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Prozess um KirchenasylAus und Amen!

Dominik Baur
Kommentar von Dominik Baur

Dass eine Äbtissin vor Gericht muss, weil sie Flüchtlingen geholfen hat, ist traurig. Und bezeichnend für eine irregeleitete Politik des Bamf.

Ihr „Vergehen“ heißt Nächstenliebe: Abtissin Mechthild Thürmer Foto: Nicolas Armer/dpa

D ass es am Ende kein Freispruch war, sondern „nur“ eine Einstellung des Verfahrens – geschenkt. Hauptsache, die Sache hat nun ein Ende. Zweieinhalb Jahre hat sich das Amtsgericht Bamberg Zeit gelassen. Zweieinhalb Jahre, in denen ein Amtsrichter die Äbtissin Mechthild Thürmer in der Luft hängen ließ, nicht ohne ihr zuvor dreisterweise noch eine „empfindliche Freiheitsstrafe“ anzudrohen. Schuldig war die Nonne aus Oberfranken eines Vergehens der Nächstenliebe: Zwischen 2018 und 2020 hatte sie drei Frauen vor der Abschiebung bewahrt, indem sie ihnen Kirchenasyl gewährte.

Nun erkennt das Bamf das Instrument des Kirchenasyls grundsätzlich als eine ultima ratio in Härtefällen an. Offiziell zumindest. Die trickreiche Argumentation, mit der es Kirchenangehörige dennoch zu Kriminellen stempeln wollte und die auch einige Staatsanwaltschaften übernommen haben, ging so: Wer Kirchenasyl gewährt, auch wenn das Bamf nach einer Pro-forma-Prüfung weiterhin keinen Härtefall erkennen will, macht sich strafbar. Heißt: In diesem Fall wären die Kirchenasyl Gewährenden verpflichtet gewesen, das Kirchenasyl aktiv zu beenden, sprich ihre Schützlinge vom Kirchen- oder Klosterhof zu jagen.

Diese Vorgabe war jedoch einseitig vom Bamf eingeführt worden – und hätte freilich die Idee des Kirchenasyls völlig ausgehöhlt. Die Absicht war offensichtlich: maximalen Druck ausüben, so dass die meisten Pfarrerinnen, Priester, Nonnen und Mönche davor zurückschrecken würden, Flüchtlingen künftig Kirchenasyl zu gewähren.

Doch zuletzt wendete sich das Blatt: Nachdem sich so mancher übereifrige Staatsanwalt in einer höheren Instanz bereits eine blutige Nase geholt hatte, waren die Ermittler im Laufe der vergangenen zwei Jahre zunehmend davon abgerückt, Pfarrer und Ordensangehörige mit Strafbefehlen zu überziehen, die Menschen Zuflucht gewährten. Etwa, um sie vor Zwangsprostitution, Elend oder unmenschlicher Behandlung in Italien, Rumänien & Co. zu bewahren. Mit dem quasi Freispruch für Mutter Mechthild hat dieses Kapitel der Einschüchterung und Kriminalisierung von Kirchenangehörigen nun hoffentlich ein Ende.

Der nächste Schritt wäre nun, Kirchenasyle gänzlich überflüssig zu machen, indem das Bamf grundsätzlich davon absieht, Flüchtlinge in Länder abzuschieben, in denen ihnen ein menschenunwürdiges Schicksal blüht. Doch hier hat sich auch unter der Ampel bislang wenig getan.

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Dominik Baur
Bayernkorrespondent
Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.
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19 Kommentare

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  • Danke für den Kommentar. Zuflucht muss selbstverständlich sein.

  • Ich finde Kirchenasyl vollkommen aus der Zeit gefallen. Warum soll es einer Nonne oder einem Pfarrer erlaubt sien eigenmächtig zu entscheiden, wer bleiben darf und wer nicht?



    Das ist doch absurd. Dafür gibt es Gerichte und Gesetze. Dabei meine ich gar nicht den konkreten fall, sondern das Thema grundsätzlich.

    • @Reisehank:

      Das passiert beim Kirchenasyl ja auch nicht; die Fälle sind den Behörden bekannt und die Polizei könnte die Betroffenen theoretisch jederzeit abholen. Der Schutz durch das Kirchenasyl ist nur ein symbolischer, der Behörden im Grunde einen Vorwand dafür gibt, problematische Fälle noch einmal zu überdenken. Unabhängig davon, was man von der Kirche hält, kann man ein solches Korrektiv durchaus schätzen.

    • @Reisehank:

      Für Sie & Ramaz

      War an die 20 Jahre als Richter us für Asyl&FlüchtlingsRecht zuständig!



      Als JuMi Fritz Behrens eine Härtefallkonmission einrichtete - empörten eine gute Zahl von Kollegen:



      “Unerhört. Rechtsstaat etc …Wenn ich die Sache entschieden habe dann ist das richtig …usw usf“



      Sie sind also interessanter Gesellschaft.



      Heute sind solche Einrichtungen weitgehend flächendeckend - Normal!



      Zu recht. Wer hält dich denn ernsthaft für unfehlbar?! Zumal aufgrund der Verfahrensdauern sich häufig die Umstände ändern! Get it? Fein.



      Was also spricht gegen eine weitere Auffanglinie hinter einer Härtefallkommission wie (ein traditionelles) Kirchenasyl?!



      Zumal - wie Sie dem Beitrag entnehmen können - streng & kirchenhirarchisch abgesichert!

      • @Lowandorder:

        Für mein Votum für mehr Gelassenheit & Demut noch dess:

        Die Härtefallkommission galt auch allgemein für Verfahren!



        & Däh



        Stand ein Mitte/End-30er im Dienstzimmer zu einer/meiner Entscheidung zum Soldaten/Kriegsfolgenrecht!



        Es ging dabei um eine fehlende dienstliche Erklärung “bei Adolf“ & Angaben post WK II.



        “Sie haben meine Begründung gelesen & verstanden?“ “Ja!“ “Und dennoch wollen Sie der Kommission eine positive Bewertung vorschlagen?“ “Ja. Er ist falsch beraten worden!“ “Ach was!“



        Aus meiner Sicht war er zu jung - um sojet Zusammenhänge kurz nach WK II richtig einzuschätzen! But.



        So what. Woll.

  • Wenn diese Gemeinschaft mit beschränkter Haftung, Kirche, Menschen die von Amtswegen gesucht werden verstecken, dann ist das nichts anderes als würde das ein Kegelverein machen. Aus Tradition, als die Kirchen noch über dem Gesetz standen, wird es mehr oder weniger toleriert. Ein ordentlicher Freispruch würde den Klerus wieder über das Gesetz setzen. Zum Glück ist das hier noch nicht der Fall; nicht mehr.

  • Diese Äbtissin gehört doch wenigstens Heilig gesprochen - nicht nur frei gesprochen!!!

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Lieber nicht: Eine Heiligsprechung ist erst post mortem möglich und wir brauchen solche Äbtissinnen noch hier - dringend.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Gelegentlich sind Kommentare so schön, dass ich auch die Artikel dazu lese. Danke.



      Dieser Richter ist ein Schuft.



      Zweieinhalb Jahre in der Luft.



      Das ist zu viel des „Guten“.



      Das ist nicht mal Engeln zuzumuten.

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Da schließe ich mich an.

      Da tut aus diesem Verein einmal jemand was Gutes, schon macht man ihr die Hölle heiß.

      Schiefes Bild, aber mir gefällt es.

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Gott zum Gruße! Meine Huld.



      Einstellung wg geringer Schuld!



      Einmal die Buße & schon!



      Absolution.

      unterm——-



      A friend of mine RA zu sojet deals:



      Da mußte oft die Puristen



      Vor sich selber schützen!



      Insbesondere Forderungen vom Kapital!



      Woll. Lassen letztlich keine Wahl:



      Gib klein bei - statt lebenslanges - Zahl!



      Denn das ist ja nun allgemein bekannt!



      „Vor Gericht & auf hoher See bist du in Gottes Hand.“

      • @Lowandorder:

        „Vor Gericht & auf hoher See bist du in Gottes Hand.“

        Nun, da war die Äbtissin gegenüber dem Bamf ja offenbar klar im Vorteil.

        Das hätte das Bamf aber auch vorher wissen können.

        • @Sonntagssegler:

          Naja. Das BAMF ist hier trübe Licht -



          Grablampe - mehr is da nicht!



          Doch “empfindliche Freiheitsstrafe“?



          Der Richter - Gott zum Wohle!



          Oberfrange! alles - nur kein Katole!



          Doch hier - StA - mal gut: Die Weisung!!



          😇Höherenorts - Sorgte für Enteisung🥶

          kurz - Eher gaat Ratzefummel durch dess Nadelöhr!



          Als in Bayern Nönnekes - kaamt to sitten achter de Gefängnisdör •

          • 9G
            95820 (Profil gelöscht)
            @Lowandorder:

            "Oberfrange! alles - nur kein Katole!"



            Bamberg: " Am Jahresende 2021 hatten 44,1 % der Einwohner die katholische Konfession und 16,4 % die evangelische. 39,5 % gehörten entweder einer anderen Glaubensgemeinschaft an oder waren konfessionslos."



            de.wikipedia.org/w...nfessionsstatistik



            Anderes ist's in Mittelfranken (z.B. Nürnberg)



            [/Klugscheißermodus off]

            • @95820 (Profil gelöscht):

              Dange! Doch manchmal ne wahr!



              Sind manche Geschichten / wußt scho Papa Hem - wahrer als wahr!



              Weil‘s hier so schö paßte! Newahr.

              • 9G
                95820 (Profil gelöscht)
                @Lowandorder:

                Nix für ungut. Habe persönliche Beziehungen in die Region. Dann lernt man's schon.

  • Man sollte sich sehr genau überlegen, was man hier bejubelt.



    Die Kirche ist kein rechtsfreier Raum, der Staat verzichtet auf ein Eingreifen, auf die Umsetzung von geltendem Recht. Das hat auch damit zu tun, dass man der Kirche von offizieller Seite sehr viel Freiraum und Rechte einräumt.

    Wer der Kirche in einem Fall, hier der Asylgewährung, eine Sonderposition zugesteht, muss sich nicht wundern, dass sie auch in anderen Fällen, auf ihrer Sonderstellung beharrt. Das betrifft, unter anderem, die Rechte von Arbeitnehmern, den Umgang mit Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen und den Umgang mit dem §218.

    • @Octarine:

      Das sehe ich genau so. Rechtliche Freiheiten der Kirche führen letzendlich zu schlimmen Auswüchsen wie im aktuellen Fall oder in der Vergangenheit. Wo es der Kirche möglich war Vergewaltiger zu schützen.

    • @Octarine:

      Kann Ihnen nur zustimmen!