Ein Jahr nach dem Covid-Ausbruch: Wie China triumphiert

Die Coronapandemie scheint in China überwunden und die Wirtschaft boomt. Der Westen muss sich 2021 auf eine aggressive Großmacht einstellen.

Ein Globus in einem Park in Wuhan

Ein Globus in einem Park in Wuhan: hier begann die Reise des Coronavisus um die Welt Foto: Ng Han Guan/ap

Ein Jahr ist es her, dass im ostchinesischen Wuhan ein neuartiges Virus auftrat. Bilder von überfüllten Krankenhäusern, Leichenbergen und erschöpften Ärzten und Pflegekräften gingen um die Welt. Elf Wochen lang durften mehr als 60 Millionen Menschen ihre Wohnungen nicht verlassen. Monatelang stand das Leben auch im restlichen China still. Die Wirtschaft im so wachstumsverwöhnten Riesenreich erlebte den tiefsten Einbruch seit mehr als 30 Jahren. Das aufstrebende China stand vor einem Scherbenhaufen.

Dann gelang es der Führung in Peking, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bekommen. Seit Monaten werden so gut wie keine neuen Fälle mehr gemeldet. 86.000 Fälle und 4.600 Covid-19-Tote verzeichnet China seit Pandemiebeginn insgesamt, so viele wie die USA zeitweise an einem Tag. Und während auch die Länder Europas sich gezwungen sehen, angesichts der harten Winterwelle nun abermals das öffentliche Leben herunterzufahren, herrscht in Chinas Städten wieder buntes Treiben. Auch diese Bilder gingen zuletzt um die Welt: Zehntausende, die bei einer gigantischen Poolparty dicht gedrängt und ausgelassen feiern. China strotzt vor Selbstbewusstsein.

Die chinesische Führung unter ihrem Staats- und Parteichef Xi Jinping, der das Land so rigide und repressiv regiert wie einst Diktator Mao Zedong, lässt nun keine Gelegenheit aus, die demokratischen Länder des „Westens“ spüren zu lassen, dass ihre Regierungen versagt haben und nicht imstande waren, ihre Bevölkerung und die Wirtschaft effektiv vor der Pandemie zu schützen.

Denn nicht nur das Leben in China hat sich normalisiert. Auch die Wirtschaft läuft wieder auf Hochtouren. Der Konsum brummt, die Exportwirtschaft ebenso. Während die Volkswirtschaften fast aller westlichen Länder 2020 ein Minus zwischen 5 und 7 Prozent verzeichnen, wird China als einzige große Volkswirtschaft mit einem Plus von etwa 2 bis 3 Prozent aus der Krise gehen.

China, die neue weltgrößte Volkswirtschaft

Das ist für chinesische Verhältnisse zwar auch nicht viel. Trotzdem wird China gegenüber den meisten westlichen Volkswirtschaften um rund 10 Prozentpunkte aufholen. Vor der Pandemie hatten Ökonomen prognostiziert, China werde die USA frühestens 2028 vom Thron als weltgrößte Volkswirtschaft stoßen. Nun gehen die Ökonomen davon aus, dass China das sehr viel früher gelingen wird.

Die Länder, die es wagen, Peking offen zu kritisieren, bekommen Chinas Überlegenheitsgefühl bereits zu spüren. Australien etwa verlangte von China eine unabhängige Untersuchung des Ursprungs des Coronavirus, legte Protest ein gegen die Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong und die Verfolgung der Uiguren in Xinjiang. Nun dürfen australische Containerschiffe keine chinesischen Häfen mehr ansteuern. Dies dürfte ein Vorgeschmack darauf sein, was auch auf Europa zukommt. Die Druckmittel sind aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China da. Und Peking kennt keine Scheu, sie auch anzuwenden.

Genau aus diesem Grund hatte sich die Bundesregierung schon vor der Pandemie mit scharfer Kritik etwa an der Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong zurückgehalten. Obwohl es in Deutschland durchaus Stimmen gibt, die eine härtere Gangart gegenüber China fordern, dürfte die Bundesregierung das auch in den nächsten Monaten lassen.

Daimler und VW sind im Pandemiejahr nur dank der boomenden Chinageschäfte nicht in die roten Zahlen gerutscht. Diese guten Geschäftsbeziehungen will keine der regierenden Parteien im Bundestagswahljahr aufs Spiel setzen. Damit dürfte sich Peking in strittigen Handelsfragen etwa noch mehr durchsetzen.

Die Pandemie mögen die Länder des Westens dank der Impfstoffe nach und nach in den Griff bekommen. Sie werden es aber mit einem aggressiven China zu tun haben. Für den Westen wird 2021 ein weiteres nicht einfaches Jahr.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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