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Umgang mit Hitler-AttentäternSie haben es gewusst

80 Jahre nach dem Attentat dekonstruiert die Historikerin Ruth Hoffmann in ihrem Buch die Instrumentalisierung von Stauffenberg und seinen Mitstreitern.

20. Juli 1944: Hermann Göring und Martin Bormann begutachten die Zerstörung in der „Wolfsschanze“ Foto: Heinrich Hoffmann/UPI/dpa

Alljährlich findet im Berliner Bendlerblock eine Gedenkfeier statt, um an die Männer zu erinnern, die dort in der Nacht des 20. Juli 1944 als Widerstandskämpfer erschossen wurden, darunter General Friedrich Olbricht und Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Hinter den Offizieren, die Hitler stürzen wollten, so die Autorin Ruth Hoffmann, stand ein breites Bündnis aus Militärs und Zivilisten.

Die Hamburger Historikerin Ruth Hoffmann versucht den Mythos „Stauffenberg-Attentat“ zu de­kons­truie­ren. Dies gelingt ihr in einer anschaulich geschriebenen Darstellung vorzüglich. Dabei geht es ihr nicht um das Attentat selbst, auch andere Widerstandsgruppen wie die Weiße Rose oder die sogenannte Rote Kapelle erwähnt sie nur am Rande. Sie beschreibt stattdessen detailliert, wie der 20. Juli nach dem Krieg „verklärt und politisch instrumentalisiert“ wurde.

Nach 1945 vergingen zunächst viele Jahre, bis die Verschwörer als Widerstandskämpfer überhaupt anerkannt und geehrt wurden, weil der 20. Juli „immer ein schwieriges Datum und ein Stachel im Fleisch deutscher Selbstgewissheit war – weil er das Märchen vom verführten Volk entlarvte, das von nichts gewusst habe“.

Mit zunehmender zeitlicher Distanz zum Nationalsozialismus erschienen die Widerständler, allen voran Graf Stauffenberg, in einem hellen Licht, sie verkörperten nunmehr das „andere Deutschland“, ihr Handeln galt als „Aufstand des Gewissens“. Dabei waren viele Militärs, auch Stauffenberg, zunächst überzeugte Nationalsozialisten gewesen.

Mitläufer in Amt und Würden

Während Ruth Hoffmann den Umgang der Ostdeutschen mit dem nationalsozialistischen Erbe nur am Rande erwähnt, beleuchtet sie ausführlich die Entwicklung im Westen, wo der Widerstand von Kommunisten und Sozialisten, Gewerkschaftern und Deserteuren missachtet und diffamiert wurde. Zugleich kamen Träger und Mitläufer des NS-Regimes wieder in Amt und Würden.

Ruth Hoffmann: „Das deutsche Alibi“. Goldmann Verlag, München 2024, 400 Seiten, 24 Euro

Ein Fall unter vielen: „Marion Freisler bekam ihre Rente schon seit 1955 – die der Witwe eines Staatssekretärs wohlgemerkt, denn als solcher war ihr Mann im Reichsjustizministerium tätig gewesen, bevor er Präsident des Volksgerichtshofes wurde. Ab 1974 konnte sie sich über eine deutliche Rentenerhöhung als ‚Schadensausgleich‘ freuen, die ihr das Versorgungsamt mit dem Argument gewährte, ihr Mann hätte nach dem Krieg in der Privatwirtschaft Karriere machen können.“

Überlebende NS-Opfer mussten dagegen jahrelang um Renten und Entschädigung kämpfen, zum Teil vergeblich. Ein weiteres Beispiel, das Ruth Hoffmann in ihrer lesenswerten Darstellung anführt: Im Berliner Bendlerblock, dem Sitz der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, dort, wo unter anderen Stauffenberg erschossen wurde, steht seit 1953 die überlebensgroße Bronzestatue eines an den Händen gefesselten nackten Mannes, ein Werk des Künstlers Richard Scheibe.

Nach 1933 war er regelmäßig auf NS-Kunstausstellungen präsent, Hitler und Goebbels kauften seine Werke, der Propagandaminister setzte ihn auf die Liste der sogenannten gottbegnadeten Künstler, aber bereits 1953 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz. Eine deutsche Karriere.

Breites Bündnis

In ihrem Buch verweist Ruth Hoffmann gegen Ende auf einen Aspekt, der ihr bedeutsam erscheint: Im Kampf gegen das NS-Regime strebten die Verschwörer des 20. Juli ein breites Bündnis an. Menschen mit sehr unterschiedlichen Einstellungen – Konservative und Kommunisten, Militärs und Pazifisten, Christen und Gewerkschafter – stellten für ein gemeinsames Ziel ihre Differenzen zurück.

Die Bereitschaft zu Toleranz und Kompromiss, so Hoffmanns Fazit, könnte angesichts zunehmender rechtsextremer Tendenzen ein Beispiel für heute sein.

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40 Kommentare

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  • diese rente für maria freisler -wußte ich noch nicht. is mir schlecht.

  • "Dabei waren viele Militärs, auch Stauffenberg, zunächst überzeugte Nationalsozialisten gewesen."

    Der Narrativ nach dem Attentat war vor allem gegen den Adel an sich und Reichswehr-Offiziere gerichtet. Diese Gruppen passten nicht in das Bild der nationalen Revolution der Nazis.

    Als Vertreter der Nationalsozialisten wurden die Attentäter noch zu Lebzeiten nach dem Attentat nicht von der nazigläubigen Bevölkerung wahrgenommen.

  • Stauffenberg war ein hoher Offizier der Wehrmacht. Ohne diese hätten weder der Vernichtungskrieg, noch der Holocaust stattfinden können.

    Natürlich wäre es dennoch gut gewesen, das Attentat wäre geglückt, vergessen darf man aber auch nicht, dass die Akteure erst handelten, als die militärische Niederlage Deutschlands bereits sicher war.

    Was wäre gekommen, hätte es geklappt?

    Der als Staatsoberhaupt vorgesehene Generaloberst Ludwig Beck, sprach sich dafür aus, »erhebliche Teile des vom nationalso­zialistischen Staat Geschaffenen in den Staatsumbau herüberzunehmen und auf die Dauer zu sichern«.

    Klingt nicht sehr demokratisch.

    Vielleicht hatte ja Churchill doch recht, als er die Chose als Auseinandersetzung unter dem Führungspersonal des Dritten Reiches bezeichnete.

    • @Jim Hawkins:

      "Was wäre gekommen, hätte es geklappt?"



      Die Alliierten hätten sich nur mit einer Kapitulation zufrieden gegeben.



      In jedem Fall hätte es noch ein paar Millionen Menschen das Leben gerettet.

    • @Jim Hawkins:

      Das ist zwar alles richtig, aber die Chance, einen erfolgreichen Putsch durchzuführen, solange Hitler militärisch auf der Erfolgsspur war, war gleich Null. Wie hätte man ein Volk, das eben noch allzu willig bereit war, für Führer, Volk und Vaterland in den Tod zu gehen, denn davon überzeugen sollen, dass es sich um ein verbrecherisches Regime handelte, das unbedingt beseitigt werden muss?

      Sie haben Beck erwähnt. Klar, es gab unter den Verschwörern auch Erzreaktionäre, die mit der Demokratie wenig am Hut hatten (wozu man allerdings auch einiges sagen könnte), aber es gab eben auch die gestandenen Sozialdemokraten wie Mierendorff, Leuschner oder Leber und andere, die schon sehr viel früher den verbrecherischen Charakter des Regimes erkannt hatten.

      Zweifellos hatte ein Generaloberst Ludwig Beck politische Vorstellungen, die wir beide nicht teilen. Aber gerade er gehörte eben auch zu jenen, die nicht erst kurz vor der Niederlage, sondern schon vor 1939 erkannt hatten, wohin Hitlers Weg führen würde.

  • Lieselotte Herrman



    Maria Terwil



    Erna Krafft



    Carl von Ossietzki



    Erich Mühsam



    Liane Berkowitz



    und alle Anderen



    Ehre und Dank

  • Auch Oskar Schindler ("Schindlers Liste") wird nich dadurch "dekonstruiert" dass er zu vor überzeugtes NSDAP Mitglied war.

    Warum sollte das also bei Staufenberg und Co. so sein. Zumal das Netzwerk der Widerständler bis hin in SPD-Kreise ging. Will man nun auch die die SPD "dekonstruieren"?

    • @Rudolf Fissner:

      Stauffenberg beging das Attentat, um Deutschland vor der vollständigen Kriegsniederlage zu schützen und er war auch kein Demokrat, sondern wollte eine Diktatur, ähnlich wie es in der Weimarer Republik Konzepte einer "konservativen Revolution" gab (die Seehofer einmal lobte).



      Während Kriegsopportunisten wie Schindler und Demokratiefeinde wie Stauffenberg in der BRD zu Helden stilisiert wurden, muss um ein breites Andenken an linke Widerständler bis heute gekämpft werden. Da verwundert es nicht, dass die Frage, wie es zu einem Vernichtungsfeldzug gegen fast die ganze Welt kommen konnte, bei dem die Mehrzahl der Deutschen mitmachte, nicht wirklich gesellscjhaftlich bearbeitet wurde.



      Als die Jungsozialisten der SPD jedenfalls gen Ende der Weimarer Republik die Mittel der SPD für einen bewaffneten Kampf einsetzen wollten, wurden das von der SPD-Führung verneint. Zu diesem Zeitpunkt wurden schließlich nur Juden, Kommunisten und Anarchisten in Konzentrationslager gesteckt.

      • @Hannes Schreiter:

        Das Andenken an kommunistische Widerständler ist vor allem deswegen so schwer, weil die KPD selber auch die Weimarer Republik kippen wollte, Gewalt dabei anwendete, sich nicht zu blöd war auch mit der NSDAP zusammenzuarbeiten (Volksentscheid zur Auflösung des preußischen Landtages 1931), mit ihrer viel zu spät aufgestellten Einheitsfront ebenfalls nur die SPD raus kicken wollte und zu blöd war sich von ihrem Fhrer Stalin zu distanzieren, der Millionen Tote zu verantworten hat und mit dem Hitler-Stalin-Pakt mitverantwortlich war für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.

        Können Sie die Abneigung angesichts des Versagens der KPD nachvollziehen?

        Und zur SPD. Diese musste, wenn an Regierungen beteiligt, regelmäßig polizeilich gegen die Feinde der Weimarer Republik vorgehen.

        Was Sie da glaube ich bemängeln ist, dass die SPD nicht die antidemokratischen Revolutionsspiele der KPD mit gemacht hat

      • @Hannes Schreiter:

        Danke. So sinnse anne Weser



        & aE gilt



        “Die Geschichte von Pastor Martin Niemöller



        (1892-1984)

        „Als die Nazis die Kommunisten holten,



        habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.



        Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,



        habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.



        Als sie die Gewerkschafter holten,



        habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter.



        Als sie die Juden holten, (siehe Anm.1)



        habe ich nicht protestiert;



        ich war ja kein Jude.



        Als sie mich holten,



        gab es keinen mehr, der protestierte.“



        www.talktogether.o...w&id=170&Itemid=30

        So geht das ©️ Kurt Vonnegut



        “Wir müssen kontinuierlich von Klippen herunterspringen und auf dem Weg nach unten unsere Flügel wachsen lassen.“

        • @Lowandorder:

          Nachklapp -

          Zu dem lesenswerten link zu Martin Niemöller & sein “Vom U-Boot zur Kanzel“ gehört gerade im vorliegenden Zusammenhang - Klaus Theweleits -



          Männerphantasien (ua Martin Niemöller



          www.deutschlandfun...t-vor-der-100.html



          “…Herr Theweleit, als Sie das Buch für die Neuauflage in die Hand genommen haben, waren Sie überrascht, wie aktuell es noch ist?



          Theweleit: Nein, überhaupt nicht überrascht, denn ich hab ja nicht nicht zugesehen die ganze Zeit, was passiert ist seitdem. Bestimmte Formen von männlicher Gewalt sind ja nicht verschwunden, die sind in unserer Gesellschaft zwar gemildert gegenüber den Situationen 1919/1920, die ich beschreibe, und auch gegenüber den 30er-, 40er-Jahren, aber weltweit hat Gewalt an vielen Stellen eher zugenommen, auch gerade eine bestimmte Sorte männlicher Gewalt. Leider ist das Buch kein bisschen weniger aktuell, als es damals war.“

          kurz - wohl wahr •

  • Bei aller Berechtigung umfassend über die Vorgänge vor 70 Jahren informiert zu werden, so ist es doch auch ein klassisches Beispiel zur Verkaufsförderung. Gestern ein Interview in der TAZ mit der Expertin, nun die entsprechende Buchrezension und im Spiegel schreibt sie den Artikel gleich selbst.

    • @fly:

      Ihr Problem ist genau was?

    • @fly:

      Warum auch nicht? Soll etwa mit Interviews, Buchveröffentlichung, Rezension usw. gewartet werden, bis es gar keinen zeitlichen Zusammenhang gibt - nur damit nicht der Vorwurf der Verkaufsförderung erhoben werden kann?

    • @fly:

      Tja - so ist das bei Gedenktagen & wenn ihr Opa 90 wird - Glückwunsch!



      Dann werden normal - auch Senf&Salat Reden gehalten - wie nix gutes! Woll



      Na aber Si‘cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix. Newahr.



      Normal

      Aber doch auch schön - dasse sonst keine Probleme haben und das -



      Weiterscrollen noch entdecken dürfen!



      Viel Glück - das wird! - 🙀🥳😹 -



      & jetzt etwas amazing 🎵 Sugar hau rein



      www.youtube.com/watch?v=BFj4m9cX900



      No Leave - No Love - Get it? Fein



      servíce

  • Ich habe die Verehrung dieser Gruppe auch nie verstanden.



    War es nicht so, dass diese gar nicht den Nationalsozialismus loswerden, sondern lediglich Hitler ausschalten wollten, damit dessen taktische Unfähigkeit nicht den Endsieg gefährdete?

    • @Herma Huhn:

      "„Das Attentat muß erfolgen, coûte que coûte. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“



      Henning von Tresckow.

    • @Herma Huhn:

      Wenn man sich bewusst macht, welche geradezu apokalyptischen Ausmaße das Sterben und Morden mit Hekatomben von Toten in der Kriegsphase vom gescheiterten Attentat bis zum Kriegsende mit sich gebracht hat, finde ich die Frage nach der Lauterkeit der Motive der Hitler-Attentäter fast schon zynisch. Ein gelungenes Attentat, egal von wem und egal mit welcher Motivation, hätte all dies - zumindest in diesem Ausmaß - vermutlich verhindert. Auch machen wir uns wohl keine Vorstellungen vom Ausmaß der Schwierigkeiten, unter denen die Attentatsvorbereitungen durchgeführt werden mussten, ohne Misstrauen zu erregen.

      • @O sancta simplicitas:

        👍

    • @Herma Huhn:

      Sie hatten in Paris auch schon damit begonnen SS und Gestapo Leute zu verhaften.



      Und der Walküre Plan wurde in Kraft gesetzt, um als Wehrmacht an den zivilen Nazi-Behörden vorbei die Macht zu übernehmen.

      Es war also eher nicht so.



      Klassische Nationalisten waren einige aber wohl schon, aber eher so wie z.B. Churchill im Ersten Weltkrieg. Zumindest hat ein englischer Historiker die Gruppe mal so eingeordnet.

    • @Herma Huhn:

      Wenn ich mich recht erinnere, war die Hoffnung mit den Westalliierten Frieden zu schließen und dann mit allen in der westlichen Besatzung gebundenen Soldaten die Besatzung durch Stalin abzuwenden. Hitlers Version von Endsieg gab es für sie nicht mehr eher Schadenskontrolle und Hitler sahen sie dafür als Hindernis. Oder zumindest war das die Vision vom Militär Stauffenberg? Im Artikel wurden ja Pazifisten als Teil des Attentats benannt, die hatten sicher andere Wünsche

      • @Paul Anther:

        Letzteres Narrativ ist mir wohl bekannt.



        Gern auf Churchill gezogen “…die deutschen Söldaten vor allem im Westen drehen sich um & kämpfen gegen Stalin!



        Was da tatsächlich dran war - weiß ich nicht! Wenn Ichs recht weiß - mischt sich die realsozialistische Legende "btw die UdSSR plattzumachen!“ - Churchill vorweg!

        Denke - da wissen Floristas im.around sicherlich genaueres. Gellewelle



        Dank im Voraus

        • @Lowandorder:

          Bei einem Zusammenbrechen Deutschlands wäre bei Stalin, der sich schon zuvor Teile Polens an sich gerissen hat, der Finger am Hahn sicher locker gewesen um eine "Revolution" in DE vom Zaun zu brechen, von der die KPD immer wieder geträumt hatte und versuchte umzusetzen.



          Kämpfen gegen den Putin-Vorfahren Stalin wäre da eine ganz reale Option gewesen, auf die man sich hätte einstellen müssen.

    • @Herma Huhn:

      Geschätzte - schonn.

      Ihr letzter Schluss ist schon deswegen überpointiert - weil die vielzählig Beteiligten durchaus unterschiedlich “gestrickt“ waren!



      (btw meine Eltern - beide PGs - argumentierten übrigens ähnlich - mal als Mahnung.) But.

      Was mich erstaunt ist - daß der absolute Antipode - Georg Elser - im Artikel keine Erwähnung findet! Gell.

      unterm——- servíce & Lovando -



      : Nachmittags in der Stauffenbergstraße



      taz.de/Hitler-Atte.../!6020557&s=Elser/



      Jutta Limbach - ““Unbegreiflich erschien und erscheint vor allem, dass ein aus einfachsten Verhältnissen stammender Handwerksgeselle die Gefahr erkannte, die die Herrschaft Hitlers für den Weltfrieden bedeutete. Der unersättliche Expansionsdrang Hitlers war sein erklärter Beweggrund zur Tat. Diese Voraussicht künftigen Unheils beschämte offenbar - man möchte fast sagen; kränkte - all jene, die den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus angeblich nicht oder zu spät erkannt haben. Hier liegt meines Erachtens der tiefere Grund dafür, dass Elsers Anschlag auf Hitler gern vergessen, auf angebliche Hintermänner zurückgeführt oder aber als unmoralisch disqualifiziert wird. …

      • @Lowandorder:

        Der Georg Elser wird immer vergessen. Das Stauffenberg Attentat scheiterte, weil Stauffenberg in Vorbereitung und Durchführung versagt hat.



        Das Attentat von Elser hätte -vielleicht- den großen Krieg verhindert, und gescheitert ist es nur an der Erwartung schlechten Flugwetters, die Hitler früher abreisen ließ.



        Hätte es Erfolg gehabt, wäre da keinerlei Vorbereitung für das danach gewesen - das lag weit von Elsers Möglichkeiten entfernt. Die Top-Leute um Hitler: Himmler, Göring Goebbels uäm hätten sich wohl in Diadochenkämpfe begeben - mit ungewissem Ausgag.



        Ein erfolgreiches Attentat am 20. Juli hätte vielleicht die Übernahme der Machtpositionen ermöglicht.

      • @Lowandorder:

        ff

        …Denn Elsers Feinnervigkeit und Entschlusskraft stellen die Glaubwürdigkeit und den Verantwortungssinn vieler seiner Zeitgenossen in Frage.

        Manfred Haushofer hat dieses Versagen in einem seiner Moabiter Sonette bewegend thematisiert:

        "ich musste", so heißt es in der zweiten Strophe,

        "früher meine Pflicht.

        www.georg-elser-ar.../texts/limbach.htm

        • @Lowandorder:

          Das sehe ich genauso. Es wird auch in der Regel zu wenig auf die Ansichten und das Leben der Gruppe um Stauffenberg vor dem 20. Juli eingegangen. Ein hoher Wehrmachtsoffizier wurde man in der Regel nicht, weil man sich gegen Rassismus und Faschismus engagiert hatte. Gell?

          Rein pragmatisch gesehen muss das Urteil ohnehin lauten: grausige Dilettanten. Ein ausgebildeter Soldat mit Waffe, der direkt neben dem nichtsahnenden Hiltler nicht in der Lage ist ihn zu töten?

          Wenn es um WIderstand geht, sehe ich auch eher Menschen wie Elser oder die Weiße Rose. Keine Militaristen, die den Weltkrieg bis 1944 mitgetragen haben.

          • @Jalella:

            Der Unterschied von Elsner (und den 20 weiteren geplanten Attentaten) zu Staufenberg und Co war, dass Elsners Attentat minimal in den deutschen Gazetten seinen Niederschlag fand (es wurde nicht mal der Name erwähnt) währen das Staufenberg-Attentat zu Extrablättern bis hin zu Radioansprachen führte, sich also sehr viel tiefer in der Erinnerungskutur bereits kurz nach dem Attentat festsetzten konnte.

            • @Rudolf Fissner:

              Bewundernswert - “legst du‘s nicht aus - leg doch was unter!“ - 🥇 - 🙀🥳😅 -



              Erinnerungskutur - trifft‘s wunderbar!

          • @Jalella:

            Gemach Gemsch - nun gehnse mit Attentäter ohne eingebaute Erfolgsgarantie - nicht so hart ins Gericht! Woll

            zB - Alekos Panagoulis



            de.wikipedia.org/wiki/Alekos_Panagoulis



            In - Ein Mann - von Oriana Fallaci - könnse Näheres zu seiner Fehlberechnung über die Länge der Zündschnur nachlesen!



            &



            “Haeften führte in einer Aktentasche zwei mit chemischen Zeitzündern („Bleistiftzünder“) versehene Pakete mit je einem Kilogramm plastischen Sprengstoffs (Plastik W) aus britischer Herstellung mit sich, die Oberst Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven beschafft hatte.…Stauffenberg hatte daher nicht mit der viel größeren Verdämmung im Bunker gerechnet, sondern sich auf die Wirkung des zusätzlichen zweiten Kilogramms Sprengstoff verlassen.…Er suchte einen Nebenraum auf, wo er, als Einhändiger unterstützt durch Haeften, mit dem Scharfmachen der Sprengladungen begann. Weil sie dabei aber vom Oberfeldwebel Werner Vogel gestört wurden, der Stauffenberg zur Eile mahnte, konnte er nur eines der beiden Päckchen mit einem Kilogramm Sprengstoff aktivieren. Danach unterlief ihm ein entscheidender Fehler: Statt auch das zweite Paket ungeschärft zu dem ersten in die Aktentasche zu legen, übergab er

            • @Lowandorder:

              ff

              … das zweite Päckchen Haeften, der keinen Zutritt zum Besprechungsraum hatte. „Durch dieses Versäumnis blieb die Explosionswirkung begrenzt.“



              Die Aktentasche mit dem Sprengstoff deponierte Stauffenberg unter dem Kartentisch neben dem massiven Fuß an der Hitler zugewandten Seite. Wenige Minuten später verließ er unter dem Vorwand eines wichtigen Anrufes aus Berlin den Raum. Nach der Zerstörung der Säurekapsel des chemischen Zünders blieben bis zum Auslösen des Schlagbolzens zur Detonation nur noch etwa 10 Minuten.



              Um 12:42 Uhr (MESZ) detonierte die Bombe.



              de.wikipedia.org/w..._vom_20._Juli_1944



              & er



              de.wikipedia.org/wiki/Alekos_Panagoulis



              “Nach der Wiederherstellung der Demokratie wurde Alexandros Panagoulis 1975 als Vertreter der Partei Zentrumsunion – Neue Kräfte (E.K. – N.D.) Mitglied des Parlaments. Während dieser Zeit griff er viele Politiker an, die offen oder insgeheim mit der Militärdiktatur gearbeitet hatten. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Führung seiner Partei trat er aus dieser aus und blieb ein unabhängiger Parlamentarier. Zu den Politikern, die er trotz politischen Druckes anklagte, gehörte auch Verteidigungsminister Evangelos …f

              • @Lowandorder:

                Verteidigungsminister Evangelos Averoff.



                Panagoulis starb in der Nacht zum 1. Mai 1976 im Alter von 36 Jahren bei einem Verkehrsunfall in der Vouliagmeni Avenue (Athen), nur einige Tage vor der geplanten Veröffentlichung von Archiven der Militärpolizei aus der Zeit der Diktatur (E.S.A Archive), die er besaß. Diese Archive, die in der Folge nicht offengelegt wurden, sollen Informationen über die Kollaboration von wichtigen Politikern mit der griechischen Junta enthalten. In der griechischen Presse wurde viel über die Ursachen des Verkehrsunfalls spekuliert, der als Versuch angesehen wurde, seine Stimme gewaltsam verstummen zu lassen. Nicht aufgeklärt wurde, wer an dem Unfall beteiligt gewesen war. Seine Beerdigung geriet zu einer Demonstration, an der mehrere hunderttausend Menschen teilnahmen.“







                Nach seiner Befreiung publizierte er eine Sammlung von Gedichten unter dem Titel Vi scrivo da un carcere in Grecia (Ich schreib euch aus einem Gefängnis in Griechenland) mit einer Einleitung des italienischen Filmregisseurs und Intellektuellen Pier Paolo Pasolini. Er veröffentlichte vorher einige Sammlungen Gedichte auf Griechisch, einschließlich Die Farbe (I Bogia).



                Lesen - Quel homme -

  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung des 20. Juli. Mit gefällt auch das Schlusswort des Artikels:

    » Die Bereitschaft zu Toleranz und Kompromiss, so Hoffmanns Fazit, könnte angesichts zunehmender rechtsextremer Tendenzen ein Beispiel für heute sein. «

    Allerdings würde ich den Ansatz ausweiten, um auch jene extremen Tendenzen zu erfassen, die nicht von rechts kommen. Gerade wenn wir dem 80. Jahrestag des Attentats auf Hitler gedenken, sollten wir nicht vergessen, dass der Antisemitismus auch im linksextremen Milieu tief verwurzelt ist und – besonders seit dem 7. Oktober 2023 – giftige Blüten trägt.

  • Als erste mal in die KZs kamen die, die die Nazis als gefährlichste Feinde ansahen, wohl zu Recht: Gewerkschafter, Sozialisten, Kommunisten, Sozialdemokraten.

    Das Narrativ später waren die großen unschuldigen Augen Sophie Scholls und der arische Haarschnitt des adligen Stauffenbergs. Beide handelten letztlich recht. Doch andere taten das früher.

    Zuletzt: Wir stecken, zum Glück (Kohls "Gnade der späten Geburt"), nicht in dieser Haut. Wären wir mutig gewesen und wie lange oder doch unter den 95 % Mitläufern?



    Wir sollten daher besser das Feuer im frühen Zustand löschen.

    • @Janix:

      Was lernt man für die Gegenwart?



      Für's erste gilt der Attentäter auf Trump als ruchloser, verwirrter Terrorist.



      Wenn es schlecht läuft, wird man in 10 oder 20 Jahren schreiben: wenigstens einer hat damals versucht, das Schlimmste zu verhindern. Denn wenn es schlecht läuft und Trump gewinnt, dann kommt das Schlimmste ja noch...

    • @Janix:

      "... im frühen Zustand löschen...."



      Das gilt dann aber als politischer Terrorismus. Freiheitshelden werden daraus allenfalls bei Erfolg, wenn man weiß, wer den Konflikt gewonnen hat. Sie Sieger schreiben zunächst mal die Geschichte. Ob Terrorist oder Märtyrer ist abhängig von der eigenen Position.

    • @Janix:

      Ich nannte die zwei Erinnerungs-Ikonen.

      Sophie Scholl wurde dafür genommen, nicht ihr Schwarm, der sie spät zum Widerstand brachte, nicht ihr Bruder, nicht der Mentor der Gruppe. Aktiv wurden die, als der Krieg schon verloren war. Danke dabei, dass sie aktiv wurden, und Hut ab.

      @Jeff: Natürlich würde ich dabei die Straße nach ihr benennen und nicht nach Stauffenberg.

      Stauffenberg wurde genommen, nicht der auch in dieser Gruppe vorhandene sozialistische oder kirchliche Widerstand. Oder der, der schon in den 1920ern wusste und handelte.

      @Volker Scheunert - haben Sie meinen Absatz 3 eigentlich gelesen und verstanden?

    • @Janix:

      Ich verstehe ihren in-einen-Topf-Wurf von Scholl und Stauffenberg nicht.

    • @Janix:

      Stimmt, die mit 21 Jahren hingerichtete Sophie Scholl hätte sich besser bereits 10 Jahre früher engagieren sollen, so wie Sie selbst es mit Sicherheit getan hätten...

      • 8G
        80851 (Profil gelöscht)
        @Volker Scheunert:

        Bravo!

        Die tapferen Ex-post-Widerstandskämpfer derer von und zu 1968 hätten dem Nazi-Spuk sicherlich effektiv ein Ende bereitet.