind natürlich auch keine Argumente, sondern einfach schlechter Stil.



    Das übliche Problem, wenn man/frau auf Andere zeigt, wird offensichtlich.



    Das Hauptproblem ist hüben wie drüben der Rechtsextremismus. Dem muss sich die Gesellschaft stellen. Den gilt es an erster Stelle zu bekämpfen. Wenn dieses Problem nicht gelöst ist, sind politische Detailfragen obsolet.

  • Frau Harris hatte vier Wochen Zeit sich etwas zu überlegen, da eine Chance bestand das sie die Präsidentschaftskandidatur übernimmt. Dann hatte sie Monate immer noch Zeit eine Vision oder Idee zu skizzieren. Außer ein paar Worthülsen ist mir nichts bekannt.



    Vor ca. 2 Wochen wurde sie gefragt, was sie anders machen würde als Biden... Sie würde nicht wirklich was anders machen.



    Biden seine Politik ob gut oder schlecht, wird beim Wähler nicht positiv bewertet. Ergo wäre es nur sinnvoll gewesen etwas anders machen zu wollen.

    Das was von Frau Harris gelobt wurde, als angstmachend für Männer und erfrischend, sei es eine Frau zu haben die lacht, war eines der Hauptargumente. Vllt reicht das nicht um Wähler zu überzeugen.

    Und wenn ich mir die ganzen Podcasts und Talkshows anhöre von Menschen die liebendgerne Harris hätten anstatt Trump, was ich teile, so haben auch all die Menschen kein Argument warum man sie wählen sollte, wenn man als einziges Argument den Schwangerschaftsabbruch wegnimmt. Da bleibt nur trump wird schlecht sein, aber viele Amerikaner sehen sich allerdings auch auf der Verliererstraße durch die Bidenregierung.

    Ob ein Lachen zum Schluß reicht sehen wir am 2.11.

  • Es ist zu spät, irgendwelche Änderungen an den strategischen Wahlaussagen und -slogans noch vorzunehmen. In 5 Tagen ist Wahl, alles was nicht ein neuer Mega-Skandal wäre, dringt nicht mehr durch den Teppich ewig gleicher Wiederholungen von 1000fach Gesagtem auf allen Kanälen.



    Der Drops, welche Aussagen erfolgreicher hätten sein können, ist gelutscht.



    Und unterm Strich ist es egal, warum jemand Harris ankreuzt. Und wenn der Wahlzettel mit einem Dartwurf ausgefüllt wird, der Name in dem der Pfeil steckt wird gewählt.... Hauptsache, es kommt genug Anti-Trump raus.

  • Es ist einfach ein Trauerspiel



    www.nytimes.com/in...lls-president.html Die Zahlen lssen böses erahnen

    Dazu kommt noch das Risiko dass die Rechten wohlmöglich die Wahl noch sabotieren . Sehr empfehlenswert ist John Oliver zudem Thema



    www.youtube.com/wa...VidmVyc2lvbg%3D%3D

    Egal wie es kommt die nächsten Wochen werden auf der anderen Seite des Atlantik gruselig werden. Es ist zu hoffen dass die Demokratie der USA das Ganze noch aushält.

  • Die Neoliberalist:innen waren im Kampf gegen Faschist:innen noch nie sonderlich erfolgreich, ob in USA gegen Trump, ob in Deutschland gegen AfD, in Frankreich gegen Le Pen, usw. usf.

    Die tiefere Grund dafür ist, dass der Neoliberalismus als solcher strukturell gar nicht antifaschistisch sein kann, weil die neoliberale Verwertung von Mensch & Natur ebenso wie die damit einher gehenden übersteigerten Ideen des Nationalen und Kriegerischen zu den Kernelementen des Faschismus gehören.

    Harris mit ihrer Beschwörung des Nationalen gegen die Partei, der tödlichsten Armee der Welt und weiteren Verlautbarungen tritt peinlicherweise genau in diese Fußstapfen und merkt es selber nicht.

    Antifaschismus muss notwendiger weise in der Abkehr von Neoliberalismus, Nationalismus und Militarismus bestehen. Antifaschismus muss sich zum Menschlichen und einer friedlichen Kooperation aller Länder hinwenden.

    • @Uns Uwe:

      1.000 Upvotes würde ich Ihnen geben. Stimmt alles.



      Nicht umsonst sagen manche Amerikaner, sie hätten nicht zwei große Parteien, sondern eine große Partei mit zwei Flügeln.

    • @Uns Uwe:

      Danke, ich kann Ihnen hundertprozentig zustimmen, möchte nur ergänzen: solange der Rubel/Dollar rollt, kriegt es der Neoliberalismus gut hin, Zustimmung und Mehrheiten für seine Agenda zu kreieren. Weil er sich an die Vorzüge der liberalen Demokratie koppeln kann.



      In Krisenzeiten wie diesen zeigt er, dass Demokratie wie Autoritarismus seine janusköpfige Gestalt sind.

    • @Uns Uwe:

      Ach, Uns Uwe.....



      Wenn Lindner auf die Idee kommt, eine Steuer auf alles zu verlangen, was mit ....ismus endet, dann haben Sie ein sehr teures Problem.....;-))



      Aber immerhin wäre der Haushalt 2025 dann solide finanziert.....

  • Gilt das dann auch für Deutschland, wenn die Botschaft vor einer Wahl lautet:"Wählt X, sonst siegt die AfD."?

    • @rero:

      Gut erkannt.

    • @rero:

      Dann wäre auch hier der Elon im Spiel..=;-))



      Muss nicht sein....

  • Das alles wäre nicht nötig gewesen, wenn die "republikanische" Partei direkt nach dem 6. Januar ein wenig Rückrad bewiesen und sich von Trump befreit hätte. Dann würde jetzt irgendein anderer rechter Populist mit Leichtigkeit die Wahl gegen die schwache Präsidentschaft Biden's gewinnen. So aber geht es halt um eine "Schicksalswahl" mit Bürgerkriegspotential, egal wer gewinnt.

    • @Deutschfranzose:

      "republikanische " Partei und Rückgrat (ich nehme mal an, dass haben Sie gemeint.... aber trösten Sie sich, die Reps wissen auch nicht wie man das buchstabiert.....;-))...



      also die beiden Worte in ein und demselben Satz....



      Aber wenn Trump diesmal noch verliert, wird er von den Hinterleuten des Project 2025 wohl schnell abgeschrieben werden. Er wird sich wundern, wie schnell er als Person bedeutungslos wird.



      Aber seine Kultgemeinde mit ihren von Trump-Propaganda verhunzten Weltbildern, die wird noch da sein, und "up for grabs", wie man in USA sagt: es muss dann schnell ein Ersatzmessias installiert werden. Ob das Vance wird ? Eher nicht. Wenn's richtig übel liefe, versucht Elon Musk sich daran. Präsident kann er nicht werden (geboren in Südafrika...) aber er kann ein Fangemeinde aufmischen. Und machtgeile Populisten finden sich unter den Reps inzwischen genug.

  • Wenn der Gegenkandidat Homer Simpson oder Albert Schweizer hise, wäre es immer noch das beste Argument, daß er nicht Donald Trump ist. Selbst ein Stück Treibholz wäre ein besserer Kandidat.

    • @Semon:

      Oder ein Pferd.

  • "Es ist bedenklich, wenn die erste schwarze Präsidentschaftskandidatin als besten Grund, sie zu wählen, angibt, dass ihr Gegner Donald Trump heißt."

    Das wäre für jeden bedenklich. Auch für einen alten weißen Mann.

  • Partieller Einspruch!



    Dass sie nicht groß thematisiert, Frau und schwarz zu sein, ihre Identität also nicht zum Programm macht, empfinde ich als ausgesprochen wohltuend. Damit wären wohl auch über die sowieso nicht republikanisch wählenden Kreise hinaus nicht viele Blumentöpfe zu gewinnen. Oder schlimmer noch: Michelle Obama musste gerade schwarze Männer ausschimpfen, die lieber Trump als eine Frau wählen.