Heizungsstreit geht weiter: Und ewig grüßt das GEG

Der Bundestag hat das Gebäudeenergiegesetz doch nicht beschlossen. Die Ampelkoalition will das nach der Sommerpause nachholen. Oder?

Kinderfüße in gelben und violetten Socken wärmen sich an einer Heizung

Wenigstens auf warme Socken ist Verlass Foto: Iris Loonen/plainpicture

Warum ist das Heizungsgesetz am vergangenen Freitag nicht wie geplant vom Bundestag verabschiedet worden?

Das Bundesverfassungsgericht hat die Abstimmung über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) untersagt. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann, früher Justizsenator in Berlin, hatte das in einem Eilantrag gefordert. Er kritisierte, dass die Ampelfraktionen das Gesetz über den Heizungsaustausch so schnell durchs Parlament bringen wollten, dass seine Rechte als Abgeordneter verletzt würden. Weil die Ampel sich spät auf Einzelheiten geeinigt hat, bekamen die Par­la­men­ta­rie­r:in­nen die Änderungen so kurzfristig, dass sie die Unterlagen nicht eingehend prüfen konnten. Auch die Teil­neh­me­r:in­nen der Expertenanhörung hatten nur ein Wochenende Zeit, um die Dokumente zu sichten. Dabei geht es um sehr komplizierte Dinge: Der komplette Ersatz fossiler Heizungen bis zum Jahr 2045 ist eine schwierige Aufgabe.

Ist das Gesetz damit erledigt?

Nein. Bei dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ging es nicht um die Inhalte des Gesetzes, sondern nur um das Zustandekommen. Die Rich­te­r:in­nen haben sich also nicht inhaltlich geäußert. Es ging ausschließlich darum, ob das Gesetz vor der Sommerpause des Parlaments verabschiedet werden darf. Der Bundestag hätte die Abstimmung bei einer Sondersitzung in den kommenden Wochen zwar nachholen können. Aber die Ampelfraktionen haben sich dagegen entschieden. SPD, Grüne und FDP wollen das Gesetz jetzt direkt nach der Sommerpause im Bundestag verabschieden. Es soll wie geplant am 1. Januar in Kraft treten.

Oh je, dann geht das Gezerre um den Heizungstausch den ganzen Sommer über weiter?

Damit ist wohl zu rechnen. Die Union ist laut Fraktionschef Friedrich Merz der Auffassung, „dass das ganze Gesetz noch mal neu geschrieben werden müsste“. Am­pel­ver­tre­te­r:in­nen dagegen betonen, dass sie das Gesetz nicht noch mal anpacken wollen. Entscheidend wird sein, wie diszipliniert die FDP ist. Zwar sagen führende Liberale wie Fraktionschef Christian Dürr, dass das Gesetz nicht mehr aufgeschnürt werden soll. Aber das wird FDP-Politiker wie den notorischen Heizungsgesetzgegner Frank Schäffler nicht unbedingt daran hindern, weiter Stimmung gegen die Novelle zu machen.

Bei dem ganzen Hin und Her ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Was soll denn jetzt in dem Gesetz überhaupt stehen?

Gegenüber den ersten Plänen hat sich etwas Entscheidendes verändert: Die Kommunen werden zuerst in die Pflicht genommen, bevor die Bür­ge­r:in­nen dran sind. Städte und Gemeinden müssen Konzepte entwickeln, wie die Gebäude in ihrem Einzugsbereich beheizt werden können. Erst wenn diese sogenannte kommunale Wärmeplanung vorliegt, tritt das Heizungsgesetz für die Bür­ge­r:in­nen vor Ort in Kraft. In Großstädten soll das bis 2026 geschehen, in kleineren Kommunen bis 2028.

Was haben Bür­ge­r:in­nen von der kommunalen Wärmeplanung?

Bür­ge­r:in­nen sehen, welche technischen Optionen es für sie gibt – ob es sinnvoll ist, auf kommunale Angebote zurückzugreifen oder eine eigene Lösung zu suchen, etwa eine Wärmepumpe anzuschaffen, wenn die fossile Heizung nicht mehr repariert werden kann. Reparaturen fossiler Heizungen sind weiterhin möglich, das war auch nie anders vorgesehen. Bür­ge­r:in­nen können an den Wärmeplänen zum Beispiel ablesen, ob für sie ein Nah- oder Fernwärmeanschluss in Frage kommt. Ist das der Fall, brauchen sie keinen Ersatz für ihre eigene Heizung. Fern- und Nahwärmenetze sollen in den kommenden Jahren massiv ausgebaut werden. Der Anschluss daran ist billiger und praktischer als die Anschaffung einer eigenen klimafreundlichen Heizung.

Und wenn es vor Ort kein Wärmenetz gibt? Unterstützt der Staat die Anschaffung einer klimafreundlichen Heizung?

Ja, aber einen großen Teil der Kosten werden Bür­ge­r:in­nen selbst aufbringen müssen. Das wird für etliche hart. Der Staat bezuschusst unabhängig vom Einkommen der Ei­gen­tü­me­r:in­nen eine neue klimafreundliche Heizung mit 30 Prozent der Anschaffungskosten. Allerdings nur bis zu einer Grenze von 30.000 Euro der Anschaffungskosten, auch wenn die Heizung viel teurer ist. Wer schnell ist und bis 2028 eine neue Heizung anschafft, bekommt einen Bonus von 20 Prozent, das gilt aber nur für Ei­gen­tü­me­r:in­nen im selbstgenutzten Wohnraum.

Nach 2028 sinkt der Zuschuss alle zwei Jahre um 3 Prozentpunkte. Leute mit einem Einkommen von weniger als 40.000 Euro erhalten einen weiteren Zuschuss von 30 Prozent. Die unterschiedlichen Zuschüsse sind aber nur bis zu einer Grenze von 70 Prozent addierbar. Eine Härtefallregelung ist nicht vorgesehen. Stattdessen soll es zinsgünstige Kredite geben. Das Geld für die Förderung kommt nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds. In den fließen die Mittel, die der Staat mit den Einnahmen aus dem CO2-Preis generiert.

Und was ist mit Mieter:innen?

Ver­mie­te­r:in­nen können die Kosten für eine neue Heizung auf Mie­te­r:in­nen bis maximal 50 Cent umlegen. Für eine 80 Quadratmeter große Wohnung sind das immerhin 40 Euro im Monat. Ein weiteres Problem: Ei­gen­tü­me­r:in­nen entscheiden alleine, welche neue Heizung sie einbauen lassen. Wählen sie eine mit sehr hohen Betriebskosten, weil sie zum Beispiel Wasserstoff oder E-Fuels ganz toll finden, steigen die Nebenkosten für die Mietenden wahrscheinlich stark an. Ursprünglich wollte die Ampel Mie­te­r:in­nen davor schützen. Aber die entsprechende Passage ist aus dem überarbeiteten Gesetzentwurf gefallen. In einem Entschließungsantrag haben sich die Ampelfraktionen immerhin selbst die Aufgabe gegeben, dieses Problem anzugehen.

Naturschutzverbände wie der BUND oder die Deutsche Umwelthilfe kritisieren das Heizungsgesetz scharf. Warum?

Im Gerangel um das Gesetz hat die FDP viele Ausnahmen durchsetzen können, die dazu führen, dass Öl- und Gasheizungen viel länger neu angeschafft werden können als ursprünglich geplant, etwa wenn sie mit Wasserstoff oder E-Fuels betrieben werden können. Nach Auffassung von Umweltverbänden wird das Gesetz deshalb dazu führen, dass Deutschland die Pariser Klimaziele nicht einhalten kann. Es verstößt aus ihrer Sicht also gegen ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.