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Waffenlieferungen an Israel„Recht auf Selbstverteidigung gilt nicht unbegrenzt“

Israel verstoße in Gaza offen gegen Völkerrecht, sagt Andreas Schüller vom ECCHR. Die Organisation klagt gegen Kriegswaffenlieferungen an Israel.

11. August 2024: Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen fliehen, nachdem die israelische Armee einen Evakuierungsbefehl zum Verlassen von Teilen des südlichen Gebiets von Khan Younis erteilt hat Foto: Abdel Kareem Hana/ap

taz: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag angekündigt, weiter Waffen an Israel liefern zu wollen. Sie haben nun zusammen mit fünf Betroffenen aus Gaza beim zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Widerspruch gegen Ausfuhrgenehmigungen von Kriegswaffen gemäß der Kriegswaffenliste eingelegt. Warum?

Andreas Schüller: Weil unsere Mandanten von den Waffen bedroht sind. Es ist doch recht offensichtlich, dass die israelische Armee in Gaza gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt. Mehrere völkerrechtliche Konventionen verbieten aber Waffenlieferungen, wenn das Risiko besteht, dass damit Völkerrechtsverstöße begangen werden. Wir haben deshalb seit Jahresbeginn eine ganze Reihe von rechtlichen Schritten unternommen, um Waffenexporte nach Israel zu stoppen, insbesondere von Waffen, die von den israelischen Streitkräften in Gaza eingesetzt werden. Dazu zählen neben den Widersprüchen bei den zuständigen Behörden die Einreichung von Eilanträgen und Klagen, etwa bei den Verwaltungsgerichten in Berlin und Frankfurt. Einige der Rechtsfragen werden letztlich aber wohl die obersten Gerichte oder das Bundesverfassungsgericht klären müssen.

taz: Was wissen Sie über den Einsatz deutscher Waffen in Gaza?

Schüller: Es fehlt oftmals Transparenz darüber, was geliefert wird und wo es letztendlich eingesetzt wird. Wir fordern ja auch kein komplettes Exportverbot, sondern ganz speziell von den Waffentypen und Kategorien, die in Gaza eingesetzt werden. Aber die Bundesregierung macht überhaupt nicht transparent, was geliefert wird und wie es eingesetzt werden kann. Dies zeigt die Notwendigkeit eines Rüstungsexportkontrollgesetzes, das zwar geplant war, aber immer noch nicht umgesetzt wurde.

taz: Was ist sonst von deutschen Waffenlieferungen nach Israel bekannt?

Schüller: Alles was wir haben, sind die Kennzahlen der Rüstungsgüter von den Listen nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz, die über parlamentarische Anfragen an die Öffentlichkeit gelangen. Das sind sehr abstrakte Kategorien und man weiß meistens nicht genau, was letztlich geliefert wird. Das Argument ist immer, man wolle dem Gegner nicht von vornherein sagen, was genau man liefert. Und es gibt noch Geschäftsgeheimnisse, aber wir denken, bei schwerwiegenden, irreversiblen Fragen, bei denen es um das Recht auf Leben geht, muss Letzteres überwiegen.

taz: Wissen Sie also gar nicht, was geliefert wurde?

Schüller: Wir wissen: Sowohl Kriegswaffen als auch Rüstungsgüter wurden geliefert. Das eine sind fertige Waffen und Munition, wie Panzerfäuste, die im Herbst letzten Jahres geliefert wurden, oder Munition für Panzer oder Artillerie. Das andere sind Ersatzteile und Komponenten für Panzer, zum Beispiel Motoren und Getriebe, also nicht die fertigen Produkte. Dafür gibt es verschiedene rechtliche Genehmigungsverfahren, die auch unterschiedlich vor Gerichten angreifbar sind.

taz: Wo sehen Sie den Unterschied zwischen Komponenten und fertigen Rüstungsgütern?

Schüller: Aus unserer Sicht macht es keinen Unterschied, ob wir über Panzerfäuste reden oder Motoren von Panzern. Beides ist relevant und kommt bei Kriegshandlungen in Gaza zum Einsatz. Insofern sollte es hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit keine Unterscheidung geben, solange ein Risiko besteht, dass diese Waffen völkerrechtswidrig eingesetzt werden und möglicherweise Zivilisten, wie die von uns unterstützten Betroffenen, zu Schaden kommen.

taz: Einige schlagen vor, nur Verteidigungswaffen an Israel zu schicken, zum Beispiel für den Iron Dome. Ist es möglich sicherzustellen, dass Waffen nicht für den Angriff zweckentfremdet werden?

Schüller: Das ist möglich, weil bestimmte Rüstungsgüter nur in defensiven Waffensystemen einsetzbar sind. Andere können sowohl zur Abwehr als auch zum Angriff genutzt werden. Wiederum andere sind klare Angriffswaffen. Panzer sind für den Bodenkampf da und nicht für Luftabwehr. Bei U-Booten ist es anders und auch beim Iron Dome und anderen Systemen, die natürlich eher Richtung Luftabwehr zielen. Da kann man durchaus unterscheiden.

taz: Nun gibt es Medienberichte, nach denen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Lieferungen in der Vergangenheit verzögert haben sollen. Offenbar sollen sie gefordert haben, dass sich Israel schriftlich verpflichtet, mit aus Deutschland gelieferten Waffen kein Völkerrecht zu brechen. Kann Israel das garantieren?

Schüller: Wir denken, dass die Bundesregierung hier ein falsches Spiel spielt. Auf Zusicherungen kann man sich nicht verlassen und sie sind letztlich auch rechtlich nicht durchsetzbar, selbst wenn gegen die Zusicherung verstoßen wird. Wahrscheinlich wird auch kaum ein Land der Welt, das Waffen kaufen will, eine solche Zusicherung nicht geben, weil jeder von sich überzeugt ist, das Recht einzuhalten. Und deshalb denken wir, dass die Zusicherung eine Nebelkerze ist. Im Endeffekt ist es sogar ein falsches Spiel zu suggerieren, hier wird Recht eingehalten, während die UN-Ermittlungskommission in mehreren Berichten und der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in seinen beantragten Haftbefehlen von Kriegsverbrechen ausgehen und immer weitere Berichte erscheinen, die diese Annahme bestätigen.

taz: Würden diese Einschätzungen der UNO nicht ausreichen, dass Deutschland keine Waffen liefert?

Schüller: Genau. Die Bundesregierung müsste sagen, wir können nicht sicherstellen, dass diese Waffen nicht völkerrechtswidrig eingesetzt werden, deshalb liefern wir gar nicht mehr. Die Sorgfaltspflicht gebietet es, die israelische Zusicherung nicht ungeprüft einfach zu akzeptieren.

taz: Warum macht das die Bundesregierung nicht?

Schüller: Das ist die richtige Frage, man hat aus Frankreich und Spanien ja Ähnliches gehört, warum nicht geliefert wird. Nach mehr als einem Jahr gibt es genügend Hinweise für Völkerrechtsbrüche. Die Bundesregierung muss sich letztlich ehrlich machen beim Abwägen der bedingungslosen Unterstützung Israels aufgrund der Staatsräson mit der Einhaltung der Völkerrechtsordnung. Letzteres ist aus unserer Sicht überwiegend und einer der wesentlichen Pfeiler der Nachkriegsordnung. Das Völkerrecht ist auch Teil des Grundgesetzes. Es muss eingehalten werden, da kann man nicht die Staatsräson oder andere Konzepte drüber stellen.

taz: Der Internationale Gerichtshof (IGH) sieht Hinweise für einen möglichen Genozid. Teilen Sie diese Einschätzung?

Schüller: Wir sehen, dass die Lebensbedingungen der Menschen in Gaza zerstört werden. Vor allem der Norden hat sich in eine lebensfeindliche Trümmerwüste verwandelt, in der nur noch Willkür und Entrechtung herrschen. Natürlich wird man sehen müssen, was der IGH in dem Hauptsacheverfahren entscheiden wird, weil bisher war es ja nur ein Eilverfahren. Das wird leider noch ein paar Jahre dauern. Wir werden auch sehen, ob das Aushungern und die Zerstörung der Lebensgrundlagen das einzige Ziel des militärischen Vorgehens seitens Israel ist oder Teil von mehreren Zielen. Und wenn man die bisherige IGH-Rechtsprechung sehr restriktiv liest, kann es sein, dass es genau darum gehen wird festzustellen, ob es Israels primäres Ziel ist, die Menschen in Gaza zu bestrafen.

taz: Sie sagen also, der Krieg ist kein Verteidigungskrieg, sondern ein Rachekrieg?

Schüller: Israel hatte nach dem 7. Oktober das Recht, sich gegen die Angriffe der Hamas zu verteidigen. Das Selbstverteidigungsrecht gilt aber nicht unbegrenzt, da es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit unterliegt. Die israelische Kriegsführung in Gaza hat den Angriff längst überstiegen und geht über das zur Verteidigung Notwendige hinaus. Insbesondere die Tatsache, dass die Angriffe der israelischen Armee offenkundig auf Ziele gerichtet werden, die nicht unmittelbar mit der Bedrohung in Verbindung stehen, zeigt, dass es um andere Ziele als Verteidigung geht.

taz: Israel hat ein Selbstverteidigungsrecht. Die Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen haben ein Widerstandsrecht. Was bedeutet das für Waffenlieferungen generell?

Schüller: Jede Konfliktpartei ist angehalten und dazu verpflichtet, das Recht einzuhalten, auch das Völkerrecht. Die Tötung von Zivilisten ist genauso ein Kriegsverbrechen wie Geiselnahmen, also nicht vom Widerstandsrecht gedeckt. Natürlich darf sich eine Bevölkerung, die unter Besatzung steht, wehren, aber nicht mit allen Mitteln. Und das ist am 7. Oktober klar überschritten worden.

taz: Vor Kurzem sagte Annalena Baerbock im Bundestag, dass zivile Ziele wie Krankenhäuser oder Schulen, die von Israel attackiert werden, ihren Schutzstatus verlieren können, wenn diese militärisch benutzt würden. Ist das überhaupt der Fall?

Schüller: Ja, das ist das Argumentationsmuster, dass auch geschützte Zivilobjekte ihren Status verlieren können, wenn sie militärisch genutzt werden, und dann aber auch nur für diesen Zeitpunkt und Zeitraum. Wir haben aber wenig konkrete Beweise gesehen, dass es tatsächlich eine militärische Nutzung gibt, und der Eindruck verfestigt sich, dass Israel dies zwar behauptet und entsprechend angreift, aber den Beweis einer militärischen Nutzung letztlich nicht erbringen kann. Die Tatsache, dass sich unter einem Wohngebäude ein Hamas-Tunnel befindet, macht das Gebäude auch nicht gleich zu einem legitimen militärischen Ziel. Vielmehr muss das Gebäude zum Zeitpunkt des Angriffs wirksam zu militärischen Handlungen beitragen. Darüber gilt immer das Gebot der Verhältnismäßigkeit.

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28 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Mich hätte mal interessiert, welche Alternative Herr Schüller zum militärischen Vorgehen Israels sieht, um das militärische Vorgehen von Hamas, Hisbollah u.s.w. abzublocken. Wäre die Entwaffnung der Terrortruppen nicht Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft? Und: wie kann man die unterirdischen Festungsanlagen schleifen? Dienen die denn nicht direkt der Vernichtung des israelischen Staates? Wie ist dies alles denn rechtlich zu bewerten? Alles kein Problem?

    • @chrisbee:

      Die Alternative wären diplomatische Bemühungen, beide Seite wollen da nicht. Ein weitere Möglichkeit wäre, die Siedlergewalt einzudämmen, auch da sieht man eher das Israel sogar seine Armeekräfte nutzt um dies überhaupt erst zu ermöglichen. Das nächste wären die Siedlungsbauten, welche ohnehin ein Kriegsverbrechen sind. Da Israel keine Legitimation besitzt eigene Zivilisten in besetzte Gebiete zu bringen schon gar nicht in Staatsauftrag! Dann wäre eine weitere Alternative Lösungen zu suchen, Lösungen wie man die Terrorbanden der Gesellschaft madig macht, dass klappt natürlich nicht mit Bombardements, Überflügen als Terrormittel etc. sondern in dem man eine Wirtschaft aufbaut. Gaza wird immer als Punkt genommen warum man angreifen musste und warum keine Wirtschaftsaufbau möglich war, die Westbank die nicht angegriffen hatte, wurde aber genauso runtergewirtschaftet in Geiselhaft genommen, Menschen inhaftiert (meist ohne Anklage etc.) und die Siedlungen aufgebaut. Also da gibt es viele Möglichkeiten, für Israel scheint aber nur der Wegzug der Palästinenser im Fokus zu stehen und nutzt dazu alle Mittel es so lebensfeindlich, oder eben tödlich, wie möglich zu machen!

  • Er sagt ausdrücklich "unsere Mandanten".

    Aha, ein Interessenvertreter. Für den ist natürlich alles offensichtlich. Er scheint ja auch Parteiinteressen zu vertreten.

    • @Erwin Schiebulski:

      Und seine Stärken Vorwürfe "beweist" er mit Sätzen wie: "...es ist doch Recht offensichtlich" oder Ausflüchten wie "nur weil unter der Schule eine militärische Anlage war". Geliebt habe ich auch den Satz "..alle Seiten sind angehalten das Völkerrecht zu beachten"



      Aber die Forderung "Kämpfer der Hamas sollen sich Uniformen anziehen und aufhören, sich unter Zivilisten zu verstecken" habe ich wohl mal wieder überlesen.

  • Ist gut, dass es Menschen gibt, die nicht blind sind und dann auch noch den Mut haben ihre Stimme zu erheben. Klar verstößt Israel gegen das Völkerrecht. Das kann man, nein das muss man, auch klar und deutlich so sagen.

  • Die rechtliche Argumentation ist für mich größtenteils nachvollziehbar. Aber ganz zum Schluss „vergaloppiert“ sich Herr Schüller meines Erachtens und entwertet damit seinen ganzen Ansatz.. Wenn eine Terrortruppe ihre militärische Infrastruktur prinzipiell unter zivil genutzten Gebäuden verbirgt, kann der dadurch fortwährend bedrohte Staat nicht auf den nächsten konkrete militärische Nutzung genau aus dieser Stelle warten. Er wird die ganze Struktur möglich komplett vernichten müssen, um die Bedrohung insgesamt verringern zu können. Das liesse sich nur durch eine vollumfängliche Kapitulation der Tunnelkrieger verhindern. Aber die fordert Herr Schüller ja trotz der verheerenden Folgen leider nicht.

    • @vieldenker:

      Und das Resultat wäre was? Genau der besetzende Staat soll bitte ohne Gegenwehr sein Unwesen treiben. Die Bevölkerung vertreiben und die eigene Bevölkerung per Staatsauftrag (btw. ein Kriegsverbrechen!) ansiedeln.



      Sorry Sie haben Kriegsrecht scheinbar nicht vollumfänglich sich angeschaut. Auch die besetzte Bevölkerung hat wie Herr Schüller sagt ein Widerstandsrecht. Das was Sie der paläst. Bevölkerung absprechen wollen.

  • Danke für das Interview, das eine wichtige Einschätzung der rechtlichen Lage gibt. Und ich denke hier sollte schnellstens eine Änderung bestehenden Rechts herbei geführt werden, dass Transparenz bietet. Die Amerikaner sind ja auch ziemlich offen darüber was sie liefern und sehen da kein Sicherheitsrisiko, von daher weiß ich nicht ob man das Argument unserer Regierung zählen lassen kann. Was sie aber definitiv offen legen können und sollten, sind die Fakten/ Methoden/ Informationen und eventuelle Rechtsberatung die sie erhalten haben und genutzt haben um Rüstungsexporte zu genehmigen (gerade auch wegen der Klage gegen uns vor dem IGH). Ich denke als Volk sollten wir wissen, was und auf welcher rechtlichen Grundlage wir Waffen liefern, nicht nur nach Israel.



    Da wir schon beim IGH sind hätte mich aber noch interessiert wie die Einschätzung des ECCHR bezüglich Waffenlieferungen in Zusammenhang mit dem Gutachten zur Besatzung aussieht. Dort hieß es ja da Länder keine Hilfe oder Unterstützung leisten dürfen um die als völkerrechtswidrig eingestufte Besatzung aufrechtzuerhalten. Da würde mich eben interessieren ob die Lieferung von Waffen auch dazu zählt.

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Sanni:

      " Und die Kritik und das Aufregen macht er ganz natürlich aus weiter Ferne beurteilt und stellt Forderungen."

      So wie du und alle anderen hier auch....

    • @Sanni:

      Also der "Hansel" sitz "im warmen Büro" und urteilt "aus der Ferne pauschal über "ein ganzes Land".



      Du aber weißt ganz genau, dass es "seine Mandanten" waren, die den Terror am 7-Oktober begangen haben, weil sie halt aus Gaza stammen. Du weißt, dass all die Millionen Menschen rund um Israel den Anschlag befürworten und deshalb kein Recht haben auf Schutz nach dem Völkerrecht haben?



      Aus meiner Sicht differenziert Herr Schüller -bei aller Parteinahme- hier wesentlich mehr als du. Er spricht Israel weder ein Verteidigungsrecht ab, er fordert ganz explizit "kein Waffenexportverbot" und er fordert auch nicht, dass Israel nicht reagieren dürfe.



      Wäre vielleicht nicht falsch den Vorwurf, "aus weiter Ferne" pauschal zu urteilen, selbst mal zu reflektieren.

    • @Sanni:

      Seine Mandanten haben den Terroranschlag nicht verübt sondern die Hamas. Es ist erschreckend, dass mittlerweile bei der TAZ eine Leserschaft aus dem rechtsradikalen israelischen Milieu zu finden ist.

    • @Sanni:

      Nein, das Verteidigungsrecht Israels wird ja zurecht befürwortet. Allerdings gilt es natürlich auch nicht schrankenlos, es kommt durch die Angriffe einer hochgerüsteten Nation wie Israel auf ein Dritte-Welt-Land wie Gaza unweigerlich zu Opfern unter der Zivilbevölkerung. Das dürfen Sie genauso wenig einfach ausblenden. Israel hat keinen Blankoscheck für jede militärische Aktion.

    • @Sanni:

      Seine Mandanten sind nicht die Hamas, sondern die Bevölkerung von Gaza. Es ist mir unbegreiflich wie ein Hate-Post dieser Art hier erscheinen kann.

    • @Sanni:

      Ich kann mich nur wiederholen: zu einer konstruktiven Diskussion gehört die Bereitschaft, die zugrundliegenden Texte auch zu lesen. Denn in dem Interview steht nirgendwo, dass Israel nicht reagieren sollte, sondern dass auch diese Reaktion in einem völkerrechtlichen Rahmen erfolgen muss – der mit der Strafexpedition in Gaza offenkundig überschritten wurde (genauso wenig, wie die Hamas sich auf das – hier gerne ignorierte - Widerstandsrecht berufen kann, wenn sie Festivalbesucher massakriert. Es gibt kein Recht auf enthemmten Gewalteinsatz – egal durch welche Seite. Die Hinweise darauf, dass der NO-Konflikt nicht erst letzten Oktober begonnen hat und die umliegenden Länder das Massaker keineswegs unterstützt haben, erspare ich mir an dieser Stelle.

    • @Sanni:

      Sie sind vor Ort in Israel? Oder nicht auch ein Hansel/Hänselin aus weiter Ferne?



      Ich denke dieses Argumentationsmuster Völkerrecht-Gänsefüßchen ist besser, als was auch immer Ihres darstellen soll.



      Auf Ihren Kommentar wollte ich ungerne eingehen, aber auf eine Aussage bin ich gezwungen zu reagieren: die Mandanten des Herren sind sicher nicht diejenigen, die Menschen getötet haben. Sie sind doch nicht mehr ganz dicht.

  • Das perfide Versteckspiel der Hamas ist das eigentliche Dilemma. Israel vorzuwerfen, es würde "einfach so" Krankenhäuser und Flüchtlingslager angreifen, ist absurd. Kriegsziel ist, die Hamas kampfunfähig zu machen und dauerhaft zu entwaffnen. Wenn diese sich feige hinter den eigenen Zivilisten versteckt, dann muss der internationale Druck in erster Linie gegen die Hamas und ihre Unterstützer (z.B. im Iran) ausgeübt werden und allenfalls in zweiter Linie gegen Israel.

    Das Gebot der Verhältnismäßigkeit gilt natürlich immer. Das will ich hier gar nicht in Frage stellen. Die Regierung Netanjahu ist eine Katastrophe für Israel. Es haben ja schon Hunderttausende gegen ihn protestiert. Aber wo sind die Proteste gegen die Hamas in Gaza und in der arabischen Welt? Sehen die Menschen nicht, dass diese Mörderbande sie ins Unglück treibt?

    • @Winnetaz:

      Man kann diesen Konflikt nicht dauerhaft militärisch lösen, da kann man noch so viele Anführer umbringen und noch so viele Hauptquartiere zerbomben. Es ist ein Krieg gegen eine Terrororganisation, das funktioniert nicht einseitig-militärisch. Der militärisch schwächere geht in den Guerillakampf und kann so einen langwierigen Zermürbungskampf gegen den Gegner führen, s. die USA in Vietnam, der Nordirlandkonflikt, Kolumbien uvm.



      Es muss um einen friedliche Koexistenz und echte Verhandlungen gehen, solange beide Seite verhärtet aufeinander einschlagen und -schießen wird es keinen Frieden geben.

    • @Winnetaz:

      Asymmetrische Konflikte laufen so. War schon immer und wird auch immer so sein. Nur lernt niemand daraus.

    • @Winnetaz:

      Das mag zutreffen. Wie ist aber die Lösung wenn der Tunnel unter einem Gebäude liegt? Haus weg? So einfach ist das nicht. Bzw sollte man es sich nicht machen.



      Ich denke, bei der derzeitigen Regierung in Israel kommt es garnicht so ungelegen, Gaza in einen unbewohnbaren Streifen zu verwandeln. Gleichzeitig expandieren die Extremisten im Westjordanland. Völlig unrealistisch ist es, dass man unter den Umständen offene Proteste gegen die Hamas sehen wird. Meiner Ansicht nach sind zwei extreme Minderheiten froh über die Eskalation, der Rest der Menschen treibt mit ins Unheil.

    • @Winnetaz:

      Hallo. Das IGH hatte Anfang des Jahres festgestellt, dass die hohe Zahl ziviler Opfer, auch die extrem hohe Zahl ermordeter Kinder, nicht darauf zurückgeht, dass die Hamas diese als menschliche Schutzschilde verwende. Grundlage für den IGH war unter anderem die NY Times Visual Investigation vom 21.12.2023 "A Times Investigation Tracked Israel’s Use of One of Its Most Destructive Bombs in South Gaza", welche belegt, dass Israel seit der ersten Woche Zivilisten in ausgewiesenen "Savezones" lockt und dann ungesteuerte(!) 2000-Pfund-Bomben auf sie wirf. Wie verheerend die größte Bombe in Israels Arsenal ist, können Sie dem Bericht entnehmen.

      Allerdings gibt es durchweg, und jetzt auch wieder aktuell in der NY Times , Berichte darüber, wer die Zivilbevölkerung in Gaza als menschliche Schutzschilde verwendet: "How Israel’s Army Uses Palestinians as Human Shields in Gaza", NY Times, 14.10.2024.

      Israel ist momentan unter Anweisung des IGH die Offensive zu beenden und Ermittler des IGH ins Land zu lassen, um Beweise für die Kriegsverbrechen und den Völkermord zu sammeln. (24.05.2024)

      Außerdem ist laut IGH die gesamte Israelische Besatzung seit 60 Jahren völkerrechtwidrig (23.07.2024)

      • @AronJarin:

        Davon abgesehen, dass Israel sich nicht der Gerichtsbarkeit des IGH unterworfen hat und das Gericht die Zuständigkeit aus Art. Art. IX der Völkermordkonvention ableitet, die sowohl Israel und auch Südafrika unterzeichnet haben, hat das Gericht in seinem Urteil v. 26.01.24 dem Eilantrag Südafrikas in den Teilen zugestimmt indem es um einen angemessen Schutz der palästinensischen Bevölkerung ging. Auf menschliche Schutzschilde von seiten der Hamas wird in dem Urteil kein Bezug genommen. Auch der Bericht der NY Times v. 21.12.23 dürfte für den Prozess unerheblich sein, da zu diesem Zeitpunkt die Beweisführung schon abgeschlossen war.

        Im nächsten Punkt beziehen sie sich auf auf die Entscheidung des IGH hinsichtlich des Eilantrags zur Offensive in Rafah. Das Urteil v. 24.05.24 fordert Israel nicht auf die Offensive in Gaza zu beenden, es ist einzig auf Rafah bezogen.

        Und auch der letzte Punkt bedarf einer Korrektur hinsichtlich der Besatzung im Westjordanland. Der IGH hat ein Gutachten erstellt mehr nicht. Die Sichtweise des IGH hat insofern für Israel keine Bedeutung, da es sich nicht deren Gerichtsbarkeit unterworfen hat.

        • @Sam Spade:

          Den IGH erkennen viele nicht an und das mit Gründen die "nachvollziehbar" sind. Auf zynische Seite.



          Darunter fällt auch, man rate mal: die USA.



          Warum könnte sich jeder Schelm denken.



          Darauf zu verweisen alle Israelische Regierungen disesn nicht anerkennen sagt daher nicht viel und ist eher bezeichnend.



          Was die Sache mit Rafa angeht.. Nun das war vor ein paar Monaten, keiner weiß wie das Urteil jetzt ausfallen würde.



          Desweiteren wird ein Eilantrag oft abgewiesen, was jedoch nicht heißen soll das sollte es zu einem "normalen" Antrag kommen das Ergebnis genau so aussieht.



          Auch interessant: eine Untersuchung stellt immer nur eine moment Aufnahme dar. Bei einer späteren könnte das Ergebnis anders ausfallen.



          Und das birgt Gefahren in sich, besonders wenn eine Gruppe bereits vorher darauf hingewiesen hat.

      • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin
        @AronJarin:

        Das gerne zitierte IGH-Gutachten vom 23.07.2024 ist, zum Glück, kein rechtlich bindendes Urteil. Zudem verzichtete der IGH darauf, die Beendigung der ganzen Gegenoffensive der IDF in Gaza zu fordern.

        • @Michaela Dudley:

          Das Sie sagen "zum Glück" ist bedauerlich.



          Kann man dann Andererseits auch wenn es dann z.B. gegen Iran ein Urteil spricht auch "zum Glück" sagen? Oder Russland?



          Auch wenn die Israelische Regierung das Urteil nicht anerkennt ist die Verurteilung bedeutsam.



          Und auch wenn Sie und andere die Augen davor verschließen: Sie hat Konsequenzen.



          Nicht für Israel direkt aber in den Augen andere Staaten welche sich dies merken und später darauf verweisen.



          Die Tatsache das man dem "Westen" eine doppel Moral vorhält düfte allen nicht unbekannt sein und hier würde sich der Vorwurf bestätigen.



          Aber stecken wir den Kopf ruhig in den Sand und verschließen die Augen....



          Wie schon in der Vergangenheit...



          Traurig

        • @Michaela Dudley:

          Wenn der IGH (und nicht irgendein Provinzgericht) erklärt, dass Israels Besatzungs- und Siedlungspolitik nach geltendem Recht illegal ist - dann ist diese höchstwahrscheinlich auch illegal. Ihnen ist bewusst, dass das Gutachten zwar kein bindendes Urteil ist, die rechtlichen Grundlagen, auf die er darin verweist, aber sehr wohl gültig sind - auch für Israel?