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Corona-Leugner auf den StraßenEs dürfen nicht noch mehr werden

Kommentar von Hanno Rehlinger

Man muss den Protesten der Rechten und Corona-Leugner die Luft nehmen. Wir müssen uns um mehr Impf-Aufklärung bemühen. Ein Wochenkommentar.

Gegenprotest: Demo gegen Corona-Leugner*innen in Berlin Foto: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

W eit über 10.000 Menschen demonstrierten diese Woche in Berlin und Brandenburg gegen die Corona-Maßnahmen. Diese Proteste waren von Fehlinfomationen über das Virus begleitet, von Rechtsradikalität und Gewalt – auch gegen JournalistInnen. Neonazis haben das Gefühl, die Straßen gehörten ihnen und manch andere erleben das auch so.

Es ist aber zum einen wichtig festzustellen, dass die Demonstrierenden nicht alle ungeimpft sind. Und dass zum anderen nicht alle Ungeimpften demonstrieren gehen. Selbst wenn alle Demonstrierenden in Brandenburg ungeimpft gewesen wären, würde sie nicht einmal 10 Prozent der ungeimpften Bevölkerung in Brandenburg ausmachen.

Es gibt also zwei auseinanderklaffende Zahlen: Die Zahl der Ungeimpften, und die weitaus kleinere Zahl der Demonstrierenden. Die meisten Menschen, die sich bis heute nicht haben impfen lassen, wollen das auch nicht tun. Spätestens seit der Diskussion um eine wahrscheinlicher werdende allgemeine Impfpflicht könnten diese Menschen ihre Interessenvertretung bei den Demonstrationen suchen, wenn sie nicht das Gefühl haben, dass irgendjemand anderes ihre Impfangst ernst nimmt.

Vorbild Bremen

Die Differenz zwischen den Zahlen gibt aber auch Grund zu hoffen – dass man die schlecht Informierten vielleicht doch noch erreicht. Die Stadt Bremen ist mit 99,4 Prozent geimpften über 18 Jährigen, das Bundesland mit der höchsten Impfquote. Ihre Impfstrategie: Von Anfang an niedrigschwellige Angebote, besonders in strukturschwachen Stadtteilen.

Die allermeisten Ungeimpften geben an, keine Impfgegner zu sein. So zeigen mehrere Studien – zuletzt von der Hans-Böckler-Stiftung: Sie haben Angst. Viele fürchten, dass die Impfstoffe nicht ausreichend getestet sind, haben Bekannte bei denen die Impfstoffe zu starken Nebenwirkungen geführt haben oder kennen Menschen, bei denen das Virus einen sehr harmlosen Verlauf nahm. Dabei sind überproportional viele Menschen mit geringem Einkommen und Migrationshintergrund ungeimpft, berichtet unter anderem das Robert-Koch-Institut.

Wir müssen uns fragen, wer hier eigentlich warum auf die Straße geht. Der Weg, die Demonstrationen zu stoppen sind Informationskampagnen, Dialog und Aufklärung. Man muss der rechten Hetze die Luft abdrehen, den Zulauf durch die Impfgegner*innen, die mit ihnen auf die Straße gehen. Auf den Demos selbst braucht es Infostände. Auch, weil es definitiv keine Entschuldigung dafür gibt, mit Nazis zu marschieren.

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24 Kommentare

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  • Fragen:

    Wenn diese Leugner, Verweigerer und Besorgten ihre Kinder im Kampf gegen die



    Coronadiktatur als Speerspitze der Bewegung in



    Pfefferspraywolken halten, muß ich dann



    immer noch Verständnis für Selbige haben?

    Wenn die ernsthaft, besorgten Impfskeptiker rechtsradikale Schreihälse in ihren Reihen dulden und mit ihnen spazieren gehen, habe ich dann nicht das Recht diese Spaziergänger als rechte Mitläufer zu titulieren?

    Mangelt es mir an Toleranz wenn ich nach



    beinahe zwei Jahren Pandemie keine Lust mehr auf krude Verschwöhrungstheorien habe?

    [...] Beitrag gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Da gibt es nichts aufzuklären.



    Jeder Willige konnte sich bei der Realität verpflichteten Stellen informieren.



    Die Impfgegner, natürliche Auslese Liebhaber und Verschwörungsgläubigen haben längst ihre Meinung gebildet und schotten diese hermetisch gegen jeden Einbruch der Wirklichkeit ab. Ein mehr wird als Propagandaendkampf gegen die Freiheit wahrgenommen.



    Eine Impfpflicht zöge Gewaltausbrüche nach sich.



    Statt dessen sollte Staat und Gesellschaft kapitulieren und sich auch dee Realität stellen, dass es mindestens ein Viertel Verweigerer gibt - Die Pro-Impf Agitation einiger kommt mir ebenfalls wie Realitätsverlust vor.



    Statt dessen sind Konsequenzen dieser Realität zu ziehen und zu vermitteln: Ein Lockdown für Vulnerable auf Staatskosten, (Arbeits)rechtliche Konsequenzen für Ungeimpfte bei Ansteckung Vulnerabler und vor allem, das eine Behandlung Ungeimpfter Erkrankter im Rahmen der tarifzeitlichen Arbeitszeiten und einer den normalen Regelbetrieb nicht gefährdenden Bettenbelegung erfolgen wird.



    Wenn die Freiheit mit Egozentrik Gleichsetzer verstehen, dass ihre Behandlung im Zweifelsfalle erst nach der meines Furunkels am Hintern erfolgt, oder Ansteckung durch Ignoranz sanktioniert werden kann, wie heute bereits bei Tuberkulose, oder Aids, steigt die Impfquote noch mal um die Hälfte.



    Und der Rest muss die Freiheit haben auf Charles Darwin zu setzen.

  • Infostände als Lösung für die Problematik der Corona Leugner und Nazis. Warum ist da bisher noch niemand drauf gekommen?

    Wie wäre es Mal mit besser ausgestatteten Schulen, Förderung von Medienkompetenz bei allen Bürgern, Politikern die halten was sie versprechen (oder keine Sachen versprechen die sie nicht halten können), Journalisten die zumindest einen Grundkurs in Statistik und Logik absolviert haben, kostenlose FFP 2 Masken (für Geringverdiener), ...

  • Wer mit Nazis marschiert, ist ein Anti-Demokrat und wird auch irgendwann Nazis wählen. Dies wird heute so passieren wir vor 90 Jahren!



    Hier helfen nur härtere Strafen für Menschen, die gegen das Grundgesetz und unsere demokratische Grundordnung sind. Deshalb ist bei Ihnen auch eine vollständige Überwachung durch den Verfassungsschutz gerechtfertigt.

    • @Andrew Bear:

      Und die Überwachung bewirkt dass die in der Wahlkabine nicht Nazi wählen? Ernsthaft?

  • Weltweit sind inzwischen ca. 4 Mrd. Dosen verimpft worden, so dass eine außergewöhnlich gute Datenbasis zu Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe existiert. Die Argumentation Corona Impfstoff sei “neu und wenig erforscht” ist einfach Unfug!



    Lasst euch impfen, auf meinen beiden Intensivstationen liegen 95% Ungeimpfte, die leider trotz Maximaleinsatzüberwiegend sterben.

  • "Auch, weil es definitiv keine Entschuldigung dafür gibt, mit Nazis zu marschieren."



    Es gibt auch definitiv keine Entschuldigung dafür, faschistische Politik zu machen.



    Diese Aussage ist genauso richtig/falsch wie der Satz des Artikels.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @XXX:

      Für faschistische Politik benötigte man meines Wissens Nationalismus sowie einen Diktator.



      Beides ist in Deutschland regierungsseitig aktuell noch nicht einmal ansatzweise vorhanden.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Nationalismus sind allerdings auch nach dem Regierungswechsel noch weit verbreitet.

    • @XXX:

      Natürlich gibt es keine Entschuldigung dafür, faschistitsche Politik zu betreiben. Wer macht sich denn in Deutschland dessen schuldig, abgesehen von der AfD?

    • @XXX:

      Nur gibt es in Deutschland keine faschistische Politik. Aber auffallend viele Nazis bei sogenannten „Querdenker-Demonstrationen“. Was vorher Pegida war ist jetzt „Querdenken“. Und es gibt tatsächlich keine Entschuldigung dafür, mit Nazis zu marschieren.

  • Ich kenne nur Akademikerinnen, die Impfgegner sind.



    Mir kommt diese Debatte deshalb vor,



    als wollten Metzger Ingenieuren erklären



    wie man Flugzeuge baut.

    Die Frage der Aufklärung ist die komplett unpassende Ebene.

    Ein Freund, der seit der ersten Impfung krank ist,



    der aber kein Impfgegner ist, meinte jüngst,



    er habe aus Erfahrung kein Vertrauen in die fachliche



    Einschätzung der Mediziner und außerdem ekelt es ihn an,



    wie mit den Corona- und Impfgegnern öffentlich umgegangen wird.



    Er habe kein Vertrauen in Menschen, die sich moralisch nicht



    integer zeigen.

    • @Leidel:

      Projezieren Sie Ihre Meinung auf Freunde?



      Ich habe Freunde die sind an Corona schwer erkrankt.



      Ich kenne Menschen die sind an Corona gestorben

    • @Leidel:

      Gerade darum gehts ja etwa im Artikel. Vertrauen aufbauen statt abgrenzen. Allerdings bezweifle ich, ob Infostände da ausreichen.

      Ein wichtiger Schritt wäre es, die Vermutung einiger der "Ängstlichen" zu entkräften, es ginge nur um Lobbyismus für "Big Pharma" (auch die deutsche Position zu Impfpatenten spielt da mit rein).

      Deshalb sollte schnellstmöglich die Anerkennung von Impfstoffen kommen, die nicht von westlichen Pharmaunternehmen hergestellt wurden, zumindest von den WHO-zugelassenen (Covaxin, Vero, Coronavac). Bei Sputnik V hoffe ich, dass die ihre Differenzen mit der WHO gebacken kriegen, da dieser Impfstoff die Russophilen zur Impfung verleiten könnte.

      Spanien, Finnland und andere EU-Staaten sind schon so weit und erkennen die WHO-approved Impfstoffe zumindest für Einreise sowie 2G(+)/3G an, warum nicht auch Deutschland?

    • @Leidel:

      "Ein Freund, der seit der ersten Impfung krank ist,"

      Da hat er ja noch Glück gehabt. Ich bin sogar nach allen drei Impfungen gestorben! Jedesmal!

    • @Leidel:

      Also, Impfgegner sind bestimmt keine Coronagegner und umgekehrt.



      Und die moralische Integritaet von Impfgegnern dürfte sich etwa auf einer Stufe mit der von IS-Anhaengern befinden...

  • In vielen Städten wäre so ein Infostand an der Demostrecke leider nur mit massivem Polizeischutz möglich.

  • Es kommt zusammen, was zusammen gehört, eine Politik, die auf absolute Minderheiten Rücksicht nimmt und das Elend so immer weiter verlängert.



    Und eine absolute Minderheit, die für diesen Kurs dankbar ist.



    Nazis entstehen nicht im luftleeren Raum. Sie werden ermuntert.



    In Sachsen wird die Polizei bald Teil dieser Chimäre. Das muss ein Ende haben.



    Sonst haben wir Corona für immer.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Die Russische Grippe ging nach neusten Erkenntnissen auf ein Corona Virus zurück, sie dauerte 6 Jahre in einer Zeit in der dem Mensche eine räumliche Mobilität von wenigen Kilometern hatte, es keine Kaufhäuser gab oder andere Orte für Massenansammlungen.

      Omicron scheint sich trotz Impfung rasant zu verbreiten.



      Wir sind ohne Impfstoff nur mit Kontantreduzierung besser durch den Winter 20/21 gekommen als mit Impfung und ohne Kontaktreduzierung durch den Winter 21/22.

      Ich bin 3x geimpft, zum Selbstschutz.



      Die bisherigen Impfstoffe sind nicht geeignet die Pandemie zu beenden.



      Dazu müssten sie so Wirksam sein das keine Übertragung stattfinden kann.

      Wir haben im Kampf gegen Viren kaum Pharmazeutische Pfeile im Köcher.



      Bis wir das HI Virus mit Medikamenten soweit eindämmen konnten das ein Infizierter nicht mehr Infektiös ist hat es 30 Jahre gedauert, und setzt der Infizierte die Medis ab kommt das Virus zurück.

      Ich halte die Impfung für einen Teil der Lösung, Kontaktreduzierungen sind der andere.

      Es gibt kein Zurück mehr ins Jahr 2019, keine vollen Kinos oder Theater, kein Leben mehr ohne Masken.



      Keine Partys, Diskos, Clubs, keine vollgedrängten Züge, Buss und Bahnen.



      Nicht für die nächsten 10 Jahre.

  • Gut gemeinter Beitrag, aber wenig hilfreich. Glaubt der Autor wirklich ersnthaft, dass Infostände bei Corona-Demos auch nur einen einzigen Impfgegener überzeugen konnen. Mitnichten!

  • Zum Glück leben wir in Zeiten, da es nur noch eine Wahrheit gibt.



    Dadurch kann man die Bevölkerung einteilen, in Wissende und Unwissende, genannt Dumm und/oder Rechts.

  • 4G
    47491 (Profil gelöscht)

    Aha. Infostände. Und ich dachte, hier würde mal ein Journalist an seine Kollegen appellieren zu objektiver Berichterstattung, die nicht weiter die Pandemie klein redet, um Klicks der Querdenker und anderer Spinner zu bekommen.

    Allein diese Woche drei Artikel in der Taz, in denen die Leugner und Gegner, wie auch die Fakten als „umstritten“ bezeichnet werden. Aber hey, die Artikel liest wohl eh keiner. muss wohl so sein, sonst könnten diesen ja mit ein Grund sein. Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf.

    • @47491 (Profil gelöscht):

      Kurz vor der Pandmeie hatte die taz einen anthroposophie-kritischen Artikel.

      Ein großer Teil der Kommentare war extrem negativ (also anthroposophie-freundlich).

      Ob das wohl Auswirkungen auf die editoriale Linie hatte?

      • @Ajuga:

        Schwer zu sagen. Das hartnäckige Leugnen der Nähe derer, die "genfreie Lebensmittel" [sic! mehrfach erlebt und gesehen] fordern und jede Gentechik ablehnen, zu denen, die Angst vor den mRNA-Impfstoffen schüren, ist jedenfalls deutlich. Als kämen die Impfgegener vor allem aus den Kreisen, die Kerntechnik und anderen technisch-wissenschaftlichen Fortschritt ausdrücklich begrüßen.