„Querdenker“ planen Demo in Hannover: Immer noch überall Verschwörung
Am Samstag wollen „Querdenker*innen“ in Hannover demonstrieren. Was ist ihr Thema nach dem Ende der Corona-Maßnahmen?
E r kommt und er freut sich. Via Twitter hat Michael Ballweg, der Namensgeber der Querdenken-Bewegung, sein Kommen zu der „Großdemo“ in Hannover am kommenden Samstag bestätigt. In der niedersächsischen Landeshauptstadt will die bundesweite Bewegung unter dem Motto „Diplomatie statt Waffenlieferungen“ auflaufen. Thematisch sind die staatlichen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bei den Querdenkern fast verschwunden.
In diversen Telegram-Kanälen hatten die Akteur*innen von „Querdenken“ sich schon vor dem Krieg neuen Themen zugewandt. Mit Hass und Häme griffen sie besonders die Protagonist*innen des „Gender“- und „Klimawandelwahns“ an. Lug und Trug witterten jene, die überall eine Verschwörung vermuten, auch beim Ukraine-Krieg. Die „Ärzte für Aufklärung“ etwa posteten ein Bild, auf dem ein Mann mit spiralförmigen Augen auf ein Pendel mit dem Covid-19-Virus starrt und ein Bild, auf dem der Mann auf ein Pendel mit den Farben der Ukraine starrt.
Mit dabei sein will auch Karsten Hilse. Ein Berliner Amtsgericht hatte den AfD-Bundestagsabgeordneten im vergangenen Jahr wegen Widerstands gegen einen Vollstreckungsbeamten am Rande einer „Querdenken“-Demonstration zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch dabei: Ralf Ludwig, der sich bei Twitter „Querdenkenanwalt“ nennt. Nach Angaben gegenüber der Zeit gehört er zum Verteidigungsteam von Ballweg. Ballweg selbst saß bis vor Kurzem neun Monate in Untersuchungshaft, der Verdacht: Betrug in Höhe von rund 640.000 Euro und Geldwäsche in Höhe von rund 430.000 Euro.
Zur Mobilisierung veröffentlichten die teilnehmenden Gruppen verschiedenen Videos in sozialen Netzwerken. Bei allen fällt auf, dass sie eine Love-Peace-Happiness-Atmosphäre darstellen, es wird viel gelacht und geherzt. Die Bilder suggerieren eine Distanz zu den Querdenkern, die bereits einen Mord an einem Tankstellenmitarbeiter verübten, zum Teil Reichsideologien anhängen, den Bundestag stürmten, Brandanschläge begingen, bundesweit Anschläge planten und den Gesundheitsminister entführen wollten.
Ebenso auffallend: In den Videos sind viele Frauen zu sehen. Für die Bühne bei der Großdemonstration ist allerdings nur eine Frau angekündigt: Sabrina Kollmorgen.
Mit der rechten Szene will die Bundestagskandidatin von „Die Basis“ nichts gemein haben. Kollmorgen trat allerdings bei dem „rechtsalternativen Sender AUF 1“ auf und griff in ihrem Telegram-Kanal einen Post von „Klartext 2021“ auf. Darauf ist ein Transparent zu sehen, auf dem steht: „Wir haben keine Angst vor Putin – Wir haben Angst vor euch“, ergänzt mit Aufnahmen von Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne).
Kollmorgen schreibt dazu: „An ihren Gesichtern seht ihr die Verachtung für alles was DEUTSCH ist. Weil sie DEUTSCHLAND vernichten, ist es unser RECHT und sogar unser Pflicht, diese Regierung zu stoppen.“
Die Polizei erwartet, dass die Demonstration zahlenmäßig den „unteren vierstelligen Bereich“ erreichen wird. Um 12.30 Uhr startet der Gegenprotest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei