Forderung nach Social Leasing: E-Autos für kleine Geldbeutel
Zwei Europapolitiker der CDU fordern für die ärmere Hälfte Zuschüsse zum Leasing von E-Autos. Doch Bürgergeldempfänger sollen nichts bekommen.
Berlin dpa | Wer wenig verdient, soll nach dem Willen von zwei CDU-Europaabgeordneten künftig günstiger Elektroautos leasen können. Der Klimapolitiker Peter Liese und der Sozialpolitiker Dennis Radtke (beide CDU) wollen ein ähnliches Modell, wie es bereits in Frankreich gut genutzt wird, jedoch mit Einschränkungen: Die Förderung soll nicht an Bürgergeldempfänger gehen, teilten die beiden Abgeordneten mit.
Profitieren sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, kleine Selbstständige sowie Rentnerinnen und Rentner. Die Einkommensgrenze für die Förderung soll laut dem Vorschlag bei 43.750 Euro Jahresgehalt liegen – was dem aktuellen Medianlohn entspreche.
Das ist genau jenes Einkommen, bei dem 50 Prozent der Angestellten mehr und 50 Prozent weniger verdienen. Von der Förderung profitieren würde also die einkommensschwächere Hälfte der Gesellschaft. Zudem soll es nach dem Willen der beiden CDU-Politiker möglich sein, die Förderung so zu gestalten, dass chinesische Hersteller nicht in den Genuss der Förderung kommen.
„Gerade die, die sich anstrengen und es trotzdem schwer haben, brauchen beim Umstieg auf E-Mobilität unsere Unterstützung“, so Radtke, der jüngst den Vorsitz der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA übernahm. Eine Dienstwagenförderung wie von der Bundesregierung vorgesehen, kritisiert er und sein Kollege Liese als Maßnahme, „die für den Chef attraktiv ist, aber für den einfachen Arbeitnehmer nichts bringt.“
SPD offen für Social Leasing
Dabei zeigte sich jüngst auch SPD-Fraktionsvize Detlef Müller offen für ein Modell wie aus Frankreich. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Geprüft werden muss auch, inwiefern zielgenau Klein- und Mittelklasse-E-Autos europäischer Hersteller nach französischem Vorbild gefördert werden können, um einen Beitrag zur Antriebswende und Stärkung der Automobilindustrie zu leisten.“
Der Nachbar Deutschlands hat in diesem Jahr mit einem staatlichen Leasing von E-Modellen ab 100 Euro pro Monat begonnen. Das Angebot richtet sich an Menschen mit geringem Einkommen, die beruflich auf das Auto angewiesen sind und mindestens 15 Kilometer von ihrer Arbeitsstelle entfernt leben.
Leser*innenkommentare
Matthias Schindler
Einfach mal kostenlosen Nahverkehr einführen, dann braucht es so einen Auto-Blödsinn nicht.
Alex_der_Wunderer
Das Konzept der Förderung kam sicher von den Automobil Lobbyisten.
Erfahrungssammler
Warum liefert man das Geld für Zuschüsse bezügl. Auto nicht direkt in die Vorstandsetagen der Autokonzerne und zu den Gewinnausschüttungen?
Das würde viel Aufwand ersparen, und die Kohle käme schneller dort an, wo es von Anfang an geplant war.
Hitchhiker
Der Vorschlag hier ist genau so populistisch wie eine 70 Prozent Förderung für die Wärmepumpe für Menschen mit weniger als 40.000 Euro Einkommen.
Wieviel Bürgergeldempfänger wird es wohl geben die sich locker dann eine auto leisten können.... Tanken können sie es wahrscheinlich aber von dem Solarstrom welcher von der Anlage auf ihrem Villadach befindet.
Man kann auch gewollt einen Keil in die Gesellschaft treiben. Schafft jede Seite.
Ricky-13
taz: *Die Förderung soll nicht an Bürgergeldempfänger gehen, teilten die beiden Abgeordneten mit.*
Dass Bürgergeldempfänger sich höchstens ein gebrauchtes (klimaschonendes) Fahrrad leisten können, das wissen sicherlich auch diese zwei CDU-Europapolitiker. Aber wenn man als Unionspolitiker die Bürgergeldempfänger nicht ab und zu mal erwähnt, dann kann man ja auch nicht - zwischen den Zeilen - Stimmung gegen diese armen Menschen machen.
Dennoch ganz rührend, wie sich die "christliche" Union jetzt Sorgen um die kleinen Arbeitnehmer macht und ihnen helfen möchte, damit die sich auch ein E-Auto leasen können. Was Unionspolitiker doch alles machen, um damit 'einen Beitrag zur Antriebswende und Stärkung der Automobilindustrie' zu leisten. Oha, auf einmal sehe ist es ja ganz deutlich, um was es hier tatsächlich geht, nämlich um die "Automobilindustrie". Trotzdem sollte man den beiden Europapolitikern der CDU eine gute Note geben, denn mit dem Wort 'Bürgergeldempfänger' haben die zwei sehr gut vom Wesentlichen abgelenkt.
"Automobilindustrie, Automobilindustrie, Automobilindustrie"
„Du musst es dreimal sagen“, sagte schon Mephisto zu Faust [Goethe, Faust 1]
Romilia
Staatliches Leasing?
Super Idee: Gibts da dann ne extra Behörde mit extra Angestellten?
Ich freue mich schon auf den Antrag: 27 Seiten, doppelt auszufüllen.
Und bei der Rückgabe auf den Kratzer im Lack, den niemand sehen kann außer der Behörde.
vieldenker
Eine pfiffige Idee - und auf welche Kostenstelle im Haushalt würde das dann verbucht? Das könnte ein Hauen und Stechen zwischen den Ministerien werden.
Alex_der_Wunderer
Scheinbar möchte die CDU nicht von Bürgergeldempfängern gewählt werden...
Bernd Simon
“Die Förderung soll nicht an Bürgergeldempfänger gehen, teilten die beiden Abgeordneten mit.”
Vielleicht weiß es ein Autor der TAZ nicht, aber Bürgergeldempfänger können sich ein Auto noch weniger leisten als Geringverdiener oder die „untere Hälfte“ der Arbeitnehmer. Auto ist nämlich teuer.
Wieso zweimal(!) darauf hingewiesen werden muss, dass die CDU-Politiker Bürgergeldempfänger nicht in die Kreditfalle laufen lassen wollen, verstehe ich nicht.
Ich dachte, dies wäre eine Selbstverständlichkeit.
Limonadengrundstoff
@Bernd Simon Bürgergeldempfänger sollen also auch in den nächsten Jahren mit dem Diesel von ihrer billigen Wohnung zu ihrem schlecht bezahlten Aufstocker-Arbeitsplatz fahren.
Wird die zu erwartende massive Kostensteigerung beim Diesel durch budgetierte Bürgergelderhöhungen aufgefangen, oder wird die Zumutbarkeitsregel auf "muss mit ÖPNV erreichbar sein" geändert?
Andreas J
@Bernd Simon Wo wird zwei mal auf eine Kreditfalle für Bürgergeldempfänger von den CDU-Politikern hingewiesen?
Stoffel
@Bernd Simon Meine vollste Zustimmung!