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Forderungen nach einer FlugverbotszoneFalsch und gefährlich

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Präsident Selenskis Drängen nach einer Flugverbotszone ist verständlich. Doch dann würde ein Krieg zwischen Atommächten drohen.

Selenskis Appell nach einer Flugverbotszone ist verständlich, doch gefährlich Foto: Chaloupka Miroslav/CTK

S elenskis Appell nach einer Flugverbotszone ist verständlich. Über Putins Angriffskrieg mit all seinen jetzt schon verheerenden Folgen herrschen tiefe Verzweiflung und Ohnmacht. Daher sind die Forderungen von Präsident Selenski und aus der ukrainischen Zivilgesellschaft, die Nato solle eine Flugverbotszone einrichten, um den Beschuss des Landes durch die russischen Luftstreitkräfte zu beenden, nachvollziehbar.

Dennoch wäre es falsch, weil hochgefährlich, diesen Forderungen nachzugeben. Bei den drei seit Ende des Kalten Krieges verhängten und jeweils von den USA und diversen Nato-Verbündeten durchgesetzten Flugverbotszonen über Nordirak (1991), Bosnien (1992) und Libyen (2011) waren die Gegner militärisch schwach und hatten keine Atomwaffen.

Bei einer von der Nato verhängten Zone mit einem Flugverbot für russische Kampfflugzeuge droht hingegen ein Krieg zwischen den beiden Mächten, die jeweils über rund 45 Prozent der weltweiten Atomwaffenarsenale verfügen. Selenski bestritt dieses Risiko mit dem Vorwurf, die Nato-Länder hätten „selbst die Erzählung geschaffen, dass eine Schließung des Himmels über der Ukraine eine direkte russische Aggression gegen die Nato provozieren würde“.

Doch die Option, das Risiko eines dritten Weltkrieges unter Einsatz von Atomwaffen einmal auszutesten, gibt es möglicherweise nur einmal. Und dann nie mehr. Manche ukrainischen BefürworterInnen einer Flugverbotszone argumentieren, der dritte Weltkrieg habe mit dem Angriff auf ihr Land doch schon begonnen. Wenn die Nato Putin jetzt nicht stoppe, werde dieser nach einer Zerstörung der Ukraine gegen die baltischen Staaten und dann gegen die EU und die Nato selbst vorgehen, um die Weltordnung zu verändern.

Fatalistische Prognose

Dieser fatalistischen Prognose ist zu widersprechen. Schon jetzt mehren sich die Anzeichen, dass der Ukrainekrieg der Anfang vom Ende der Ära Putin ist. Die von Putin offensichtlich nicht erwarteten Schwierigkeiten beim Vormarsch seiner Bodentruppen, die mutigen und wachsenden Proteste gegen den Krieg in der russischen Zivilgesellschaft, die Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen, Russlands Isolation in der UNO – all diese Faktoren erodieren schon jetzt die Autorität und Macht des russischen Präsidenten. Diese Erosion wird zunehmen. Russland wird die Ukraine selbst nach einem etwaigen militärischen Sieg nie unter dauerhafte Kontrolle bekommen.

Doch wann führt diese Erosion zu Rissen und Interessenkonflikten in Putins Machtgefüge, die dann auch positive Auswirkungen hätten? Gibt es Oligarchen, die – und sei es nur, um ihre eigenen Privilegien zu retten – Putin durch eine andere Person ersetzen werden, die den Krieg dann beendet? Befinden sich in der militärischen Führung besonnene Männer, die Putin am Einsatz von Atomwaffen hindern würden, so wie US-Generäle das vor sechs Jahren nach den nuklearen Drohungen von Präsident Trump gegen Nordkorea öffentlich angekündigt hatten?

Dass entsprechende Hoffnungen die aktuell herrschende tiefe Verzweiflung und Ohnmacht kaum schmälern können, ist mir klar.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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53 Kommentare

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  • "Befinden sich in der militärischen Führung besonnene Männer, die Putin am Einsatz von Atomwaffen hindern würden"

    Sicherlich. Aber befinden sich auch besonneneMenschen in der Führung, die ein "Grosny", eine Bombardierung der ganzen Ukraine behindern würden?

  • Atomare Verseuchung der eigenen russischen Regionen möchte auch Putin nicht.



    Immer zurückweichen ist gefährlicher.



    Ein halbes Jahr nach dem Rückzug der ISAF aus Afghanistan kam der Einmarsch in die Ukraine.

  • In letzter Konsequenz heißt das, der Ukraine wird nicht geholfen, weil sie ihre Atomwaffen abgegeben hat.

    Das ist ein ganz schlechtes Omen für die nächsten Jahrzehnte.

    Vielleicht sollten wir das vermeiden.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Nein, das heißt es nicht.

      Es würde eher heißen, dass Russland dann die Ukraine vermutlich nicht angegriffen hätte.

  • Diplomatisch verurteilen, wirtschaftlich sanktionieren und ansonsten zuschauen?

    Herr Zumach hat schon bei Syrien empfohlen, diplomatisch zu verurteilen und ansonsten nur zu zuschauen. Das Resultat dieser Politik können wir jetzt in Syrien evaluieren. Sollen wir dasselbe politische Experiment jetzt mit der Ukraine und anschliessend vielleicht mit Moldova oder den Baltischen Staaten wiederholen?

    Ein politischer ‘Bully’ wie Herr Putin wird sich durch Sanktionen, so lange sie ihn nicht persönlich beeinträchtigen, nicht beeindrucken lassen. Ganz im Gegenteil Herr Putin wird das Verhalten der internationalen Staaten als Schwäche interpretieren und mit seiner ‘erfolgreichen’ Politik in Tschetschenien, Syrien und jetzt Ukraine weitermachen.

    Herr Putin ist ein Diktator und Macht-Junkie, der mit einem ‘Erfolg’ in der Ukraine nicht zufrieden sein wird. Er wird weitere Länder in Ost- und Nordeuropa angreifen lassen, um ein grosses russisches Reich unter seiner Führung zu schaffen.

    Wir brauchen jetzt sofort eine Flugverbotszone über der Ukraine. Falls wir besorgt sind, dass Herr Putin einen Nuklearkrieg beginnen wird, muss klar und offen gesagt werden, dass die Putin-hörigen Eliten und ihre Familien in Russland einen solchen globalen Nuklearkrieg nicht überleben werden. Nur diese Eliten in Russland können Herrn Putin in seinem mörderischen und selbstmörderischen Verhalten stoppen und ihn entmachten. Vielleicht brauchen wir einen Georg Elser in Russland, der hoffentlich dieses Mal erfolgreicher sein wird.

    • @Reinhard Huss:

      "Falls wir besorgt sind, dass Herr Putin einen Nuklearkrieg beginnen wird..."

      Wollen Sie das Risiko wirklich eingehen, das Risiko eines 3. Weltkrieges? Vielleicht haben Sie recht. Nur was ist, wenn Sie sich verkalkulieren?

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Reinhard Huss:

      unfaßbar, wie leichtfertig hier die Backen aufgeblasen werden.

  • Warum wird Putin nicht als Terrorist bezeichnet und entsprechend behandelt? Bei Saddam Hussein, der auch Leid über sein eigenes oppositionelles Volk brachte - aber weder Atomwaffen, noch deren Produktion nachgewiesen wurde, hatte das funktioniert ...

    • @DerLetzteLöschtDasLicht:

      "Warum wird Putin nicht als Terrorist bezeichnet und entsprechend behandelt?"

      Weil dann viele Staaten keine Regierung mehr hätten. Bzw. keine Regierungschefs AD. Ist halt nicht ganz so einfach.

    • @DerLetzteLöschtDasLicht:

      Saddams Atomprogramm endet am 07. Juni 1981, als Israel im Zuge der Begin Doktrin, den irakische Atomreaktor Tammuz-1 während der Operation Babylon mit F-16 zerstört und klar macht auch jeden weiteren Bau zu zerstören...

      Das funktioniert aber nur, solange der andere noch keine Atomwaffen hat.

  • Was ist eigentlich mit der UN ???

    • @Dave BRANDON:

      Was soll denn mit der UN sein? Außer Reden oder nicht-bindende Resulotionen kann die UN nichts machen.

  • Der Westen hat noch niemals in der Geschichte der Menschheit so geschlossen gehandelt und sich für die Interessen eines Landes eingesetzt, obwohl der Westen nicht in einem Bündnis verankert sind. Die ganze Welt ist zunehmend auch betroffen wirtschaftlich. Aber die ganz klare Linie muss gezogen werden wenn es um militärische Hilfe geht. Dieser Krieg darf auf Grund der Gefahren nicht vom Westen her gefüttert werden, er darf auch nicht verlängert werden. Selensky muss als Präsident auch den Schutz seiner Bevölkerung selbst berücksichtigen. Wir kümmern uns um das humanitäre was sicherlich mit Millionen Geflüchteter eine MammutAufgabe nochmals ist. Aber Selensky muss auch über den Tellerrand hinausschauen. Er gefährdet sonst das Leben der Zivilisten und riskiert auch nukleare Katastrophen. Ein verantwortungsvoller Präsident muss nicht nur sein Land verteidigen sondern an die Zukunft denken. Ein Marionettenstaat hat noch nie lange Bestand gehabt.

    • @NeuesAusUhlenbusch:

      Der Westen handelt geschlossen insofern als alle Staaten des Westens ihre Interessen wahren. Alle, die das bisher taten, beziehen auch weiterhin unvermindert Öl und Gas aus Russland.



      Die Sanktiönchen sind Symbolpolitik. Die Ukraine ist in Ihrer ganzen Geschichte immer Objekt gewesen, nie Subjekt, nicht einmal nach der Souveränitätserklärung in 1991. Alle Staaten im Westen, insbesondere der NATO sind bereit, die Ukraine und ihre Menschen im Stich zulassen mit der Hoffnung, dass die Russen selbst Putin aus dem Amt jagen. Anscheinend interessiert sich kaum jemand für die Frage, wer jetzt mit Putin handelt und wer nach ihm kommt, und ob der oder die anders handeln würde. Natürlich wollen wir keinen Atomkrieg. Aber ehrlich wäre dann auch zu sagen: Die Ukraine gehört schon längst Russland. Und dasselbe Schicksal wird auf Georgien zukommen. Wir werden alle abwarten, ohne wirklich zu handeln, bis vielleicht der Völkermord aufhört oder bis die baltischen Staaten angegriffen werden.

  • An sich kann ich der Linie im Artikel folgen.

    Auf der anderen Seite jammert Putin jetzt schon, die Sanktionen seien "wie eine Kriegserklärung" [1] [2].

    Wenn das so ist, dann macht's für Putin vielleicht keinen Unterschied?

    Auf der dritten Seite ist diese Unbestimmtheit sicher Teil von Putins Strategie. In dieser Zeit kann er genug in der Ukraine zerstören lassen (es ist ja nicht nur das Bisschen Infrastruktur: es sind traumatisierte Menschen und eine verunsicherte Gesellschaft), so dass es für "den Westen" zu teuer wird, sie zu unterstützen und zu päppeln.

    "Der Westen" ist so: darauf baut Putin vermutlich.

    [1] www.tagesschau.de/...g-ukraine-111.html

    [2] Natürlich nicht auszuschliessen, dass das Desinformation seitens "unserer" Falken ist.

    • 0G
      05989 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Ich denke, es macht einen Unterschied, ob Putin etwas glaubt (oder für richtig befindet) oder ob er es benutzt.

      Wenn er die Sanktionen als Kriegserklärung bezeichnet, dann benutzt er sie - weniger klar ist das, wenn er von der Entnazifizierung der Ukraine spricht.

      Ich würde aber die bisherigen Vorgänge eher so deuten, das er vor allem Europa auf die Nerven geht und den USA - die er sicher als den eigentlich gefährlichen Gegner sieht, das also glaubt - eher nutzt, weil er das westliche Bündnissystem "zusammentreibt".

      Und dementsprechend vorsichtig agieren die USA auch.

      Deswegen glaube ich weder daran, dass sich die USA in einer Flugverbotszone engagieren wird - und wir haben selber kaum die Mittel und Geschlossenheit, um das selber zu organisieren - noch, dass der dritte Weltkrieg begonnen hat.

  • Macht ist die Angst der anderen.

    Sie ist die Grundlage Putins Herrschaft und lähmt Hirn und Hand.

    Beispiel Weltkrieg:



    Wer wäre den auf Seiten Russlands? Wer auf unserer? Die ganze Welt!

    Was würde wohl China dazu sagen, würden seine besten Kunden in Europa unter Beschuss genommen?

    Was ist denn die Alternative? Zusehen, wie nach der Ukraine Moldawien, Georgien und dann die baltischen Staaten unterworfen werden und dann weiter vor Putin kuschen, weil man Angst hat, er wird sonst weiter machen?

    Schaut euch an, in welche Lage die ängstliche Zurückhaltung Deutschlands und des Westens die Ukraine und damit Europa gebracht hat!

    • @mife:

      Die ganze Welt ist ist schlicht falsch - schau dir die enthaltungen an und wieviele Menschen dort leben.

    • @mife:

      Tut mir leid, aber hier wird gerne ein wesentlicher Unterschied vergessen. Im Gegensatz zu den anderen sind die baltischen Staaten EU und NATO-Mitglieder und die Reaktion wäre entsprechend und gerechtfertigt. Außerhalb des NATO-Gebietes wäre sie das nicht. Hatten wir ja schonmal.

      • @Thomas Drechsler:

        Ein deutscher General erklärte, dass die baltischen Staaten von der Nato kaum gehalten werden können.

  • Leider ist Freiheit manchmal nur um einen hohen Preis zu haben.



    Und der Westen verhält sich immer noch wie die Masse, die ohne einzuschreiten zusieht, wie eine Gruppe Halbstarker jemanden zusammenschlägt.



    Bloss, dass mir nix passiert.

  • Wäre die korrekte Überschrift nicht vielmehr "Richtig und gefährlich"?

    Wir richten keine Flugverbotszone ein weil wir Angst vor den Konsequenzen haben, nicht weil wir sie nicht für angebracht halten. Niemand stellt infrage dass es "eigentlich" richtig wäre den Flugraum zu sperren.

  • Hierzu empfehle ich zusätzlich diese, in meinen Augen realistischen Einschätzungen von Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg: "Im Interview mit dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) erklärt Varwick, dass Putin seiner Einschätzung nach alles Erdenkliche unternehmen wird, um die Ukraine zu besetzen und eine neue Regierung in Kiew zu installieren. Sanktionen könnten noch „brandgefährlich“ werden und sogar eine nukleare Eskalation zur Folge haben"

    "Ob der Krieg jetzt weiter eskaliert, hängt davon ab, wie groß der ukrainische Widerstand ist. Aber der Ausgang des Kriegs ist nach wie vor eindeutig: Die Ukraine kann diesen Krieg nicht militärisch gewinnen – auch wenn der Krieg vielleicht länger dauert, als sich Russland dies erhofft hatte"

    "Sollte es zu massiven Verlusten auf russischer Seite kommen und der Krieg noch deutlich länger dauern: Wie reagiert Putin, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht?

    Das ist jetzt die zentrale Frage, die wir genau durch­denken und am besten auch zu Ende denken müssen. Meine Analyse lautet, dass Putin zu viel riskiert hat, um jetzt noch einen Rück­zieher zu machen [...] Wenn das am Ende eine nukleare Eskalation bedeutet, dann wird er auch zu diesem Mittel greifen. Sollte eine Besetzung der Ukraine nur mit Flächen­bombardements zu erreichen sein, wie in Grosny oder Aleppo, dann wird Putin auch so weit gehen. Er ist bereit, jedes Risiko einzugehen. Sein Entschluss steht fest und ist aus meiner Sicht durch keine Sanktion der Welt zu beeinflussen"

    "Was kann der Westen dann überhaupt noch tun?

    Wir müssen uns überlegen, ob wir weiter die Ukraine in ihrem helden­haften aber aussichtslosen Kampf unterstützen wollen oder ob nicht jetzt die Stunde für Nüchternheit und Real­politik ist. Konkret bedeutet das, wir müssen Putin Verhandlungen anbieten, damit er sein Ziel auch ohne einen Krieg erreichen kann. Die Entscheidung über die Zukunft der Ukraine müssen na

    • @ke1ner:

      Ich glaube nicht, dass das Schicksal der Ukraine besiegelt ist. Nach einem militärischen Sieg Russlands wird es einen Guerilla-Krieg geben. Und der wird lang und blutig werden. Was wir gerade erleben, ist nicht der Anfang vom Ende der Ukraine, sondern der Anfang vom Ende Putins. Und Russland wird die nächsten Jahrzehnte der Paria unter den Nationen sein.

    • @ke1ner:

      müssen natürlich die Ukrainer selbst treffen. Aber der Westen hat einen maßgeblichen Einfluss, indem er die Waffen­lieferungen einstellt. Das ist nicht kalt­herzig, sondern vom Ende her gedacht. Wir müssen verstehen, dass Russland zu allem bereit ist und wir diesen Krieg nur verlieren können, wenn wir keine nukleare Katastrophe wollen. Deshalb müssen wir jetzt diesen Krieg einfrieren. Er wird damit nicht zu Ende sein, sondern es wird so etwas wie einen Partisanen­krieg geben"

      "Allein die Drohung mit Nuklearwaffen ist schon ein Akt der Verzweiflung. Aber wir sollten aus diesem Krieg gelernt haben, dass Russland keine leeren Drohungen ausspricht. Der Einsatz von Nuklearwaffen ist im Bereich des Möglichen, das muss allen klar sein. Viele denken, Putin wird doch nicht so wahnsinnig sein und Atomwaffen einsetzen. Wenn er rational denkt, dann spielt er diese Karte auch nicht aus, doch er hat sie bereits ins Spiel gebracht. Ich rechne damit, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Dynamik gibt, bei der Putin auch Nuklearwaffen einsetzen wird"

      Und vielleicht am Wichtigsten:

      "Russland befindet sich gerade mitten auf dem Weg zu einem diktatorischen System, aber wir müssen trotzdem mit der Regierung im Gespräch bleiben"

      Es lohnt sich sehr, das Interview ganz zu lesen!

      www.rnd.de/politik...NG36JMD5UUJSI.html

      • @ke1ner:

        Also denken wir die Sache vom Ende her, aber natürlich keineswegs herzlos.

        Die Waffenlieferungen werden eingestellt, Putin verleibt sich die Ukraine ein und dann?

        Der russische Bär bleibt satt und zufrieden im Kreml und die Welt ist wieder ein besserer Ort?

        Warum sollte er nicht einfach weiter machen, wo er doch gerade auf den Geschmack gekommen ist und sie ihm keiner in den Weg gestellt hat?

        • @Jim Hawkins:

          Ehrlich gesagt ärgert mich nun der Sarkasmus in Ihrer Umformulierung von Varwicks Interviewaussage - "Das ist nicht kalt­herzig, sondern vom Ende her gedacht" zu "Also denken wir die Sache vom Ende her, aber natürlich keineswegs herzlos"

          Hier (hoffe ich, PDFs sind schwierig) ein Text von einem, der definitiv vom Ende her gedacht hat, aber sicher nicht kaltherzig:



          www.e-periodica.ch...eferrer=search#311

          Wolfgang Borcherts "Dann gibt es nur eins!" (wenn auch vielleicht nur als Gegengewicht zu "Friedensdemos", auf denen nach Waffenlieferungen gerufen wird)

          Dann gibt es nur eins! Du, Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen - sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins : Sag nein! Du, Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharf schützengewehre montieren, dann gibt es nur eins : Sag nein Du, Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst statt Puder und Kakao Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins : Sag nein Du, Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden, dann gibt es nur eins : Sag nein Du, Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder, du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins: Sag nein Du, Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst die Männer kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins : Sag nein Du, Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den Mord segnen und den Krieg heiligsprechen, dann gibt es nur eins: Sag nein! Du, Kapitän auf dem Dampfer. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keinen Weizen mehr fahren, sondern Kanonen und Panzer, dann gibt es nur eins: Sag nein Du, Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Bomber [...]

        • @Jim Hawkins:

          "Warum sollte er nicht einfach weiter machen, wo er doch gerade auf den Geschmack gekommen ist und sie ihm keiner in den Weg gestellt hat?", ja das ist eine wirklich berechtigte Frage.

          Aber welche Wahl haben wir? Atomkrieg riskieren? Die Ukraine immer weiter kämpfen lassen (manche Kommentare, nicht hier, laufen auf 'dann ist bewiesen, wss und wie der ist'), bis zum bitteren Ende?

          Unten hatte ich auf Kaboom - "Und es gibt keine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine auf absehbare Zeit. Das wird nicht mal diskutiert. Und die "Manöver" wurden allesamt mit weniger als 10.000 Soldaten durchgeführt" -

          "stellt sich dann nicht die Frage, was so unerfüllbar an den russischen Forderungen war?"

          Hier wäre doch mal ein bisschen Selbstkritik angesagt, da zu versuchen, den Faden wieder aufzunehmen - statt desse wird in einem Kommentar bei Zeit-Online vor Kurzem gehöhnt, die SPD habe 30 Jahre lang nicht 'Russland' sagen können, ohne im selben Satz "Willy Brandt" unterzubringen, im Guardian gibt es einen Artikel, dass Merkel Putin erst mächtig gemacht habe: Brandt und Bahr aber haben in Wirklichkeit eine Entwicklung angestoßen, die viele osteuropäische Staaten befreit hat, Finnland ist ein freier Musterschüler der EU, Merkels Politik war eine des Ausgleichs.

          Das jetzt läuft aber auf Wiederherstellung der Verhältnisse des kalten Kriegs hinaus - können Sie sich daran erinnern? "Der Russe steht an der Elbe"? Kdvler als Drückeberger?

          Gewollt? Von Ihnen, mir, wem sonst?

          • @ke1ner:

            "Die Ukraine immer weiter kämpfen lassnen (manche Kommentare, nicht hier, laufen auf 'dann ist bewiesen, wss und wie der ist'), bis zum bitteren Ende?"

            So wie es aussieht, will die Ukraine sich nicht unterwerfen.

            Wie wäre es damit:

            Die Nato greift aufseiten Russlands ein. Der Krieg ist schneller beendet, es gibt weniger Tote und das Land ist doch so oder so verloren.

            Käme Ihnen das entgegen?

            • @Jim Hawkins:

              "Wie wäre es damit:

              Die Nato greift aufseiten Russlands ein. Der Krieg ist schneller beendet, es gibt weniger Tote und das Land ist doch so oder so verloren.

              Käme Ihnen das entgegen?"

              Das geht zu weit, so können Sie mit mir nicht diskutieren.

              • @ke1ner:

                OK, tut mir leid, da ist es wohl mit mir durchgegangen.

                Dennoch bleibt der Umstand, dass die Ukraine nicht kapitulieren will und erfolgreicher kämpft, als alle es angenommen haben.

                Und sicher wünschen sich die Menschen dort Frieden, aber offensichtlich nicht um jeden Preis.

                Ich finde, das sollte man respektieren.

                • @Jim Hawkins:

                  Es ist schon richtig, dass wir so streiten.

                  Hier www.theguardian.co...ne-residents-video , die Geigerin Vera Lytovchenko

                  Was ist das Beste, wie erreichen wir, dass diese Menschen, sie und ihre Schützlinge, da heil rauskommen?

                  Die russischen Truppen haben noch ganz andere Waffen, unter der Atomschwelle, "Thermobar" (googeln Sie es lieber nicht) - niewand kann sich sicher sein, wie der richtige Weg ist - aber, zum Glück nur zu einem mikroskopischen Teil, wir sind Teil der öffentlichen Meinung, die Politiker*innen auch berücksichtigen.

                  Streiten wir weiter - "herzlos" nehme ich dann doch sehr ernst!

                  • @ke1ner:

                    @KE1NER Die russischen Truppen haben noch ganz andere Waffen, unter der Atomschwelle, "Thermobar" .....

                    Stimme definitiv zu. Ich wundere mich daß bisher nirgenwo, in keinem Forum oder TV talkrunde, über die konkrete Bedrohung durch die modernen Waffensysteme geredet wird. Neben Thermos könnte RUS zB Raketen mit konventionellen Köpfen von unvorstellbarer kinetischer und thermischer Sprengkraft einsetzen. Spricht eigentlich dafür daß RUS nicht vorhat soweit zu gehen wie momentan gefürchtet wird.

                • @Jim Hawkins:

                  Keine Sache, meine Nerven liegen auch ziemlich blank.

                  Meine Befürchtung ist, dass unsere Unterstützung falsche Hoffnungen weckt.

                  Weil es richtig ist, einen Atomkrieg nicht zu riskieren - auch da sind Putins Drohungen unbedingt glaubhaft -, wird das Mutmachen zum Vormachen: es täuscht die Betroffenen über ihre wirkliche Lage, deren Aussichtslosigkeit, führt sie in die Irre - in Wirklichkeit wird so das Grauen verlängert. Sterben mehr Männer, Frauen, Kinder, weil wir von unserem Mut (aus sicherer Distanz, z.B. Nouripours "wir stehen an der Seite der Ukraine' ist doch nicht tealistidch, soll nur Mut machen) wie Kinogänger, die sich mit den Held*innen auf der Leinwand identifizieren, erfüllt und überzeugt sind, sie das für eine angekündigte Hilfe halten, die aber nicht kommen wird.

                  Selenskyj hatte übrigens Verhandlungen über eine Neutralität der Ukraine angeboten, bevor er eine Flugverbotszone gefordert hat, dafür aber aus dem Westen keine Rückendeckung bekommen. Etwa 'sind bereit, auch weitreichende Zugeständnisse mitzutragen' oder so.

                  Es bricht einem doch das Herz, gerade habe ich mir ein Video von diesem gerade noch so lebensfrohen Mann angesehen (20 Sekunden Werbung vorgeschaltet), der am Rande der Verzweiflung ist - und dem soll ich sagen: kämpf ihn weiter, diesen Kampf?

                  Er ist zwar aussichtslos, aber du stirbst für unsere Werte? Natomitgliedschaft und Manöver an den Grenzen zu Russland: Verzicht darauf, das waren die Forderungen Putins - noch nicht mal verhandelbar?

                  • @ke1ner:

                    Es liegt nicht bei uns, zu entscheiden, wie lange die Ukraine kämpfen soll.

                    Mir ist wichtig festzuhalten, dass wir es hier nicht mit zwei Parteien zu tun haben, die irgendwie Beef miteinander haben.

                    Wir haben es mit einer Diktatur zu tun, deren Armee ein demokratisches Land militärisch überfallen hat und es offensichtlich seinem Herrschaftsbereich einverleiben will. Auf welche Art auch immer.

                    Ich muss da nicht lange überlegen, für wen ich Partei ergreife. Und ich will den Ukrainern auch nicht sagen, was sie tun oder lassen sollen.

                    Man sollte sie vielmehr so unterstützen, wie sie das wünschen. Und es dem Westen eben möglich ist.

                    Äquidistanz bedeutet in diesem Fall Parteinahme für die Verbrecher.

      • @ke1ner:

        Die deutsche militärische Unterstützung der Ukraine einzustellen, würde faktisch nichts ändern, denn die anderen EU Länder, die durch Russland bedroht werden wie Finnland, Polen, Schweden oder die Balten und natürlich unabhängig davon die USA, werden ihre Waffenlieferungen nicht einstellen, nur weil Deutschland das will.

        Und die deutschen Waffenlieferungen sind auch anteilig zu klein um zu sagen, wenn Deutschland aufhört, dann können die Ukrainer nicht mehr weiterkämpfen.

        Nur mal zum Vergleich, Deutschland hat 1.000 Panzerabwehrwaffen an die Ukraine zugesagt, dagegen Schweden 5.000 und Finnland 1.500, also diese beiden relativ kleinen Länder bereits zusammen die siebenfache Menge. Und die haben ein erheblich besser aufmunitioniertes Heer, die können nachliefern. Auch haben die bereits vor der Entscheidung der Bundesregierung ihre Lieferungen zugesagt, die deutsche Meinung ist für die also nicht entscheidend.

        Finnland:



        www.reuters.com/wo...kraine-2022-02-28/



        Schweden:



        www.reuters.com/wo...ersson-2022-02-27/

        Varwick konstruiert hier Möglichkeiten die, egal ob man sie für sinnvoll hält oder nicht, die Bundesrepublik überhaupt nicht hat.

        Und was glauben Sie, was zwischen Helsinki, Tallin und Warschau los wäre, wenn die Bundesrepublik versuchen würde mit Druck Lieferungen zu verhindern? Das Image der Bundesrepublik ist bereits heftig angekratzt, sowas würde uns innerhalb der EU komplett isolieren.

        • @Sven Günther:

          Ach und nochmal ein kleiner Realitätsabgleich, Polen verhandelt gerade offen mit den USA darüber, MiG-29 Mehrzweckkampfflugzeuge, die haben die Ukrainer auch, daher kein Problem wegen Ersatzteilen, Aufmunitionierung oder Training, aus eigenen Beständen an die Ukrainer zur liefern, wenn es dafür im Gegenzug weitere amerikanische Jets als Ersatz ordern kann.

          www.politico.com/n...s-ukraine-00014424

          • @Sven Günther:

            Wie lange haben die ukrainischen Flugzeuge überlebt? Und wie lange würden wohl die gelieferten Maschinen überleben?

            Dazu kommt, dass die polnischen Maschinen (ex. NVA, ex. BW) umgebaut wurden. Da ist nichts mit reinsetzen und losfliegen.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Erleuchten Sie mich, woher wissen Sie, das die ukrainische Luftwaffe komplett ausgeschaltet wurde?

              "One case in point has been the Ukrainian air force and air defences, which were hit heavily in the opening days of the conflict. While Russia claimed to have neutralised Ukrainian air defences, it is clear some capacity survives, but not how much."

              www.theguardian.co...liable-information

              Um mal den Guardian zu zitieren, ja die ukrainische Luftwaffe war ein Prioziel und wurde hart getroffen, offensichtlich kämpft sie aber noch, die Frage ist also, wie hoch die Verluste sind, aber weder Sie noch ich wissen das.

              • @Sven Günther:

                In der deutschen Presse ist nichts über Einsätze der ukrainischen Luftstreitkräfte zu lesen. Ist auch schwer, sie einzusetzen, da Russland die Flugplätze mit Sicherheit überwacht.

          • @Sven Günther:

            Zunächst verstehe ich Varwick eher so, dass er von einem gemeinsamen westlichen Vorgehen ausgeht.

            Allerdings treffen Sie mit "...natürlich unabhängig davon die USA" einen wichtigen Punkt: die Interessen Europas und der USA sind nicht identisch, auch wenn Habeck gerade von einer Renaissance der transatlantischen Beziehungen geschwärmt hat (da knallten zwar noch nicht die Sektkorken, es hörte sich aber, immer noch reichlich verfrüht, ziemlich nach 'schon mal kaltstellen' an m.faz.net/aktuell/...-17846472.amp.html )

            Seit Obama gilt das Interesse der USA verstärkt dem pazifischen Raum taz.de/!242041/ , was m.E. gleichzeitig bedeutet, dass Europa ein Stück weit an Bedeutung verliert: sie können hier mehr riskieren.

            Und z.B. die Tatsache, dass ein Kissinger dort immer noch ein geachteter Doyen der amerikanischen Außenpolitik ist, zeigt, dass es seit dem Vietnamkrieg keine echte Umkehr gibt, was die Moralität dieser Politik angeht.

            Diese Verhandlungen mit Polen sind in Wirklichkeit Druck, und es steht zu befürchten, dass sie den russischen Überlegungen zum begrenzten Einsatz von Atomwaffen längst eigene, ähnliche entgegenzusetzen haben - und dann würde auch wichtig, dass Europa nicht nur unbedeutender geworden ist, sondern auch w.w. - weit weg, sehr weit.

            Im Lichte der Ausführungen Varwicks ist es auch ein Öl-ins-Feuer-Gießen

            Ich habe schwer gerätselt, was einen friedensbewegten Politiker wie Mützenich zur Zustimmung zu den 100 Milliarden für Rüstung, diese über 2% jährlich - also entsprechend jahrelangen Forderungen der USA (Norddtrema2 dito) - bewogen haben könnte: 'Lösegeld' finde ich die wahrscheinlichste Erklärung, weniger drastisch und spekulativ: eine Rückkehr an die Seite der Amerikaner.

            So gesehen würde dann auch die scheinbare Paradoxie Sinn machen, dass die SPD gerade in Gerhard Schröder nicht nur den deutschen Politiker zum Teufel jagt, der sich dem Ir

            • @ke1ner:

              "Zunächst verstehe ich Varwick eher so, dass er von einem gemeinsamen westlichen Vorgehen ausgeht."

              Mit dieser Position, wird es keine gemeinsame europäische Position geben. Sie widerspricht polnischen, baltischen, etc. Interessen fundamental.

              "Kissinger dort immer noch ein geachteter Doyen der amerikanischen Außenpolitik ist, zeigt, dass es seit dem Vietnamkrieg"

              Das Teile der deutschen Linken immer noch Kämpfe aus '68 austragen wollen, ist für mich schlicht Realitätsverweigerung. Kissinger macht seit Jahrzehnten keine Außenpolitik mehr, er spielt keine Rolle. Oder glauben Sie ernsthaft Aussagen von Fischer oder dem inzwischen verstorbenen Kinkel wären für die aktuelle Politik irgendwie relevant?

              "begrenzten Einsatz von Atomwaffen"

              Warum sollte die USA das tun? Sie schreiben im selben Post "Seit Obama gilt das Interesse der USA verstärkt dem pazifischen Raum", die USA werden sagen, ist doch nicht unser Problem, kümmert euch selbst darum. Französische und britische Waffen lassen Sie merkwürdigerweise einfach weg.

              "Ich habe schwer gerätselt, was einen friedensbewegten Politiker wie Mützenich zur Zustimmung zu den 100 Milliarden für Rüstung, diese über 2% jährlich"

              Die Antwort ist ganz einfach und hat überhaupt nichts mit "Lösegeld" zutun. Auch große Teile der SPD haben erkannt, das es für Frieden in Europa, eine einsatzfähige Bundeswehr notwendig ist, die Notfalls die EU verteidigen kann. Wir können uns nicht einfach blind auf die USA verlassen und wir sind in Europa nicht nur von Freunden umgeben.

              "In dem Moment, in dem Putin mit dem Einsatz atomarer Waffen droht, ist so ein Konflikt für Europa nicht zu gewinnen - es muss diesen Ankündigungen Tribut zollen."

              Das ist schlicht Defätismus.

            • @ke1ner:

              die SPD gerade in Gerhard Schröder nicht nur den deutschen Politiker zum Teufel jagt, der sich dem Irakkrieg verweigert hat, sondern auch den, der am ehesten Gespräche mit Putin auf den Weg bringen könnte.

              In dem Moment, in dem Putin mit dem Einsatz atomarer Waffen droht, ist so ein Konflikt für Europa nicht zu gewinnen - es muss diesen Ankündigungen Tribut zollen.

  • Das ist eine sehr oberflächliche und geradezu unpolitische Analyse. Wer verstehen will, wie Putin ideologisch tickt, sollte mal nachlesen, was Alexander Dugin so denkt. Es geht da um nichts weniger als um einen fundamentalen Krieg gegen alle Prinzipien von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, allesamt Ideen, die er für "unrussisch" hält, samt einer Eroberung von möglichst ganz Europa. Zum Ukraine-Krieg (Dugin drängt praktisch seit Jahrzehnten auf eine Eroberung der Ukraine) sagt er: "Dies ist kein Krieg gegen die Ukraine, es ist ein Krieg gegen Liberalismus und Globalisierung".

    Wenn Russland mit der Annektion der Ukraine durchkommt, dann wird das erst der Anfang sein. Es wird nie wieder eine bessere Gelegenheit geben als heute, dafür zu sorgen, dass Putin sich eine blutige Nase holt und zur Vernunft kommt.

    Und es wäre ja auch gar nicht nötig, dass die NATO das als NATO tut: Wenn einzelne Länder, ob in der NATO oder nicht, den Bitten der Ukraine nachkommen und auf ukrainischen Boden militärisch eingreifen (was sie durch Waffenlieferungen ja eh schon tun), dann ist das nicht notwendigerweise sofort der Dritte Weltkrieg mit nuklearen Mitteln. Man kann ja auch von Russland lernen: Hoheitszeichen abkleben, grüne Männchen auf Urlaub halt...

    Nicht dass ich das für ungefährlich halten würde, aber wenn der Westen sich DAS bieten lässt, dann wird das erst der Anfang sein. Zumal die Ideen von Dugin und ähnlichen Geistern auch im rechten Spektrum in Europa schon lange auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Wir sind schon lange in einem neuen Weltkrieg, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.

    Dabei bin ich persönlich Pazifist, aber den Fehler, des lieben Frieden willen mit unendlicher Geduld nachzugeben, kann man auch zu oft machen. Irgendwann kann auch der größte Pazifist nicht mehr in Frieden leben, wenn andere Krieg führen. Pazifismus taugt vielleicht mehr als Strategie und weniger als Taktik. Frieden ist ein Ziel, aber nicht immer das richtige Mittel. Hmm.

    • @Mustardman:

      Das mit dem Alexander Dugin haben Sie bestimmt von Micha Brumlik, aktuell auch gerade hier irgendwo bei der Taz, oder?

      Was bedeuten würde: faszinierende These, könnte richtig sein - oder auch schwer daneben.

      Vielleicht deshalb einer meiner Lieblingsautor*innen: regt zum eigenen Denken an. Etwa dazu: es könnte auch eine Art PingPong sein. Putin hätte dann Zbigniew Brzezinski "Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft(The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, 1997)" de.m.wikipedia.org..._der_Vorherrschaft gelesen, Brzezinski diesen Dugin, und alle glauben das, was in den Büchern steht.

      Dass z.B. der Ukraine eine entscheidende geostrategische Rolle zukäme, dass die USA die alleinige Vormacht in der Welt zu sein anstreben, dieses hier, von Ihnen, dann auch: "Es geht da um nichts weniger als um einen fundamentalen Krieg gegen alle Prinzipien von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, allesamt Ideen, die er für "unrussisch" hält, samt einer Eroberung von möglichst ganz Europa"

      Das lässt sich aber aus Putins Handeln weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart herleiten, seine Unmenschlichkeit entspringt m.E. einem legalistischen Denken, das er wie ein Algorithmus umsetzt.

      Die Nato hätte im Dezember seine Forderungen - keine Natomitgliedschaft der Ukraine, keine Militärmanöver an den russischen Grenzen - www.zeit.de/news/2...nmarsch-in-ukraine ernsthaft verhandeln sollen, die Ukraine im Gegenzug den Weg nach Europa über die EU gehen sollen: jedenfalls war es ein Fehler, diese Forderungen und die gleichzeitigen Drohungen so offensichtlich nicht ernst zu nehmen.

      Und es wäre jetzt ein noch größerer Fehler, Putins atomare Drohung wieder so auf die leichte Schulter zu nehmen.

      Wahrscheinlich ein endgültiger.

      • @ke1ner:

        Berichten nach hat Putin sich seit zwei Jahren völlig abgesondert und hat viel gelesen, ich würde nicht wundern, wenn er zu seltsamen und eher radikalen Schlüssen gekommen sein sollte.

      • @ke1ner:

        Es gibt also immer noch Leute, mit dem Buch eines Mannes, der seit mehr als 30 Jahren keinerlei Einfluss auf die Politik der USA hat, "herumfuchteln". Erstaunlich.



        Und es gibt keine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine auf absehbare Zeit. Das wird nicht mal diskutiert. Und die "Manöver" wurden allesamt mit weniger als 10.000 Soldaten durchgeführt. Offenkundig sind Sie russischem Propaganda-Popanz auf den Leim gegangen

        • @Kaboom:

          Wenn Sie mich damit meinen: ich 'fuchtel' nicht mit Brzezinski rum, behaupte auch nicht, dass die amerikanische Außenpolitik sein Buch als Leitfaden benutze.

          Es wird aber immer noch rezipiert, vor wenigen Jahren z.B. im DLF www.deutschlandfun...r-zukunft-100.html (2015), während Dugin wirklich obskur ist.

          Und wenn Sie schreiben: "Und es gibt keine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine auf absehbare Zeit. Das wird nicht mal diskutiert. Und die "Manöver" wurden allesamt mit weniger als 10.000 Soldaten durchgeführt" stellt sich dann nicht die Frage, was so unerfüllbar an den russischen Forderungen war?

          Der Politologe Herfried Münkler hat hier bei Zeit-Online www.zeit.de/kultur...ik/komplettansicht in einem Interview zum Konflikt um die Ukraine ausgeführt: >>...das dritte, aus westlicher Sicht das Worst-Case-Szenario war eben, dass Russland versucht, die Ukraine auf einen Schlag einzunehmen. Man konnte beobachten, dass es nicht nur bei Guterres, sondern bei der gesamten politischen Elite des Westens eine Neigung gab, dieses Worst-Case-Szenario zu verdrängen und darüber eigentlich nicht ernstlich nachzudenken. Die Beobachter im Kreml werden sich das genau angeschaut haben und sind offenbar zum Ergebnis gekommen, dass sie nun diese Karte ziehen können>Was die unmittelbaren Folgen angeht, so ist die Ukraine verloren. Die Russen werden sie besetzen. Es kann sein, dass der Brocken für sie ökonomisch zu groß ist und sie sich daran letztlich verschlucken. Aber militärisch dürfte die Sache in ein paar Tagen gelaufen sein. Auf westlicher Seite muss man überlegen, ob eine Einwilligung zurFinnlandisierungder Ukraine – also die auch nicht durch nur Bevölkerungswillen veränderbare Festschreibung als neutrale Pufferzone – nicht geschickter gewesen wäre. Zumindest dann, wenn man eben nicht bereit ist, die Ukraine gegebenenfalls auch entsprechend zu vert

          • @ke1ner:

            dann, wenn man eben nicht bereit ist, die Ukraine gegebenenfalls auch entsprechend zu verteidigen

    • @Mustardman:

      Prinzipiell gegen eine Flugverbotszone zu sein ist mE kurzsichtig und wird nur zu noch größerem Leid führen. Appeasement hilft nicht weiter. Mustardman liegt mE sehr richtig. Siehe auch den taz-Artikel vom Wochenende zu Dugin.

  • Eigentlich bin ich auch ein Befürworter einer Flugverbotszone - aber im Nachgang könnte es durchaus weltweite Brisanz haben.



    Aber:



    Da die NATO sowieso Waffen liefert, könnte sie auch Kampfjets liefern.es dürfte bestimmt etliche Piloten in der Ukraine geben, die damit klar kommen.

    Wie auch immer - es ist mittlerweile unerträglich geworden, hier nur zuzuschauen!



    Man kann sich auch nicht mehr wirklich entspannen - dafür sitzt er Druck im Nacken zu stark.



    Es ist aber nicht der Druck aus Angst vor einem eskalierenden Krieg - sondern die Wut und Ohnmacht, hier nichts tun zu können.

    Und der Angriff Putins wird sich auch in den Westen der Ukraine ausweiten - was wir tun, interessiert ihn sowieso nicht.

    Einzige Hoffnung:



    Daß es interne Kräfte in RU schaffen, ihn zu stürzen - und hoffentlich dann ein friedlicherer Regierungschef das Amt übernimmt.

    • @Juhmandra:

      Das mit den Kampfjets und Hubschraubern ist nicht so einfach. Das sind hochkomplizierte und hochempfindliche MAschinen und für jeden Typ braucht es für Piloten eine längere Übungsphase.



      Kurzfristig würden nur Jets aus Sowjetzeiten der Ukraine helfen, den diese Maschinen kennen die meisten ukrainischen Piloten. Allerdings haben in der NATO nur die osteuropäischen Staaten Maschinen dieses Typs.



      Es stellt sich aber die Frage, sofern politisch gewollt, wie man die Maschinen in die Ukraine bringt ohne eine direkte Reaktion Russlands auszulösen. Dies wäre wohl nur möglich indem die Übergabe in einem Nicht-NATO-Land stattfindet und die Flugzeuge von dort über das Schwarze Meer (internationales Gewässer) direkt in die Ukraine gebracht werden.

      Das ist mit Flugzeugen halt schwieriger als mit tragbaren Waffen, die man per LKW transportieren kann.

  • RS
    Ria Sauter

    Das wäre der völlige Wahnsinn!



    Hoffentlich behalten die Entscheider einen kühlen Kopf.