piwik no script img

Schwedens CoronastrategieAlle sollen, niemand muss

Seit Pandemiebeginn geht Schweden einen Sonderweg: Statt auf strenge Maßnahmen setzt das Land auf Selbstverantwortung.

Ohne Maske und Abstand: Menschen feiern im September das Ende der Coronamaßnahmen in Stockholm Foto: Pontus Lundahl/TT News via ap

Stockholm taz | Dass Schweden jetzt relativ gut dasteht, überrascht selbst Virologen in Schweden: „Ich will nicht spekulieren, woran das liegt“, sagte etwa Niklas Arnberg, Professor für Virologie an der Universität Umeå, am Dienstag gegenüber der Tageszeitung Aftonbladet: „Vielleicht weil wir am Anfang der Pandemie so hart getroffen wurden. Es könnte sein, dass wir deshalb eine weiter verbreitete Immunität in der Bevölkerung haben.“ Was ihn aber noch mehr überrascht habe: „Dass es in vielen anderen Ländern so schlecht läuft.“

Die vierte Coronawelle rollt über Europa, und Schweden fällt deutlich aus dem Rahmen. Mit einer 7-Tage-Inzidenz von 115 pro 100.000 EinwohnerInnen gehört es laut der aktuellen Statistik vom 2. Dezember des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten zu den europäischen Ländern mit der niedrigsten Inzidenz. Man hat auch die niedrigste 7-Tage-Coronatodesrate aller EU-Länder.

Der Impffortschritt kann nicht der Grund für diese relativ entspannte Situation sein. Da liegt man mit derzeit 70,5 Prozent für die Gesamtbevölkerung und 82 Prozent für die über 16-Jährigen im europäischen Mittelfeld – Platz 12 von 37 Ländern – und etwa auf gleichem Niveau wie Deutschland. Auch in Schweden hätte die Gesundheitsbehörde gerne ein paar Prozentpunkte mehr und fährt deshalb derzeit gezielte Impfkampagnen mit lokalen Impfangeboten vor allem in Gegenden mit unterdurchschnittlicher Impfquote. In Stadtteilen Göteborgs mit hohem Migrationsanteil war beispielsweise Ende November noch mehr als über die Hälfte der Bevölkerung ungeimpft.

Eine landesweite Impfpflicht für Gesundheits- und Altenpflegeberufe gibt es nicht. In einigen Regionen haben die Träger einzelner Einrichtungen sie aber aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften für ihr Personal eingeführt. Eine allgemeine Impfpflicht wird fast gar nicht diskutiert. Auf eine entsprechende Interviewanfrage antwortete der ehemalige Staatsepidemiologie und Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Johan Giesecke vor einigen Tagen: „Man kann die Leute nicht zwingen.“ Schweden habe „das schon mal mit wenig Erfolg versucht“, das sei aber „einhundert Jahre her“.

Es sei wichtig, die demokratischen Werte und Menschenrechte auch während einer Pandemie aufrechtzuerhalten. Deshalb habe Schweden bei „nahezu allen unseren Maßnahmen auf Freiwilligkeit gesetzt, und ich finde, dieser Weg war richtig“, sagt Giesecke. „Wir haben keine Polizisten, die Leute bestrafen, weil sie nicht auf sich aufpassen.“ Schweden verfolgte von Anfang an eine etwas andere Strategie als die meisten europäischen Länder. Die staatliche Gesundheitsbehörde Folkhälsomyndigheten, auf deren Empfehlungen sich die Politik bei ihren Maßnahmen stützt, geht von einem ganzheitlichen und nicht isoliert auf die bloße Epidemiebekämpfung gerichteten Gesundheitsbegriff aus.

Der Infektion sollte mit gezielten Maßnahmen begegnet werden, von denen man sicher sein konnte, dass sie funktionieren, Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens und der persönlichen Freiheit sollten Ultima Ratio sein.

Staatsepidemiologe Anders Tegnell hatte den Kurs gleich zu Beginn der ersten Welle abgesteckt: Covid-19 werde keine Pandemie sein, die nach wenigen Monaten ausgestanden sein würde. Man könne von den Menschen deshalb nur Maßnahmen verlangen, die diese auch ein, zwei Jahre durchhalten könnten. Und das funktioniere am besten mit dem Prinzip „Freiheit in Selbstverantwortung“.

Man empfahl den SchwedInnen vor allem grundlegende Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Das Tragen von Masken wurde als zuwenig effektiv eingeschätzt und gehörte erst gar nicht und dann nur in Ausnahmesituationen, beispielsweise im öffentlichen Nahverkehr während der Rushhour, zum Empfehlungskatalog.

Auf Schulschließungen bis zur neunten Klasse wurde wegen der damit verbundenen Belastungen für SchülerInnen und Familien ebenso verzichtet wie auf generelle Lockdowns. Die bislang höchste 7-Tage-Inzidenz hatte man im Januar 2021 mit 515 verzeichnet. Die höchste Belastung hatten die Intensivstationen im April 2020 mit über 500 CoronapatientInnen. Derzeit sind es im Vergleich dazu weniger als ein Zehntel.

Seit Herbstbeginn ist die Zahl der Neuinfektionen nicht so massiv angestiegen wie in nahezu allen anderen europäischen Ländern. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Gesundheitsbehörde auch nach der ersten Impfwelle allen Geimpften empfohlen hatte, sich prinzipiell weiterhin vorsichtig zu verhalten: Der Impfschutz werde zwar schwere Erkrankungen verhindern, sei voraussichtlich aber weder vollständig noch dauerhaft, mahnte der Staatsepidemiologe.

Nach einem im September veröffentlichten Zwischenbericht einer noch laufenden Studie mehrerer schwedischer Universitäten zur Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen halbierte sich das Antikörperniveau bei zweifach mit dem Pfizer-Impfstoff Geimpften binnen drei Monaten und war nach 6 Monaten auf 15 Prozent gesunken.

Der schwindende Impfschutz macht sich auch auf den Intensivstationen bemerkbar. Nach wie vor werden dort zwar relativ zu ihrem Bevölkerungsanteil mehr Ungeimpfte als Geimpfte behandelt. Doch stieg der Anteil Geimpfter unter diesen PatientInnen von 23 Prozent im September auf nun 43 Prozent, in der Altersgruppe der über 60-Jährigen von 42 auf 76 Prozent. Sei Anfang November wird allen über 65-Jährigen eine dritte Impfdosis empfohlen.

Schwedens Gesamtbilanz beim Umgang mit der Pandemie ist durchwachsen. In der ersten Pandemiephase scheiterte das Land massiv beim Schutz der älteren Bevölkerung, konstatierte schon im Dezember 2020 ein von der Regierung bestellter Untersuchungsbericht. Eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie einer Expertengruppe der Königlichen Wissenschaftsakademie in Stockholm vertieft das. Schweden sei schlecht vorbereitet gewesen, es habe anfänglich schwerwiegende Mängel in der Gesundheits- und Altenvorsorge gegeben, was Personal, Kompetenz, die Versorgung mit Masken,

Schutzkleidung, aber auch Testmöglichkeiten und Laborkapazitäten anging. Ein kaputt gesparter und weitflächig ohne ausreichende öffentliche Kontrolle privatisierter Sektor der Altersvorsorge verschärfte die Lage zusätzlich. Ende Juni 2020 hatte Schweden bereits über 5.300 Coronatote zu beklagen. Das war im Verhältnis zur Bevölkerungszahl das 4,75-Fache Deutschlands mit damals rund 9.000 Coronatoten.

Zieht man jetzt einen entsprechenden Vergleich seit Pandemiebeginn, hat sich dieses Verhältnis auf weniger als das 1,2-Fache reduziert. Das schwedische Gesundheitssystem hat die Pandemie zwischenzeitlich offensichtlich wesentlich besser in den Griff bekommen. Die aktuellen ECDC-Zahlen melden eine „7-Tage-Todesrate“ von 0,4 pro Millionen EinwohnerInnen für Schweden, aber 14 für Deutschland.

Länder, die auf harte Lockdowns gesetzt hätten, seien nicht besser gefahren, das Virus kam immer wieder zurück, sagt Giesecke. Mit dem Verzicht auf harte Lockdowns schaffte es die Wirtschaft des Landes besser durch die erste Phase der Coronakrise als die meisten anderen EU-Länder. Neben Dänemark ist Schweden das einzige EU-Land, das sein Defizit im Staatsbudget mit 2,8 Prozent des Bruttonationalprodukts (BNP) unterhalb der – während der Pandemie suspendierten – 3-Prozent-Grenze halten konnte. Schweden hat die insgesamt fünftniedrigste Schuldenlast in der EU. Während die Schuldenrate gegenüber 2020 in Deutschland 2021 weiter steigt, sinkt sie in Schweden bereits wieder und liegt bei 37,3 Prozent des BNP (Deutschland 71,4).

Die Steigerung der Arbeitslosenrate liegt in Schweden seit Pandemiebeginn unter dem EU-Schnitt. Für eine endgültige Bilanz ist es natürlich zu früh. Aber Umfragen zeigen ein hohes Vertrauen der SchwedInnen und überwiegende Zufriedenheit mit der Handhabung der Coronapandemie durch ihre Regierung. In einer vergleichenden Untersuchung des „YouGov-Cambridge Globalism Project“ in 26 Ländern liegt Schweden mit einer Positivrate von 54 Prozent an der Spitze.

Für Deutschland ist dieser Zufriedenheitswert im Vergleich zu einer entsprechenden Untersuchung vor einem Jahr von 67 auf 44 Prozent gesunken. 19 Prozent der befragten SchwedInnen hielten die Corona-Einschränkungen für zu weitreichend – der niedrigste Wert aller untersuchten Länder. Nach einem im September veröffentlichten Eurobarometer haben SchwedInnen mit 80 Prozent auch das höchste Vertrauen in WissenschaftlerInnen, Deutschland ist dabei mit 46 Prozent das EU-Schlusslicht.

Schwedens Gesundheitsbehörde erwartet den Höhepunkt der jetzigen Infektionswelle für Mitte Dezember. Um die Spitze möglichst flach zu halten, gelten seit dem 1. Dezember neue Kontaktbeschränkungen. Zum Besuch von öffentlichen Veranstaltungen in Innenräumen mit mehr als 100 BesucherInnen können Veranstalter einen Impfnachweis verlangen. Sie können aber auch zu anderen Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandsregelungen greifen. Die Ausgestaltung bleibt ihnen überlassen. Schweden versucht auch in der vierten Welle bei seinem Prinzip der „Freiheit in Selbstverantwortung“ zu bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

30 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

    Die Moderation

  • "Länder die auf harte Lockdowns gesetzt hätten, seien nicht besser gefahren, das Virus kam immer wieder zurück, sagt Giesecke."

    Naja, logisch. Ein Lockdown hilft ja immer nur in dem Moment, in dem er gilt. Er soll die hohen Zahlen runterbringen. Das ist ja keine nachhaltige Methode, um in Zukunft Infektionsgeschehen einzudämmen, sondern nur während er gilt. Er ist natürlich trotzdem notwendig wenn wie z.B. jetzt dei Krankenhäuser volllaufen. Auf lange Sicht muss die Impfung helfen.

  • Was hier leider nicht erwähnt wird: In Schweden gab es vom 01.04. bis 01.10.20 ein 6-monatiges Besuchsverbot in Alten- und Pflegeheimen.



    So drastisch und einseitig wurden meines Wissens nach in keinem anderen Land die Grundrechte einer bestimmten Bevölkerungsgruppe eingeschränkt.

  • Es ist müßig den "schwedischen Weg" mit Deutschland zu vergleichen. Dazu sind die Voraussetzungen viel zu unterschiedlich. Was in Schweden funktioniert wird bei uns eher nicht funktionieren. Wenn die schwedische Regierung bittet z.B. im ÖPNV eine Maske zu tragen, wird die Mehrheit dieser Bitte folgen. Bei uns zieht dann eher jemand eine Waffe und erschießt jemanden.



    Daher verstehe ich auch nicht weshalb die ganzen QDs immer auf Schweden zeigen, mit deren Einstellung passen die überhaupt nicht in dieses Land

  • Wer den schwedischen Weg lobt, sollte auch den Umgang Schwedens mit Alkohol betrachten.

    Siehe "Systembolaget"

    Ich hätte ja gerne mal gehört, was man in Deutschland zu der Idee "Weihnachtsmarkt ohne Glühwein" gesagt hätte...

  • Könnte es vielleicht auch daran liegen dass nicht viel getestet wird ?



    Aber generell kann man Schweden mit Deutschland nicht vergleichen, Deutschland mit 10x so viel Menschen/km². Die Mentalität ist schon auch rüchsichtsvoller und zurückhaltender und der Hang zu Dingen wie Querdenken, Impfverweigerung und alternativ Medizin ist nicht sehr verbreitet.

    • @Opossum:

      Ich denke spätestens beim Vergleich der Toten ist die Frequenz der Testung nicht mehr relevant.

      Die Hang zur Impfverweigerung sehe ich ähnlich, angesichts ähnlicher Impfquoten, darüber hinaus mag es dort zurückhaltender sein weil die Maßnahmen der Regierung für große Teile der Bevölkerung weniger invasiv waren. Wer sich nicht drangsaliert fühlt radikalisiert sich wesentlich schwerer.

      Die Bevölkerungsdichte ist hingegen ein sehr gutes Argument das so einfach nciht aus dem Weg geräumt werden kann.

      • @Questor:

        Zur Bevölkerungsdichte kann man sich mal anschauen, wo in Schweden die meisten Fälle auftreten: nämlich wie zu erwarten nicht in den dünnbesiedelten Regionen, sondern vor allem dort, wo die Bevölkerungsdichte nicht höher oder niedriger ist als in jedem anderen skandinavischen (oder mitteleuropäischen) Ballungsraum.

        de.wikipedia.org/w...ta_with_Legend.svg

  • Was lernen wir daraus? Wir lernen, dass das Coronavirus sich nicht um Lockdowns kümmert und dass es nicht auszurotten ist, sondern die Menschheit fortan ebenso begleiten wird wie die zahlreichen anderen tödlichen Infektionskrankheiten, die es schon lange gibt. Es wird höchste Zeit, aus dem Panikmodus auszusteigen.

    • @Budzylein:

      Geh doch bitte mal bei deiner nächstgelegenen Intensivstation vorbei und sag den Beschäftigten, sie sollen aus dem Panikmodus aussteigen und sich eine schöne Adventszeit gönnen ...

  • So, jetzt darf sich dann jeder mal wieder rauspicken, was, wie und warum Schweden genau das richtig macht, was er selber auch denkt. Eigentlich ist es nicht nur blöd sich daran auch noch zu beteiligen, sondern auch sinnlos. Der aktuelle Stand in Schweden beweist nicht mehr als der aktuelle Stand in Deutschland oder in dem immer mal wieder vielgelobten Israel, das gerade seine fünfte Welle befürchtet. Was man grundsätzlich vermuten darf ist, dass die Schweden wirklich mehr an ihre Wissenschaftler glauben und sich entsprechend verhalten, als wir in unserem schönen Land der Millionen Impfexperten und Bundestrainer. Und dass die Schweden vielleicht grundsätzlich solidarischer und rücksichtsvoller sind, aber auch, dass sie erst einmal erkennen mussten, dass sie in der Anfangspandemie mit ihrer "liberalen" Politik sehr viele Tote in den Altenheimen und überhaupt unter den alten Menschen bewirkt haben. Darauf hat man dann auch übrigens durchaus mit Einschränkungen reagiert. Wer jetzt meint, er wolle lieber in Schweden leben, geht nur von sich, seinen Bedürfnissen und der aktuellen Situation aus. Und wahrscheinlich würde man auch ganz schön dumm aus der Wäsche gucken, angesichts der Selbstdisziplin, die die Schweden von einem erwarten würden.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    " Schweden versucht auch in der vierten Welle bei seinem Prinzip der „Freiheit in Selbstverantwortung“ zu bleiben."

    Das funktioniert aber in Deutschland nicht, denn hier gibt es viel zu viele, die neben der Spur sind.



    Bill Gates....hahahaha



    Warum nicht Mickey Mouse?

  • Diesen schwedischen Weg, ohne Repressalien auszukommen und auf Freiwilligkeit und Mündigkeit der Bürger zu setzen, finde ich sehr sympathisch.



    Aber was bei denen funktioniert, muss nicht unbedingt auch bei uns umsetzbar sein. Die haben ja auch nicht diese Wutbürger und 'Wir sind das Volk' Idioten, die damit wahrscheinlich einen verdrängten Wunsch nach einem Fuehrer kompensieren. Diese sind für jedes Land eine sehr unangenehme Hypothek. Und weiterhin kommt noch dazu, dass die deutsche Volksseele klare Ansagen liebt.



    'Ihr könntet doch ...; Wir empfehlen euch ...' funktioniert in Schweden.



    Wir hingegen brauchen 'Es ist verboten ...; Ihr dürft nicht ...; Das Strafmaß bei Zuwiderhandlung ist ...'

    • @chinamen:

      Dafür gilt ein Staatsmonopol für Alkohol über 3.5%. Versuch mal in DE ein Bier mit weniger als 3.5%, aber nicht alkoholfrei im Supermarkt zu kriegen...

  • Weiss eigentlich jemand, welche Virus-Variante in SCHWEDEN grassiert? Dort liegen aktuell 30 Leute auf der Intensivstation, das wären hochgerechnet ca. 240 in Deutschland. Wir haben aber 20 x mehr = ca. 4.900.

  • "yougov" — wer war Auftraggeber der Studie?

  • Der Vergleich der Todeszahlen mit Regierungsstrategie geht schief, weil nicht gefragt wird, wann in Deutschland viele gestorben sind.

    Das waren viele tausend im Januar, weil im November 2020 zu lange zu wenig gemacht wurde (entgegen Empfehlungen der Wissenschaft) und während hohen Infektionszahlen Schutzmaßnahmen gezielt missachtende Demos zugelassen wurden, nochmal über 10.000 an Ostern, weil nichtmal 5 Tage Ruhezeit möglich waren, und jetzt wieder 250 pro Tag, weil schon wieder im November kaum was gemacht wurde.

    Deutschland hat immer wieder erstmal einfach nichts gemacht und dann mit harten Maßnahmen reagiert, wenn es zu spät war.

    Es wurde von der Politik immer erst mit deutlicher Verzögerung reagiert, nachdem Merkel, die bekanntermaßen auf Sicht fährt, heftig gemahnt hat, weil offensichtlich wurde, dass sonst eine Katastrophe kommt. Und dann schwächer als sie forderte.

  • Ich weiß nicht, ob dieser Eindruck eines "laxen Schwedens" so stimmig ist bzw. als richtig/akzeptabel einzuordnen ist. Es gibt Berichte über eine Studie [1], in der im Ergebnis Schweden als Virusexporteur für Skandinavien bezeichnet wird. D.h. Schwedens Pandemiepolitik hat die Verbreitung zumindest anfänglich vorangetrieben.



    "Um die Spitze möglichst flach zu halten, gelten seit dem 1. Dezember neue Kontaktbeschränkungen."



    Offenbar hat die "Selbstveranwortung" und "Freiheit" auch in Schweden Grenzen.



    [1] www.stern.de/gesun...vien-30929386.html

  • Schweden ist halt FDP Land - viel Freiheit, wenig Sozialstaat und lasst die Leute in Ruhe. Nicht denkbar hier -‚Linke stellen Schweden immer als Top Sozialstaat dar (was es definitiv nicht ist, da weht ein wesentlich härter



    Wind als hier) und fordern viel staatliche Eingriffe in jeglicher Art von Grundrechten. Ist wohl nicht richtig.

  • "Seit Herbstbeginn ist die Zahl der Neuinfektionen nicht so massiv angestiegen wie in nahezu allen anderen europäischen Ländern. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Gesundheitsbehörde auch nach der ersten Impfwelle allen Geimpften empfohlen hatte, sich prinzipiell weiterhin vorsichtig zu verhalten: Der Impfschutz werde zwar schwere Erkrankungen verhindern, sei voraussichtlich aber weder vollständig noch dauerhaft, mahnte der Staatsepidemiologe."

    So funktioniert ehrlicher Umgang mit der Bevölkerung.

  • Kaum zu glauben: Ein positiver Bericht über Schweden in der taz. Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung.

  • Ich könnte heulen, wenn ich das lese. Und ich sitz' hier in Deutschland eingekeilt zwischen Coronaleugnern einerseits und Imofhysterikern andererseits

  • Schweden ist nicht nur ein anderes Land, Schweden ist eine andere Gesellschaft.

    Hier meinen viele, die gerne Schweden als Beispiel hochhalten, dass man dort machen kann, was man will. Stimmt vielleicht sogar, aber man will dort halt nicht einfach alles machen, was man könnte.

  • Schön das die TAZ auch mal wieder über Schweden berichtet. Kann die Aussagen im Artikel nur bestätigen, da ich während der Pandemiezeit mehrfach in Schweden war. Die deutschen zuständigen Politiker bekommen hier gezeigt, wie ein Pandemie management ohne Angst/Panikmache, Druck und Repressalien aussehen kann.

  • RS
    Ria Sauter

    Ja, Schwedin möchte ich sein!

    • @Ria Sauter:

      Nicht mal so schwierig. Sie müssen nur hinziehen und dort ein paar Jahre leben und wahrscheinlich etwas Schwedisch sprechen. Und nicht kriminell werden und wenn doch, sich nicht erwischen lassen. Deswegen, sollte sie z.B. Lust auf Drogen verspüren, dann fahren sie besser nach Dänemark oder Deutschland und besorgen sich diese dort.

      • RS
        Ria Sauter
        @chinamen:

        Das überlege ich mir !



        Momentan ist aber Finnland mein Favorit. Neben einer soliden und wirksamen Coronapolitik( sollte bei der Kälte dort ja noch schwieriger sein), soll es bald keinerlei Obdachlose mehr in dem Land geben. jede/r hat ein Recht auf eine Wohnung.



        Wir können viel lernen von den Nordleuten, in jeder Beziehung!

      • @chinamen:

        Das fängt schon bei der Droge "Alkohol" an...

  • Ein echtes Fazit, wer den besten Weg im Umgang mit der Pandemie gegangen ist, wird man am Ende ziehen können. Beim Schutz der Altenheime hat Schweden in der ersten Welle schwer versagt. Und trotzdem fand ichs von Anfang an falsch, so schnell und so hart den Stab über deren Kurs zu brechen.

    Einzelne deutsche Bundesländer haben längst in allen Bereichen viel schlechtere Zahlen als Schweden, trotz allen Maßnahmen und allem Druck. Generell finde ich den Ansatz mehr in Aufklärung und Vertrauen als auf Verbote und Strafen zu setzen sehr sympathisch. Da das Ganze aber sicher auch viel mit dem generellen Vertrauen in Staat und Politik zu tun hat, bin ich eher skeptisch, ob das hier funktionieren würde.

    • @Deep South:

      Das stimmt, skeptisch kann man schon sein, ob das mit dem Vertrauen in Staat und Politik in Deutschland klappen würde.

      Aber dann wäre es doch zumindest der beste Zeitpunkt für Politik, Medien und Bevölkerung sich die Fragen zu stellen:



      (1) warum es eigentlich nicht klappt und



      (2) was man ab JETZT besser machen kann.

      Dass wir es hierzulande bei der Pandemiebekämpfung mit Problemen zu tun haben, die weit über die medizinischen Fragestellungen zu Impfstoff und Corona hinausgehen wird ja dankenswerterweise auch seit ein paar Tagen in der TAZ stärker diskutiert. Endlich!