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Ende der Ampel?Oh, wie schön ist Groko!

In Hessen wird die CDU wohl mit der SPD eine Große Koalition bilden. Das ist das Beste, was den Grünen gerade passieren kann.

Good old times? Olaf Scholz und Angela Merkel im Jahr 2007 Foto: Tim Brakemeier/dpa/picture alliance

Oboe, monoton, Oblomov: Spontan und assoziativ gedacht sind es eher sogenannte Fremdwörter und entliehene Begriffe, die einem einfallen, wenn man die deutsche Sprache nach Doppel-Os scannt. Ähnlich sieht es übrigens mit der ebenso dunkel-warmen O-A-Kombi aus; da kommt nach Oma und Opa auch nicht mehr viel.

Groko also, die nun mal wieder in Hessen ganz konkret in aller Munde ist und im Bund noch eher noch so probierend angeleckt wird, Groko, was sich so gemütlich anhört – wie schmeckt das eigentlich?

Historisch gesehen und so zum Politterminus auch in anderen Ländern geworden – siehe etwa italienische Wikipedia: „grande coalizione (dal tedesco: Große Koalition)“ – ist die Groko die Verbindung der beiden großen (Volks-) Parteien, die die wesentliche Lagerbildung der Bevölkerung in einem Gemeinwesen widerspiegeln. Die Große Koalition in ihrem deutschen Ursprung hatte dabei ein konservatives Krisenbewältigungs-, aber vor allem ein progressives Element: Mit der SPD kam 1966 eine aus der Arbeiterbewegung hervorgegangene Gruppierung an die Macht, die später sogar den Regierungschef stellte.

In Japan und in Italien, den anderen besiegten Achsenmächten und treuen US-Verbündeten, gelang das den linken Volksparteien, solange der Kalte Krieg andauerte, nicht. Diese Parteien galten bis 1989 als zu unsichere Kantonisten in der systemischen Auseinandersetzung mit dem realen Sozialismus.

Sogar drei Os!

Wenn nun in Deutschland wieder der Groko-Drops gelutscht wird, dann geschieht das in einem anderen Umfeld. Der Versuch der Grünen, sich als Macht der Mitte zu etablieren, ist erst mal gescheitert. Die Galionsfigur dafür, der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann, ist eine Lame Duck, zur Landtagswahl 2026 wird er nicht mehr antreten. Und mit Tarek al-Wazir hat in Hessen gerade derjenige Grünen-Politiker, der seine Partei wie kein anderer darauf eingeschworen hatte, dass die Zeit der Protestbanner „vorbei“ sei, nicht nur sein Ziel verfehlt, selbst Ministerpräsident zu werden; die Wahlsiegerin CDU zieht es auch noch vor, nach zehn Jahren Schwarz-Grün mit der gerupften SPD eine, nun ja, Große Koalition zu bilden – ein Novum in der Geschichte Hessens.

Eine solche Regierung im Bund hätte zwei Hauptaspekte: Das, wie immer man es inhaltlich auch bewerten mag, bislang bewegende Element der regierenden Ampel, die Grünen, würde ausscheiden – und die neue Groko hätte wohl Schwierigkeiten, überhaupt eine (große, stabile) Mehrheit im Bundestag hinter sich zu vereinen, jedenfalls auf Basis der derzeitigen Umfragen und mit der Unbekannten des neuen Wagenknecht-Wahlvereins, der gerade von der SPD einiges an Stimmen wird holen können: von dem Teil des sozialdemokratischen Volkes insbesondere, das auf eine neue Weltlage immer noch mit den Mitteln der 1970er Jahre reagieren möchte – der Entspannungs- und Ostpolitik, dem anderen großen internationalen Doppel-O-Erfolg des deutschen Politsprechs. Es wäre eine bunt-braune Megaopposition im Bundestag, mit der sich eine solche Miniaturausgabe einer Groko (Mi-Gro?) auseinandersetzen müsste.

Abgesehen davon, dass eine faschistische Partei wie die AfD in kein Parlament gehört, wäre das gar nicht schlimm: Von den Grünen ist nach dem gelungenen Realitätscheck in der Auseinandersetzung mit dem großen faschistischen Bruder der AfD, Putins Russland, sowie nach dem Einleiten der überfälligen Heizungswende eh nichts Gutes mehr zu erwarten. Aufforderungen, nun noch „pragmatischer“, sprich flüchtlingsfeindlicher zu werden, kommen für diesen Zyklus zu spät, das nimmt man der Partei im Moment nicht ab.

Es waren ja auch wirklich sehr volle Jahre seit der Bundestagswahl 2021, da ist die vorzeitige Erholung in der Opposition durchaus gestattet, frei nach dem Merkel-Motto „Wir haben was geschafft“. Von der letzten grünen Regierungsbeteiligung ist nach dem Zurückrudern bei den Hartz-Reformen auch nur (und immerhin!) das deutsche Pfandsystem geblieben, um das uns die ganze Welt beneidet. Und Opposition – horchen Sie mal hin: Das Wort hat sogar drei Os!

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13 Kommentare

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  • „In Japan und in Italien, den anderen besiegten Achsenmächten und treuen US-Verbündeten, gelang das den linken Volksparteien, solange der Kalte Krieg andauerte, nicht.“ –Genauer: Die SPJ hat 1947–1948 den Premier gestellt, und war auch noch im folgenden Kabinett mit acht Ministern inkl. Vizepremier beteiligt. Danach war dann allerdings 43 Jahre Opposition angesagt.

  • Kein Pfandsystem entschädigt dafür, sich durch die zugemüllte Messi-Abstellkammer der letzten Groko stolpern zu müssen. Und an der Seitenlinie, zwischen AFD und Wagenknecht wieder zu altem Profil finden? Sehr gewagt.



    Aber irgendwo zwischen diesen beiden Orten findet man sicherlich den klebrigen GroKo-Drops.



    Zusammenfassend hier noch ein schönes Wort mit 3 O: Kokolores.

  • Jetzt habe ich den Text zweimal gelesen und immer noch keine Ahnung, was der Autor uns sagen will. Otto Mohl fühlt sich wohl am Pol mit Atomstrom? Oder was?

    Schade um die Zeit.

    • @Birne Helene:

      Exakt so ging es mir auch - und warum soll das für die Grünen gut sein?

  • Beim O gibt es das 'lange O'



    Das nutzt man bei Erstaunung: Oh,



    Omega schreib der Grieche so -



    Und separat 'klein o' davon,



    Das nennt der Grieche Omikron,



    So kurz und klein wie die Stadt Bonn.



    In Groko sind die 'O's' sehr lang



    Doch steht am Alfabet-Anfang



    A, - Ampel: A , wie Abgesang?

    • @Martin Rees:

      Ohohoh😉 Alphabet



      Doch nicht der Reform anheim gefallen: das Alphabet🤔



      "Aleph" bedeutet hebräisch-phönizisch eigentlich "Ochse". Der Buchstabe hat diesen Namen nach der ochsenkopf-ähnlichen Form des althebräischen Buchstaben erhalten. Als Zahlzeichen diente bei den Griechen „ά“ für „eins“ und „α“ für „tausend“. "(wiktionary.de)



      Und (!) Omega* stand für 800 im milesischen System (Omikron nur 70).



      Meine inzwischen längst verstorbenen Lehrer hätten mich als Pennäler vielleicht "Ochsen" geschimpft.



      *Letzter Buchstabe im griechischen Alphabet, steht auch für Ende



      taz.de/Die-Wahrheit/!5681812/



      Ich finde die Wortspiele des Autors höchst amüsant und abwechslungsreich in diesen - nach Brecht - "Finsteren Zeiten" (An die Nachgeborenen)

  • Das Ganze könnte sogar recht schnell gehen, wenn man so einige Aktionen der letzten Tage anschaut.

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  • Schrumpfkoalition

    Zitat: „In Hessen wird die CDU wohl mit der SPD eine Große Koalition bilden.“

    Was heißt hier „Große Koalition“? Bei den jüngsten Landtagswahlen brachte Schwarz-Rot nicht einmal 50% auf die Waage. Im Bund wären es je nach Umfrageinstitut derzeit zusammen auch nur zwischen 51% und 44 %.

    Die Vorstellung von einer „großen“ Koalition schrumpft also wie das Chagrin-Leder bei Balzac...

  • Mein Gott, was sind denn das für Absurditäten :



    "Von den Grünen ist nach dem gelungenen Realitätscheck in der Auseinandersetzung mit dem ... Putins Russland, sowie nach dem Einleiten der Heizungswende eh nichts Gutes mehr zu erwarten" - Hä ?!

    Was wäre denn zum Beispiel in der Klimafrage, dem entscheidendsten Problem der nächsten Jahre, von einer GroKo zu erwarten ? Absolut nichts, genau das, was sie schon vor dem Amtsantritt der Ampel getan hat, ein paar warme Worte, ehrgeizige Ziele stecken, aber nichts, was die Misere wirklich angeht !

    Will man denn wirklich der bleiernen Zeit der letzten Merkel-Jahre wieder das Wort reden ? Wo nichts mehr wirklich passierte, sondern nur noch "ausgesessen" wurde - ist dieser ganze Mist denn nach zwei Jahren schon soweit vergessen, dass man das wieder erträglich fände ?!

    Ich bin ehrlich fassungslos - alles das, was die Ampel angepackt hat, wo sie längst überfällige Dinge angeschoben hat und weiter tut, von der endlich flottgemachten Energiewende über die überfällige Mindestlohnerhöhung, den Umbau von "Hartz IV" zum Bürgergeld und die Kindergrundsicherung bis hin zur Cannabis-Legalisierung, da ist doch noch allerhand in der Mache und da steht noch so viel aus, dass es mindestens noch für eine weitere Ampel-Legislatur reicht - und wenn die gesamte Presse sich das Maul über den ständigen Streit zerreißt, dann soll sie sich langsam mal Gedanken über Auseinandersetzung als den Grundgedanken der Demokratie machen: Egal, wie das Habecksche Hezungsgesetz insbesondere von den vielen Lobbyisten und Freunden der Gas- und Ölwirtschaft zerrissen und mit den unsäglichsten Lügen bekämpft wurde, es ist der absolut notwendige Einstieg in die Dekarbonisierung der Wärme und musste deshalb so beschlossen werden.

    Mögen uns Robert Habeck, die feministische Außenministerin Annalena Baerbock mit vielen Ansätzen zu einer modernen Außenpolitik, Cem Özdemir mit seiner tollen Agrarwende etc. noch lange erhalten bleiben - bitte laaaange keine GroKo mehr !

    • @StromerBodo:

      Stimme Ihren Ausführungen vollständig zu.



      Das ganze Geschimpfe über diese "Ampel" (selbst unter Berücksichtigung der FDP-Beteiligung) erscheint mir absurd, wenn man bedenkt, was in den 15 Jahren zuvor alles - nicht - passiert istbzw. gar verhindert wurde.

    • @StromerBodo:

      Vollste Zustimmung meinerseits.

  • Das Dosenpfand ging, soweit ich weiss, auf Klaus Töpfer zurück, nicht auf die Grünen.

    • @decaflo:

      Exakt so ist das, allerdings hat Jürgen Trittin das Gesetz dann tatsächlich exekutiert.

      Was der Autor vergessen hat, was bei Rot-Grün (1998-2005) seinen Ursprung hat: Der Atomausstieg. Den gäbe es wohl eher nicht ohne die Grünen damals in der Regierung (auch wenn es zwischenzeitlich noch mal einen Ausstieg vom Ausstieg gab).