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Internationale BeziehungenGlobal bescheidener auftreten

Essay von Jürgen Trittin

Die Welt ist zu komplex, um vom „Westen“ versus Autokratien zu reden. Diese Arroganz ist bei der Suche nach neuen Partnern wenig dienlich.

Illustration: Katja Gendikova

D er Westen – das ist mehr als die Himmelsrichtung, aus der das Wetter nach Europa kommt. Es gibt auch den politischen Westen. Deutschland wie Europa wird „der Westen“ gerne als politische Identität angeboten. Der politische Westen teilt sich in die Idee vom Westen und den realen Westen. Die Gegner der Idee des Westens ebenso wie die Verteidiger des realen Westens haben Interesse daran, die Differenz zwischen Idee und Realität zu leugnen.

Die Idee des Westens – das ist die Französische Revolution, das ist die Westminsterdemokratie Englands, das ist die amerikanische Verfassung – und das deutsche Grundgesetz. Es ist Demokratie, Herrschaft des Rechts, Gewaltenteilung, Meinungs- und Pressefreiheit ebenso wie die Gewerbefreiheit. Die Idee des Westens mündete im demokratischen Kapitalismus. Sie brachte Freiheit und Wohlstand weit über Europa und Nordamerika hinaus.

Bild: Laurence Chaperon
Jürgen Trittin

war Umweltminister und Fraktionsvorsitzender der Grünen. Bis zu seinem Austritt aus dem Bundestag war er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.

Die Idee des Westens hat sich universalisiert und fand ihren augenfälligsten Niederschlag in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die alle Mitglieder der Vereinten Nationen ratifizierten. Die Gegner der Idee des Westens, wie China oder Russland, versuchen, die Staaten des globalen Südens hinter Autokratien zu versammeln. Sie sehen eine Bipolarität zwischen Nord und Süd.

Die Vertreter des Status quo in Europa wie den USA teilen die Welt gerne in eine neue Blockkonfrontation zwischen Demokratie und Autokratie. Beide bipolaren Sichtweisen werden der Realität einer multipolar gewordenen Welt mit vielen Akteuren und Machtzentren nicht gerecht. Heute gefallen sich Länder wie China und Russland darin, die universellen Rechte der UN-Charta als „westliche“ Werte zu diskreditieren und zu denunzieren. Das ist falsch und gefährlich.

Keine reine Weste

Der reale Westen aber hat viel dazu beigetragen, dass Autokraten das gelingen kann. Von Beginn an stand der reale Westen im Konflikt zur Idee des Westens. Die Herausbildung der Vereinigten Staaten von Amerika geschah auf der Basis einer großartigen Verfassung, begleitet vom Rassismus und der Sklaverei gegen Schwarze, der Gewalt und dem Vertragsbruch gegenüber den indigenen Völkern Nordamerikas – zu besichtigen in zwei großartigen Museen in Washington D.C. Die Westminsterdemokratie England beutete seine Kolonien in Indien und Afrika brutal aus.

Das Land der Französischen Revolution hielt sich Kolonien von Vietnam über Algerien bis zum Sahel. Die kaiserliche deutsche Kolonialmacht war weit von der Idee des Westens entfernt – trotzdem brauchte Deutschland 50 Jahre Demokratie, bis es seinen Völkermord in Namibia anerkannte. Es gibt nicht nur diese finstere Geschichte. Der reale Westen hat Europa – gemeinsam mit Stalins Sowjetunion – vom Faschismus befreit. Eine große historische Leistung.

Mit dem Sieg über Nazi-Deutschland entstand die bis heute bestehende völkerrechtliche Ordnung im Rahmen der Vereinten Nationen. Aber sie spiegelt auch die Machtverhältnisse von 1945 wider, als Indien und China arm und kolonialisiert waren – während Frankreich und Großbritannien Weltmächte zu sein glaubten. Die Welt hat sich seitdem verändert. Die Idee des Westens aber blieb auch nach 1945 global im Widerspruch mit der Realität.

Indien musste sich die Demokratie im gewaltlosen Widerstand gegen England erkämpfen. Algerien und Vietnam befreiten sich gewaltsam von Frankreich. Vietnam musste danach erleben, wie die großen USA versuchten, das kleine Land „in die Steinzeit zurück zu bomben“. Die USA überzogen ganz Südamerika mit Militärdiktaturen. Sie überfielen nicht nur das winzige Grenada, sondern griffen völkerrechtswidrig den Irak an.

Auf Kosten der Demokratie

Der demokratische Kapitalismus Europas wie der USA lebte den Widerspruch zwischen Demokratie und Kapitalismus im Zweifel regelmäßig zulasten der Demokratie aus. Ob Südafrika, Brasilien oder Chile, in all diesen Ländern musste die Idee des Westens gegen den realen Westen erkämpft werden, von der Zivilgesellschaft und mit der Waffe in der Hand. Nelson Mandela und Ronnie Kasrils in Südafrika, Lula da Silva und Dilma Rouseff in Brasilien verkörpern beeindruckend die Idee des Westens.

Aber Südafrika und Brasilien sind mit dem demokratischen Indien Mitglieder der Staatengemeinschaft BRICS, die sich explizit gegen „den Westen“ gegründet hat und China wie Russland zu seinen Mitgliedern zählt. Der globale Süden hat die Widersprüche des demokratischen Kapitalismus Europas wie der USA aufmerksam wahrgenommen. Denn sie reihen sich in die lange Kette von kolonialer Selbstüberhöhung und Demütigung der Nicht-Weißen ein.

Der US-Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington („Clash of Civilizations“), bestimmt kein antiimperialistischer Ideologe, schrieb: „Der Westen eroberte die Welt nicht durch die Überlegenheit seiner Ideen oder Werte oder seiner Religion (…), sondern vielmehr durch seine Überlegenheit bei der Anwendung von organisierter Gewalt. Oftmals vergessen Westler diese Tatsache; Nichtwestler vergessen sie niemals.“

Der Globalhistoriker Jürgen Osterhammel, der 2014 Festredner zum 60. Geburtstag von Angela Merkel war, bemerkt zu Recht, dass „in den Begriffskern des Westens die Vorstellung der eigenen Überlegenheit eingebaut ist. Der Nicht-Westen wird stets inferior gesehen. Westen ist deshalb ein Begriff der Arroganz“. Und: „Kein Westen ohne Zivilisationsgefälle“. Westen ist kein durchweg positiver und erst recht kein unschuldiger Begriff.

„West gegen den Rest“ ist passé

Es ist im pragmatischen Eigeninteresse Europas und Deutschlands, sich von diesem Konstrukt Westen zu verabschieden und global bescheidener aufzutreten. Die Zeiten, als der Westen, die USA und Europa, sich diese Arroganz global leisten konnte, sind vorbei. Der demokratische Kapitalismus ist nicht mehr das Rollenmodell für Wachstum und Wohlstand – zu besichtigen am wirtschaftlichen Aufstieg Chinas.

Die Befreiung von 800 Millionen Menschen aus absoluter Armut, die Herausbildung einer globalen Mittelschicht war nicht möglich ohne die Globalisierung. Aber sie geschah ohne Demokratie und ohne Freiheit. Auch wenn es bitter ist: Das Wohlstandsmodell des demokratischen Kapitalismus hat einen echten Konkurrenten bekommen. Wer in dieser Welt den Kampf „West gegen den Rest“ ausruft, wird in weiten Teilen der Welt als hochmütiger Erbe einer finsteren Geschichte gesehen.

Verkannt wird, dass es unzählige große und kleine, demokratische wie semiautokratische Länder gibt, die sich weder exklusiv China noch den USA zuordnen wollen. Das gilt für Länder, die in ihrer Sicherheit von den USA, aber im Handel von China abhängig sind, von Japan über Südkorea bis Singapur. Das gilt für das autokratische Vietnam. Es gilt für Demokratien wie Südafrika oder Indien, obwohl sie militärisch mit Russland zusammenarbeiten.

Die multipolare Welt, in der wir schon jetzt leben, wird nicht von starren Blöcken wie vor 1989 bestimmt. In ihr dominieren komplizierte Aushandlungsprozesse, in denen konkrete Angebote und Interessen den Ausschlag geben. Europa kann da durchaus selbstbewusst auftreten. Im Verhältnis zu Indonesien oder Vietnam, Südafrika oder lateinamerikanischen Staaten hat Europa auch in der Konkurrenz mit China viel zu bieten – zumal die Realität der Zinszahlungen im Rahmen der chinesischen Belt and Road Initiative im Globalen Süden zunehmend sauer aufstößt.

Ein ökonomisch resilientes Europa

Die Idee Europa ist, so Jürgen Osterhammel, weit weniger „ideologisch, moralisch und normativ aufgeladen“ als die des Westens, trotz seiner Kolonialgeschichte. Ein souveräneres Europa lebt nicht in Äquidistanz zu den USA und China. China ist für Europa Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale. Die USA sind Partner, insbesondere in der Sicherheitspolitik, und Wettbewerber. Ob sie unter einer neuen Trump-Administration auch zu einem systemischen Rivalen würden, weil sie sich von der Idee des Westens verabschieden würden, ist eine offene Frage.

Ökonomisch aber ist der Westen eine Fiktion. Auf den Märkten sind die USA und Europa Konkurrenten, keine Verbündeten. Joe Biden hat den Zollkrieg von Trump gegen Europa, das „worse than China“ sei, nicht beendet, sondern zuletzt bei den Zöllen draufgesattelt. In einer multipolar gewordenen Welt ist die zukünftige Ausgestaltung der internationalen Ordnung offen. Europa hat ein großes Interesse an der Bewahrung der regelbasierten Ordnung auf der Basis der UN-Charta, am Schutz unserer Lebensgrundlagen.

Dafür muss Europa sich ertüchtigen. Dazu gehört mehr ökonomische Resilienz, wie sie Mario Draghi gerade treffend skizzierte. Und dazu gehören auch die von Ursula von der Leyen geforderten verstärkten gemeinsamen Rüstungsanstrengungen. Es geht um mehr europäische Souveränität. Die globalen Herausforderungen, von der Klimakrise, Ungleichheit, Pandemien bis hin zu Kriegen und Konflikten, kann Europa nicht allein, auch nicht allein mit den USA angehen.

Dafür braucht es Partner in der Welt. Alte, bewährte Partnerschaften, aber eben auch neue Partner. Die gewinnt man nicht, in dem man „den Westen“ beschwört. Es ist höchste Zeit, das Gerede von „dem Westen“ ad acta zu legen. Es schadet Europa mehr, als es nützt. Denn der politische Westen, der 1789 und die Französische Revolution, der die amerikanische Verfassung und die Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte meint, war nie der reale Westen.

Wir leben in einer multipolar gewordenen Welt. Wer in ihr den Süden gewinnen will, muss sich von „dem Westen“ verabschieden. Von seiner arroganten Rhetorik, aber vor allem von der Gewalt des realen Westens. Nur so kann die Idee des politischen Westens als universelle Vision überleben.

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13 Kommentare

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  • "Das Wohlstandsmodell des demokratischen Kapitalismus hat einen echten Konkurrenten bekommen."



    Nein, hat es nicht.



    Es gibt nur eine Wirtschaftsform, die Marktwirtschaft, es werden zwischen Menschen, seit es sie gibt Güter und dienstleistungen ausgetauscht. Der Unterschied ist nur, wie der Preis gemessen wird (Bei uns in der Regel in Geld, in der DDR brauchte man auch noch Beziehungen).



    Und Freiheit gibt es schon garnicht. Die Einschränkungen der Freiheit sind halt unterschiedlich organisiert, aber man sollte nicht denken, man könnte auf Dauer gegen die Mehrheit der Bevölkerung irgendwas durchdrücken. In Afgahnistan z.B. unterstützt die Mehrheit der Einwohner die Taliban und nicht die von den USA eingesetzte Regierung.



    Allerdings hat sich gezeigt, dass in einer sozial regulierten demokratisch laizistisch rechtsstaatlichen Marktwirtschaft die besten Ergebnisse für den Durchschnitt erzielen lassen und daher ist das langfristig auch nicht aufzuhalten.

  • "Demokratischer Kapitalismus"? Ein Widerspruch in sich! Herrschaft des Volkes über das Kapital von Individuen? Dagegen wandten sich schon die Väter der amerikanischen Verfassung (Sklavenhalter, Land- und Fabrikbesitzer, Anwälte...) mit der Idee der repräsentativen Demokratie, um sich vor der "Tyrannei der Mehrheit" zu schützen. Julian Nida-Rümelin warnte erst kürzlich vor einer "Diktatur der Mehrheit".



    Braucht es ein neues Märchen, um die realen Machtstrukturen, Machthebel und Ziele des Kapitalismus innerhalb von Demokratien, die auch in Autokratien, Diktaturen, Monarchien bestehen, zu verwischen?



    Der Kapitalismus hat die Welt in Märkte, Rohstofflager und Müllhalden aufgeteilt, nicht in politische oder gesellschaftliche Systeme. Nur der unbegrenzte Zugang und die unbegrenzte Plünderung dieser ist das Ziel. Dabei war und ist jedes Mittel recht! Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sind inkompatibel mit dem Kapitalismus. Ganz gleich, in welche Himmelsrichtung man schaut.



    Den Kapitalismus unter demokratische Kontrolle zu bringen, ist bislang immer gescheitert. Seit Allende dürfte das bekannt sein! Uns gelingt es nicht einmal, seine Dynamik mit demokratischen Mitteln zu bremsen.

  • Einmal abgesehen von der Frage, ob ich nun arrogant bin und mir das überhaupt leisten kann - hinter Kant zurückzufallen, hinter die Kämpfe für Freiheit und Menschenrechte, hinter das Grundgesetz: no way!

  • Auch wenn es Steinmeier schon tausend mal bekannt hat, der Genozid an Herero und Nama hätte längst vom Bundestag, als Sie da noch Abgeordneter waren, per expliziter Entschließung bekannt werden müssen. Stattdessen bekannte der Bundestag den Völkermord an den Armeniern, den eine ganz andere Nation begangen hat, was nur dann Sinn gemacht hätte, wenn bis dahin D seine eigenen Völkermorde bekannt gehabt hätte. Abwarten hat dazu geführt, dass das Parteiengefüge im Bundestag bald keine einfache Mehrheit für eine Entschließung bezüglich der deutschen kolonialen Schuld mehr zustande bringt. Ein ganz wichtiger Baustein einer aufgeklärten Nation ist der Grundsatz:

    Leugne nie deine Geschichte. Für Deutschland: Lass deine Geschichte auch nicht stellvertretend von Holocaustleugnern anderer als deutscher Nationalität leugnen! The Bad and The Ugly gehören zu unserer Geschichte dazu. Und die Anerkenntnis, dass ganze Vorfahrengenerationen weitestgehend ethisch-moralisch falsch lagen, in der Kaiserzeit etwa mit kolonialistisch sendungsbewusstem Überheblichkeitsdünkel, in Nazideutschland mit rassistischer Ideologie.

    Geschichtsleugner sind feige, kommen sie aus dem Ausland, Anstifter zu Feigheit.

  • „West gegen den Rest“ ist passé

    Was bedeutet das für Baerbocks "wertegeleitete Außenpolitik"? Wir der deutsche Oberlehrer jetzt eingepackt?

  • Wenn wir die Ideale der Französischen Revolution - liberté, égalité, fraternité - aufgeben, werden wir alles verlieren und die Welt in Unfreiheit stürzen. 5% Privilegierte werden dann 95% der Menschen versklaven. Beispiele aus der Geschichte gibt es für solche Gesellschaften zur Genüge. Wollen wir das riskieren?

    Die Welt war schon immer multipolar, nur haben das viele Menschen und vor allem Politiker in der EU und den USA in den letzten Jahrzehnten wohl nicht gemerkt. Mit Russland als Gegenpol des "Westens" zu argumentieren, ist paradox. Der russische Staat basiert auf einer europäischen Kultur und pflegt einen orthodoxen christlichen Glauben. Dort, wo die Bewohner Russlands anderen Kulturkreisen oder Religionen angehören, leben sie in von Moskau kolonialisierten Gebieten. Das ist der wesentliche Unterschied zu China, das seit mehr als 2000 Jahren weit weniger expansiv agiert, aber natürlich kopiert China die Methoden inzwischen von europäisch geprägten Staaten.

    Es ist vollkommen daneben, Autokratien, die wie Selbstbedienungsläden der Herrschenden funktionieren, das Wort zu reden. Es geht um die Freiheit aller Menschen. Nichts anderes bringt langfristig Fortschritt und Wohlstand.

  • Volle Zustimmung.



    Deswegen schadet das Lieferkettengesetz allen. Welches Recht haben wir uns über die Arbeitsbedingungen in Afrika oder Asien zu beschwerden.

  • Die Idee einer freien Welt nur noch als Fußnote in der Geschichte des "realen Westens" zu interpretieren, im Gegensatz dazu die sozialen Verdienste einer ihrem Wesen nach brutalen und menschenverachtenden Diktatur wie China hochzujazzen und dies auch noch als Alternative zu einer rechtstaatlich geregelten Weltordnung anzudienen, ist mir von Hr. Trittin zu simpel gedacht (selbst im romantischen Rückblick auf Anti-Vietnamkriegsdemos u.ä.). Rechtsstaat und soziale Marktwirtschaft (hierzulande und weltweit) durchzusetzen, ist eine Sysiphosarbeit, aber alternativlos.



    Volle staatliche Souveränität beruht auf Macht UND Legalität. Ersteres können Diktaturen demonstrieren, letzteres nicht vorweisen (weshalb sie in ihrer Daseinsberechtigung vom "Westen" auch nicht ganz "für voll" genommen werden). Deshalb hat Fr. Baerbock in ihrer Rolle als Außenministerin Hr. Putin und Hr. Yi unverblümt und undiplomatisch, aber präzise als "Diktatoren" bezeichnet.



    Und das ist die Wahrheit.



    Mit diesen Leuten an einem Tisch zu sitzen, bleibt zugleich notwendig und unappetitlich.

  • wie schön, dass es noch Urgesteine der Grünen wie ein Trittin gibt, die wirklich Grips in der Birne haben und ihre politischen Reden nicht in persönlicher Betroffenheit und peinlichen Anekdötchen aus dem eigenen Leben erschöpfen.



    Schön auch, wenn der Anspruch der eigenen Moralität einmal etwas in Frage gestellt wird. Dies geht in die richtige Richtung.

    Allerdings sollte man einmal Bücher von Noam Chomsky lesen um die das wirkliche Ausmaß westlicher Heuchelei zu erkennen. Und hier fehlt in dem historischen Aufriss von Trittin ziemlich viel. Und diese Heuchelei erleben wir jeden Tag aufs Neue, wenn unliebsame Wahrheiten der prowestlichen Außenpolitik einfach nicht berichtet werden. Dies gilt in meinen Augen noch mit am wenigsten für die taz, aber leider auch hier.

  • Vom fragwürdigen Schreibstil mal abgesehen: "demokratischer Kapitalismus" ist sowas wie "promiskuitiver Katholizismus" oder einfacher: "trockenes Wasser".

    Immerhin: die Einsicht, dass wir uns immer noch überschätzen (in unseren nicht reinen Westen), ist nicht neu. Darüber kann man in TAZFutur2 von Welzer oder in seinen Büchern schon lange lesen.

    Aber wenn die Grünen diese Einsicht letztlich doch noch irgendwie gewonnen haben, warum leben sie sie nicht? Gerade ihren radikalmilitaristischer Weg in der "Lösung" des Ukraine-Krieges könnten sie dann vielleicht etwas über Bord werfen wenn sie sich um diplomatische Beziehungen zu BRICS mehr bemühen würden. Denn das R in BRICS ist für die Ukraine das Problem und die anderen könnten vermitteln. Besser als der abgehalfterte "Westen" vielleicht. Aber vielleicht hat Agnes Strack-Zimmermann Rheinmetall-Aktien unter den Grünen verteilt und darum ist es für sie ok so, wie es ist. ;-)

  • "Die Befreiung von 800 Millionen Menschen aus absoluter Armut, die Herausbildung einer globalen Mittelschicht war nicht möglich ohne die Globalisierung" Sorry, aber das ist kapitalistische Augenwischerei des Westens. Die 2,15 US-Dollar der Weltbank als Grenze sind Realitätsfremd und viel zu niedrig.

  • Richtig gesprochen, Herr Trittin! Nur sagen Sie das mal ihrer Parteikollegin Baerbock, die da geistig völlig anders und im wertegeleiteten Oberlehrermodus unterwegs ist...

  • Der erste Artikel den ich von dem ehemaligen Minister in acht Jahren lese. Wo er wohl recht hat ist, dass wir in einer multipolaren Welt leben in der sowohl "der Westen" weder als Begriff trägt, noch als Inhalt.