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Streit um StromtarifeSind Strompreiszonen Gift?

Unterschiedliche Tarife in Nord und Süd schaden der Industrie, behaupten manche – zu Recht? Ein kühler Faktencheck.

Windräder in Brandenburg, nach Niedersachsen das Bundesland mit der größten installierten Leistung Foto: Patrick Pleul/dpa

Bayerns Ministerpräsident und Wahlkämpfer Markus Söder (CSU) sagte kürzlich der Süddeutschen Zeitung: „Unterschiedliche Strompreiszonen wären ein großer Fehler. Wer solchen Zonen das Wort redet, legt die Axt an den Industriestandort Deutschland und gefährdet Süddeutschland als industrielles Herz der Republik.“

Söders Aussage ist maßlos übertrieben. Was in der Tat aber stimmt: Würde man den deutschen Stromgroßhandel in zwei oder mehr Zonen aufteilen – derzeit gibt es hierzulande an der Strombörse nur eine einheitliche Preiszone –, ergäben sich regional unterschiedliche Preise, auf Basis von örtlichem Angebot und Nachfrage. In einer Zone, in der der Strom knapp ist, stiege zeitweise der Großhandelspreis.

Die Einschränkung „zeitweise“ ist wichtig. Denn eine Preisdifferenz zwischen einer Nord- und einer Südzone träte nur in jenen Stunden auf, in denen die physischen Netzkapazitäten nicht ausreichen, um den Strom aus der Zone der Erzeugung in die Zone des Verbrauchers zu transportieren. Deswegen: Ja, wenn es unterschiedliche Strompreiszonen gäbe, präziser auch „Stromgebotszonen“ genannt, würde es Stunden im Jahr geben, in denen der Strom am Spotmarkt in Süddeutschland teurer wäre als in Norddeutschland.

Andererseits: Je weiter die Übertragungsnetze in Deutschland ausgebaut werden, umso seltener werden solche Stunden mit Preisdifferenzen sein. Deswegen ist davon auszugehen, dass die Strompreise sich im Jahresmittel in den verschiedenen Zonen nur geringfügig unterscheiden würden.

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Für die Stabilität des Stromsystems wären mehrere Preiszonen sinnvoll, weil sie auf marktwirtschaftlichem Weg auf Verbrauch und Erzeugung wirken, etwa auf den Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken, was heute noch aufwendig im Rahmen des Redispatch erfolgt. Der Redispatch ist ein regulatorischer und eigentlich marktwidriger Eingriff in den Strommarkt aufgrund physikalischer Zwänge wie Netzengpässen.

Zuletzt wurde das Thema Stromgebotszonen munter vermischt mit der Frage, wer künftig in Regionen mit viel Windkraft die nötige Verstärkung der Verteilnetze bezahlt. Sollen das – wie heute – nur die Verbraucher im betreffenden Netzgebiet sein? Oder will man die Kosten bundesweit auf alle Verbraucher umlegen? Dann würden auch Kunden von Stadtwerken, die keine oder kaum Windkraftanlagen in ihrem Netz haben, über ihre Netzentgelte den Ausbau der Infrastruktur in anderen Teilen Deutschlands mitbezahlen. Der Chef der Bundesnetzagentur befürwortete das jüngst.

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11 Kommentare

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  • Nun für Herrn Söder sind Strompreiszonen sicher ein reales Problem. Mit der politischen Weigerung sich auf die erneuerbaren Stromerzeuger, insbesondere der Windkraft, einzulassen, ergäbe sich für Bayern ein Investitionsnachteil.

    Günstiger Strom an der Küste würde langfristig Investitionen anziehen, die in Bayern fehlen würden. Das würde die bayrischen Wirtschaftsregionen langfristig altern lassen. Politisch steht die CSU damit gerade vor dem Dilemma sich einerseits nicht auf die Moderne einlassen zu können, den Anschluss zu verlieren und langfristig, dauerhaft die Regierungsmacht zu verlieren.

    Die jüngsten Großinvestitionen von Tesla, Intel und TSMC sind allesamt nicht nach Bayern gegangen. Das spricht aus meiner Sicht Bände. Die nächste Wahl mag das wegen rechtspolitischer Tendenzen noch mal kaschieren. Langfristig scheint mir der Abstieg in der Tendenz aber bereits vorgezeichnet.

  • Wie schaffen andere EU-Länder den Strom zum halben Preis zu liefern,



    ( Ungarn: 9,8 Cent/kWh,



    Bulgarien: 11,5 Cent/kWh,



    Malta 14,6 Cent/kWh),



    während wir den nach Dänemark teuersten Strom der Welt haben?



    Wir tun als seien wir der Nabel der Welt, sind aber zu blöde für genügend Stromleitungen-

  • Es muss nicht alles noch weiter verkompliziert werden, nur weil alte und eigentlich überlebte Nord-Süd-Konflikte, die ja letztlich politische sind, wieder aufflammen.



    Wir haben Kleinstaaterei genug.

  • Wenn jemand ein Windrad abseits eines ausreichenden Stromnetzes auf eine Wiese stellt, sollte er auch die Anschlußkosten übernehmen. Wenn jemand auf dem Dach eines Bauernhofes eine große Solaranlage montiert, um mit dem Verkauf des Stroms Einnahmen zu erzielen, dann sollte er auch die Verlegung des das erforderlichen neuen leistungsfähigeren Kupferkabels zum Abtransport seines Stroms vom Hof bezahlen. Im jetzigen Konzept erhalten die Anbieter Einnahmen. Die mit ihren Einnahmen verbundenen Ausgaben werden auf die Nachbarn umgelegt. Ein solches Konzept führt zwangsläufig zu fehlgeleiten Investitionen und hohen Kosten für die Allgemeinheit.

    • @Donald Duck:

      wer Strom außer Steckdose haben will soll gefälligst die Leitung zwischen Steckdose und Kraftwerk bezahlen. So wird ein Schuh draus.

  • „Unterschiedliche Strompreiszonen wären ein großer Fehler. Wer solchen Zonen das Wort redet, legt die Axt an den Industriestandort Deutschland und gefährdet Süddeutschland als industrielles Herz der Republik.“



    Kaum fällt Bayern durch von der CSU politisch historisch gesetzte und seit Jahrzehnten strategisch falsche Versorgungsstrukturen wirtschaftlich zurück, wird gleich der Untergang heraufbeschworen.



    Markus Söder sollte besser dafür sorgen, dass mehr und schneller regenerative Stromerzeugung möglich wird, nachdem er und seine CSU seit vielen Jahren mit der 10H-Regel z.B. den notwendigen Ausbau behindert hat.



    Mit mehr in Bayern produziertem regenerativem Strom bleibt Bayern auch ein attraktiver wirtschaftlicher Standort, denn die Sonne schickt keine Rechnung im Gegensatz zu Bayernwerk Netz.

    Daher ist eine Strompreiszonenaufteilung sinnvoll, damit die innovativen Bundesländer auch aus ihrem politisch richtigem Handeln einen wirtschaftlichen Vorteil haben, und damit Vorbild sein können.

    Der Energie-Atlas Bayern der bayerischen Staatsregierung weist noch heute 19.08.2023 29% Strom aus Kernenergie aus; www.energieatlas.b...nergie/daten/strom. Gibt es noch geheime Kernkraftwerke im Land Bayern?



    Vermutlich besteht deshalb wohl gerade eine Stromlücke in Bayern, oder? Hoffentlich bleibt der Strom nicht weg. Noch scheint die Sonne, aber am Abend? Markus umarmt die Kerze und schon wird es hell in den Bayerischen Stuben. Markus kauft aktuell wohl 29% Strom hinter der bayerischen Weisswurstgrenze ein. Daher der große Jammer in der Staatsregierung, oder?

  • Es ist kein Naturgesetz, dass der Süden das "industrielle Herz" Deutschlands ist. Geschichtlich ist das sogar eher die Ausnahme.

    Industrien siedeln sich immer dort an, wo Energie günstig zu bekommen sind. Weder das Ruhrgebiet noch irgendein anderes großes Industriegebiete entstand dort wo es ist, weil die Leute es dort so schön fanden, sondern weil die Kombination aus Energie und Verkehr dort am günstigsten waren, sei es aus politischen oder geographischen Gründen.

    Und wenn es nun in Norddeutschland billigeren Strom gibt, dann ist das nun mal ein attraktiverer Industriestandort als der Süden. Das ist Wettbewerb.

    • @Jürgen Meyer:

      Wettbewerb wäre es dann, wenn es keinen Länderfinanzausgleich gäbe.



      So lange es diesen gibt, wären unterschiedliche Strompreise eine Frechheit.

      • @Rudi Hamm:

        Aktuell zahlen die Bürger und Industrien im Norden dafür das der Südlink behindert wird durch Söder. Netzendgelt wird gezahlt wenn eine Windkraftanlage stehen muss, dies wird auf den Strompreis aufgeschlagen. Würde es den Südlink geben, würde der Strompreis in Norddeutschland automatisch um 5 Cent fallen. Im Übrigen auch in Bayern, weil es dann günstigeren Strom gibt. Nur würden dann die ganzen Gaskraftwerksbetreiber die unter Söders fuchtel und wahrscheinlich mit ordentliche Parteispenden mit Blick auf das günstige Russengas gebaut haben in die Röhre schauen. Und DIESE Interessen vertritt gerade Söder. Nicht die der Bayerischen Bürger oder Industrie. Weil die gehen dann ganz schnell pleite bei den aktuellen Gaspreisen.

  • Ausgerechnet Söder/Bayern. Wenn dieses Bundesland sich beharrlich sträubt gegen EE und Stromtrassen oder Nuklearaearanalagen und das alles für Grüne Romantikspinnerei hält, dann ist es nur folgerichtig, dass dort mitunter (!!) ein höherer Preis entsteht für den Strom. Doch das ist mit dem Dogma der bayrischen Landesregierung unvereinbar. "Alles wollen wir haben, geben wollen wir nichts". Nun soll mir keiner mit dem Länderfinanzausgleich kommen. Das rechnen wir dann gerne zurück bis zur Gründung der Republik als die anderen Länder ohne Murren solidarisch waren. Vielleicht müssten die Bayern dann noch saftig nachzahlen...

  • Man muss Herrn Söder schon verstehen: Es wäre für die Bundesrepublik als Ganzes schlecht, wenn Wirtschaftskraft aus Bayern abgezogen würde und nach Norddeutschland wechselte. Warum? Weil dann im Idealfall die gleich guten Lebensbedingungen in ganz Deutschland (fast) ohne Länderfinanzausgleich möglich wären und die CSU den Rest der Republik nicht immer wieder erpressen könnte. Und das will doch sicherlich auch Norddeutschland nicht! Sarkasmus *AUS*