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Sicherheitsexpertin über Ukraine-Krieg„Kein Interesse an Eskalation“

Die finnische Sicherheitsexpertin Minna Ålander fordert zuverlässige Waffenlieferungen vom Westen. Verhandlungen mit Moskau sieht sie derzeit nicht.

Ein ukrainischer Soldat mit einem Raketenwerfer sowjetischer Bauart im Donbas im Februar 2024 Foto: Alina Smutko/reuters
Tanja Tricarico
Interview von Tanja Tricarico

taz: Frau Ålander, zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist kein Ende in Sicht. Wie steht es um die ukrainische Armee?

Minna Ålander: Nicht besonders gut. Die Ukraine hat schon länger mit Munitionsmangel zu kämpfen, und das zeigt sich dann auch an der Front.

Das Beispiel Awdijiwka in der Ostukraine hat gezeigt, dass die Ukraine einer Dauerbelagerung durch die russische Armee nicht standhalten kann. Was bedeutet das?

Awdijiwka zeigt, wie dieser Krieg momentan abläuft. Es sind harte Kämpfe um wenige Quadratkilometer. Die Front hat sich seit letztem Sommer nicht viel bewegt. Und man sieht auch auf der russischen Seite, wie die Eroberung eines kleinen Dorfes gefeiert wird. Es geht für beide Seiten um Meter und Zentimeter. Im Fall von Awdijiwka musste die Ukraine aufgeben nach einem sehr langen, harten Kampf. Russland ist es besser gelungen, als wir gehofft haben, die eigenen Vorräte aufzustocken. Zudem konnte Russland in den letzten zwei Jahren die Kriegsproduktion stark erweitern und steigern. Trotz der westlichen Sanktionen. Das sind alles schlechte Nachrichten.

Im Interview: Minna Ålander

Die Sicherheitsexpertin arbeitet am Finnish Institute of International Affairs in Helsinki. Sie beschäftigt sich mit der Nato, Sicherheitsfragen in Nordeuropa sowie Verteidigungsstrategien in Deutschland und Finnland. Zuvor war sie für die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) tätig

Wie stark ist die russische Armee wirklich?

Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Wir haben am Anfang des Krieges und vor allem vor der Großinvasion die russische Armee überschätzt. In vielen westlichen Ländern dachte man, die Ukraine hätte keine Chance gegen Russland. Deshalb hat man die Ukraine vor der Invasion erst mal nicht unterstützt. Auch nach dem 24. Februar 2022 kam die Unterstützung nur sehr zögerlich. Dann waren viele überrascht, wie schlecht es doch für Russland lief. Die Einschätzung über den Zustand der russischen Armee schwingt von einem Extrem ins andere.

Aber: Russland hat einen größeren Pool an möglichen Wehrpflichtigen, wenn eine neue Mobilisierungswelle kommt. Russland hat dank Nordkorea, Iran oder auch teilweise China die Kriegsproduktion steigern können. Die Waffen sind zwar nicht hochtechnologisiert, dennoch effektiv genug. Russland setzt auf Masse, und das funktioniert leider. Im Westen sollten wir Russland nicht unter-, aber auch nicht überschätzen.

Was braucht die ukrainische Armee konkret?

Munition vor allem. Sie braucht aber auch eine bessere Luftverteidigung und noch mehr Raketen. Damit kommen schnell die politischen Grenzen des Westens ins Spiel. Darf und soll sie auch tiefer im russischen Territorium angreifen? Wenn die Ukraine in diesem Jahr F-16-Kampfjets bekommt, wird dies einen Unterschied machen. Aber auch mehr Landsysteme, nicht nur Kampfpanzer, sondern alles, was dazugehört, würde helfen. Aber am Ende kommt es auf ausreichende Mengen an Munition an. Kein einzelnes Waffensystem wird den Kriegsverlauf entscheiden, aber jedes System ist ein Teil des Ganzen. Die Unterstützung muss vor allem langfristig geplant sein und aufrechterhalten bleiben. Die Logistikketten müssen funktionieren, damit es – wenn es aus politischen Gründen Ausfälle bei den westlichen Partnern gibt, keine Lücken gibt.

Was erwarten Sie von den westlichen Verbündeten?

Es braucht schnelle Lösungen. Die größten Sorgen bereiten derzeit die USA. Die Unterstützung für die Ukraine ist leider Gegenstand des politischen Geschehens im Wahljahr für einen neuen US-Präsidenten geworden. Welche Entscheidung in den USA getroffen wird, wird zur Schicksalsfrage für Europa. Sind wir in der Lage und vor allem willens, jetzt unseren Beitrag zu erhöhen, damit die Ukraine weiterkämpfen kann? Die Sicherheitsabkommen mit Frankreich, Deutschland und Großbritannien sind ein sehr gutes Zeichen, dass Europa weiterhin am Ball bleibt.

Aber diese Abkommen müssen nun mit tatsächlichen Inhalten und Taten gefüllt werden. Die Worte: „Wir stehen der Ukraine bei, solange wie nötig“ – das dürfen keine leeren Worte bleiben. Die Frage bleibt aber: Reichen die Kapazitäten in Europa aus, falls wir tatsächlich im Ernstfall für den Beitrag der USA aufkommen müssen? Das ist im Moment sehr fraglich.

In Deutschland wird seit Monaten über die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus diskutiert. Wäre aus militärstrategischer Perspektive eine solche Waffe überhaupt sinnvoll?

Ja, absolut. Raketen aller Art sind wichtig für die Verteidigung der Ukraine. In dieser Diskussion zeigt sich erneut das Problem der beständigen Versorgung. In Europa sind die Vorräte nicht sonderlich groß. Ähnliche Waffen wie die britischen Storm Shadow oder die französischen Scalp kommen bereits zum Einsatz. Käme der Taurus dazu, könnte das Arsenal aufgestockt werden. Es würde für die Ukraine einen deutlichen Unterschied machen, wenn sie militärische Ziele auf russischem Territorium treffen könnte. Im Kanzleramt denkt man offenbar, das geht zu weit und man erhöht damit das Eskalationsrisiko.

Leuchtet Ihnen dieses Argument nicht ein? Mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern kann der Taurus Russland treffen.

Ob es zu einer neuartigen Eskalation kommen würde, kann keiner sagen. Russland eskaliert täglich mit neuen Angriffen auf die ukrainische Zivilbevölkerung. Kanzler Scholz spricht davon, dass die Ukraine nicht verlieren darf, und Russland darf nicht gewinnen, aber nicht umgekehrt. Und das macht eben einen Unterschied, was für Unterstützung man bereit ist zu gewähren. Kanzler Scholz ist offenbar bereit, die Ukraine dabei zu unterstützen, ihre Städte vor russischen Luftangriffen zu schützen.

Aber er zögert, die Ukraine so weitgehend zu unterstützen, dass sie Russland daran hindern könnte, ukrainische Städte anzugreifen. Ich persönlich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer nuklearen Eskalation kommt. Ich glaube auch, dass Russland kein wirkliches Interesse daran hat. Wahr ist auch, dass der Taurus den Kriegsverlauf nicht entscheiden oder den Krieg gar beenden wird. Aber es wäre enorm nützlich für die Ukraine, auch dieses System zu haben und ihre Vorräte an Raketen aufstocken zu können.

Mit der Schlagkraft der Marschflugkörper könnte die Ukraine auch Versorgungswege auf die Krim kappen.

Militärstrategisch wäre das sinnvoll. Es wäre dann möglich, die Brücke zur Krim zu zerstören und militärische Infrastruktur dort zu eliminieren. Die Krim ist für Russland ein wichtiger Punkt, um die Ukraine anzugreifen. Auch hier bleibt die Frage: Ist Deutschland bereit, die Ukraine so weitgehend zu unterstützen, dass Russland tatsächlich an weiteren Angriffen gehindert werden kann?

Kanzler Scholz hat kurz nach dem 24. Februar 2022 eine Zeitenwende in Deutschland eingeläutet. Inwiefern hat sich auch die Bedeutung des Militärbündnisses Nato mit dem Krieg verändert?

Der Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands war und ist ein Momentum. Er stärkt die Rolle der Nato und zeigt, dass das Bündnis die stärkste Abschreckung bietet. Leider laufen wir im Moment Gefahr, dass die USA dieses Momentum verpassen und verpuffen lässt. Schuld daran sind die innenpolitischen Spiele um die Unterstützung der Ukraine und dann natürlich die jüngsten Aussagen von Ex-Präsident Trump über Nato-Partner, die nicht das 2-Prozent-Ziel erfüllen. Die Relevanz der Nato ist ganz klar, aber die Instabilität der USA ist ein großes Problem geworden.

Was bedeutet der Nato-Beitritt Finnlands, ihres Heimatlandes, konkret für die Entwicklungen im Ukrainekrieg?

Die finnische Beteiligung ändert so ziemlich alles, vor allem in der Ostseeregion. Für die Nato gab es zuvor die große Frage, wie können die baltischen Staaten effektiv im Ernstfall verteidigt werden. Diese Frage klärt sich jetzt mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens vor allem für langfristige Planungen. Hinzu kommt: Erstmals seit dem Kalten Krieg bereitet die Nato wieder regionale Verteidigungspläne vor. Es erleichtert diese Planung wesentlich, Finnland und Schweden als Vollmitglieder dabeizuhaben. Finnland hat die Fähigkeiten seiner nationalen Landesverteidigung über die Jahre aufrechterhalten.

Das macht die Lage für Russland deutlich komplizierter. Gäbe es einen Angriff auf die baltischen Staaten, müsste Russland die lange Grenze mit Finnland berücksichtigen, immerhin verläuft diese von der Ostsee bis in die Arktis. Das ist ein enormer Unterschied zu früher. Auch deshalb ist es nicht wahrscheinlich, das Russland demnächst die baltischen Staaten angreift.

Stärkung der Nato einerseits. Sehen Sie andererseits auch den Moment für eine echte gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in der EU?

Die Notwendigkeit ist da – und nun kommt es auf die nächsten Jahre an. Die EU hat die Ukraine direkt militärisch unterstützt, die Nato hat dies absichtlich nicht direkt getan, sondern die Bündnisländer tun dies auf bilateraler Ebene. Auch das Ramstein-Format, ein Forum verschiedenster Staaten, die die Ukraine militärisch unterstützen, ist kein Nato-Format, sondern Bündnisstaaten koordinieren ihre Hilfe. Die EU ist kein Militärbündnis, weshalb sie eine andere Koordinierungsebene für europäische Länder bietet. Eine Arbeitsteilung zwischen der EU und der Nato kann im Eskalationsmanagement gut funktionieren. Wenn es etwas Positives in dieser düsteren Situation gibt, dann ist es die neue aktive Rolle der EU.

Aufrüstung kostet und erfordert Sparmaßnahmen. Müssen wir das in Kauf nehmen?

Es wird einerseits auf die Haushaltslage in den jeweiligen Ländern ankommen, aber andererseits auch auf ihre Rolle in den neuen Verteidigungsplänen der Nato. Nicht jedes Bündnismitglied muss in alles investieren, und nicht alle können sich jede militärische Fähigkeit leisten. Größere Länder mit stärkerer Wirtschaftsleistung müssen gegebenenfalls in Systeme investieren, die der gesamteuropäischen Verteidigungsplanung zugutekommen. Allerdings ist der wirtschaftliche Druck derzeit überall enorm hoch. Investitionen in Panzer oder Kindergärten? Das werden schwierige Debatten werden in manchen Ländern.

In anderen stellt sich die Frage nicht, weil die Bedrohung als dringender wahrgenommen wird. Zum Beispiel in Finnland ist es klar, dass Panzer eine Voraussetzung für das Fortbestehen der Kindergärten sind. Die Verteidigungsausgaben werden steigen, aber mehr als auf die Summe wird es darauf ankommen, wofür das Geld ausgegeben wird – ob die Hälfte des Wehretats etwa aus Rentenzahlungen besteht. Auch hier ist eine gute Gesamtplanung gefragt.

Die Kriegslage ist verfahren. Sehen Sie eine Chance für Verhandlungen?

Um Verhandlungen sinnvoll führen zu können, muss man erst mal einen Punkt erreichen, an dem Russland sich gezwungen sieht, ehrlich zu verhandeln. Dieser Zeitpunkt ist in weiter Ferne. Russland kann momentan keine unabhängige, in den Westen integrierte Ukraine akzeptieren. Deshalb gibt es hier keine Kompromissmöglichkeiten. Entweder hat jedes Land das souveräne Recht zu entscheiden, ob es der Nato oder der EU beitreten will, oder kein Land hat es. Russland hat den Minsk-Prozess zu seinen Gunsten ausgenutzt, um seine Positionen in der Ostukraine zu festigen und auch eine Großinvasion zu ermöglichen. Auch ältere Abkommen, wie das Budapester Memorandum, das der Ukraine Sicherheitsgarantien geben sollte, hat Russland nicht respektiert. Momentan gibt es deshalb keine Vertrauensbasis, mit Russland zu verhandeln.

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39 Kommentare

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  • So gesehen, könnten wir uns das Völkerrecht natürlich komplett sparen. Dann schaffen wir doch gleich die UNO mit ab und regeln einfach alles wieder nach alter Väter Unsitte. Ich dachte, unser Anspruch wäre da ein anderer..

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Lang wird es nicht mehr dauern, und es gibt mehr Militärexpert*innen als Soldat*innen. Die einen werden mehr, die anderen weniger. Vielleicht sind die falschen Menschen an den Fronten? [sarkasmus off]



    (Diese Vorhersage ist ohne Gewehr.)

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Leider hat man nicht die Wahl, wo die Front verläuft.



      Die wenigsten Ukrainer wollen diesen Krieg.

      • @Carsten S.:

        Ja, aber das war 2014 andes. Die Clips von den Aktivitäten z. B. vom "Rechten Sektor" waren da öffentlich zu sehen. Der Anführer Dmitri Jarosz rief 2014 in Kiew auf dem Maidan die "Entrussifizierung der Ukraine" aus. Battaillone, wie Btl. Aidar, Btl. Donbas, C14, oder Misanthrophic Division, die klare Verehrer des SS-Anhängers Stepan Bandera sind, waren in Aktion. Ein großen Fan dieses Nationalisten, der 100Tsd. Mesnchen auf dem Gewissen hat, ist P. Poroschneko, der die russischen Kinder in den "Bunkern und Kellern" sehen wollte. Es gibt immer noch zahlreiche Clips, die das uvm. belegen. Man hat beim Ansehen da, Gefühl in Deutschland 1933 zu sein, ist aber in der Ukraine 2014, wo die Wolfsangel, die schwarze Sonne und sogar das Hakenkreuz "ganz normale" Abzeichen sind(!) die dort öffentlich getragen /tätowiert werden ( Clips und Aussagen meiner neuen ukrainischen Arbeitskollegin)..

        • @Jamal Pirjamaat:

          Ah ja, und darum hat die Ukraine 8 Jahre später Russland angegriffen. Upps, nein, umgekehrt...



          Blriben Sie bitte seriös.



          Das friedliebende Russland hat in der Zwischenzeit Tschetschenien plattgemacht, eiben Feldzug in Georgien durchgeführt und zündelt in der Moldau. Dies ist keine vollständige Aufzählung.



          Rhetotisch hört mam auch seltsames aus Russlsnd: Es gäve die Ukraine in Wirklichkeit nicht, jnd man hätte grrn fie "Einflusssphäre" der Sowjetunion zurück.

  • So gesehen, könnten wir uns das Völkerrecht natürlich komplett sparen. Dann schaffen wir doch gleich die UNO mit ab und regeln einfach alles wieder nach alter Väter Unsitte. Ich dachte, unser Anspruch wäre da ein anderer..

    • @vieldenker:

      Der Grund warum wir hier in beispiellosem Wohlstand viele Jahrzehnte leben konnten verdanken wir mutigen Menschen mit Waffen.

  • Sehr gut auf den Punkt gebracht!

  • Ach wenn Sahra das doch lesen und verstehen könnte - und der oder die anderen Alternativdenker auch.

    • @vieldenker:

      [...] Um das Ganze mal etwas seriöser zu betrachten, ein Kern des Ganzen liegt in dieser Einschätzung: "Ich persönlich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer nuklearen Eskalation kommt. Ich glaube auch, dass Russland kein wirkliches Interesse daran hat" - eine Einschätzung, die die "Sicherheitsexpertin" weder begründet, noch weiter darauf angeht. Irrt sie sich in genau dieser Einschätzung, bedeutet dies eine Katastrophe, gegen die selbst der Klimawandel im Vergleich harmlos wäre. Zumindest menschliches Leben in Europa wäre im Falle einer nuklearen Eskalation zu Ende.

      Ich vertraue einer "Sicherheitsexpertin" nicht, die dieses Szenario in zwei kurzen Nebensätzen nebenbei - dazu ohne nähere Erläuterung - wegwischt. Die Regierung, die ja vermutlich wesentlich mehr und konkretere Informationen zur Verfügung hat, um dies einzuschätzen, scheint die Gefahr anders zu sehen, sonst wäre sie an dieser Stelle nicht so extrem zurückhaltend. Die Lage ist eben verzwickt, und wer glaubt, Russland ohne nukleare Eskalation im klassischen Sinne "besiegen" zu können, der wettet mit dem Einsatz menschlichen Lebens mindestens in Europa, schlimmstenfalls auf der Erde.

      [...] Beitrag gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @Agarack:

        "Ich persönlich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer nuklearen Eskalation kommt. Ich glaube auch, dass Russland kein wirkliches Interesse daran hat"

        ==

        Russland erzwingt derzeit mit seiner Nuklearmacht die Zurückhaltung des Westens in der Unterstützung der Ukraine. Damit nutzt Russland jetzt schon seine Atomraketen.

        Mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit kann Westeuropa



        allerdings den tatsächlichen Einsatz russischer Atomraketen entscheident minimieren indem Europa sich in die Lage versetzt, Russland ein überzeugendes Abschreckungs-potential entgegen zu setzen.

        Das ist die einzig vorhandene real und konkret existierende Möglichkeit nach den ungezählten völkerrechtlichen Vertragsbrüchen Putins einen Einsatz atomarer Raketen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu verhindern.

        Völkerrechtlicher Vertragsbruch bedeutet: Vorbereitung zum Krieg und eindeutiger Ausschluss aller politischen Möglichkeiten einen Konflikt lösen zu wollen.

        Auch ein Waffenstillstand in der Ukraine, dessen Wahrscheinlichkeit gegen Null strebt da Putin fest entschlossen ist, die Ukraine auszulöschen würde an der nötigen europäischen Aufrüstung, damit zumindest eine Ausweitung des Krieges mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann, nichts ändern.

        Das bedeutet: Wagenknechts asoziale und unmenschliche Haltung gegenüber der Ukraine vermindert nicht eine mögliche Ausweitung des Krieges - sondern macht ihn noch sehr viel wahrscheinlicher.

        • @06438 (Profil gelöscht):

          "Wagenknechts asoziale und unmenschliche Haltung "

          Ich finde Ihre Wortwahl sehr unpassend. Man muss Wagenknechts Positionen nicht unterstützen, aber sie hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie den Krieg so schnell wie möglich beenden möchten, damit es kein weiteres Sterben gibt.



          Ihnen wirft auch niemand vor, dass sie asozial oder unmenschlich sind, weil sie weiteres Sterbenin Kauf nehmen (um evt ein höheres Ziel erreichen zu können oder nicht).



          Gerade bei den Falken würde ich mir etwas mehr Respekt im Umgang gegenüber Menschen wünschen die eine andere Position vertreten. Und gerade nach zwei Jahren Krieg würde ich mir etwas mehr Demut wünschen von Menschen wie Keupp und seinen Unterstützern, die schon mehrfach komplett daneben lagen mit ihren Einschätzunngen.

      • @Agarack:

        Na ja, ob eine anerkannte Expertin mit Zugang zu mehr als nur dem deutschen Apparat da wirklich weniger glaubhaft ist, als ein Teil einer Regierungspartei mit notwendiger Rücksichtnahme auf einen auch aus grundsätzlichen ideologischen Ansichten sehr zurückhaltend agierendem Teil derselben? Da wäre ich mir jetzt nicht so sicher.

      • @Agarack:

        Wenn Sie eine ergänzende Anmerkung erlauben bezüglich der nuklearen Eskalation: es gibt ein Interview mit dem Russland-Experten Mark Galeotti in dem dieser klar sagt Putin sein "risikioscheu".



        Ich weiß nicht ob dies implizit hier von Frau Ålander gemeint ist, aber es würde ins Bild passen.



        Und was wäre ein grüßeres Risiko für einen selbst, als eine nukleare Eskalationsspirale zu beginnen?

        • @Waagschale:

          Putin hat während Corona drei Jahre im Bunker gehockt und keinen näher als 10 Meter an sich herangelassen aus panischer Angst vor Ansteckung.

          Der Mann ist vieles aber ganz bestimmt nicht risikofreudig oder lebensmüde.

    • @vieldenker:

      Das kann sie sicherlich.

      Leider halten sich aber die Sarahs, Sevims, Tinos und Björns für die geborenen "Dealmaker" (Trump), die, wenn man sie denn nur ließe, selbst einen Putin zum Frieden überreden könnten (jedenfalls was sie darunter verstehen).

      • @Schalamow:

        Ihr "weiter so" birgt leider die Gefahr, dass am Ende ein "Dealmaker" wie Trump zum Zuge kommt.



        Eigentlich sollte es einen skeptisch stimmen, wenn selbst ukrainische Nationalisten wie Melnyk auf einmal mehr Diplomatie fördern!

        • @Alexander Schulz:

          LOL - siehe das Interview mit Tucker….

    • @vieldenker:

      Ich habe mir eine ganze Reihe Aussagen die Frau Wagenknecht seit der Annexion der Krim gemacht hat angeschaut.



      Wenn sie ihre Position ändern würde müsste sie einräumen dass die in der Vergangenheit falsch gelegen hat.



      Das würde dem von ihr zur Schau gestellten Ego zuwiderlaufen.

      Es ist für manche Menschen einfacher einen Holzweg bis zum Abgrund weiter zu laufen als die eigene durchaus menschliche Fehlbarkeit einzuräumen.

      • @Waagschale:

        @Waagschale



        Sie wissen aber schon , daß diese Annektion nicht so definiert ist, das man das stützen kann:

        "Eine Annexion oder Annektierung (von lateinisch annectere ‚anknüpfen, anbinden'; selten auch als Annektion bezeichnet) ist die erzwungene (und einseitige) endgültige Eingliederung eines bis dahin unter fremder Gebietshoheit stehenden Territoriums in eine andere geopolitische Einheit" (Zitat Ende)



        Da auf der Krim über 70% russischstämmige Menschen leben, war das Ergebnis der Referendums von 2014 erwartbar. Es war m. A. n. nicht gegen den Willen der Bevölkerung.Die grünen "Männchen" hätten dort eingreifen können, wenn dasgleiche wie in Odessa und Kiew passiert wäre, nämlich massive Tötungen, Angriffe auf Unschuldige seitens des Rechten Sektors und der Battaillone mit stark rechtsradikalen Mitgliedern. Die Ereignisse von dort waren eine Warnung vor der Unberechenbarkeit der Mitglieder der plötzlich erzwungenen rechten Regierung aus Svoboda und Rechter Sektor. Einzig die Krimtartaren waren mit 28% bedeutend nichtrussischstämmig auf der Krim dort.

      • @Waagschale:

        "Es ist für manche Menschen einfacher einen Holzweg bis zum Abgrund weiter zu laufen als die eigene durchaus menschliche Fehlbarkeit einzuräumen."

        Frau Wagenknecht hat sich durchaus für Fehleinschätzungen entschuldigt.

        Wie sieht es aber aus mit denen die immer noch auf dem Holzweg sind und denken, dass sich der Krieg militärisch beenden lässt?

        Leider scheint der Erkenntnisprozess nur sehr langsam abzulaufen.



        Gibt es Ihnen nicht zu denken, wenn inzwischen selbst Melnyk diplomatische Bemühungen des Westens einfordert?

        www.n-tv.de/politi...ticle24707652.html

        • @Alexander Schulz:

          Das habe ich durchaus gelesen.



          Es ist aber aus meiner Perspektive komplett unfokussiert was Herr Melnyk da möchte aus "irgendwas mit Diplomatie" und irgenwas mit "Eigenstaatlichkeit".



          Die einzig wirklich klaren Sätze sind die dass Putin lügt und sich nicht an Abmachungen wie Minsk hält.

          Was Frau Wagenknecht angeht ist es gleichzeitig aber so dass sie wiederholt Einschätzungen mit bestimmten Forderungen geknüpft hat.



          Wenn sich eine Einschätzung als falsch herausgestellt hat (wie die dass Russland die Ukraine nicht angreifen wird) hat sie das mit immnoch den selben Forderungen zu verknüpft als hätte sich die Situation nicht grundlegend geändert. Das ist für mich weiterhin der gleiche Holzweg gepaart mit mehr Ignoranz.

          • @Waagschale:

            "Das ist für mich weiterhin der gleiche Holzweg gepaart mit mehr Ignoranz."

            Und für viele Menschen trifft ihr Satz auf die Menschen zu die nachwievor an eine militärische Lösung glauben. Mir fehlt da etwas die Reflexion. Irren ist menschlich, aber es sollte trotzdem daraus gelernt werden. Um so interessanter ist es, dass inzwischen dieser Umdenkprozess langsam auch bei radikalen Falken wie melnyk einsetzt.

            • @Alexander Schulz:

              "Und für viele Menschen trifft ihr Satz auf die Menschen zu die nachwievor an eine militärische Lösung glauben." Putin glaubt daran deswegen rennt seine Armee immer wieder gegen die ukrainischen Stellungen an, verliert mehr als 16.000 Tote bei der Schlacht um eine Kleinstadt. Solange Putin glaubt er kann die Ukraine militärisch bezwingen ist mehr Waffen die einzige Lösung. Die Alternative ist die Ukraine verliert. Die deutschen Behörden rechnen dann mit 10 Millionen Flüchtlingen...mindestens. Moldawien wird Putin dann auch noch schnell erobern, Belarus annektieren und dann wird er seinen Landkorridor nach Kaliningrad fordern.

              • @Machiavelli:

                "Solange Putin glaubt er kann die Ukraine militärisch bezwingen ist mehr Waffen die einzige Lösung."

                Solange die Selenski glaubt er kann Russland militärisch bezwingen ist mehr Waffen die einzige Lösung.

                Sie merken wahrscheinlich, dass diese beiden Gegenpole nicht zum Frieden führen können, oder?



                Es ist da auch unrelevant, dass Russland der Agressor ist. Wahrscheinlich müssen noch viel mehr Menschen auf beiden Seiten sterben, damit sich die Meinung von Putin, Selenski und den Öffentlichkeiten ändern.

                • @Alexander Schulz:

                  "Es ist da auch unrelevant, dass Russland der Agressor ist" Doch das ist nicht irrelevant, stellt Russland den Angriff ein ist morgen Frieden. Solange Russland glaubt es kann den Krieg militärisch gewinnen ist Krieg. Es ist Putin auch egal wieviele Menschen sterben, erst wenn er glaubt das er den Krieg auf dem Schlachtfeld verliert oder die innenpolitische Lage sich wegen des Krieges verschlechtert wird er über Frieden nachdenken.

  • "in den Westen integrierte Ukraine akzeptieren"

    Das ist natürlich der entscheidende Punkt! So lange es primär um eine Nato Mitgliedschaft der Ukraine geht wird es wohl keine Kompromisslösungen geben können. Eine Nato-Mitgliedschaft würde Russland nie akzeptieren, auch nicht gegen Gebietsabtretungen - die Prioritätensetzung ist leider genau andersrum. Sonst könnte man ja einfach eine Lösung finden.

    • @Alexander Schulz:

      Interessant, das Sie das Wort "unabhängig" aus dem zitierten Satz weglassen. Denn genau das ist es, was Putin von Beginn an gestört hat, weshalb er sich von Beginn an auch bemüht hat, das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und Russland zu torpedieren.

      Die Mitgliedschaft der Ukraine war da zunächst sekundär. Sie wurde in der Ukraine erst zu einem Thema, als die Bedrohung der nationalen Souveränität durch Russland unübersehbar wurde.

      • @Schalamow:

        Muss natürlich heißen:

        ... das Asssoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU...

    • @Alexander Schulz:

      Da sind Sie offenbar besser informiert als die russische Führung, die die Ukraine als Teil ihres historischen Kernlandes ansieht.

      Auch eine Ukraine ohne Verbündete, ist nicht in Russlands Interesse. NATO hin oder her.

    • @Alexander Schulz:

      Nein, es kann kein Masstab sein, ob die ehemalige Kolonialmacht mit der Neuausrichtung der souveränen Nation einverstanden ist. Haben die Linken früher jedenfalls immer behauptet. Aber da war ja auch nicht der Bruder in Moskau betroffen, sondern nur der Klassenfeind.

      • @vieldenker:

        In der Theorie wäre es natürlich schön, wenn Russland kein Mitspracherecht über die Zukunft der Ukraine haben würde, aber das hat nun einmal nichts mit der Realität zu tun.



        Nennen Sie mir übrigens bitte Mal eine ehemalige Kolonialmacht, die nicht über die Zukunft seiner ehemaligen Kolonie mitbestimmt hat. Der Westen hat das bis zur Entlassung der letzten afrikanischen Kolonien in den 80er Jahren gemacht.

        • @Alexander Schulz:

          Okay, nehmen wir die "Realität" als Massstab.



          Putlers irrsinniger Krieg setzt so viel CO2 frei wie ein ganzes Land wie Belgien.



          Welcher vernünftige Mensch soll sich vor diesem Hintergrund noch für so etwas wie Klimaschutz einsetzen und zu persönlichen Einschränkungen bereit sein?



          Ich jedenfalls nicht. Ich verhalte mich m.E. anständig in bezug auf Klima und Umwelt. Darüber hinausgehenden Ehrgeiz habe ich nicht.



          Erst recht nicht, wenn ich sehe, wie gleichgültig bis zustimnend dieser Krieg im globalen Süden hingenommen wird.

    • @Alexander Schulz:

      Freie Bündniswahl ist Kernbestand der Souveränität.



      Niemand, aber auch wirklich niemand, möchte einem Nachbarstaat wie Russland schutzlos ausgeliefert sein.



      Was Zusagen Russlands wert sind, wissen wir seit 1994 (Budapester Memorandum).

      • @Carsten S.:

        "Freie Bündniswahl ist Kernbestand der Souveränität."

        Nach ihrer Logik gäbe es dann kaum souveräne Länder.



        Die Möglichkeit der frei Bündniswahl gibt es nur selten. So ist zb den lateinamerikanischen die freie Bündniswahl nicht gestattet (siehe Monroe Doktrin), da die USA dadurch Ihre Sicherheit gefährdet sehen würde, was ich übrigens sehr verständlich finde.

        • @Alexander Schulz:

          Das ist objektiv falsch. Kuba war Teil des Sovietblocks, Venezuela ist mit Iran, Russland etc. verbündet.

        • @Alexander Schulz:

          Z. B. Kuba, Venezuela, ...

          • @Carsten S.:

            Nun ja, „Kuba“ ist nun wirklich ein schlechtes Beispiel 🙂.

        • @Alexander Schulz:

          Das ist schlicht abstrus. Entgegen der gerne gepflegten Fama einer von der USA und NATO vorangetriebenen "Osterweiterung" war es die freie und souveräne Entscheidung der osteuropäischen Staaten, dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis beizutreten.