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Faeser sorgt sich nach AfD-Erfolg„AfD schadet Standort Deutschland“

Nach dem Landratssieg des AfD-Kandidaten im Kreis Sonneberg warnt Innenministerin Faeser vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Demokraten müssen, „um die besten Lösungen ringen, ohne in die hasserfüllte Sprache der Populisten zu verfallen“, sagt Nancy Faeser Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin afp | Nach dem Sieg des AfD-Kandidaten bei der Landratswahl im südthüringischen Kreis Sonneberg hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland gewarnt. Faeser sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die AfD biete für die Herausforderungen des Landes keinerlei Antworten. „Im Gegenteil: Die AfD schürt ein Klima, das dem Standort Deutschland schadet.“

Ein solches Klima schrecke qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland ab, „die unsere Wirtschaft dringend braucht“, kritisierte Faeser. Die AfD werde auf diese Weise „zum Chancen-Tod gerade für die Regionen, die wirtschaftlichen Aufschwung brauchen und dafür dringend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind“.

Mit Blick auf die politischen Wettbewerber sagte die Innenministerin, kein Demokrat dürfe Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Brandmauer nach rechts stehe. Deshalb dürfe es keine Anbiederung und keinerlei Übernahme der politischen Positionen und der „menschen- und demokratieverachtenden Sprache“ der AfD geben, warnte die SPD-Politikerin.

Die AfD werde immer dann stark, „wenn in der Mitte der Gesellschaft rechte Themen hochgepeitscht und Begriffe und Positionen übernommen werden“, sagte Faeser der Funke Mediengruppe. Die Lehre für alle Demokraten müsse sein, „um die besten Lösungen zu ringen, ohne in die hasserfüllte Sprache der Populisten zu verfallen“.

Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann hatte am Sonntag klar die Stichwahl um das Amt des Landrats im Landkreis Sonneberg gewonnen. Er setzte sich gegen einen Bewerber von der CDU durch, zu dessen Wahl auch SPD, Linke, Grüne und FDP aufgerufen hatten. Damit bekleidet erstmals ein AfD-Vertreter ein kommunales Spitzenamt in Deutschland. Thüringens Verfassungsschutz stuft den dortigen AfD-Landesverband um dessen Chef Björn Höcke als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Sesselmann ist Beisitzer im Landesvorstand seiner Partei.

Der Thüringer CDU-Landeschef Mario Voigt kritisierte Belehrungen aus Westdeutschland wegen des AfD-Wahlerfolgs scharf. „Wenn jetzt manche belehrend oder gar vorwurfsvoll mit dem Finger auf Ostdeutschland zeigen, dann ist das entschieden zurückzuweisen“, sagte Voigt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wir lassen uns unsere Thüringer Heimat nicht schlechtreden.“

Die Landratswahl in Sonneberg sei vor allem ein Denkzettel für Berlin und das schlechte Regierungshandwerk der Ampel, fügte Voigt hinzu. Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper habe sowohl im ersten Wahlgang als auch in der Stichwahl Stimmen hinzugewonnen und einen engagierten Wahlkampf gemacht. „Die Sonneberger haben letztlich klar Protest gewählt und ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.“

Voigt forderte seine Partei auf, auch die Themen anzusprechen, die aktuell von der AfD besetzt werden. Die Bürger hätten „Sehnsucht nach einem grundlegenden Politikwechsel in Berlin und Erfurt und sie erwarten klare Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien“, sagte Voigt weiter. Die CDU dürfe deshalb Debatten nicht ausweichen und Probleme nicht totschweigen oder schönreden, „nur weil die AfD sie anspricht“, mahnte er.

Die Union werde weiterhin eigenständig Themen ansprechen und besetzen – unabhängig von der Frage, wie sich AfD oder die Parteien links der Mitte dazu verhalten. Die CDU wolle „eine optimistische Zukunftsperspektive“ bei den Themen Flüchtlinge, Energie, Bildung, Rente, Gesundheit und Pflege anbieten, betonte Voigt.

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25 Kommentare

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  • »Diese "Mitte" hat nie eine "Brandmauer gegen rechts" gezogen, weil sie sich dann selbst eingemauert hätte. Sie ist mit ihrer hohen Toleranz gegen rechte Weltanschauung und Politik Teil des Problems.«

    Elena "Die schon wieder" Wolf in der Kontext Wochenzeitung



    www.kontextwochenz...mpoerung-8937.html

  • Bisher war es doch so, dass die AFD noch nie ein Spitzenamt gewann oder innehatte. Da konnte man mal schnell behaupten, diese Protestwähler haben für eine Partei gestimmt, die eh keine Chance auf (Regierungs)Ämter hat, ergo alles halb so schlimm sei. Seit Sonntag hat sich das nun gewaltig geändert. Auch wenns nur ein 'Verwaltungsamt' ist, stellt es einen Dammbruch dar. Wie jetzt damit umgehen? Ich befürchte leider, dass viele Politiker jetzt noch verstärkter Positionen ergreifen und Themen besetzen, für die original die AFD steht. CDU Landeschef Voigt hat es schon mal vorgemacht. Und man braucht sich nichts vormachen; in den allermeisten Fällen wählt man dann doch lieber das Original, also die AFD. Deshalb gilt nun für alle demokratischen Parteien, klipp und klar die Abgrenzung zur AFD zu betonen, die Brandmauer nach rechts zu setzen und versuchen die hohe Zahl an Nichtwähler für die demokratische Parteien zu mobilisieren und zu gewinnen. Die 18-20%, die laut Umfrage aktuell für die AFD votieren würden, sind m.E. keine Protestwähler sondern bereits Überzeugungstäter.

  • Vielleicht wäre es sinnvoll über ich nenne es mal "Softwerte" in der Kommunikation nach zu denken. Das wäre so etwas wie aufmerksames Zuhören, Nachdenken und die eigenen Ideen so zu Formulieren, dass die Gegenseite nicht eingeschüchtert wird, Wahrheit von Lüge unterschriden, usw. Im Grund das was wir uns auch von unseren Kinder wünschen. So könnten ohne viel Aufhebens Werte der Gegenseitigkeit vermittelt werden die auch ein Schutz vor Hass und Erniedrigung sein kann.

  • Ich finde, dass die vielen tausend Straftaten

    de.statista.com/in...lt-in-deutschland/

    - natürlich alles Einzelfälle - aus der rechten Szene, eine Polizei, die hier gern mal wegsieht, eine Staatsanwaltschaft, die hier keine Organisation oder Struktur erkennen will, Richter, die hier mit sehr viel Milde immer wieder einen Resozialisierungsansatz verfolgen und dazu noch Politiker, die gerne rechte Sprechblasen und Hetze salonfähig machen, viel mehr unserem Ansehen schaden.

    Parteien wie die Afd sind dann das logische Produkt, all dessen.

    Und der starke Zulauf zu solchen Parteien hängt auch viel mit der politischen Gleichgültigkeit der sog. bürgerlichen Mitte zusammen!

  • Dem "Standort Deutschland" schadet diese relativ unwichtige Wahl wahrscheinlich ebensowenig, wie die Wahlen in Italien, Ungarn, Polen,...,... - oder der Türkei...

    Was dem "Standort Deutschland" schadet, ist sein viel zu guter Ruf als "neue Heimat", die unbegrenzt aufnimmt und die Sozialleistungen zu Lasten seiner Bürger immer weiter einschränkt.



    Bitte richtig verstehen:



    Ein Schutzbedürftiger nach der Genfer Konvention ( und auch "zwölfeinhalb Ähnliche" ) sollen und müssen in Deutschland Schutz erhalten - Menschen, die Deutschland und seinen Entdsandten ( s.a. Afghanistan ) geholfen haben, MÜSSEN hier Schutz finden - aber darüber hinaus eben nicht ubegrenzt, solange es andere Staaten der "Wertegemeinschaft" gibt ( s.a. Ost-Europa ), die gerne die Hand aufhalten, kassieren, aber nicht beitragen wollen.



    Die ganze Schwafelei von "Sanktionen" gegen ein Ungarn, welches unaufhörlich dagegen ( und Vielem anderen ) verstößt, mit einem unerträglichen "Orban" als Staatsoberhaupt (immerhin von seinen Landsleuten dazu auserkoren) und die EU, die schimpft, Strafen andenkt - jedoch nie vollumfänglich vollstreckt.



    Also meine Katzen lernen von jetzt auf gleich, dass - wenn ich zu ihnen komme, nachdem ich sie gerufen habe - kein Handlungsbedarf ihrerseits besteht - ist ja nur heiße Luft ...

  • Ob der Standort Deutschland attraktiv ist wird von der Wirtschaftspolitik bestimmt aber doch nicht von der AfD.

    • @Filou:

      Welches internationale Unternehmen will sich irgendwo ansiedeln, wo ausländische Manager befürchten müssen, nach Feierabend von Ronny und Maik zusammengeschlagen zu werden?

      Schon vor 15 Jahren warnte ein sehr bedeutendes nationales Forschungsinstitut seine ausländischen Doktoranden und Forscher an gewissen ostdeutschen Standorten davor, abends alleine unterwegs zu sein. Sie können sich vorstellen, wie viele von denen sich dort dauerhaft niederließen.

      • @Suryo:

        Das ist doch Humbug. Dresden boomt trotz des Status als Welthauptstadt der Verstrahlten, während sich bei uns in den Landkreisen drumherum weder nationale noch internationale Unternehmen ansiedeln, obwohl es da bei Wahlergebnissen keinen Unterschied gibt.



        Ich würde außerdem mal behaupten das unsere Region hier trotz AfD Rekordergenissen statistisch zu den sichersten des ganzen Landes gehört. Die Wahrscheinlichkeit Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, ist in der ältesten Kommune des Landes hundertmal niedriger als in Berlin. Diese ganze Argumentation ist doch bestenfalls artifiziell und sorgt hier nur noch für Achselzucken. Dem durchschnittlichen Rentner oder Mindestlohnempfänger hier sind die Befindlichkeiten der deutschen Wirtschaft völlig zu Recht sowieso komplett Wumpe.

        • @Šarru-kīnu:

          Sicher? Gilt das auch für Leute, die nicht so aussehen, wie Maik und Ronny?

          • @Suryo:

            Wie sehen denn Maiks und Ronnys so aus? So eine Argumentation würden Sie selbst in anderem Kontext niemals durchgehen lassen.



            Ich bin Angehöriger einer Minderheit und meine Frau und Tochter haben MigraHu. Vergleichen Sie doch einfach mal die Kriminalstatistiken. Berlin ist beispielsweise einsamer Spitzenreiter bei rechten Straftaten und uns auch sonst in jeder Kriminalitätsform weit voraus. Ist auch eigentlich ganz logisch, denn diese Straftaten werden zumeist von einer Altersgruppe begangen, die bei uns leider im großen Stil abwandert. Die ganzen alten Nazirentner sind natürlich genauso zu fürchten, aber das Risiko hier auf der Straße wirklich überfallen zu werden, ist äußerst übersichtlich. Die gefährlichsten Orte des Landes sind mit Abstand Berlin und Frankfurt. Nur damit Berliner verstehen warum diese Art der Argumentation hier einfach nicht zieht. Stellen Sie sich mal vor ein sächsischer MP würde sich hinstellen und ernsthaft internationalen Fachkräften abraten nach Berlin zu ziehen, weil dort das Risiko ausgeraubt oder angegriffen zu werden 100 mal höher ist als hier, dabei ließe sich diese Position sogar mit Fakten untermauern.



            Vielleicht unterziehen Sie ihre Vorurteile ja mal einem Realitätscheck und besuchen uns in der Region. Ist sowieso eine der schönsten Ecken dieses Landes und immer eine Reise wert.

  • Was genau soll so ein Appell bewirken?



    Dass jetzt menschen nicht mehr afd wählen, weil sie um den Wirtschaftsstandort fürchten....



    in einem Wort: weltfremd

    • @nutzer:

      ...und was soll "AfD wählen" wenn man was bewirken will?

      • @Tyramizou:

        woher soll ich das wissen?

      • @Tyramizou:

        "Wer Protestieren will hat dazu mehr als genug zielführendere Möglichkeiten. "



        -------------------



        Zielführend ist nur das Konzept, was "ganz oben" zeitnahe Veränderungen bewirken kann. Und das ist die Wahlurne. Sonst nichts.



        Die Politik ist also in der Pflicht dem AfD-Wähler Optionen anzubieten, die dagegen sprechen, das er in der Wahlkabine bei der AfD sein Kreuzchen setzt. Und wenn die Politik das nicht kann dann gehts oben damit munter weiter. Die AfD ist schließlich kein Naturereignis das urplötzlich kam und direkt 20 % eingefahren hat. Das Erstarken der AfD ist eng mit den Entscheidungen Berlins der letzten Jahre verbunden. Ist nun mal so. Da können Sie dem Wähler soviel Schuld zuschieben wie Sie wollen, es ändert sich nichts daran.

  • Die Ampel ist Schuld, die Union ist Schuld, die Grünen sind Schuld (sowieso immer und an allem). Das ist doch BS. Als ob es ein Naturgesetz gäbe das die Leute bei Unzufriedenheit mit der Politik zu Faschisten machen würde. Wo jemand das Kreuz auf dem Wahlzettel macht liegt eben nicht in der Verantwortung der Spitzenpolitik sondern in der Verantwortung eben dieser Person und es bei einer Partei wie der faschistischen thüringer AfD zu machen ist durch nichts zu entschuldigen oder zu rechtfertigen, völlig egal wie dumm und schlecht sie sich vermeintlich in Berlin anstellen.



    Dieses ständige Lamentieren über die angebliche 'Protestwahl' dürfte wesentlich mit dazu beitragen genau dies zu Normalisieren. Erreichen wird man damit im besseren Fall nichts und im schlechteren das Ende der Demokratie, aber keine Verbesserung auf sachpolitischer Ebene. Wer Protestieren will hat dazu mehr als genug zielführendere Möglichkeiten. Deshalb muss man sich endlich mal der bitteren Einsicht stellen, dass es eben nicht nur 'Protestwählende' sind, sondern Menschen die aus Überzeugung wählen wie sie wählen und die eben nicht nur ein Problem mit 'schlechtem Handwerk' im Kabinett haben sondern ein ganz grundsätzliches mit dem gegenwärtigen System.

    • @Ingo Bernable:

      So ist es. Wer die AFD wählt, stellt bewusst die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Miteinanders in Frage und verweigert sich bewusst den gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen und jeglichem solidarischen Handeln.

      Die Alternative dazu, die diese Menschen im Blick haben, wird schnurstracks in die gesellschaftliche, außenpolitische und ökologische Katastrophe führen. Es ist bemerkenswert, dass erwachsene Menschen so verantwortungslos handeln und wählen, als wären sie unreife Kleinkinder.

      • @Bussard:

        naja und nun?



        Aus Ihrem Standpunkt ergeben sich für mich keine Handlungsoptionen, außer "alles Faschisten, also weiter wie bisher".



        Natürlich darf man diesen Positionen nicht zu Munde reden, das bringt rein gar nichts, außer dem Gegenteil des Erwünschten, aber es ist schon Aufgabe der Politik, diesen Positionen das Wasser abzugraben. Das gelingt aber nicht mit Aussprüchen a la Faeser, noch mit dem abstempeln, von 20 % als Nicht-Demokraten. Dafür sind es einfach zu viele, das hält keine Demokratie auf Dauer aus. Und dass diese Menschen einen Brast auf die Politik in Berlin haben, ist nun mal ein Punkt. Wie das nun gelöst werden kann, das ist die Frage und die Antwort kenne ich auch nicht. Ich habe nur so das dumpfe Gefühl, dass eine Politik die als Chance begriffen wird, auch reaktionäre Menschen dazu bringt, Ihre Brastigkeit etwas abzumildern.



        Konkret, wenn klar wird, dass eine "andere Heizung als Gas" billiger wird, dann wird das auch angenommen, mein Erleben, auch Menschen fern des grünen Milieus freuen sich diebisch, wenn sie durch "Weg von Gas" billiger wegkommen oder Autonomie gewinnen oder oder.

        • @nutzer:

          Das Konzept den sozialen Frieden zu erkaufen indem alles immer billiger und der Lebenstandard immer noch höher wird ist nur in praktisch keinem Szenario besonders realistisch, weder mit noch ohne Klimaschutz und auch nicht mit Rechtsradikalen an der Regierung. Und eine Gesellschaft die Demokratie lediglich als Mittel zum ökonomischen Zweck begreift und nicht als Wert an sich hat so oder so ein Problem.

          • @Ingo Bernable:

            Es gibt kein anderes Konzept als sich den sozialen Frieden zu erkaufen. Erst das Fressen, dann die Moral.



            Seit ca. 40 Jahren sehen die Vermögenden und Einflussreichen die Demokratie als Mittel zum ökonomischen Zweck und geben vor, sie handelten im Interesse des Mittelstandes. Statt sich über den Binnenmarkt unabhängiger zu machen, haben wir die Löhne gedrückt und bei Minijobs die Rentenkosten raus gerechnet, um auf dem internationalen Markt Billiglohnkräfte anbieten zu können.



            Ratrace to the bottom.



            Und entgegen den großen Versprechen, kommt unten nichts mehr an.



            Die großen Volksparteien haben sich nicht mehr wirklich um die Interessen der kleinen Leute gekümmert, sondern um die der Konzerne. Und nun tragen wir die Konsequenzen dieser Politik.

            traditionelles Konzept: Taxi mit moderaten Löhnen, Rente, Erneuerung des Fuhrparks über Preispolitik.

            Uber-Konzept: Niedriglöhne, private Rentenvorsorge wäre nötig, ist aber nicht finanzierbar, Arbeitnehmer verantwortlich für Fahrzeug.

            • @Chamäleon:

              Demnach müssten wir heute im Durchschnitt einen niedrigen Lebensstandard haben als zu Beginn der 80er-Jahre. Tatsächlich hat sich seitdem etwa die Wohfläche pro Kopf fast verdoppelt, die der PKW pro Kopf ebenfalls. Sicher gibt es eine problematische Entwicklung im Niedriglohnsektor, aber die sollte man schon richtig kontextualisieren und spätestens wenn man die absoluten Zahlen betrachtet relativiert sich selbst das eben doch.

              • @Ingo Bernable:

                Ist die Betrachtung des Durchschnitts nicht die grundlegend falsche Kontextualisierung?



                "Der Mittelwert ist das Leichentuch der Statistik." Muss hier der Fokus nicht auf die Ränder gerichtet werden: "Sicher gibt es eine problematische Entwicklung im Niedriglohnsektor…", klingt allzu nebensächlich, obwohl genau hier des Pudels Kern zu finden ist.

                80er -> kein Niedriglohnsektor -> keine erwähnenswerte rechte Partei.

                Das alles ist so offensichtlich: Ein Großteil der Bevölkerung ist heute viel ärmer. Von der Armut Arbeitsloser bis hin zu Mindestlöhner. Psychologisch reicht das durch die Abstiegsangst bis in den Mittelstand. Und wie wurden Wohnfläche und PKWs finanziert? Mit Eigen- oder Fremdkapital? Warum sammeln Renter Leergut?

                Das Mindset der Gesellschaft hat sich um 180 Grad gedreht. Von Tendenz umbeschwerter Aufstieg zu Tendenz angsteinflößender Abstieg. Armut ist ein Topthema bis in die Mittelschicht, ob ganz unten real erlebt oder in der Mittelschicht als Befürchtung.



                Das Erfolgsgeheimnis der AfD ist die Armut.

              • @Ingo Bernable:

                kontextualisieren ist genau das Stichwort. Die dt Wirtschaft ist in den letzten Jahrzehnten konstant gewachsen, durch Exportüberschüsse, die dt Bevölkerung hat aber nicht im selben Maß an diesem Wachstum partizipiert, zum Teil ja, aber nicht annähernd im selben Verhältnis. Stattdessen wurde das Sparen immer wieder als Notwendigkeit verkündet. Vieles (gefühlt sogar alles) an öffentlicher Struktur ist auf Kante genäht und über Jahre auf Verschleiß gefahren worden. Nun müssen wir unsere Lebensweise ändern, das ist mit Kosten für jeden Bürger verbunden, es ist einfach kein Wunder, dass Menschen die die Diskrepanz zwischen den medialen Berichten, "Wir sind Exportweltmeister" und "Wir (die Öffentlichkeit) müssen sparen" erlebt haben, jetzt auf Abwehr schalten.



                Wirtschaft ist kein Selbstzweck, Wirtschaft ist für die Bevölkerung da, wäre nicht, trotz Wachstum ein riesiger Niedriglohnsektor geschaffen worden, die Reaktion in der Bevölkerung wäre vermutlich eine andere, eine weniger hysterische.



                Skandinavien hat angefangen auf Wärmepumpen zu setzen, da kam Merkel ins Amt und hat jetzt einen Anteil von 60% (Schweden glaube ich) bei uns wurde gespart, die Gewinne in den Finanzsektor verschoben, auf Kante genäht. Jetzt muß Veränderung her, das ist unstrittig, es kommt aber alles auf einmal und trifft auf eine Bevölkerung, die zum erheblichen Teil auf Kante lebt, nicht schlecht, aber ohne Reserve. Wenn jetzt Wärmepumpen kommen müssen, die kosten, da kommt irrationale Panik auf. Das ist kein Grund afd zu wählen (bei leibe nicht!) viele tun es aber dennoch und unter anderem deshalb. Und nun haben wir die irre Situation, das Menschen die am Aufschwung nicht partizipiert haben, alles blockieren, erst recht den Klimaschutz.



                Zurück zum Anfang, 20% sind Faschisten, was folgt denn daraus? Was ist Ihr Ansatz damit umzugehen?



                ich geh ja mit, dass man diesen Menschen nicht nach dem Munde reden darf. Aber ignorieren lassen sie sich auch nicht.

                • @nutzer:

                  "Und nun haben wir die irre Situation, das Menschen die am Aufschwung nicht partizipiert haben, alles blockieren, erst recht den Klimaschutz."



                  Nun ist aber etwa Sonneberg eben gerade keine jener regionen die ökonomisch komplett abgehängt wären. Und auch die NSDAP wurde nicht primär von den Verarmten und Abgehängten gewählt, sondern von einem von Abstiegsängsten geplagten Kleinbürgertum.



                  "Was ist Ihr Ansatz damit umzugehen?"



                  Ich denke man muss wieder klar machen, dass es Grenzen des Sagbaren und Akzeptablen gibt und, dass es auch spürbare Konsequenzen hat wenn man sich aktiv außerhalb und gegen demokratische Grundprinzipien stellt. Etwa indem man den Zugang zu Berufen mit Einfluss oder Macht beschränkt. Punktuell passiert das bereits aber eben viel zu wenig. Dann bräuchte es eine klare soziale Ächtung menschenfeindlicher Positionen; sicher, in Zeiten in denen die Union Menschenrechte für verhandelbar und die Grünen Internierungslager für akzeptabel halten eine hohe Hürde aber was wäre die Alternative? Ebenfalls muss man sich endlich um ein Parteiverbot bemühen. Dass die Hürden dafür recht hoch sind ist zwar prinzipiell richtig, aber wenn es nicht einmal möglich ist eine derart rechte Gruppe die AfD aus dem Verkehr ziehen zu können, liefert man damit die Demokratie ihren Feinden aus.

                  • @Ingo Bernable:

                    Wir haben hautnah erlebt, was es bedeutet eine NPD Kaderfrau als Kindererzieherin im Kindergarten zu verhindern. Mein Vorstellungsvermögen, wie die von Ihnen angeregte Ächtung aussehen soll fehlt mir. Es ist erschreckend, welche Menschen ihre Liebe zu vermeintlicher Meinungsfreiheit entdecken, wenn es um hammerharte Rechtsradikale geht (und diese Menschen waren nicht die üblichen Verdächtigen, das waren Menschen aus Führungspositionen, aus Parteien und in jeden Fall wohlhabende Menschen und ansonsten keineswegs rechtstickende Menschen, kurz Menschen von denen man dies vorher nicht erwartet hätte) , wie so etwas bei weniger plakativ-offensichtlichen Rechtsradikalen funktionieren soll, ich sehe das nicht.



                    Und Sie haben Recht, es ist das Kleinbürgertum mit den Abstiegsängsten, die nicht am Aufschwung teilgenommen haben, und im Osten dann zusammen mit der Nachwenderesignation geht eben ein guter Teil zur afd. (aber längst nicht alle!!!),



                    Die mittleren Einkommen sind aber ebenso betroffen, die soziale Unsicherheit (läuft jetzt gut, aber nicht gesichert) erzeugt eben auch Frust und sucht Sündenböcke, (mir fallen, da spontan Beispiele aus dem Bekanntenkreis ein).

  • Was die Demoskop:innen und Wahlforscher:innen schon früher feststellten, kommt hier zum Ausdruck: Nie den Negativ-Sog einer Niederlage befeuern, sondern den Makel der Konkurrenz anhaften und einen Erfolg durch Hinzugewinne an Stimmen adressieren, der sich aus der Konstellation des gemeinsamen Kandidaten ergab. Das durchschauen alle Bürger:innen, dass "Politiker:innen-Sprech" eine spezielle Kategorie mit hohen überparteilichen Übereinstimmungswerten darstellt. Die ständige Präsenz in den Medien befeuert hier auch die euphemistische Darstellung und Abgrenzung.



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    "Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper habe sowohl im ersten Wahlgang als auch in der Stichwahl Stimmen hinzugewonnen und einen engagierten Wahlkampf gemacht. „Die Sonneberger haben letztlich klar Protest gewählt und ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.“ (s.o.)



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    Das klingt so, als sei der Kandidat als Person und Wahlkämpfer im Landkreis am Ende Nebensache gewesen. Da sind Zweifel aber zunächst sicherlich angebracht.