Christian Rath über die Ampelpläne gegen die Coronawelle
: Ideologischer Zentralismus

Es wirkt absurd: Ausgerechnet jetzt, wo die Pandemiezahlen in nie gekannte Höhen steigen, will die Bundespolitik den Ländern die Instrumente wegnehmen, mit denen die letzte Welle der Pandemie gebrochen wurde. Das ist verantwortungslos. Es soll keine Shutdowns für Gastronomie, Kultur und Sport mehr geben, keine Schulschließungen, keine Ausgangsbeschränkungen und erst recht keine Ausgangssperren.

Dabei versteckt sich das von der FDP getriebene Ampelbündnis bei seinem Gesetzentwurf hinter wenig überzeugenden juristischen Argumenten. Angeblich sei es mit rechtlichen Risiken behaftet, die epidemische Lage zu verlängern, die den Ländern Shutdowns ermöglicht. Die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen sind aber weder blöd noch verantwortungslos. Wenn jetzt schon 300 von bundesweit 1.600 Intensivstationen ihren Betrieb einschränken müssen und die Zahlen weiter steigen, dann ist es natürlich nicht verfassungswidrig, wenn der Bundestag die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ erneut feststellt.

Wenn die FDP sich partout damit brüsten will, dass sie den Status der „epidemischen Lage“ auf Bundesebene beseitigt hat, sollte sie es wenigstens den Ländern erlauben, in eigener Verantwortung eine solche Lage in ihrem Bundesland festzustellen. Bisher war dies im Infektionsschutzgesetz vorgesehen, doch die von der FDP gesteuerte Ampel will dies in ihrem Gesetzentwurf abschaffen. Das ist der Gipfel des ideologischen Zentralismus.

Immerhin: Die Ampel will den Ländern die Möglichkeit zu 2G-Konzepten lassen. Wo es nötig ist, könnten Ungeimpfte flächendeckend aus Gaststätten, Kultur- und Sporteinrichtungen ausgesperrt werden. Die Länder müssen nun schnell entscheiden, ob ihnen die 2G-Möglichkeiten ausreichend erscheinen oder ob sie auch die Option behalten wollen, ganze Branchen oder gar Schulen und Hochschulen wieder dichtmachen zu können. Letztlich sitzen die Länder am längeren Hebel, denn ohne die Zustimmung des Bundesrats wird die Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht in Kraft treten.

inland