Impfen und Priorisierungen: Impftempo muss beschleunigt werden
Auch Hausärzte sollen demnächst impfen dürfen. Erste Modellprojekte sind angelaufen. Bei der Priorisierung gibt es Unterschiede in den Bundesländern.
Die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch hatte zwei große Themen: die politisch gewollten Öffnungen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite und untrennbar damit verbunden: Wie lässt sich das Impftempo erhöhen? Denn während in anderen Ländern schon erste Effekte der Impfungen auf das Infektionsgeschehen messbar sind, ist Deutschland davon noch weit entfernt.
Zuletzt hatte dies die Debatte um eine Aufhebung der Impfpriorisierungen befeuert, um vermeintlich ungewollten AstraZeneca-Impfstoff unter die Leute zu bringen. Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz wird nun grundsätzlich an der Impfreihenfolge festhalten und den Weg freimachen für die Impfung in Hausarztpraxen. Wie dringend das nötig ist und wo die einzelnen Bundesländer derzeit in Sachen Impffortschritt stehen, zeigt eine taz-Anfrage bei den für die Impfung zuständigen Behörden.
Seit Ende Dezember wird in Deutschland geimpft, zunächst Menschen über 80, Pflegeheimbewohner*innen sowie besonders gefährdetes Klinik- und Pflegepersonal. Die meisten angefragten Bundesländer bestätigen nun, dass sie allen unter 65-Jährigen dieser ersten Impfgruppe bereits ein Impfangebot gemacht haben.
Für Ältere ist der AstraZeneca-Impfstoff aufgrund geringer Daten in Deutschland bislang nicht zugelassen. Entsprechend wurde in fast allen Bundesländern bereits begonnen, die unter 65-Jährigen der Impfgruppe 2 zu impfen. Das vermeintliche Problem mit der Ablehnung des AstraZeneca-Impfstoffs habe sich damit erledigt, heißt es einstimmig.
Große Unterschiede gibt es dagegen in der Frage, wann, wer und mit welchem Prozedere geimpft wird. So werden in Baden-Württemberg bereits seit dem 22. Februar und in Sachsen seit dem 25. Februar Menschen zwischen 18 und 64 Jahren aus der zweiten Priorisierungsgruppe mit AstraZeneca-Impfstoff geimpft – darunter auch Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und Behinderungen. In Hessen können sich Impfberechtigte der Gruppe 2 seit dem 23. Februar registrieren, die Terminvergabe findet nach dem Alter fallend und per Zufallsprinzip statt. Für die Beschäftigten in Schulen, Kitas, Polizei und Arztpraxen gibt es Sammel-Impftermine.
Einladung oder selbst anmelden?
In Thüringen ist die Terminvergabe seit 1. März für fast alle Berechtigten unter 65 der Priorisierungsgruppe 2 freigegeben. In Schleswig-Holstein sollen sich ab 9. März Berechtigte aus der Priorisierungsgruppe 2 unter 65 zur Impfung anmelden können.
In anderen Bundesländern ist es komplizierter, gerade die besonders gefährdeten Menschen mit Vorerkrankungen kommen zunächst nicht zum Zug: So werden in Hamburg seit vergangener Woche nur bestimmte Berufsgruppen aus Priorisierungsgruppe 2 – aktuell etwa Hebammen und Logopäd*innen – zur Impfung aufgerufen. In Nordrhein-Westfalen laufen bereits die Impfungen für medizinisches Personal aus der Priorisierungsgruppe 2, ab 8. März kommen Beschäftigte aus Kitas und Kintertagespflege, Grund- und Förderschulen, Polizei sowie Bewohner*innen und Beschäftigte von Behinderteneinrichtungen dazu.
In Bremen werden seit dem 26. Februar Beschäftigte von Kitas, die unter 65 sind, mit AstraZeneca geimpft. In Rheinland-Pfalz werden bereits Berufsgruppen aus der zweiten Priorisierungsgruppe geimpft, ab 6. März können sich hier aber auch chronisch kranke Menschen und Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren zur Impfung anmelden. Im Saarland wird seit dem 24. Februar in Sammelunterkünften geimpft, auch Beschäftigte unter 65 mit einem Priorisierungscode kommen zum Zug.
Während die allermeisten Länder mit Onlinebuchung und telefonischer Anmeldung arbeiten, werden die Impfberechtigten in Bremen und Berlin eingeladen. In Berlin soll ab Anfang März das Personal in Kitas und Förderschulen Terminbuchungscodes erhalten. Auch obdachlose Menschen sollen nach Angaben der Berliner Sozialsenatorin ab dieser Woche ein Impfangebot bekommen.
Je mehr Impfstoff zur Verfügung steht und je diverser der Kreis der zu impfenden Personen, umso mehr rücken die Hausarztpraxen in den Fokus der Impfstrategie. Sie werden nach Ansicht von Expert*innen der Schlüssel sein, um das Impftempo zu erhöhen.
Entsprechend drängten die Länder auf die Rahmenbedingungen, die der Bund nun per Rechtsverordnungen schaffen will. Dabei geht es vor allem um Honorare, Belieferung und Meldewesen. Im Saarland, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gab es indes schon vor der Konferenz konkrete Vorhaben für Modellprojekte mit Hausärzt*innen, teilweise sind sie bereits in dieser Woche gestartet.
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